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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Die Alabunkerstraße,

Worte mit ihr gesprochen, wie Melitta es heute zu tun gewagt hatte. Worte, die
ihr den dichten Schleier, in den sie sich gehüllt hatte, von der Seele rissen. Bis
dahin hatte sie nur so weit gedacht, wie es ihr gut erschien; hente merkte sie, daß
es so nicht weiter ging. Sie hatte sich und ihre Kraft zum Bösen überschätzt; wo
aber war der Weg. der in das Geleise des guten Gewissens führte? Sie legte
den Kopf auf die Tischplatte und stöhnte. Aber als Besuch gemeldet wurde, nahm
sie sich mit eiserner Kraft zusammen und sprach wie sonst.

Elsie merkte nicht viel von dem, was im Hause vorging. Die Handwerker kamen
aus der Stadt und versahen die Klosterkirche im Innern mit Gerüsten, und was zum
Gottesdienst an Geraden notwendig war, wurde in einen alten Konveutsanl gebracht,
der unten im Klvstergebttnde lag und sonst nur als Durchgang gedient hatte. Hier
sollte Sonntags gepredigt werden, und der Klosterpfarrer ging eilfertig hin und
her, um alles zu beaufsichtigen. Er war ein gelehrter, etwas scheuer Herr, der
sich gern von allem zurückhielt und wenig Fühlung mit den Stiftsdamen hatte.
Jetzt kam er aber doch in Bewegung, und als Elsie am Tage von Baron Wolfs
Abreise zu Tante Amalie gehn wollte, stand der Pastor mitten im Kreuzgang und
zeigte Alois Heinemnnn einige in die Wand eingelassene Wappenschilder. Beide
Herren waren so eifrig im Betrachten und Erläutern, daß sie die junge Dame
nicht bemerkten, obgleich Elsie langsam an ihnen vorüberging und sich dann noch
einmal umsah. Von dem Pastor konnte sie keinen Gruß erwarten, weil er sie noch
nicht gesehen hatte, und der junge Maler verwandte kein Auge von den in Stein
gehauenen langweiligen Wappenschildern. Elsie sah verstohlen in sein ruhiges, auf¬
merksames Gesicht. Hatte er wirklich einmal Melitta geliebt, und war er fast ver¬
zweifelt, als sie ihm untreu wurde? Seine Stimme klang hell und zufrieden, seiue
Augen blickten scharf und klar; und nun fuhr er mit der Hand über den spitzge-
schnittneu Bart und lachte hell auf. Der den Damen gegenüber so schweigsame
Geistliche mußte ihm etwas Lustiges erzählt haben. Nachdenklich betrat Elsie die
Wohnung der Tante.

Hier öffnete ihr ein fremdes Dienstmädchen, und Fräulein Von Werkeutin kam
ihr auf dem Vorplatz entgegen.

Auguste ist krank, sagte sie kläglich. Sie sagt, sie wolle sterben.

Die Dienerin lag mit verbundnen Kopf im Bett und antwortete nur mit
Stöhnen auf Elftes Fragen. War sie wirklich krank? Elsie konnte es uicht er¬
gründen und suchte ihre Taute zu trösten.

Aber Fräulein von Werkcntin weinte.

Du hast sie angefahren, Elsie, davon ist es gekommen. Sie sagt, es ist die
Schwindsucht im Kopf, und die bekommt man immer vor Kummer.

Was sagt der Doktor? fragte Elsie beklommen.

Sie will keinen, und ich mag auch keinen. Sie sind alle so neumodisch,
Kind. Früher gaben sie Wiener Trank und ließen zur Ader. Aber nun lachen
sie, wenn man so etwas haben will!

Es war eine traurige Geschichte. Elsie sah, daß Fräulein von Werkeutius Locken
nicht gut saßen, daß die Zimmer nicht aufgeräumt waren. Das fremde Mädchen
hantierte in der Küche, und ein brenzliger Geruch verbreitete sich in der Wohnung.

Sie kann nicht kochen, berichtete die alte Dame, nach der Küche hinweisend.
Nur Milchsuppe und gebratne Kartoffeln. Gestern habe ich auch Milchsuppe und
gebratne Kartoffeln gegessen, und morgen kommt dasselbe Gericht. Wenn Auguste
noch länger krank bleibt, werde ich sterben!

Ich will bei dir bleiben, Tauenden! sagte Elsie entschlossen. Viel kochen kann
ich nicht, aber vielleicht kann Auguste mich vom Bett aus unterweisen, und ich will
mir viele Mühe geben, alles so gut wie möglich zu macheu.

Tante Amalie wollte Einwendungen erheben; dann sah sie in Elftes freund¬
liches Gesicht und seufzte erleichtert. Wie du willst, Kind; deiner Urgroßmutter
siehst du wirklich ähnlich.


Die Alabunkerstraße,

Worte mit ihr gesprochen, wie Melitta es heute zu tun gewagt hatte. Worte, die
ihr den dichten Schleier, in den sie sich gehüllt hatte, von der Seele rissen. Bis
dahin hatte sie nur so weit gedacht, wie es ihr gut erschien; hente merkte sie, daß
es so nicht weiter ging. Sie hatte sich und ihre Kraft zum Bösen überschätzt; wo
aber war der Weg. der in das Geleise des guten Gewissens führte? Sie legte
den Kopf auf die Tischplatte und stöhnte. Aber als Besuch gemeldet wurde, nahm
sie sich mit eiserner Kraft zusammen und sprach wie sonst.

Elsie merkte nicht viel von dem, was im Hause vorging. Die Handwerker kamen
aus der Stadt und versahen die Klosterkirche im Innern mit Gerüsten, und was zum
Gottesdienst an Geraden notwendig war, wurde in einen alten Konveutsanl gebracht,
der unten im Klvstergebttnde lag und sonst nur als Durchgang gedient hatte. Hier
sollte Sonntags gepredigt werden, und der Klosterpfarrer ging eilfertig hin und
her, um alles zu beaufsichtigen. Er war ein gelehrter, etwas scheuer Herr, der
sich gern von allem zurückhielt und wenig Fühlung mit den Stiftsdamen hatte.
Jetzt kam er aber doch in Bewegung, und als Elsie am Tage von Baron Wolfs
Abreise zu Tante Amalie gehn wollte, stand der Pastor mitten im Kreuzgang und
zeigte Alois Heinemnnn einige in die Wand eingelassene Wappenschilder. Beide
Herren waren so eifrig im Betrachten und Erläutern, daß sie die junge Dame
nicht bemerkten, obgleich Elsie langsam an ihnen vorüberging und sich dann noch
einmal umsah. Von dem Pastor konnte sie keinen Gruß erwarten, weil er sie noch
nicht gesehen hatte, und der junge Maler verwandte kein Auge von den in Stein
gehauenen langweiligen Wappenschildern. Elsie sah verstohlen in sein ruhiges, auf¬
merksames Gesicht. Hatte er wirklich einmal Melitta geliebt, und war er fast ver¬
zweifelt, als sie ihm untreu wurde? Seine Stimme klang hell und zufrieden, seiue
Augen blickten scharf und klar; und nun fuhr er mit der Hand über den spitzge-
schnittneu Bart und lachte hell auf. Der den Damen gegenüber so schweigsame
Geistliche mußte ihm etwas Lustiges erzählt haben. Nachdenklich betrat Elsie die
Wohnung der Tante.

Hier öffnete ihr ein fremdes Dienstmädchen, und Fräulein Von Werkeutin kam
ihr auf dem Vorplatz entgegen.

Auguste ist krank, sagte sie kläglich. Sie sagt, sie wolle sterben.

Die Dienerin lag mit verbundnen Kopf im Bett und antwortete nur mit
Stöhnen auf Elftes Fragen. War sie wirklich krank? Elsie konnte es uicht er¬
gründen und suchte ihre Taute zu trösten.

Aber Fräulein von Werkcntin weinte.

Du hast sie angefahren, Elsie, davon ist es gekommen. Sie sagt, es ist die
Schwindsucht im Kopf, und die bekommt man immer vor Kummer.

Was sagt der Doktor? fragte Elsie beklommen.

Sie will keinen, und ich mag auch keinen. Sie sind alle so neumodisch,
Kind. Früher gaben sie Wiener Trank und ließen zur Ader. Aber nun lachen
sie, wenn man so etwas haben will!

Es war eine traurige Geschichte. Elsie sah, daß Fräulein von Werkeutius Locken
nicht gut saßen, daß die Zimmer nicht aufgeräumt waren. Das fremde Mädchen
hantierte in der Küche, und ein brenzliger Geruch verbreitete sich in der Wohnung.

Sie kann nicht kochen, berichtete die alte Dame, nach der Küche hinweisend.
Nur Milchsuppe und gebratne Kartoffeln. Gestern habe ich auch Milchsuppe und
gebratne Kartoffeln gegessen, und morgen kommt dasselbe Gericht. Wenn Auguste
noch länger krank bleibt, werde ich sterben!

Ich will bei dir bleiben, Tauenden! sagte Elsie entschlossen. Viel kochen kann
ich nicht, aber vielleicht kann Auguste mich vom Bett aus unterweisen, und ich will
mir viele Mühe geben, alles so gut wie möglich zu macheu.

Tante Amalie wollte Einwendungen erheben; dann sah sie in Elftes freund¬
liches Gesicht und seufzte erleichtert. Wie du willst, Kind; deiner Urgroßmutter
siehst du wirklich ähnlich.


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[0678] Die Alabunkerstraße, Worte mit ihr gesprochen, wie Melitta es heute zu tun gewagt hatte. Worte, die ihr den dichten Schleier, in den sie sich gehüllt hatte, von der Seele rissen. Bis dahin hatte sie nur so weit gedacht, wie es ihr gut erschien; hente merkte sie, daß es so nicht weiter ging. Sie hatte sich und ihre Kraft zum Bösen überschätzt; wo aber war der Weg. der in das Geleise des guten Gewissens führte? Sie legte den Kopf auf die Tischplatte und stöhnte. Aber als Besuch gemeldet wurde, nahm sie sich mit eiserner Kraft zusammen und sprach wie sonst. Elsie merkte nicht viel von dem, was im Hause vorging. Die Handwerker kamen aus der Stadt und versahen die Klosterkirche im Innern mit Gerüsten, und was zum Gottesdienst an Geraden notwendig war, wurde in einen alten Konveutsanl gebracht, der unten im Klvstergebttnde lag und sonst nur als Durchgang gedient hatte. Hier sollte Sonntags gepredigt werden, und der Klosterpfarrer ging eilfertig hin und her, um alles zu beaufsichtigen. Er war ein gelehrter, etwas scheuer Herr, der sich gern von allem zurückhielt und wenig Fühlung mit den Stiftsdamen hatte. Jetzt kam er aber doch in Bewegung, und als Elsie am Tage von Baron Wolfs Abreise zu Tante Amalie gehn wollte, stand der Pastor mitten im Kreuzgang und zeigte Alois Heinemnnn einige in die Wand eingelassene Wappenschilder. Beide Herren waren so eifrig im Betrachten und Erläutern, daß sie die junge Dame nicht bemerkten, obgleich Elsie langsam an ihnen vorüberging und sich dann noch einmal umsah. Von dem Pastor konnte sie keinen Gruß erwarten, weil er sie noch nicht gesehen hatte, und der junge Maler verwandte kein Auge von den in Stein gehauenen langweiligen Wappenschildern. Elsie sah verstohlen in sein ruhiges, auf¬ merksames Gesicht. Hatte er wirklich einmal Melitta geliebt, und war er fast ver¬ zweifelt, als sie ihm untreu wurde? Seine Stimme klang hell und zufrieden, seiue Augen blickten scharf und klar; und nun fuhr er mit der Hand über den spitzge- schnittneu Bart und lachte hell auf. Der den Damen gegenüber so schweigsame Geistliche mußte ihm etwas Lustiges erzählt haben. Nachdenklich betrat Elsie die Wohnung der Tante. Hier öffnete ihr ein fremdes Dienstmädchen, und Fräulein Von Werkeutin kam ihr auf dem Vorplatz entgegen. Auguste ist krank, sagte sie kläglich. Sie sagt, sie wolle sterben. Die Dienerin lag mit verbundnen Kopf im Bett und antwortete nur mit Stöhnen auf Elftes Fragen. War sie wirklich krank? Elsie konnte es uicht er¬ gründen und suchte ihre Taute zu trösten. Aber Fräulein von Werkcntin weinte. Du hast sie angefahren, Elsie, davon ist es gekommen. Sie sagt, es ist die Schwindsucht im Kopf, und die bekommt man immer vor Kummer. Was sagt der Doktor? fragte Elsie beklommen. Sie will keinen, und ich mag auch keinen. Sie sind alle so neumodisch, Kind. Früher gaben sie Wiener Trank und ließen zur Ader. Aber nun lachen sie, wenn man so etwas haben will! Es war eine traurige Geschichte. Elsie sah, daß Fräulein von Werkeutius Locken nicht gut saßen, daß die Zimmer nicht aufgeräumt waren. Das fremde Mädchen hantierte in der Küche, und ein brenzliger Geruch verbreitete sich in der Wohnung. Sie kann nicht kochen, berichtete die alte Dame, nach der Küche hinweisend. Nur Milchsuppe und gebratne Kartoffeln. Gestern habe ich auch Milchsuppe und gebratne Kartoffeln gegessen, und morgen kommt dasselbe Gericht. Wenn Auguste noch länger krank bleibt, werde ich sterben! Ich will bei dir bleiben, Tauenden! sagte Elsie entschlossen. Viel kochen kann ich nicht, aber vielleicht kann Auguste mich vom Bett aus unterweisen, und ich will mir viele Mühe geben, alles so gut wie möglich zu macheu. Tante Amalie wollte Einwendungen erheben; dann sah sie in Elftes freund¬ liches Gesicht und seufzte erleichtert. Wie du willst, Kind; deiner Urgroßmutter siehst du wirklich ähnlich.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/678>, abgerufen am 29.06.2024.