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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Die Alabunkerstraße

Am andern Tage steckte Lolo der Grafin einen Brief in die Hand.

Dieses Schreiben aus Wittekind müssen Sie mir erklären.

Die Damen saßen in der Nähe ihres Gasthofes auf einer grünen Matte, und
um sie standen die schweigenden Alpenriesen.

Die Gräfin las bedächtig. "Ehrwürdige Frau Baronin! Da es mich im
Gewissen bedrückt, ich es aber nicht genau weiß, da Auguste vier Glas Malaga
getrunken hatte und sehr fröhlich war; ich aber doch lieber ne Junge will, wenn
ich an den Ehestand denke und noch nicht sagen kaun, ob überhaupt, so meine ich,
daß Auguste vielleicht nicht ganz rechtmäßig alles hat, was sie hat. Aber ich will
natürlich nichts gesagt haben und denk auch nnr an klein Fräulein, und das Gericht
darf es nicht wissen, und verbleibe Hochgeneigtest Christian Lührsen."

Die Gräfin betrachtete die Adresse des Briefes. "Jhro Ehrhvchwürden Frau
Baronin Wolffenradt, Schweiz."

Jedenfalls ist die Schweizer Post sehr gut, sagte sie lächelnd.

Und was meinen Sie zu dem sonderbaren Brief? erkundigte sich die Baronin.
Er riecht außerdem uach Pferden.

Pferdegeruch ist für jeden deutschen Landwirt etwas Hochanständiges, ent-
gegnete Betty. Außerdem muß Christian Lührsen nach Pferden riechen, denn er
ist Kutscher auf dem Pachthof zu Wittekind und wird auch Sie gefahren haben.
Der Brief hat etwas mit der Erbschaft von Fräulein von Werkentill zu tu".

Ach Gott! Lolo seufzte. Von der Geschichte möchte ich nichts mehr wissen.
Von der alten Großtante haben wir nun einmal nichts gekriegt, und da Elsie mit
Fassung schreibt und die Tante noch immer betrauert, so habe ich uuter diesen
Erbschaftstraum einen Strich gezogen, wie unter alle meine Träume. Christian
Lührsen hat natürlich Malaga aus dem Nachlaß der Tante zu trinken bekommen,
und dadurch ist sein Kopf verwirrt worden. Ich kann es mir denken und werde
ihm bei ineinem nächsten Besuch in Wittekind einen Briefsteller für Kutscher mit¬
bringen. Den gibt es gewiß; denn es gibt ja Bücher für alles. Nun aber soll
ich im Auftrag meines Mannes Sie und Ihre durchlauchtige Prinzessin fragen, ob
Sie Lust hätten, mit uns auf drei bis vier Tage nach Zermatt zu fahren. Wir
richten es bequem ein, und Sie werden nichts dagegen haben, daß wir Moppi mit¬
nehmen. Das Wetter ist günstig, und man muß es benutzen.

Beide Damen waren geneigt, diese Tour mitzumachen, und noch an demselben
Abend wurde Pontresina verlassen. Dann setzte bald ungünstiges Wetter ein; aus
den drei Tagen, die man für die Fahrt beabsichtigt hatte, wurden fünf, und als
die kleine Gesellschaft eines Abends spät in ihr Standquartier zurückkehrte, kam ihr
der Portier mit zwei Telegrammen entgegen, die schon länger auf ihre Empfänger
warteten.

Eins war von Elsie an ihre Mutter gerichtet. "Komme sofort" lautete es;
das andre trug die Adresse von Gräfin Eberstein, und sein Inhalt lautete: "Ich
lege mein Amt als Äbtissin in deine Hand. Asta Wolffenradt."

Einen Augenblick sahen sich die beiden Damen ratlos an. Was war in Witte¬
kind geschehen, was konnte geschehen sein?

Dann trat Baron Felix zu ihnen, und die ruhige, in jeder Lebenslage sich
gleich bleibende Prinzessin sagte dasselbe, was der Baron meinte. Die Damen
mußten am nächsten Morgen nach dem Kloster Wittektnd abreisen.

So geschah es; und Moppi, der nicht ohne seine Mutter sein konnte, ebenso
wie sie nicht zu begreifen vermochte, daß sie ohne ihn jemals hätte leben können,
begleitete sie. Es war eine lange Fahrt; zuerst mit der Post über die Pässe,
dann mit der Eisenbahn. Einmal wurde ein Anschluß verpaßt, und dadurch gingen
sechs Stunden verloren; aber an einem frischen Herbstmorgen stiegen die beiden
Damen mit dem Knaben auf der kleinen Eisenbahnstation ans und fuhren mit dem
aus der Stadt telegraphisch vorher bestellte" Wagen zum Kloster Wittekind. DeiM
allmählich war auch über sie die Furcht gekommen, und sie hatten beschlossen, M)
nicht anzumelden, souderu keine Zeit zu verliere".


Die Alabunkerstraße

Am andern Tage steckte Lolo der Grafin einen Brief in die Hand.

Dieses Schreiben aus Wittekind müssen Sie mir erklären.

Die Damen saßen in der Nähe ihres Gasthofes auf einer grünen Matte, und
um sie standen die schweigenden Alpenriesen.

Die Gräfin las bedächtig. „Ehrwürdige Frau Baronin! Da es mich im
Gewissen bedrückt, ich es aber nicht genau weiß, da Auguste vier Glas Malaga
getrunken hatte und sehr fröhlich war; ich aber doch lieber ne Junge will, wenn
ich an den Ehestand denke und noch nicht sagen kaun, ob überhaupt, so meine ich,
daß Auguste vielleicht nicht ganz rechtmäßig alles hat, was sie hat. Aber ich will
natürlich nichts gesagt haben und denk auch nnr an klein Fräulein, und das Gericht
darf es nicht wissen, und verbleibe Hochgeneigtest Christian Lührsen."

Die Gräfin betrachtete die Adresse des Briefes. „Jhro Ehrhvchwürden Frau
Baronin Wolffenradt, Schweiz."

Jedenfalls ist die Schweizer Post sehr gut, sagte sie lächelnd.

Und was meinen Sie zu dem sonderbaren Brief? erkundigte sich die Baronin.
Er riecht außerdem uach Pferden.

Pferdegeruch ist für jeden deutschen Landwirt etwas Hochanständiges, ent-
gegnete Betty. Außerdem muß Christian Lührsen nach Pferden riechen, denn er
ist Kutscher auf dem Pachthof zu Wittekind und wird auch Sie gefahren haben.
Der Brief hat etwas mit der Erbschaft von Fräulein von Werkentill zu tu».

Ach Gott! Lolo seufzte. Von der Geschichte möchte ich nichts mehr wissen.
Von der alten Großtante haben wir nun einmal nichts gekriegt, und da Elsie mit
Fassung schreibt und die Tante noch immer betrauert, so habe ich uuter diesen
Erbschaftstraum einen Strich gezogen, wie unter alle meine Träume. Christian
Lührsen hat natürlich Malaga aus dem Nachlaß der Tante zu trinken bekommen,
und dadurch ist sein Kopf verwirrt worden. Ich kann es mir denken und werde
ihm bei ineinem nächsten Besuch in Wittekind einen Briefsteller für Kutscher mit¬
bringen. Den gibt es gewiß; denn es gibt ja Bücher für alles. Nun aber soll
ich im Auftrag meines Mannes Sie und Ihre durchlauchtige Prinzessin fragen, ob
Sie Lust hätten, mit uns auf drei bis vier Tage nach Zermatt zu fahren. Wir
richten es bequem ein, und Sie werden nichts dagegen haben, daß wir Moppi mit¬
nehmen. Das Wetter ist günstig, und man muß es benutzen.

Beide Damen waren geneigt, diese Tour mitzumachen, und noch an demselben
Abend wurde Pontresina verlassen. Dann setzte bald ungünstiges Wetter ein; aus
den drei Tagen, die man für die Fahrt beabsichtigt hatte, wurden fünf, und als
die kleine Gesellschaft eines Abends spät in ihr Standquartier zurückkehrte, kam ihr
der Portier mit zwei Telegrammen entgegen, die schon länger auf ihre Empfänger
warteten.

Eins war von Elsie an ihre Mutter gerichtet. „Komme sofort" lautete es;
das andre trug die Adresse von Gräfin Eberstein, und sein Inhalt lautete: „Ich
lege mein Amt als Äbtissin in deine Hand. Asta Wolffenradt."

Einen Augenblick sahen sich die beiden Damen ratlos an. Was war in Witte¬
kind geschehen, was konnte geschehen sein?

Dann trat Baron Felix zu ihnen, und die ruhige, in jeder Lebenslage sich
gleich bleibende Prinzessin sagte dasselbe, was der Baron meinte. Die Damen
mußten am nächsten Morgen nach dem Kloster Wittektnd abreisen.

So geschah es; und Moppi, der nicht ohne seine Mutter sein konnte, ebenso
wie sie nicht zu begreifen vermochte, daß sie ohne ihn jemals hätte leben können,
begleitete sie. Es war eine lange Fahrt; zuerst mit der Post über die Pässe,
dann mit der Eisenbahn. Einmal wurde ein Anschluß verpaßt, und dadurch gingen
sechs Stunden verloren; aber an einem frischen Herbstmorgen stiegen die beiden
Damen mit dem Knaben auf der kleinen Eisenbahnstation ans und fuhren mit dem
aus der Stadt telegraphisch vorher bestellte» Wagen zum Kloster Wittekind. DeiM
allmählich war auch über sie die Furcht gekommen, und sie hatten beschlossen, M)
nicht anzumelden, souderu keine Zeit zu verliere».


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[0798] Die Alabunkerstraße Am andern Tage steckte Lolo der Grafin einen Brief in die Hand. Dieses Schreiben aus Wittekind müssen Sie mir erklären. Die Damen saßen in der Nähe ihres Gasthofes auf einer grünen Matte, und um sie standen die schweigenden Alpenriesen. Die Gräfin las bedächtig. „Ehrwürdige Frau Baronin! Da es mich im Gewissen bedrückt, ich es aber nicht genau weiß, da Auguste vier Glas Malaga getrunken hatte und sehr fröhlich war; ich aber doch lieber ne Junge will, wenn ich an den Ehestand denke und noch nicht sagen kaun, ob überhaupt, so meine ich, daß Auguste vielleicht nicht ganz rechtmäßig alles hat, was sie hat. Aber ich will natürlich nichts gesagt haben und denk auch nnr an klein Fräulein, und das Gericht darf es nicht wissen, und verbleibe Hochgeneigtest Christian Lührsen." Die Gräfin betrachtete die Adresse des Briefes. „Jhro Ehrhvchwürden Frau Baronin Wolffenradt, Schweiz." Jedenfalls ist die Schweizer Post sehr gut, sagte sie lächelnd. Und was meinen Sie zu dem sonderbaren Brief? erkundigte sich die Baronin. Er riecht außerdem uach Pferden. Pferdegeruch ist für jeden deutschen Landwirt etwas Hochanständiges, ent- gegnete Betty. Außerdem muß Christian Lührsen nach Pferden riechen, denn er ist Kutscher auf dem Pachthof zu Wittekind und wird auch Sie gefahren haben. Der Brief hat etwas mit der Erbschaft von Fräulein von Werkentill zu tu». Ach Gott! Lolo seufzte. Von der Geschichte möchte ich nichts mehr wissen. Von der alten Großtante haben wir nun einmal nichts gekriegt, und da Elsie mit Fassung schreibt und die Tante noch immer betrauert, so habe ich uuter diesen Erbschaftstraum einen Strich gezogen, wie unter alle meine Träume. Christian Lührsen hat natürlich Malaga aus dem Nachlaß der Tante zu trinken bekommen, und dadurch ist sein Kopf verwirrt worden. Ich kann es mir denken und werde ihm bei ineinem nächsten Besuch in Wittekind einen Briefsteller für Kutscher mit¬ bringen. Den gibt es gewiß; denn es gibt ja Bücher für alles. Nun aber soll ich im Auftrag meines Mannes Sie und Ihre durchlauchtige Prinzessin fragen, ob Sie Lust hätten, mit uns auf drei bis vier Tage nach Zermatt zu fahren. Wir richten es bequem ein, und Sie werden nichts dagegen haben, daß wir Moppi mit¬ nehmen. Das Wetter ist günstig, und man muß es benutzen. Beide Damen waren geneigt, diese Tour mitzumachen, und noch an demselben Abend wurde Pontresina verlassen. Dann setzte bald ungünstiges Wetter ein; aus den drei Tagen, die man für die Fahrt beabsichtigt hatte, wurden fünf, und als die kleine Gesellschaft eines Abends spät in ihr Standquartier zurückkehrte, kam ihr der Portier mit zwei Telegrammen entgegen, die schon länger auf ihre Empfänger warteten. Eins war von Elsie an ihre Mutter gerichtet. „Komme sofort" lautete es; das andre trug die Adresse von Gräfin Eberstein, und sein Inhalt lautete: „Ich lege mein Amt als Äbtissin in deine Hand. Asta Wolffenradt." Einen Augenblick sahen sich die beiden Damen ratlos an. Was war in Witte¬ kind geschehen, was konnte geschehen sein? Dann trat Baron Felix zu ihnen, und die ruhige, in jeder Lebenslage sich gleich bleibende Prinzessin sagte dasselbe, was der Baron meinte. Die Damen mußten am nächsten Morgen nach dem Kloster Wittektnd abreisen. So geschah es; und Moppi, der nicht ohne seine Mutter sein konnte, ebenso wie sie nicht zu begreifen vermochte, daß sie ohne ihn jemals hätte leben können, begleitete sie. Es war eine lange Fahrt; zuerst mit der Post über die Pässe, dann mit der Eisenbahn. Einmal wurde ein Anschluß verpaßt, und dadurch gingen sechs Stunden verloren; aber an einem frischen Herbstmorgen stiegen die beiden Damen mit dem Knaben auf der kleinen Eisenbahnstation ans und fuhren mit dem aus der Stadt telegraphisch vorher bestellte» Wagen zum Kloster Wittekind. DeiM allmählich war auch über sie die Furcht gekommen, und sie hatten beschlossen, M) nicht anzumelden, souderu keine Zeit zu verliere».

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/798>, abgerufen am 22.07.2024.