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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Erinnerungen aus der Uriegsgefangenschaft in den Jahren ^370 und ^87 1,

?russi<zu! und er ließ sich auch durch meine barsche Antwort: Nais oui, je suis
?M8AM, nicht stören, des Langem auf mich einzureden. So weit ich ihn versteh"
konnte, sprach er seine Verwunderung darüber aus, daß ich mich "Preuße" neunte
und mich uicht gleich als Hannoveraner zu erkennen gegeben hätte, da ich als
solcher doch auf Sympathien bei den Franzosen rechnen könnte. Ganz vergeblich
war es, daß ich ihm bestimmt und kurz erwiderte, ich sei nichts andres und wolle
nichts weiter sein, als Preuße und preußischer Offizier, und wünsche, nur als solcher
von ihm angesehen und behandelt zu werden. Er ließ nicht nach, mir Vorstellungen
zu machen, die dahin gingen, daß wir Hannoveraner, die wir im preußischen Heere
am Kriege gegen Frankreich teilnahmen, doch sehr undankbar seien gegen dieses
Land, das unsre aus der Heimat entflohenen Landsleute, die sich der preußischen
Herrschaft entzogen hätten, so freundlich aufgenommen habe; ich solle mich also
freuen, jetzt in französische Gefangenschaft geraten zu sein nsiv. Ich war ja viel
zu aufgeregt, war damals auch uoch zu ungewandt im Sprechen des Französischen,
als daß ich ihm hatte ordentlich antworten können; doch bemühte ich mich, ihm
ganz höflich aber auch nachdrücklich zu sage", daß ich mit den landesflüchtigen
Hannoveranern durchaus nichts gemein hätte und auch gar nichts zu tun haben
"volle, daß ich vielmehr preußischer Soldat und Offizier sei und meine Pflicht als
solcher kennte. Es kam mir vor, als wenn ihm das nicht so ganz verständlich sei;
er gab es bald auf, mich andern Sinnes zu machen, bot mir aber sehr freundlich
seine Hilfe an, wenn ich meinen Angehörigen eine Mitteilung über mich und mein
Geschick senden wolle. Ich hätte natürlich von diesem Anerbieten sehr gern Gebrauch
gemacht, aber es wurde mir nachher dazu leider keine Gelegenheit mehr gegeben.

Bei unserm Marsche konnten wir rechts und links die Feinde in ihren
Stellungen und im Vormarsch sehen, und wir mußten über die große Anzahl der
Truppen staunen, die uus gegenüber im Kampfe gewesen waren, über ihre gute
Kleidung und Ausrüstung, über die verschiednen Waffengattungen usw. Manche
eilten nahe an den Weg heran, um uus anzugaffen und sich über unsern Anblick
zu freuen; sie hatten doch Wohl fast alle noch keinen deutschen Soldaten in solcher
Nähe gesehen. Sie blieben dabei aber im ganzen ruhig und enthielten sich aller
Zurufe gegen uns. Unterwegs kam uns auch der Regimentskommandeur der Lanciers
entgegengeritten und ließ sich von dem Eskadronchef Meldung machen. Dabei erhielt
er offenbar auch über mich einen Bericht, denn er kam bald an mich herangeritten
und begann sich mit mir zu unterhalten. Da er aber sehr rasch und deshalb für
mich undeutlich sprach, konnte ich nicht viel von dem verstehn, was er sagte; doch
kam es mir vor, als ob auch er mir Vorwürfe machte, daß ich als Hannoveraner
gegen Frankreich angekämpft hätte und mich nun nicht freute, durch meine Ge¬
fangennahme dem überhoben zu sein. Aber bald gab er das auf, da er wohl
aus meinen Antworten merkte, daß ich für solche Vorstellungen durchaus uicht
empfänglich war.

Als schon völlige Dunkelheit eingetreten war, erreichten wir nach einem Marsche
von mehr als einer Stunde das Dorf Laton. Hier schwenkten plötzlich die Lanciers
von uns ab, und ich wurde nebst einem Mann einigen LiMsck'ar'tuo" übergebe",
die uns zu einem etwas abseits stehenden Hause führten; wo die übrigen Leute
blieben, die mit mir bis hierher gekommen waren, erfuhr ich zunächst nicht. In
dem Hause, zu dem man uns beide brachte, war der untere Raum ein Wachtlokal,
während oben ein Felotelegraphenburcan lag. Vor einem Kamin, worin ein Feuer
munter brannte, saßen einige (ZsuZÜ'^rmW, die uns mit Staunen und Jubel
empfingen. Zunächst gönnten sie uns anch einen Platz am Kamin, damit wir uns
wärmten, wiesen uns jedoch bald in ein anstoßendes dunkles und dumpfes Gemach,
wo eine große Pritsche mit etwas Stroh stand. Da konnten wir uns denn hinlegen
und uns ungestört den Gedanken überlassen, die nun in schrecklicher Hast und
wirrem Durcheinander heranstürmten. Dem Körper, der seit dem frühen Morgen
nicht zum Sitzen oder Ruhen gekommen war, tat das Liegen natürlich sehr wohl,


Erinnerungen aus der Uriegsgefangenschaft in den Jahren ^370 und ^87 1,

?russi<zu! und er ließ sich auch durch meine barsche Antwort: Nais oui, je suis
?M8AM, nicht stören, des Langem auf mich einzureden. So weit ich ihn versteh»
konnte, sprach er seine Verwunderung darüber aus, daß ich mich „Preuße" neunte
und mich uicht gleich als Hannoveraner zu erkennen gegeben hätte, da ich als
solcher doch auf Sympathien bei den Franzosen rechnen könnte. Ganz vergeblich
war es, daß ich ihm bestimmt und kurz erwiderte, ich sei nichts andres und wolle
nichts weiter sein, als Preuße und preußischer Offizier, und wünsche, nur als solcher
von ihm angesehen und behandelt zu werden. Er ließ nicht nach, mir Vorstellungen
zu machen, die dahin gingen, daß wir Hannoveraner, die wir im preußischen Heere
am Kriege gegen Frankreich teilnahmen, doch sehr undankbar seien gegen dieses
Land, das unsre aus der Heimat entflohenen Landsleute, die sich der preußischen
Herrschaft entzogen hätten, so freundlich aufgenommen habe; ich solle mich also
freuen, jetzt in französische Gefangenschaft geraten zu sein nsiv. Ich war ja viel
zu aufgeregt, war damals auch uoch zu ungewandt im Sprechen des Französischen,
als daß ich ihm hatte ordentlich antworten können; doch bemühte ich mich, ihm
ganz höflich aber auch nachdrücklich zu sage», daß ich mit den landesflüchtigen
Hannoveranern durchaus nichts gemein hätte und auch gar nichts zu tun haben
»volle, daß ich vielmehr preußischer Soldat und Offizier sei und meine Pflicht als
solcher kennte. Es kam mir vor, als wenn ihm das nicht so ganz verständlich sei;
er gab es bald auf, mich andern Sinnes zu machen, bot mir aber sehr freundlich
seine Hilfe an, wenn ich meinen Angehörigen eine Mitteilung über mich und mein
Geschick senden wolle. Ich hätte natürlich von diesem Anerbieten sehr gern Gebrauch
gemacht, aber es wurde mir nachher dazu leider keine Gelegenheit mehr gegeben.

Bei unserm Marsche konnten wir rechts und links die Feinde in ihren
Stellungen und im Vormarsch sehen, und wir mußten über die große Anzahl der
Truppen staunen, die uus gegenüber im Kampfe gewesen waren, über ihre gute
Kleidung und Ausrüstung, über die verschiednen Waffengattungen usw. Manche
eilten nahe an den Weg heran, um uus anzugaffen und sich über unsern Anblick
zu freuen; sie hatten doch Wohl fast alle noch keinen deutschen Soldaten in solcher
Nähe gesehen. Sie blieben dabei aber im ganzen ruhig und enthielten sich aller
Zurufe gegen uns. Unterwegs kam uns auch der Regimentskommandeur der Lanciers
entgegengeritten und ließ sich von dem Eskadronchef Meldung machen. Dabei erhielt
er offenbar auch über mich einen Bericht, denn er kam bald an mich herangeritten
und begann sich mit mir zu unterhalten. Da er aber sehr rasch und deshalb für
mich undeutlich sprach, konnte ich nicht viel von dem verstehn, was er sagte; doch
kam es mir vor, als ob auch er mir Vorwürfe machte, daß ich als Hannoveraner
gegen Frankreich angekämpft hätte und mich nun nicht freute, durch meine Ge¬
fangennahme dem überhoben zu sein. Aber bald gab er das auf, da er wohl
aus meinen Antworten merkte, daß ich für solche Vorstellungen durchaus uicht
empfänglich war.

Als schon völlige Dunkelheit eingetreten war, erreichten wir nach einem Marsche
von mehr als einer Stunde das Dorf Laton. Hier schwenkten plötzlich die Lanciers
von uns ab, und ich wurde nebst einem Mann einigen LiMsck'ar'tuo» übergebe»,
die uns zu einem etwas abseits stehenden Hause führten; wo die übrigen Leute
blieben, die mit mir bis hierher gekommen waren, erfuhr ich zunächst nicht. In
dem Hause, zu dem man uns beide brachte, war der untere Raum ein Wachtlokal,
während oben ein Felotelegraphenburcan lag. Vor einem Kamin, worin ein Feuer
munter brannte, saßen einige (ZsuZÜ'^rmW, die uns mit Staunen und Jubel
empfingen. Zunächst gönnten sie uns anch einen Platz am Kamin, damit wir uns
wärmten, wiesen uns jedoch bald in ein anstoßendes dunkles und dumpfes Gemach,
wo eine große Pritsche mit etwas Stroh stand. Da konnten wir uns denn hinlegen
und uns ungestört den Gedanken überlassen, die nun in schrecklicher Hast und
wirrem Durcheinander heranstürmten. Dem Körper, der seit dem frühen Morgen
nicht zum Sitzen oder Ruhen gekommen war, tat das Liegen natürlich sehr wohl,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/730>, abgerufen am 23.07.2024.