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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Erinnerungen

optimistisch er unsre sozialpolitischen Zustände ansieht. Ich kann mich dazu nicht
aufschwingen. Es ist, als ob die Attentate längst vergessen wären.

Meine Arbeit bei dem Staatsministertum greift mir weit mehr ans Herz, als
früher jemals eine Arbeit im Unterrichtsministerium. Es handelt sich hier um so
große, wichtige und schwierige Sachen, daß ich angst und bange werde, ein Votum
wie das über die Sozialreform zu machen. Daß ich diese Dinge nach außen hin
nicht zu verantworten habe, macht für das Gewissen keinen Unterschied. Ich schlafe
jetzt Nachts oft recht schlecht. Ist das körperlich, oder ist es die Sorge um diese
amtlichen Dinge?

6. September. Leichtsinnig gewesen. Amtlich war nichts zu tun. Meine
Frau hatte bei dem warmen, herrlichen, hellen Sommerwetter den sehr vernünftigen
Wunsch, mit nur eine Landpartie zu machen, Landluft zu atmen, Natur zu sehen
und zu genießen. Wir fuhren Nachmittags mit der Bahn nach Potsdam, mit einer
Droschke nach Babelsberg, dann nach Blumes Kaffeehause unter dem Orangerie¬
hause. Babelsberg ist entzückend, ein kaiserliches, vornehmes Heim und dabei in
den einzelnen Räumen verhältnismäßig einfach. Das mutet alles so menschlich an.
Auch das Orangeriehaus, der Raffaelsaal und der Park von Sanssouci haben uns
entzückt. Wie schön, daß wir uns daran freuen dürfen. Darin liegt doch auch ein
sozialer Zug, daß diese Schönheiten so allgemein zugänglich sind. Die Disposition
über das Eigentum ist exklusiv und soll es sein, der Genuß aber kommt in gewissen
Grenzen allen zugute. Das ist nicht bloß der Weisheit der Hohenzollern zuzu¬
schreiben, sondern beruht auch auf einem echt menschlichen Empfinde" der Höchsten
in unserm Volk. Und wie stark wirken dabei auch die geschichtlichen Erinnerungen
in das Volk hinein. Wir sind doch auch nur Volk, bescheidnes Volk in bescheidnen
Verhältnissen diesem königlichen Reichtum gegenüber. Wir stehn nicht viel anders
als jede Arbeiterfamilie. Diese hat in der Woche wohl schwerlich einmal einen
solchen freien Nachmittag, aber Sonntags kann sie dasselbe haben, wie wir heute.
Wir waren glücklich, patriotisch gehoben, von aller Schönheit der Natur und Kunst
beglückt. Um neun Uhr waren wir wieder zuhause, erfrischt und dankbar für den
schönen Tag.

9. September. Mein Votum über die sozialpolitische Nefvrmaufgabe der
Negierung ist fertig. Heute wird der Reichstag durch deu Grafen Stolberg er¬
öffnet. Nachmittags war ich zum Diner bei dem Minister Maybach. Beinahe alle
Minister waren da, sonst nur ich. Graf Stolberg und Graf Eulenburg schlugen
alle übrigen. Beide sind weit über dem Durchschnitt stehende Staatsmänner, während
manche andre nicht über die Tüchtigkeit des guten, geschulten, gewissenhaften Ver¬
waltungsbeamten hinausreichen. Aber freilich reicht eine Dinernnterhaltuug uicht
aus, einen Menschen erschöpfend zu beurteilen.

12. September. Bei dem heutigen Vortrage äußerte sich Graf Stolberg
zum erstenmal besorgt über die politische Lage im Reichstage. Die National-
liberalen und ihnen voran Herr von Bennigsen tragen eine besondre Schroffheit
gegen die Konservativen und die Negierung zur Schau. Das Natürliche und
für die Regierung Erwünschte wäre, daß Laster mit seinem linken Flügel aus der
nationalliberalen Fraktion ausschiede. Dann würde mit den besonnener" Führern auch
die Menge der unselbständigen Mitglieder in der Fraktion bleiben und mit der
Reichspartei und den Konservativen eine wenn auch schwache Mehrheit für die
Regierung bilden. Es wird aber schwerlich dahin kommen, weil Bennigsen den
Bruch mit Laster nicht will. Wahrscheinlich werden die mehr rechts stehenden
Mitglieder (Gruppe von Treitschke) zum Austritt gedrängt werden. Dann bleibt
aber die für die Abstimmung entscheidende Menge der unselbständigen Mitglieder
-- das Stimmvieh, wie sie jetzt in der Presse häßlich bezeichnet werden -- bei
der nationalliberalen Fraktion, fällt also der Opposition gegen die Negierung zu.
Was aber dann? So fragt Graf Stolberg mit Recht. Eine neue Auflösung
des Reichstags? Ja, wo soll man denn jetzt noch bessere Wahlen erwarten? Im


Erinnerungen

optimistisch er unsre sozialpolitischen Zustände ansieht. Ich kann mich dazu nicht
aufschwingen. Es ist, als ob die Attentate längst vergessen wären.

Meine Arbeit bei dem Staatsministertum greift mir weit mehr ans Herz, als
früher jemals eine Arbeit im Unterrichtsministerium. Es handelt sich hier um so
große, wichtige und schwierige Sachen, daß ich angst und bange werde, ein Votum
wie das über die Sozialreform zu machen. Daß ich diese Dinge nach außen hin
nicht zu verantworten habe, macht für das Gewissen keinen Unterschied. Ich schlafe
jetzt Nachts oft recht schlecht. Ist das körperlich, oder ist es die Sorge um diese
amtlichen Dinge?

6. September. Leichtsinnig gewesen. Amtlich war nichts zu tun. Meine
Frau hatte bei dem warmen, herrlichen, hellen Sommerwetter den sehr vernünftigen
Wunsch, mit nur eine Landpartie zu machen, Landluft zu atmen, Natur zu sehen
und zu genießen. Wir fuhren Nachmittags mit der Bahn nach Potsdam, mit einer
Droschke nach Babelsberg, dann nach Blumes Kaffeehause unter dem Orangerie¬
hause. Babelsberg ist entzückend, ein kaiserliches, vornehmes Heim und dabei in
den einzelnen Räumen verhältnismäßig einfach. Das mutet alles so menschlich an.
Auch das Orangeriehaus, der Raffaelsaal und der Park von Sanssouci haben uns
entzückt. Wie schön, daß wir uns daran freuen dürfen. Darin liegt doch auch ein
sozialer Zug, daß diese Schönheiten so allgemein zugänglich sind. Die Disposition
über das Eigentum ist exklusiv und soll es sein, der Genuß aber kommt in gewissen
Grenzen allen zugute. Das ist nicht bloß der Weisheit der Hohenzollern zuzu¬
schreiben, sondern beruht auch auf einem echt menschlichen Empfinde» der Höchsten
in unserm Volk. Und wie stark wirken dabei auch die geschichtlichen Erinnerungen
in das Volk hinein. Wir sind doch auch nur Volk, bescheidnes Volk in bescheidnen
Verhältnissen diesem königlichen Reichtum gegenüber. Wir stehn nicht viel anders
als jede Arbeiterfamilie. Diese hat in der Woche wohl schwerlich einmal einen
solchen freien Nachmittag, aber Sonntags kann sie dasselbe haben, wie wir heute.
Wir waren glücklich, patriotisch gehoben, von aller Schönheit der Natur und Kunst
beglückt. Um neun Uhr waren wir wieder zuhause, erfrischt und dankbar für den
schönen Tag.

9. September. Mein Votum über die sozialpolitische Nefvrmaufgabe der
Negierung ist fertig. Heute wird der Reichstag durch deu Grafen Stolberg er¬
öffnet. Nachmittags war ich zum Diner bei dem Minister Maybach. Beinahe alle
Minister waren da, sonst nur ich. Graf Stolberg und Graf Eulenburg schlugen
alle übrigen. Beide sind weit über dem Durchschnitt stehende Staatsmänner, während
manche andre nicht über die Tüchtigkeit des guten, geschulten, gewissenhaften Ver¬
waltungsbeamten hinausreichen. Aber freilich reicht eine Dinernnterhaltuug uicht
aus, einen Menschen erschöpfend zu beurteilen.

12. September. Bei dem heutigen Vortrage äußerte sich Graf Stolberg
zum erstenmal besorgt über die politische Lage im Reichstage. Die National-
liberalen und ihnen voran Herr von Bennigsen tragen eine besondre Schroffheit
gegen die Konservativen und die Negierung zur Schau. Das Natürliche und
für die Regierung Erwünschte wäre, daß Laster mit seinem linken Flügel aus der
nationalliberalen Fraktion ausschiede. Dann würde mit den besonnener» Führern auch
die Menge der unselbständigen Mitglieder in der Fraktion bleiben und mit der
Reichspartei und den Konservativen eine wenn auch schwache Mehrheit für die
Regierung bilden. Es wird aber schwerlich dahin kommen, weil Bennigsen den
Bruch mit Laster nicht will. Wahrscheinlich werden die mehr rechts stehenden
Mitglieder (Gruppe von Treitschke) zum Austritt gedrängt werden. Dann bleibt
aber die für die Abstimmung entscheidende Menge der unselbständigen Mitglieder
— das Stimmvieh, wie sie jetzt in der Presse häßlich bezeichnet werden — bei
der nationalliberalen Fraktion, fällt also der Opposition gegen die Negierung zu.
Was aber dann? So fragt Graf Stolberg mit Recht. Eine neue Auflösung
des Reichstags? Ja, wo soll man denn jetzt noch bessere Wahlen erwarten? Im


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[0172] Erinnerungen optimistisch er unsre sozialpolitischen Zustände ansieht. Ich kann mich dazu nicht aufschwingen. Es ist, als ob die Attentate längst vergessen wären. Meine Arbeit bei dem Staatsministertum greift mir weit mehr ans Herz, als früher jemals eine Arbeit im Unterrichtsministerium. Es handelt sich hier um so große, wichtige und schwierige Sachen, daß ich angst und bange werde, ein Votum wie das über die Sozialreform zu machen. Daß ich diese Dinge nach außen hin nicht zu verantworten habe, macht für das Gewissen keinen Unterschied. Ich schlafe jetzt Nachts oft recht schlecht. Ist das körperlich, oder ist es die Sorge um diese amtlichen Dinge? 6. September. Leichtsinnig gewesen. Amtlich war nichts zu tun. Meine Frau hatte bei dem warmen, herrlichen, hellen Sommerwetter den sehr vernünftigen Wunsch, mit nur eine Landpartie zu machen, Landluft zu atmen, Natur zu sehen und zu genießen. Wir fuhren Nachmittags mit der Bahn nach Potsdam, mit einer Droschke nach Babelsberg, dann nach Blumes Kaffeehause unter dem Orangerie¬ hause. Babelsberg ist entzückend, ein kaiserliches, vornehmes Heim und dabei in den einzelnen Räumen verhältnismäßig einfach. Das mutet alles so menschlich an. Auch das Orangeriehaus, der Raffaelsaal und der Park von Sanssouci haben uns entzückt. Wie schön, daß wir uns daran freuen dürfen. Darin liegt doch auch ein sozialer Zug, daß diese Schönheiten so allgemein zugänglich sind. Die Disposition über das Eigentum ist exklusiv und soll es sein, der Genuß aber kommt in gewissen Grenzen allen zugute. Das ist nicht bloß der Weisheit der Hohenzollern zuzu¬ schreiben, sondern beruht auch auf einem echt menschlichen Empfinde» der Höchsten in unserm Volk. Und wie stark wirken dabei auch die geschichtlichen Erinnerungen in das Volk hinein. Wir sind doch auch nur Volk, bescheidnes Volk in bescheidnen Verhältnissen diesem königlichen Reichtum gegenüber. Wir stehn nicht viel anders als jede Arbeiterfamilie. Diese hat in der Woche wohl schwerlich einmal einen solchen freien Nachmittag, aber Sonntags kann sie dasselbe haben, wie wir heute. Wir waren glücklich, patriotisch gehoben, von aller Schönheit der Natur und Kunst beglückt. Um neun Uhr waren wir wieder zuhause, erfrischt und dankbar für den schönen Tag. 9. September. Mein Votum über die sozialpolitische Nefvrmaufgabe der Negierung ist fertig. Heute wird der Reichstag durch deu Grafen Stolberg er¬ öffnet. Nachmittags war ich zum Diner bei dem Minister Maybach. Beinahe alle Minister waren da, sonst nur ich. Graf Stolberg und Graf Eulenburg schlugen alle übrigen. Beide sind weit über dem Durchschnitt stehende Staatsmänner, während manche andre nicht über die Tüchtigkeit des guten, geschulten, gewissenhaften Ver¬ waltungsbeamten hinausreichen. Aber freilich reicht eine Dinernnterhaltuug uicht aus, einen Menschen erschöpfend zu beurteilen. 12. September. Bei dem heutigen Vortrage äußerte sich Graf Stolberg zum erstenmal besorgt über die politische Lage im Reichstage. Die National- liberalen und ihnen voran Herr von Bennigsen tragen eine besondre Schroffheit gegen die Konservativen und die Negierung zur Schau. Das Natürliche und für die Regierung Erwünschte wäre, daß Laster mit seinem linken Flügel aus der nationalliberalen Fraktion ausschiede. Dann würde mit den besonnener» Führern auch die Menge der unselbständigen Mitglieder in der Fraktion bleiben und mit der Reichspartei und den Konservativen eine wenn auch schwache Mehrheit für die Regierung bilden. Es wird aber schwerlich dahin kommen, weil Bennigsen den Bruch mit Laster nicht will. Wahrscheinlich werden die mehr rechts stehenden Mitglieder (Gruppe von Treitschke) zum Austritt gedrängt werden. Dann bleibt aber die für die Abstimmung entscheidende Menge der unselbständigen Mitglieder — das Stimmvieh, wie sie jetzt in der Presse häßlich bezeichnet werden — bei der nationalliberalen Fraktion, fällt also der Opposition gegen die Negierung zu. Was aber dann? So fragt Graf Stolberg mit Recht. Eine neue Auflösung des Reichstags? Ja, wo soll man denn jetzt noch bessere Wahlen erwarten? Im

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/172>, abgerufen am 02.07.2024.