Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.Die Perser des Timotheos den Namen des Gottes enthielt. Beide Teile haben wir schon, wie man sich leicht So bleibt denn nur noch der siebente Teil, der o^"/>"/>.oL, d. i. der Nabel, Von diesem blutigen Hintergründe heben sich nun vier besondre Bilder Aber die Drohung wie die Verwünschung verhallt. Die Perser werden Die Perser des Timotheos den Namen des Gottes enthielt. Beide Teile haben wir schon, wie man sich leicht So bleibt denn nur noch der siebente Teil, der o^«/>«/>.oL, d. i. der Nabel, Von diesem blutigen Hintergründe heben sich nun vier besondre Bilder Aber die Drohung wie die Verwünschung verhallt. Die Perser werden <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0040" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/292837"/> <fw type="header" place="top"> Die Perser des Timotheos</fw><lb/> <p xml:id="ID_90" prev="#ID_89"> den Namen des Gottes enthielt. Beide Teile haben wir schon, wie man sich leicht<lb/> erinnert, aus der aufgefundnen Dichtung kennen lernen: in den Persern ist der<lb/> Versuch des Dichters, seine Neuerungen zu rechtfertigen, das Siegel, der<lb/> Wunsch, Apollon möge dem Volke und der Stadt den Frieden schenken, das<lb/> Nachwort.</p><lb/> <p xml:id="ID_91"> So bleibt denn nur noch der siebente Teil, der o^«/>«/>.oL, d. i. der Nabel,<lb/> übrig. Daß damit die Mitte des Gedichts, also das eigentliche Hauptstück,<lb/> gemeint ist, folgt ohne weiteres aus der Grundbedeutung des Wortes, und<lb/> man braucht nicht erst an ähnliche bildliche Verwendungen des Ausdrucks, um<lb/> den Nabel des Schildes, des Meeres, der Erde zu erinnern. Dieses Haupt¬<lb/> stück enthält aber, wie sich weiterhin von selbst versteht, das eigentliche Thema<lb/> des Nomos, das ist in den Persern des Timotheos natürlich die Darstellung<lb/> der Salaminischen Schlacht. Die Einleitung des Kampfes und der Beginn<lb/> fehlen uoch im Papyrus, die lesbaren Stellen versetzen uns mitten in den<lb/> Verlauf des Gefechts. Mit der Treue eines geschichtlichen Berichts führt uns<lb/> der Dichter die üblichen nautischen Manöver vor: die Schiffe fahren gegen¬<lb/> einander, mit den schweren Stoßbalken des Bugspriets reißt man die Nnder-<lb/> reihen der feindlichen Fahrzeuge weg, den Stoß des Gegners sucht man mit<lb/> dem stark bewehrten Vorderteil aufzufangen, indem man eilends zurückrudert,<lb/> Schiffe werden in den Grund gebohrt, andre geentert, mit Brandpfeilen und<lb/> andern Geschossen bewirft man den Gegner, das Meer rötet sich nicht etwa<lb/> von dem Widerschein des Feuers, sondern, seltsam genug, von den Funken<lb/> und den brennenden Holzstücken, die ins Wasser fallen. Jammergeschrei er¬<lb/> tönt überall.</p><lb/> <p xml:id="ID_92"> Von diesem blutigen Hintergründe heben sich nun vier besondre Bilder<lb/> ab. Wir sehen einen Barbaren, einen vornehmen, reichbegüterten Mann — dn<lb/> der Dichter es sagt, müssen wir es schon glauben —, der ertrinkend mit dem<lb/> Meere ringt. Die weitere Schilderung von den Anstrengungen des Armen,<lb/> sich zu retten, entgeht uns, weil die Verse des Papyrus, die sie enthalten, so<lb/> verstümmelt sind, daß ihre Deutung unmöglich ist; aber dann hören wir, wie<lb/> er das Meerwasser schluckend und ausspeiend irre Schmähreden ausstößt wider<lb/> das Element, das ihn und seine Landsleute zu verderben droht. „Du freches<lb/> Ungetüm, so ruft er etwa, schon einmal hast du deinen widerspenstigen Nacken<lb/> unter das Joch unsrer Floßbrücke gebeugt, jetzt wird dich mein Herr peitschen<lb/> (eigentlich aufwirbeln) mit seinen Rudern und mit der Weite seines Blicks<lb/> dich bändigen (eigentlich einsperren)." Das ist echt orientalisch: unbedingte<lb/> Ergebenheit gegen den allmächtigen Herrn und grenzenlose Überhebung, ganz<lb/> im Sinne des Herrschers selbst, der den Hellespont geißeln ließ, weil er sich<lb/> seinem Willen nicht fügen wollte. Und dann folgt die Verwünschung: „Du<lb/> rasendes, treuloses Scheusal, das du vom Sturm erregt mich umarmst und in<lb/> die Tiefe ziehst."</p><lb/> <p xml:id="ID_93" next="#ID_94"> Aber die Drohung wie die Verwünschung verhallt. Die Perser werden<lb/> zurückgedrängt, das Meer und die umliegenden Gestade bedecken sich mit Leichen.<lb/> Aber einige von den Barbaren haben sich lebend ans Ufer gerettet; da sitzen<lb/> sie nun, entblößt, von der Kälte erstarrt, und brechen in laute Klagen aus.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0040]
Die Perser des Timotheos
den Namen des Gottes enthielt. Beide Teile haben wir schon, wie man sich leicht
erinnert, aus der aufgefundnen Dichtung kennen lernen: in den Persern ist der
Versuch des Dichters, seine Neuerungen zu rechtfertigen, das Siegel, der
Wunsch, Apollon möge dem Volke und der Stadt den Frieden schenken, das
Nachwort.
So bleibt denn nur noch der siebente Teil, der o^«/>«/>.oL, d. i. der Nabel,
übrig. Daß damit die Mitte des Gedichts, also das eigentliche Hauptstück,
gemeint ist, folgt ohne weiteres aus der Grundbedeutung des Wortes, und
man braucht nicht erst an ähnliche bildliche Verwendungen des Ausdrucks, um
den Nabel des Schildes, des Meeres, der Erde zu erinnern. Dieses Haupt¬
stück enthält aber, wie sich weiterhin von selbst versteht, das eigentliche Thema
des Nomos, das ist in den Persern des Timotheos natürlich die Darstellung
der Salaminischen Schlacht. Die Einleitung des Kampfes und der Beginn
fehlen uoch im Papyrus, die lesbaren Stellen versetzen uns mitten in den
Verlauf des Gefechts. Mit der Treue eines geschichtlichen Berichts führt uns
der Dichter die üblichen nautischen Manöver vor: die Schiffe fahren gegen¬
einander, mit den schweren Stoßbalken des Bugspriets reißt man die Nnder-
reihen der feindlichen Fahrzeuge weg, den Stoß des Gegners sucht man mit
dem stark bewehrten Vorderteil aufzufangen, indem man eilends zurückrudert,
Schiffe werden in den Grund gebohrt, andre geentert, mit Brandpfeilen und
andern Geschossen bewirft man den Gegner, das Meer rötet sich nicht etwa
von dem Widerschein des Feuers, sondern, seltsam genug, von den Funken
und den brennenden Holzstücken, die ins Wasser fallen. Jammergeschrei er¬
tönt überall.
Von diesem blutigen Hintergründe heben sich nun vier besondre Bilder
ab. Wir sehen einen Barbaren, einen vornehmen, reichbegüterten Mann — dn
der Dichter es sagt, müssen wir es schon glauben —, der ertrinkend mit dem
Meere ringt. Die weitere Schilderung von den Anstrengungen des Armen,
sich zu retten, entgeht uns, weil die Verse des Papyrus, die sie enthalten, so
verstümmelt sind, daß ihre Deutung unmöglich ist; aber dann hören wir, wie
er das Meerwasser schluckend und ausspeiend irre Schmähreden ausstößt wider
das Element, das ihn und seine Landsleute zu verderben droht. „Du freches
Ungetüm, so ruft er etwa, schon einmal hast du deinen widerspenstigen Nacken
unter das Joch unsrer Floßbrücke gebeugt, jetzt wird dich mein Herr peitschen
(eigentlich aufwirbeln) mit seinen Rudern und mit der Weite seines Blicks
dich bändigen (eigentlich einsperren)." Das ist echt orientalisch: unbedingte
Ergebenheit gegen den allmächtigen Herrn und grenzenlose Überhebung, ganz
im Sinne des Herrschers selbst, der den Hellespont geißeln ließ, weil er sich
seinem Willen nicht fügen wollte. Und dann folgt die Verwünschung: „Du
rasendes, treuloses Scheusal, das du vom Sturm erregt mich umarmst und in
die Tiefe ziehst."
Aber die Drohung wie die Verwünschung verhallt. Die Perser werden
zurückgedrängt, das Meer und die umliegenden Gestade bedecken sich mit Leichen.
Aber einige von den Barbaren haben sich lebend ans Ufer gerettet; da sitzen
sie nun, entblößt, von der Kälte erstarrt, und brechen in laute Klagen aus.
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