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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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haben. Der Vorgang lehrt höchstens, daß Geschwader nie genug Torpedoboote bei
sich haben können, und daß wir gut daran tun werden, wenigstens zwei Torpedoboot¬
divisionen nach Tsintau zu legen. Aber die Frage steht nicht: Torpedoboot oder
Panzerschiff, sondern Panzerschiff und Torpedoboot. Bis heute fehlt noch alles
Material zur Beurteilung der Gefechtsbereitschaft der russischen Flotte bei Port
Arthur; jedenfalls ist der japanische Angriff bei seiner Erneuerung um 9. dieses
Monats trotz der Verwundung dreier russischer Schiffe abgeschlagen wordeu.

Es macht deshalb auch einen sehr komischen Eindruck, in solchen deutscheu Zei¬
tungen, die in der Regel ernsthaft genommen werden wollen, von dem "Helden"
oder dem "Sieger" von Port Arthur zu lesen. Ein Angriff ohne jeden taktischen
oder strategischen Erfolg ist doch kein "Sieg," ein Sieg wäre nur die Zerstörung
der russischen Flotte oder die Wegnahme von Port Arthur gewesen. Noch weniger
kann doch von einem dabei durch die japanische Führung bekundeten "Heldentum"
die Rede sein. Ein Offensivstoß ist doch noch keine "Heldentat." Bei einem Volke,
das ans die schwer erkämpften, opferreichen Siege von 1870 zurückblickt, nimmt es
sich um so seltsamer aus, wenn seine "nationale" Presse derartig mit Lorbeerkränzen
um sich wirft.


Die parlamentarischen Parteien und die Verwaltung.

Es hat noch
keine Reichstagssession mit einem solchen Überschwang von "Resolutionen" und
"Anträgen" gegeben, wie diese erste der im Zeichen der Drei-Millionen-Sozial¬
demokraten stehenden Legislaturperiode. Diese Anträge und Resolutionen erstrecken
sich auf alle möglichen Dinge und noch einige andre. Dabei findet ein unglaub¬
liches und ziemlich würdeloses "Beglückuugswettlaufen" statt, das sich uicht nur auf
die vorzugsweise begünstigten gewerblichen Arbeiter, sondern auch auf das Heer und
die Unterbeamten erstreckt. Die Natioualliberalen wollen jedem Soldaten, wenn
auch nicht Sonntags ein Huhu in deu Topf, so doch einen regelmäßigen Urlaub
gewähren, ohne Rücksicht darauf, ob die Haltung und die Ausbildung des einzelnen
Mannes das verdient, oder ob die Ausbildung der Truppe bei der so kurzen
Dienstzeit das überhaupt zuläßt. Unsre Soldaten sind doch keine Muttersöhnchen.
Und wie soll es bei der Marine gehalten werden? Will man da auch so beur¬
lauben, dann muß man zunächst einen bedeutend höhern Mannschaftsstand bewilligen,
da ans den Schiffen kein Mann überflüssig ist, ganz abgesehen von den Schiffen
im Auslande. Hoffentlich werden der Kriegsminister und der Staatssekretär der
Marine da ein rundes Nein sprechen. Urlaubserteilung ist Sache der Kom¬
mandobehörden nach dienstlichen Rücksichten; den Urlaub durch Reichstagsreso¬
lutionen festzulegen -- das wäre der beste Weg zur Parlameutsarmee. Dann
hätten wir statt des "Königsurlaubs" den "Neichstagsurlaub." Das streift
doch zu nahe an die Bürgcrwehr! Wir hoffen hier ans ein uuumwundnes Nein.
Der Soldat hat Urlaub bekommen zu einer Zeit, wo die Fraktionen nud ihre
Populnritätsbedürfnisse uoch nicht erfunden waren; es wäre sehr bedenklich, die
Armee auf solchen Fundamenten zu erbauen. -- Ungefähr auf derselbe" Höhe
steht die sozialdemokratische "Resolution," wonach alle wegen Soldateumißhand-
lungen ergangnen Urteile der Militärgerichte monatlich zur Kenntnis der Armee
gebracht, und die Soldaten dabei zugleich auf ihr Beschwerderecht hingewiesen werden
sollen. Es fehlt nur noch die Auberaumung einer allmonatlicheu großen Parade
vor den Herren Bebel, Singer usw. Es ist bedauerlich, daß solche Anträge über¬
haupt erst gedruckt werden; ihre Diskutierung hat gar keinen andern Zweck als
durch sozialdemokratische Brandreden und ihre Verbreitung die Armee zu revo¬
lutionieren. Hoffentlich ist eine Mehrheit zur Stelle, die sofort Schluß und Kehraus
macht. Am Kriegsminister wird es nicht fehlen.

Nicht geringeres Bedenken haben wir hinsichtlich der Zentrumsresolutiou
zum Postetat, worin eine "eingehende Nachweisung" verlangt wird über "die
tägliche Dienstzeit, die Sonntngrnhe, insbesondre die Ruhe am Sonntag Vormittag,


haben. Der Vorgang lehrt höchstens, daß Geschwader nie genug Torpedoboote bei
sich haben können, und daß wir gut daran tun werden, wenigstens zwei Torpedoboot¬
divisionen nach Tsintau zu legen. Aber die Frage steht nicht: Torpedoboot oder
Panzerschiff, sondern Panzerschiff und Torpedoboot. Bis heute fehlt noch alles
Material zur Beurteilung der Gefechtsbereitschaft der russischen Flotte bei Port
Arthur; jedenfalls ist der japanische Angriff bei seiner Erneuerung um 9. dieses
Monats trotz der Verwundung dreier russischer Schiffe abgeschlagen wordeu.

Es macht deshalb auch einen sehr komischen Eindruck, in solchen deutscheu Zei¬
tungen, die in der Regel ernsthaft genommen werden wollen, von dem „Helden"
oder dem „Sieger" von Port Arthur zu lesen. Ein Angriff ohne jeden taktischen
oder strategischen Erfolg ist doch kein „Sieg," ein Sieg wäre nur die Zerstörung
der russischen Flotte oder die Wegnahme von Port Arthur gewesen. Noch weniger
kann doch von einem dabei durch die japanische Führung bekundeten „Heldentum"
die Rede sein. Ein Offensivstoß ist doch noch keine „Heldentat." Bei einem Volke,
das ans die schwer erkämpften, opferreichen Siege von 1870 zurückblickt, nimmt es
sich um so seltsamer aus, wenn seine „nationale" Presse derartig mit Lorbeerkränzen
um sich wirft.


Die parlamentarischen Parteien und die Verwaltung.

Es hat noch
keine Reichstagssession mit einem solchen Überschwang von „Resolutionen" und
„Anträgen" gegeben, wie diese erste der im Zeichen der Drei-Millionen-Sozial¬
demokraten stehenden Legislaturperiode. Diese Anträge und Resolutionen erstrecken
sich auf alle möglichen Dinge und noch einige andre. Dabei findet ein unglaub¬
liches und ziemlich würdeloses „Beglückuugswettlaufen" statt, das sich uicht nur auf
die vorzugsweise begünstigten gewerblichen Arbeiter, sondern auch auf das Heer und
die Unterbeamten erstreckt. Die Natioualliberalen wollen jedem Soldaten, wenn
auch nicht Sonntags ein Huhu in deu Topf, so doch einen regelmäßigen Urlaub
gewähren, ohne Rücksicht darauf, ob die Haltung und die Ausbildung des einzelnen
Mannes das verdient, oder ob die Ausbildung der Truppe bei der so kurzen
Dienstzeit das überhaupt zuläßt. Unsre Soldaten sind doch keine Muttersöhnchen.
Und wie soll es bei der Marine gehalten werden? Will man da auch so beur¬
lauben, dann muß man zunächst einen bedeutend höhern Mannschaftsstand bewilligen,
da ans den Schiffen kein Mann überflüssig ist, ganz abgesehen von den Schiffen
im Auslande. Hoffentlich werden der Kriegsminister und der Staatssekretär der
Marine da ein rundes Nein sprechen. Urlaubserteilung ist Sache der Kom¬
mandobehörden nach dienstlichen Rücksichten; den Urlaub durch Reichstagsreso¬
lutionen festzulegen — das wäre der beste Weg zur Parlameutsarmee. Dann
hätten wir statt des „Königsurlaubs" den „Neichstagsurlaub." Das streift
doch zu nahe an die Bürgcrwehr! Wir hoffen hier ans ein uuumwundnes Nein.
Der Soldat hat Urlaub bekommen zu einer Zeit, wo die Fraktionen nud ihre
Populnritätsbedürfnisse uoch nicht erfunden waren; es wäre sehr bedenklich, die
Armee auf solchen Fundamenten zu erbauen. — Ungefähr auf derselbe» Höhe
steht die sozialdemokratische „Resolution," wonach alle wegen Soldateumißhand-
lungen ergangnen Urteile der Militärgerichte monatlich zur Kenntnis der Armee
gebracht, und die Soldaten dabei zugleich auf ihr Beschwerderecht hingewiesen werden
sollen. Es fehlt nur noch die Auberaumung einer allmonatlicheu großen Parade
vor den Herren Bebel, Singer usw. Es ist bedauerlich, daß solche Anträge über¬
haupt erst gedruckt werden; ihre Diskutierung hat gar keinen andern Zweck als
durch sozialdemokratische Brandreden und ihre Verbreitung die Armee zu revo¬
lutionieren. Hoffentlich ist eine Mehrheit zur Stelle, die sofort Schluß und Kehraus
macht. Am Kriegsminister wird es nicht fehlen.

Nicht geringeres Bedenken haben wir hinsichtlich der Zentrumsresolutiou
zum Postetat, worin eine „eingehende Nachweisung" verlangt wird über «die
tägliche Dienstzeit, die Sonntngrnhe, insbesondre die Ruhe am Sonntag Vormittag,


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[0438] haben. Der Vorgang lehrt höchstens, daß Geschwader nie genug Torpedoboote bei sich haben können, und daß wir gut daran tun werden, wenigstens zwei Torpedoboot¬ divisionen nach Tsintau zu legen. Aber die Frage steht nicht: Torpedoboot oder Panzerschiff, sondern Panzerschiff und Torpedoboot. Bis heute fehlt noch alles Material zur Beurteilung der Gefechtsbereitschaft der russischen Flotte bei Port Arthur; jedenfalls ist der japanische Angriff bei seiner Erneuerung um 9. dieses Monats trotz der Verwundung dreier russischer Schiffe abgeschlagen wordeu. Es macht deshalb auch einen sehr komischen Eindruck, in solchen deutscheu Zei¬ tungen, die in der Regel ernsthaft genommen werden wollen, von dem „Helden" oder dem „Sieger" von Port Arthur zu lesen. Ein Angriff ohne jeden taktischen oder strategischen Erfolg ist doch kein „Sieg," ein Sieg wäre nur die Zerstörung der russischen Flotte oder die Wegnahme von Port Arthur gewesen. Noch weniger kann doch von einem dabei durch die japanische Führung bekundeten „Heldentum" die Rede sein. Ein Offensivstoß ist doch noch keine „Heldentat." Bei einem Volke, das ans die schwer erkämpften, opferreichen Siege von 1870 zurückblickt, nimmt es sich um so seltsamer aus, wenn seine „nationale" Presse derartig mit Lorbeerkränzen um sich wirft. Die parlamentarischen Parteien und die Verwaltung. Es hat noch keine Reichstagssession mit einem solchen Überschwang von „Resolutionen" und „Anträgen" gegeben, wie diese erste der im Zeichen der Drei-Millionen-Sozial¬ demokraten stehenden Legislaturperiode. Diese Anträge und Resolutionen erstrecken sich auf alle möglichen Dinge und noch einige andre. Dabei findet ein unglaub¬ liches und ziemlich würdeloses „Beglückuugswettlaufen" statt, das sich uicht nur auf die vorzugsweise begünstigten gewerblichen Arbeiter, sondern auch auf das Heer und die Unterbeamten erstreckt. Die Natioualliberalen wollen jedem Soldaten, wenn auch nicht Sonntags ein Huhu in deu Topf, so doch einen regelmäßigen Urlaub gewähren, ohne Rücksicht darauf, ob die Haltung und die Ausbildung des einzelnen Mannes das verdient, oder ob die Ausbildung der Truppe bei der so kurzen Dienstzeit das überhaupt zuläßt. Unsre Soldaten sind doch keine Muttersöhnchen. Und wie soll es bei der Marine gehalten werden? Will man da auch so beur¬ lauben, dann muß man zunächst einen bedeutend höhern Mannschaftsstand bewilligen, da ans den Schiffen kein Mann überflüssig ist, ganz abgesehen von den Schiffen im Auslande. Hoffentlich werden der Kriegsminister und der Staatssekretär der Marine da ein rundes Nein sprechen. Urlaubserteilung ist Sache der Kom¬ mandobehörden nach dienstlichen Rücksichten; den Urlaub durch Reichstagsreso¬ lutionen festzulegen — das wäre der beste Weg zur Parlameutsarmee. Dann hätten wir statt des „Königsurlaubs" den „Neichstagsurlaub." Das streift doch zu nahe an die Bürgcrwehr! Wir hoffen hier ans ein uuumwundnes Nein. Der Soldat hat Urlaub bekommen zu einer Zeit, wo die Fraktionen nud ihre Populnritätsbedürfnisse uoch nicht erfunden waren; es wäre sehr bedenklich, die Armee auf solchen Fundamenten zu erbauen. — Ungefähr auf derselbe» Höhe steht die sozialdemokratische „Resolution," wonach alle wegen Soldateumißhand- lungen ergangnen Urteile der Militärgerichte monatlich zur Kenntnis der Armee gebracht, und die Soldaten dabei zugleich auf ihr Beschwerderecht hingewiesen werden sollen. Es fehlt nur noch die Auberaumung einer allmonatlicheu großen Parade vor den Herren Bebel, Singer usw. Es ist bedauerlich, daß solche Anträge über¬ haupt erst gedruckt werden; ihre Diskutierung hat gar keinen andern Zweck als durch sozialdemokratische Brandreden und ihre Verbreitung die Armee zu revo¬ lutionieren. Hoffentlich ist eine Mehrheit zur Stelle, die sofort Schluß und Kehraus macht. Am Kriegsminister wird es nicht fehlen. Nicht geringeres Bedenken haben wir hinsichtlich der Zentrumsresolutiou zum Postetat, worin eine „eingehende Nachweisung" verlangt wird über «die tägliche Dienstzeit, die Sonntngrnhe, insbesondre die Ruhe am Sonntag Vormittag,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/438>, abgerufen am 03.07.2024.