Wir möchten aus eigner Erfahrung nur auf zwei Punkte hinweisen, die nicht unbedeutend sind, wenn sie auch von manchem Beobachter kaum gesehen werden. Die großen deutsch-amerikanischen Blätter erhalten dieselben Nachrichten ans Europa wie die englisch-amerikanischen, nnr schlecht übersetzt. Zur Zeit des Samoarnmmels konnte man sich davon überzeugen, daß unsre deutschen Lands¬ leute in Amerika mit denselben Lügen und Verleumdungen traktiert wurden, die aus englischen und französischen Quellen in alle Welt gingen. Dazu kamen dann noch die viel kräftigern Aufschneidereien aus unbekannt gebliebner Fabrik, angeblich San Francisco. Wie soll dabei deutsche Gesinnung, ja auch nur billige Schätzung des Wertes und der Absichten des alten Landes auf¬ kommen? Der andre betrifft den starken Einfluß der französischen Presse und Literatur in Nordamerika, der sich an den der englischen unmittelbar anschließt und für den der deutschen fast nur das rein wissenschaftliche Feld übrig läßt. Gewöhnlich macht man die große amerikanische Kolonie in Paris dafür verant¬ wortlich, aber es spielt auch hier eine Mache hinein, für deren Natur und Zweck der zweideutige Pariser Newyork Herald einen Fingerzeig gibt.
Wie schon gesagt worden ist, liegt der Hauptwert dieses Buchs im Wirt¬ schaftlichen, dann aber überhaupt im Praktischen. Auch in den politischen Ab¬ schnitten werden dem Leser nicht Theorien und Meinungen vorgetragen, sondern Tatsachen, manchmal, amerikanischer Gewohnheit folgend, nur zuviel und zu wenig verarbeitet. Die statistischen Auszüge im ersten Kapitel hätten z. B. ganz anders, lehrreicher gegeben werden können. Sehr wichtig ist es, daß der Leser überall mit den führenden Männern des amerikanischen Gewerbfleißes selbst bekannt gemacht wird. Goldberger hat sie alle kennen lernen, den Präsidenten, die Judustrieherren, die Politiker, die Trustfreunde wie die Trnst- gegner, die Arbeiterführer, das schaffende Volk in den Werkstätten wie während der Muße, den Newyorker Bankier, den Goldgräber in Cripple Creek, den kalifornischen Obstzüchter und die Mormonen in Salt Lake City. Das ist von besondrer Bedeutung in einem Lande, wo mehr als anderswo und heute mehr als je die Persönlichkeit in den Vordergrund tritt. Es war doch ein großer Irrtum, wenn man früher glaubte, die Republik und die Jugend des Landes müßten unbedingt nivellierend wirken. Statt dessen welche Reihe von Per¬ sönlichkeiten unter den Präsidenten und Feldherren, wie unter den Pionieren der Westwanderung, der Landesdurchforschung, des Eisenbahnbaus, der In¬ dustrie und des Handels! Man vergleiche damit Länder wie Spanien oder Italien. Gerade die intimen Bemerkungen Goldbergers über Einzelmenschen sind oft besonders treffend.
Es kann ja nicht anders sein, als daß in einer so großen Reihe von Beobachtungen, die von deu Höhen der nordamerikanischen Gesellschaft ans angestellt worden sind, manches in schöneren Lichte erscheint wie von unten- Optimistische Urteile überraschen uns nicht. Wir unterschreiben nicht den Satz: "Man spricht mit Unrecht von einer Nervosität des erwerblichen Hastens ans der andern Seite des Ozeans. Das Gegenteil ist der Fall. Nur unendliche Regsamkeit nimmt man dort wahr, angestrengten Fleiß und immer wieder Fleiß; aber die Nerven der Fleißigen sind wie von Stahl und unzerrüttbar."
Neue Literatur über Amerika
Wir möchten aus eigner Erfahrung nur auf zwei Punkte hinweisen, die nicht unbedeutend sind, wenn sie auch von manchem Beobachter kaum gesehen werden. Die großen deutsch-amerikanischen Blätter erhalten dieselben Nachrichten ans Europa wie die englisch-amerikanischen, nnr schlecht übersetzt. Zur Zeit des Samoarnmmels konnte man sich davon überzeugen, daß unsre deutschen Lands¬ leute in Amerika mit denselben Lügen und Verleumdungen traktiert wurden, die aus englischen und französischen Quellen in alle Welt gingen. Dazu kamen dann noch die viel kräftigern Aufschneidereien aus unbekannt gebliebner Fabrik, angeblich San Francisco. Wie soll dabei deutsche Gesinnung, ja auch nur billige Schätzung des Wertes und der Absichten des alten Landes auf¬ kommen? Der andre betrifft den starken Einfluß der französischen Presse und Literatur in Nordamerika, der sich an den der englischen unmittelbar anschließt und für den der deutschen fast nur das rein wissenschaftliche Feld übrig läßt. Gewöhnlich macht man die große amerikanische Kolonie in Paris dafür verant¬ wortlich, aber es spielt auch hier eine Mache hinein, für deren Natur und Zweck der zweideutige Pariser Newyork Herald einen Fingerzeig gibt.
Wie schon gesagt worden ist, liegt der Hauptwert dieses Buchs im Wirt¬ schaftlichen, dann aber überhaupt im Praktischen. Auch in den politischen Ab¬ schnitten werden dem Leser nicht Theorien und Meinungen vorgetragen, sondern Tatsachen, manchmal, amerikanischer Gewohnheit folgend, nur zuviel und zu wenig verarbeitet. Die statistischen Auszüge im ersten Kapitel hätten z. B. ganz anders, lehrreicher gegeben werden können. Sehr wichtig ist es, daß der Leser überall mit den führenden Männern des amerikanischen Gewerbfleißes selbst bekannt gemacht wird. Goldberger hat sie alle kennen lernen, den Präsidenten, die Judustrieherren, die Politiker, die Trustfreunde wie die Trnst- gegner, die Arbeiterführer, das schaffende Volk in den Werkstätten wie während der Muße, den Newyorker Bankier, den Goldgräber in Cripple Creek, den kalifornischen Obstzüchter und die Mormonen in Salt Lake City. Das ist von besondrer Bedeutung in einem Lande, wo mehr als anderswo und heute mehr als je die Persönlichkeit in den Vordergrund tritt. Es war doch ein großer Irrtum, wenn man früher glaubte, die Republik und die Jugend des Landes müßten unbedingt nivellierend wirken. Statt dessen welche Reihe von Per¬ sönlichkeiten unter den Präsidenten und Feldherren, wie unter den Pionieren der Westwanderung, der Landesdurchforschung, des Eisenbahnbaus, der In¬ dustrie und des Handels! Man vergleiche damit Länder wie Spanien oder Italien. Gerade die intimen Bemerkungen Goldbergers über Einzelmenschen sind oft besonders treffend.
Es kann ja nicht anders sein, als daß in einer so großen Reihe von Beobachtungen, die von deu Höhen der nordamerikanischen Gesellschaft ans angestellt worden sind, manches in schöneren Lichte erscheint wie von unten- Optimistische Urteile überraschen uns nicht. Wir unterschreiben nicht den Satz: „Man spricht mit Unrecht von einer Nervosität des erwerblichen Hastens ans der andern Seite des Ozeans. Das Gegenteil ist der Fall. Nur unendliche Regsamkeit nimmt man dort wahr, angestrengten Fleiß und immer wieder Fleiß; aber die Nerven der Fleißigen sind wie von Stahl und unzerrüttbar."
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Neue Literatur über Amerika
Wir möchten aus eigner Erfahrung nur auf zwei Punkte hinweisen, die nicht
unbedeutend sind, wenn sie auch von manchem Beobachter kaum gesehen werden.
Die großen deutsch-amerikanischen Blätter erhalten dieselben Nachrichten ans
Europa wie die englisch-amerikanischen, nnr schlecht übersetzt. Zur Zeit des
Samoarnmmels konnte man sich davon überzeugen, daß unsre deutschen Lands¬
leute in Amerika mit denselben Lügen und Verleumdungen traktiert wurden,
die aus englischen und französischen Quellen in alle Welt gingen. Dazu
kamen dann noch die viel kräftigern Aufschneidereien aus unbekannt gebliebner
Fabrik, angeblich San Francisco. Wie soll dabei deutsche Gesinnung, ja
auch nur billige Schätzung des Wertes und der Absichten des alten Landes auf¬
kommen? Der andre betrifft den starken Einfluß der französischen Presse und
Literatur in Nordamerika, der sich an den der englischen unmittelbar anschließt
und für den der deutschen fast nur das rein wissenschaftliche Feld übrig läßt.
Gewöhnlich macht man die große amerikanische Kolonie in Paris dafür verant¬
wortlich, aber es spielt auch hier eine Mache hinein, für deren Natur und
Zweck der zweideutige Pariser Newyork Herald einen Fingerzeig gibt.
Wie schon gesagt worden ist, liegt der Hauptwert dieses Buchs im Wirt¬
schaftlichen, dann aber überhaupt im Praktischen. Auch in den politischen Ab¬
schnitten werden dem Leser nicht Theorien und Meinungen vorgetragen, sondern
Tatsachen, manchmal, amerikanischer Gewohnheit folgend, nur zuviel und zu
wenig verarbeitet. Die statistischen Auszüge im ersten Kapitel hätten z. B.
ganz anders, lehrreicher gegeben werden können. Sehr wichtig ist es, daß der
Leser überall mit den führenden Männern des amerikanischen Gewerbfleißes
selbst bekannt gemacht wird. Goldberger hat sie alle kennen lernen, den
Präsidenten, die Judustrieherren, die Politiker, die Trustfreunde wie die Trnst-
gegner, die Arbeiterführer, das schaffende Volk in den Werkstätten wie während
der Muße, den Newyorker Bankier, den Goldgräber in Cripple Creek, den
kalifornischen Obstzüchter und die Mormonen in Salt Lake City. Das ist von
besondrer Bedeutung in einem Lande, wo mehr als anderswo und heute mehr
als je die Persönlichkeit in den Vordergrund tritt. Es war doch ein großer
Irrtum, wenn man früher glaubte, die Republik und die Jugend des Landes
müßten unbedingt nivellierend wirken. Statt dessen welche Reihe von Per¬
sönlichkeiten unter den Präsidenten und Feldherren, wie unter den Pionieren
der Westwanderung, der Landesdurchforschung, des Eisenbahnbaus, der In¬
dustrie und des Handels! Man vergleiche damit Länder wie Spanien oder
Italien. Gerade die intimen Bemerkungen Goldbergers über Einzelmenschen
sind oft besonders treffend.
Es kann ja nicht anders sein, als daß in einer so großen Reihe von
Beobachtungen, die von deu Höhen der nordamerikanischen Gesellschaft ans
angestellt worden sind, manches in schöneren Lichte erscheint wie von unten-
Optimistische Urteile überraschen uns nicht. Wir unterschreiben nicht den Satz:
„Man spricht mit Unrecht von einer Nervosität des erwerblichen Hastens ans
der andern Seite des Ozeans. Das Gegenteil ist der Fall. Nur unendliche
Regsamkeit nimmt man dort wahr, angestrengten Fleiß und immer wieder
Fleiß; aber die Nerven der Fleißigen sind wie von Stahl und unzerrüttbar."
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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/854>, abgerufen am 02.07.2024.
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