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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Aus dem Leben des württembergischen Generals Rarl von Mariens

Mariens war während des Rückmarschs zum Divisionsadjutmiten bei
seinem Onkel, dem Grafen von Scheler, und zum Hauptmann ernannt worden.

Die Rückkehr Napoleons von der Insel Elba nach Frankreich im Jahre 1815
störte abermals den Frieden. Die württembergischen Truppen wurden wieder
auf den Kriegsfuß gestellt, und dein Hauptmann von Wartens wurde am
14. April die Ehre zuteil, dem Generalstab des aus Württembergern, Oster-
reichern und Hessen bestehenden dritten Korps der Armee am Oberrhein, be¬
fehligt von Kronprinz Wilhelm, zugeteilt zu werden. Das württembergische
Korps, 20000 Mann Infanterie und 3300 Reiter mit 30 Geschützen unter
General Franquemont, vereinigte sich am 10. Mai mit 18000 Österreichern
und 8000 Hessen. Die Schlacht bei Belle-Alliance am 18. Juni war aber
schon geschlagen, als dieses Armeekorps den Rhein bei Germersheim überschritt.
Schon am folgenden Tage ließ der bei Weißenburg stehende General Napp
dem Kronprinzen sagen, da Napoleon abgedankt habe, hoffe er die Feindselig¬
keiten als beendigt ansehen zu können. Dies hielt jedoch den Kronprinzen nicht
ab, seinen Marsch gegen Süden fortzusetzen. Da dem Korps des General Rapp
durch die Bewegungen der andern deutschen Korps der Rückzug ins Innere Frank¬
reichs unmöglich gemacht worden war, beschloß er, sich auf die Festung Stra߬
burg zurückzuziehn, zuvor aber noch hinter dem Suffelbach in einer vorteil¬
haften Stellung eine Schlacht zu wagen. Diese endigte aber am 28. Juni mit
einem vollständigen Siege des Kronprinzen; der Feind wurde aus allen seinen
Stellungen geworfen und mußte sich in die Festung zurückziehn. Das dritte
Armeekorps trat nun den Marsch über die Vogesen in das Innere Frankreichs
an, gelangte ohne weitere Schlachten bis Autun und Revers, worauf es am
21. Oktober den Rückmarsch begann und am 16. November die Heimat wieder
erreichte. Am 20. November 1815 kam dann der zweite Pariser Friede zu¬
stande. Württemberg erhielt von der Kriegskostenentschädigung 1 Million
300000 Gulden und 3 Millionen 950000 Gulden Kontributionsgelder.

Für seine Leistungen während seines fünften und letzten Feldzugs wurde
Wartens mit dem russischen Se. Wladimirorden vierter Klasse und mit dein
für diesen Feldzug gestifteten Ehrenzeichen belohnt. Nachdem der Generalstab
des Kronprinzen infolge des Friedensschlusses aufgelöst worden war, trat Haupt¬
mann von Wartens bei dem Generalstab des württembergischen Korps ein und
wurde am 19. November 1815 zum Adjutanten des Korpskommcmdanten


Aus dem Leben des württembergischen Generals Rarl von Mariens

Mariens war während des Rückmarschs zum Divisionsadjutmiten bei
seinem Onkel, dem Grafen von Scheler, und zum Hauptmann ernannt worden.

Die Rückkehr Napoleons von der Insel Elba nach Frankreich im Jahre 1815
störte abermals den Frieden. Die württembergischen Truppen wurden wieder
auf den Kriegsfuß gestellt, und dein Hauptmann von Wartens wurde am
14. April die Ehre zuteil, dem Generalstab des aus Württembergern, Oster-
reichern und Hessen bestehenden dritten Korps der Armee am Oberrhein, be¬
fehligt von Kronprinz Wilhelm, zugeteilt zu werden. Das württembergische
Korps, 20000 Mann Infanterie und 3300 Reiter mit 30 Geschützen unter
General Franquemont, vereinigte sich am 10. Mai mit 18000 Österreichern
und 8000 Hessen. Die Schlacht bei Belle-Alliance am 18. Juni war aber
schon geschlagen, als dieses Armeekorps den Rhein bei Germersheim überschritt.
Schon am folgenden Tage ließ der bei Weißenburg stehende General Napp
dem Kronprinzen sagen, da Napoleon abgedankt habe, hoffe er die Feindselig¬
keiten als beendigt ansehen zu können. Dies hielt jedoch den Kronprinzen nicht
ab, seinen Marsch gegen Süden fortzusetzen. Da dem Korps des General Rapp
durch die Bewegungen der andern deutschen Korps der Rückzug ins Innere Frank¬
reichs unmöglich gemacht worden war, beschloß er, sich auf die Festung Stra߬
burg zurückzuziehn, zuvor aber noch hinter dem Suffelbach in einer vorteil¬
haften Stellung eine Schlacht zu wagen. Diese endigte aber am 28. Juni mit
einem vollständigen Siege des Kronprinzen; der Feind wurde aus allen seinen
Stellungen geworfen und mußte sich in die Festung zurückziehn. Das dritte
Armeekorps trat nun den Marsch über die Vogesen in das Innere Frankreichs
an, gelangte ohne weitere Schlachten bis Autun und Revers, worauf es am
21. Oktober den Rückmarsch begann und am 16. November die Heimat wieder
erreichte. Am 20. November 1815 kam dann der zweite Pariser Friede zu¬
stande. Württemberg erhielt von der Kriegskostenentschädigung 1 Million
300000 Gulden und 3 Millionen 950000 Gulden Kontributionsgelder.

Für seine Leistungen während seines fünften und letzten Feldzugs wurde
Wartens mit dem russischen Se. Wladimirorden vierter Klasse und mit dein
für diesen Feldzug gestifteten Ehrenzeichen belohnt. Nachdem der Generalstab
des Kronprinzen infolge des Friedensschlusses aufgelöst worden war, trat Haupt¬
mann von Wartens bei dem Generalstab des württembergischen Korps ein und
wurde am 19. November 1815 zum Adjutanten des Korpskommcmdanten


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[0528] Aus dem Leben des württembergischen Generals Rarl von Mariens Mariens war während des Rückmarschs zum Divisionsadjutmiten bei seinem Onkel, dem Grafen von Scheler, und zum Hauptmann ernannt worden. Die Rückkehr Napoleons von der Insel Elba nach Frankreich im Jahre 1815 störte abermals den Frieden. Die württembergischen Truppen wurden wieder auf den Kriegsfuß gestellt, und dein Hauptmann von Wartens wurde am 14. April die Ehre zuteil, dem Generalstab des aus Württembergern, Oster- reichern und Hessen bestehenden dritten Korps der Armee am Oberrhein, be¬ fehligt von Kronprinz Wilhelm, zugeteilt zu werden. Das württembergische Korps, 20000 Mann Infanterie und 3300 Reiter mit 30 Geschützen unter General Franquemont, vereinigte sich am 10. Mai mit 18000 Österreichern und 8000 Hessen. Die Schlacht bei Belle-Alliance am 18. Juni war aber schon geschlagen, als dieses Armeekorps den Rhein bei Germersheim überschritt. Schon am folgenden Tage ließ der bei Weißenburg stehende General Napp dem Kronprinzen sagen, da Napoleon abgedankt habe, hoffe er die Feindselig¬ keiten als beendigt ansehen zu können. Dies hielt jedoch den Kronprinzen nicht ab, seinen Marsch gegen Süden fortzusetzen. Da dem Korps des General Rapp durch die Bewegungen der andern deutschen Korps der Rückzug ins Innere Frank¬ reichs unmöglich gemacht worden war, beschloß er, sich auf die Festung Stra߬ burg zurückzuziehn, zuvor aber noch hinter dem Suffelbach in einer vorteil¬ haften Stellung eine Schlacht zu wagen. Diese endigte aber am 28. Juni mit einem vollständigen Siege des Kronprinzen; der Feind wurde aus allen seinen Stellungen geworfen und mußte sich in die Festung zurückziehn. Das dritte Armeekorps trat nun den Marsch über die Vogesen in das Innere Frankreichs an, gelangte ohne weitere Schlachten bis Autun und Revers, worauf es am 21. Oktober den Rückmarsch begann und am 16. November die Heimat wieder erreichte. Am 20. November 1815 kam dann der zweite Pariser Friede zu¬ stande. Württemberg erhielt von der Kriegskostenentschädigung 1 Million 300000 Gulden und 3 Millionen 950000 Gulden Kontributionsgelder. Für seine Leistungen während seines fünften und letzten Feldzugs wurde Wartens mit dem russischen Se. Wladimirorden vierter Klasse und mit dein für diesen Feldzug gestifteten Ehrenzeichen belohnt. Nachdem der Generalstab des Kronprinzen infolge des Friedensschlusses aufgelöst worden war, trat Haupt¬ mann von Wartens bei dem Generalstab des württembergischen Korps ein und wurde am 19. November 1815 zum Adjutanten des Korpskommcmdanten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/528>, abgerufen am 03.07.2024.