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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Aus dem Spreewalde

die Zeit, wo die Geister der Vergangenheit aufwachen. Besonders zu der Zeit der
Jahreswende kehren die alten Götter auf einige Zeit zurück: dann schwirren unter
dem jungen Volk, das zur "Spinte" geht, die Sagen vom Nux und vom Bub,
vom Schlangenkönig und von der todbringenden Mittagschleiche, der Frau Pschesponiza.
Aber auch im Spreewalde ist der alte Volksgeist unter dem Einflüsse des Fremden,
des Großstädtischen im Absterben begriffen; glücklicherweise hat vor einem Viertel¬
jahrhundert ein kundiger, dichterisch empfindender Mann, Willibald von Schulenburg,
alles aufgezeichnet, was davon noch lebendig war. Er hat noch Leute gekannt, die
in einer von fremden Einflüssen kaum berührten Vergangenheit wurzelten, z. B. den
alten Fischer Kilo Park, von dem er, ein Meister der Schilderung, folgendes be¬
richtet: "Es war an einem schönen Sommerabend, als ich durch Busch und Wiesen
heimkehrte und vor mir ein graues Männchen über den Weg streifen sah, dem
gleich Flügeln die Bogen eines Kreuzhamens von den Seiten abstanden. Ich
winkte ihm, er blieb steh", und ich brachte eine Skizze desselben flüchtig zu Papier.
Dann wünschte ich ihm: clobr? v^aeor (guten Abend) und folgte durch das feuchte
Gras, durch Wiesen und Weidengebüsch. Zuletzt kamen wir an ein Wasser und
gingen über den schwankenden Steg. "Hier wohne ich", sagte das absonderliche
Männchen und wies auf das dichte Blättergrün. Ich konnte kein Haus sehen,
aber bald standen wir vor einem uralten Hüttchen, versunken in die Erde, mit
schiefen Wänden und mit Schilf umstellt. Gebückt folgte ich jenem auf den Flur,
in dessen Ecke ein Baumstamm mit Kerben lehnte, die Treppe zum Boden. Durch
die kleine Tür traten wir in die vor Alter geschwärzte Stube mit ebensolchen
Schemel und Tischchen, die neben dem Bette und altertümlichen Ofen nur wenig
Raum auf dem dunkeln Lehmestriche ließen. Noch schmückten das Tellerbrett und
ein Schränkchen mit der Bibel die Wand. Hastig trat der Alte an den Tisch,
ergriff einen Spaten und preßte mit dem Griffe unter Schmerzen seine Brüche in
den Leib. Dann schlug er Feuer, stülpte die Buschka über die Pfeife und sprach:
"Jetzt, Herr, laßt uns reden." Eine so geheimnisvolle, halb unterirdische Existenz
wie der alte Kilo bildet die Brücke zu den Vorstellungen des Volkes von den
Lutchen, die ehedem die Gegend von Burg bewohnten, Leutchen, so groß wie eine
Kleiderbürste, die in backofenartigen Höhlungen und Erdlöchern wohnten. Der Ur¬
großvater und die Großmutter haben sie noch gesehen und mit ihnen gesprochen.
Sie waren Heiden und Zauberer -- und konnten keine Glocken und keinen Gesang
vertragen. Wenn sie starben, verbrannten sie die Leichen und taten die Knochen
in die Erde. Dabei hielten sich die Nächsten aus der Freundschaft die Tränen¬
näpfchen unter die Augen und fingen darin die Tränen auf und setzten sie um die
großen Töpfe herum. Wie die Glocken kamen, haben die Lutchen "Vergang ge¬
nommen", krochen in ihr Geschirr hinein und sind darin gestorben. Die im Schlo߬
berge liefen zusammen und sagten:


?v brmndiM IgUl alö "voeu,
mu"z^n^ "SW ng "ovo,
(Die Brumbaken kommen in die Welt,
Wir müssen jetzt aus der Welt.)

Mancher wendische Fischer nach Kitos Art ist wohl selbst zur mythischen Figur ge¬
worden wie Krepel aus Leipe, der fischte mit einem kleinen Kahne von Erlenholz.
Da erhob sich ein Wirbelwind, ergriff ihn und fuhr mit ihm in die Höhe bis an
den Himmel hinan und stieß mit dem Kahne an den Himmel. Und da frug unser
Herrgott: (Mo tam jo, wer ist da? -- ^rjvpjel 2 I^jW'ox, Krepel aus Leipe."

Schulenburg klagte im Jahre 1880 mit Recht darüber, daß der natürliche
Auflösungsprozeß, dem das alte Volksleben des Spreewaldes unterliegt, noch be¬
schleunigt werde durch polizeiliche Verordnungen, dnrch die eine Menge harmloser
Sitten und Gebräuche, die ein Band mit der Vergangenheit knüpften, verboten
worden sind. Solche durch das Alter geweihte Gebräuche des Landvolkes, sagt er,


Aus dem Spreewalde

die Zeit, wo die Geister der Vergangenheit aufwachen. Besonders zu der Zeit der
Jahreswende kehren die alten Götter auf einige Zeit zurück: dann schwirren unter
dem jungen Volk, das zur „Spinte" geht, die Sagen vom Nux und vom Bub,
vom Schlangenkönig und von der todbringenden Mittagschleiche, der Frau Pschesponiza.
Aber auch im Spreewalde ist der alte Volksgeist unter dem Einflüsse des Fremden,
des Großstädtischen im Absterben begriffen; glücklicherweise hat vor einem Viertel¬
jahrhundert ein kundiger, dichterisch empfindender Mann, Willibald von Schulenburg,
alles aufgezeichnet, was davon noch lebendig war. Er hat noch Leute gekannt, die
in einer von fremden Einflüssen kaum berührten Vergangenheit wurzelten, z. B. den
alten Fischer Kilo Park, von dem er, ein Meister der Schilderung, folgendes be¬
richtet: „Es war an einem schönen Sommerabend, als ich durch Busch und Wiesen
heimkehrte und vor mir ein graues Männchen über den Weg streifen sah, dem
gleich Flügeln die Bogen eines Kreuzhamens von den Seiten abstanden. Ich
winkte ihm, er blieb steh», und ich brachte eine Skizze desselben flüchtig zu Papier.
Dann wünschte ich ihm: clobr? v^aeor (guten Abend) und folgte durch das feuchte
Gras, durch Wiesen und Weidengebüsch. Zuletzt kamen wir an ein Wasser und
gingen über den schwankenden Steg. »Hier wohne ich«, sagte das absonderliche
Männchen und wies auf das dichte Blättergrün. Ich konnte kein Haus sehen,
aber bald standen wir vor einem uralten Hüttchen, versunken in die Erde, mit
schiefen Wänden und mit Schilf umstellt. Gebückt folgte ich jenem auf den Flur,
in dessen Ecke ein Baumstamm mit Kerben lehnte, die Treppe zum Boden. Durch
die kleine Tür traten wir in die vor Alter geschwärzte Stube mit ebensolchen
Schemel und Tischchen, die neben dem Bette und altertümlichen Ofen nur wenig
Raum auf dem dunkeln Lehmestriche ließen. Noch schmückten das Tellerbrett und
ein Schränkchen mit der Bibel die Wand. Hastig trat der Alte an den Tisch,
ergriff einen Spaten und preßte mit dem Griffe unter Schmerzen seine Brüche in
den Leib. Dann schlug er Feuer, stülpte die Buschka über die Pfeife und sprach:
»Jetzt, Herr, laßt uns reden.« Eine so geheimnisvolle, halb unterirdische Existenz
wie der alte Kilo bildet die Brücke zu den Vorstellungen des Volkes von den
Lutchen, die ehedem die Gegend von Burg bewohnten, Leutchen, so groß wie eine
Kleiderbürste, die in backofenartigen Höhlungen und Erdlöchern wohnten. Der Ur¬
großvater und die Großmutter haben sie noch gesehen und mit ihnen gesprochen.
Sie waren Heiden und Zauberer — und konnten keine Glocken und keinen Gesang
vertragen. Wenn sie starben, verbrannten sie die Leichen und taten die Knochen
in die Erde. Dabei hielten sich die Nächsten aus der Freundschaft die Tränen¬
näpfchen unter die Augen und fingen darin die Tränen auf und setzten sie um die
großen Töpfe herum. Wie die Glocken kamen, haben die Lutchen »Vergang ge¬
nommen«, krochen in ihr Geschirr hinein und sind darin gestorben. Die im Schlo߬
berge liefen zusammen und sagten:


?v brmndiM IgUl alö »voeu,
mu«z^n^ »SW ng »ovo,
(Die Brumbaken kommen in die Welt,
Wir müssen jetzt aus der Welt.)

Mancher wendische Fischer nach Kitos Art ist wohl selbst zur mythischen Figur ge¬
worden wie Krepel aus Leipe, der fischte mit einem kleinen Kahne von Erlenholz.
Da erhob sich ein Wirbelwind, ergriff ihn und fuhr mit ihm in die Höhe bis an
den Himmel hinan und stieß mit dem Kahne an den Himmel. Und da frug unser
Herrgott: (Mo tam jo, wer ist da? — ^rjvpjel 2 I^jW'ox, Krepel aus Leipe."

Schulenburg klagte im Jahre 1880 mit Recht darüber, daß der natürliche
Auflösungsprozeß, dem das alte Volksleben des Spreewaldes unterliegt, noch be¬
schleunigt werde durch polizeiliche Verordnungen, dnrch die eine Menge harmloser
Sitten und Gebräuche, die ein Band mit der Vergangenheit knüpften, verboten
worden sind. Solche durch das Alter geweihte Gebräuche des Landvolkes, sagt er,


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[0238] Aus dem Spreewalde die Zeit, wo die Geister der Vergangenheit aufwachen. Besonders zu der Zeit der Jahreswende kehren die alten Götter auf einige Zeit zurück: dann schwirren unter dem jungen Volk, das zur „Spinte" geht, die Sagen vom Nux und vom Bub, vom Schlangenkönig und von der todbringenden Mittagschleiche, der Frau Pschesponiza. Aber auch im Spreewalde ist der alte Volksgeist unter dem Einflüsse des Fremden, des Großstädtischen im Absterben begriffen; glücklicherweise hat vor einem Viertel¬ jahrhundert ein kundiger, dichterisch empfindender Mann, Willibald von Schulenburg, alles aufgezeichnet, was davon noch lebendig war. Er hat noch Leute gekannt, die in einer von fremden Einflüssen kaum berührten Vergangenheit wurzelten, z. B. den alten Fischer Kilo Park, von dem er, ein Meister der Schilderung, folgendes be¬ richtet: „Es war an einem schönen Sommerabend, als ich durch Busch und Wiesen heimkehrte und vor mir ein graues Männchen über den Weg streifen sah, dem gleich Flügeln die Bogen eines Kreuzhamens von den Seiten abstanden. Ich winkte ihm, er blieb steh», und ich brachte eine Skizze desselben flüchtig zu Papier. Dann wünschte ich ihm: clobr? v^aeor (guten Abend) und folgte durch das feuchte Gras, durch Wiesen und Weidengebüsch. Zuletzt kamen wir an ein Wasser und gingen über den schwankenden Steg. »Hier wohne ich«, sagte das absonderliche Männchen und wies auf das dichte Blättergrün. Ich konnte kein Haus sehen, aber bald standen wir vor einem uralten Hüttchen, versunken in die Erde, mit schiefen Wänden und mit Schilf umstellt. Gebückt folgte ich jenem auf den Flur, in dessen Ecke ein Baumstamm mit Kerben lehnte, die Treppe zum Boden. Durch die kleine Tür traten wir in die vor Alter geschwärzte Stube mit ebensolchen Schemel und Tischchen, die neben dem Bette und altertümlichen Ofen nur wenig Raum auf dem dunkeln Lehmestriche ließen. Noch schmückten das Tellerbrett und ein Schränkchen mit der Bibel die Wand. Hastig trat der Alte an den Tisch, ergriff einen Spaten und preßte mit dem Griffe unter Schmerzen seine Brüche in den Leib. Dann schlug er Feuer, stülpte die Buschka über die Pfeife und sprach: »Jetzt, Herr, laßt uns reden.« Eine so geheimnisvolle, halb unterirdische Existenz wie der alte Kilo bildet die Brücke zu den Vorstellungen des Volkes von den Lutchen, die ehedem die Gegend von Burg bewohnten, Leutchen, so groß wie eine Kleiderbürste, die in backofenartigen Höhlungen und Erdlöchern wohnten. Der Ur¬ großvater und die Großmutter haben sie noch gesehen und mit ihnen gesprochen. Sie waren Heiden und Zauberer — und konnten keine Glocken und keinen Gesang vertragen. Wenn sie starben, verbrannten sie die Leichen und taten die Knochen in die Erde. Dabei hielten sich die Nächsten aus der Freundschaft die Tränen¬ näpfchen unter die Augen und fingen darin die Tränen auf und setzten sie um die großen Töpfe herum. Wie die Glocken kamen, haben die Lutchen »Vergang ge¬ nommen«, krochen in ihr Geschirr hinein und sind darin gestorben. Die im Schlo߬ berge liefen zusammen und sagten: ?v brmndiM IgUl alö »voeu, mu«z^n^ »SW ng »ovo, (Die Brumbaken kommen in die Welt, Wir müssen jetzt aus der Welt.) Mancher wendische Fischer nach Kitos Art ist wohl selbst zur mythischen Figur ge¬ worden wie Krepel aus Leipe, der fischte mit einem kleinen Kahne von Erlenholz. Da erhob sich ein Wirbelwind, ergriff ihn und fuhr mit ihm in die Höhe bis an den Himmel hinan und stieß mit dem Kahne an den Himmel. Und da frug unser Herrgott: (Mo tam jo, wer ist da? — ^rjvpjel 2 I^jW'ox, Krepel aus Leipe." Schulenburg klagte im Jahre 1880 mit Recht darüber, daß der natürliche Auflösungsprozeß, dem das alte Volksleben des Spreewaldes unterliegt, noch be¬ schleunigt werde durch polizeiliche Verordnungen, dnrch die eine Menge harmloser Sitten und Gebräuche, die ein Band mit der Vergangenheit knüpften, verboten worden sind. Solche durch das Alter geweihte Gebräuche des Landvolkes, sagt er,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/238>, abgerufen am 23.07.2024.