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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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Aus der Jugendzeit

Ballenstedt zu laufen, zwei bis drei Stunden im Theater zu sitzen, dann nach
Hause zu wandern und am andern Morgen frisch, wie immer, um acht Uhr in
der Schule zu sitzen. Einmal schwangen wir uns sogar dazu aus, nach Ballenstedt
zu fahren, um Tichatscheck zu hören. In der Prima hatten wir einen höchst
gerissenen Mitschüler, namens August sachlichen. Sein Vater war Auktionator
und zugleich eine Art Trödelkrämer im großen, denn er kaufte alles, was andre
nicht haben wollten. Sein Haus steckte voll des wunderlichsten, verschiedenartigsten
Trödelkrams. Der alte sachlichen hieß, Wohl wegen seines zutulichen. etwas
aufdringlichen Wesens, allgemein der Allerweltscousin. Auch sein Sohn August
wurde von uns nie anders gerufen als Cousin. Er hatte von seinem Vater die
Lust am Handeln und Erwerben geerbt und trieb .einen ausgedehnten Antiquar-
Handel. Bücher, die wir nicht mehr gebrauchten, verkauften wir an August sachl¬
ichen, und von ihm erwarben wir die neuen Bücher, deren wir bedurften, ^eder
war überzeugt, daß der Cousin ihn übervorteilte, aber alles lief zu dem schlauen
Bengel hin, über dessen Profite die abenteuerlichsten Gerüchte kursierten. Nun hatte
der alte sachlichen damals ein altes, halb verhungertes Pferd gekauft; das spannte
er vor einen noch ältern desolaten offnen Korbwagen, ans dem zur Not sechs
Menschen sitzen konnten, und diese Equipage vermietete er als Einspänner. Cine^Mittwochs machte ein Primaner den Vorschlag, Nachmittags den Einspänner des
Cousins zu mieten und damit nach Ballenstedt zu fahren, wo Abends Tichatschect
s"ng. Es fanden sich denn auch sechs Teilnehmer. Ich war natürlich dabei. Der
Cousin verlangte als Miete für Pferd und Wagen einen Taler. Die Kosten für
das Füttern des Pferdes und das Chansseegeld sollten wir außerdem übernehmen.
Cr machte aber zur Bedingung, daß er selbst umsonst mitfahren müsse. Sein Theater-
billett wollte er bezahlen, an den sonstigen Kosten aber nicht beteiligt werden. Unsre
Äveifel, ob der Gaul die Last von sieben Menschen werde bewältigen können, wies
er mit überlegner Sicherheit zurück. Der Vertrag wurde abgeschlossen, und Nach¬
mittags zur bestimmten Stunde fanden wir sechs Primaner uns in der Wohnung
des Cousins ein. Gaul und Wagen machten eine jämmerliche Figur. Nichts war
daran in Ordnung, Geschirr und Zügel mit Bindfaden geflickt und zusammen¬
gebastelt, der Wagen schmutzig und durchlöchert, das Pferd verhungert, ruppig,
kraftlos. Es war ein Wagnis, auf den Wagen zu klettern. Der Cousin aber fuhr
selbst und setzte sich platt auf den Boden des Gefährts über der Deichsel. Na unuv
War es eine lustige Fuhre. Die Leute, an denen wir vorüberfuhren. esu"elreii
d'e Köpfe und lachten. Wir lachten aber noch mehr und kamen auch gwcmcy in
ballenstedt an. Der Gaul wurde so reichlich gefüttert, wie er es wahr,cheumcy
'"e mehr auch uur zu träumen gewagt hatte. Bedenklich wurde jedoch die ^unr-
l"hre bei stockfinstrer Nacht. Von Laternen war natürlich an dem alten ^ager
des Cousins keine Rede. Eine halbe Stunde nach der Abfahrt waren wir aus der
Hohe des Zehlings. Dort war ein Wirtshaus, vor dem wir anhielten, sauren,
wir im Gastzimmer unser Bier tranken und anch den Cousin bewirteten, hatten
Zwei von uns dem Pferde draußen bayrisch Bier in den Futteremier gegoren,
plötzlich kamen sie hereingestürzt und behaupteten, der Gaul sei betrunken Einer
uns zündete draußen einige Streichhölzer an und hielt sie dem Pferde vor
du- Aram ?^..k ^- -..............."'-"i""' ""°. Augen. Darauf schien es in der Tat ungewöhnlich munter zu werden, und
, °er Wagen keine Bremse -- wenigstens keine wirksame -- hatte, so ging es
'vnhrha'
Pferd
^ ni" dir
-s hakte den Wagen^ zurück, statt ihn vorwärts zu zieh". Schließlich blieb nur.wahrhaft halsbrecherischer Gangart den steilen Berg hinunter. Unten aber blieb
. ^ Pferd mitten in der Finsternis stehn und war nicht weiter zu bringe". Der
hib mit der Peitsche unbarmherzig ans das arme Tier los, aber vergeblich.
'brig daß wir abfliegen. Einer ging vor dem Wagen her und beleuchtete mit
einzelnen Zündhölzern den Weg. Wir andern griffen' von hinten in die Speichen
^.^"'der und schoben den Wagennach vor". So kam denn die Fuhre allmählich
wieder in Gang und bewegte sich in langsamem Schritt in der Richtung nach


Grenzboten IV 1903 l00
Aus der Jugendzeit

Ballenstedt zu laufen, zwei bis drei Stunden im Theater zu sitzen, dann nach
Hause zu wandern und am andern Morgen frisch, wie immer, um acht Uhr in
der Schule zu sitzen. Einmal schwangen wir uns sogar dazu aus, nach Ballenstedt
zu fahren, um Tichatscheck zu hören. In der Prima hatten wir einen höchst
gerissenen Mitschüler, namens August sachlichen. Sein Vater war Auktionator
und zugleich eine Art Trödelkrämer im großen, denn er kaufte alles, was andre
nicht haben wollten. Sein Haus steckte voll des wunderlichsten, verschiedenartigsten
Trödelkrams. Der alte sachlichen hieß, Wohl wegen seines zutulichen. etwas
aufdringlichen Wesens, allgemein der Allerweltscousin. Auch sein Sohn August
wurde von uns nie anders gerufen als Cousin. Er hatte von seinem Vater die
Lust am Handeln und Erwerben geerbt und trieb .einen ausgedehnten Antiquar-
Handel. Bücher, die wir nicht mehr gebrauchten, verkauften wir an August sachl¬
ichen, und von ihm erwarben wir die neuen Bücher, deren wir bedurften, ^eder
war überzeugt, daß der Cousin ihn übervorteilte, aber alles lief zu dem schlauen
Bengel hin, über dessen Profite die abenteuerlichsten Gerüchte kursierten. Nun hatte
der alte sachlichen damals ein altes, halb verhungertes Pferd gekauft; das spannte
er vor einen noch ältern desolaten offnen Korbwagen, ans dem zur Not sechs
Menschen sitzen konnten, und diese Equipage vermietete er als Einspänner. Cine^Mittwochs machte ein Primaner den Vorschlag, Nachmittags den Einspänner des
Cousins zu mieten und damit nach Ballenstedt zu fahren, wo Abends Tichatschect
s"ng. Es fanden sich denn auch sechs Teilnehmer. Ich war natürlich dabei. Der
Cousin verlangte als Miete für Pferd und Wagen einen Taler. Die Kosten für
das Füttern des Pferdes und das Chansseegeld sollten wir außerdem übernehmen.
Cr machte aber zur Bedingung, daß er selbst umsonst mitfahren müsse. Sein Theater-
billett wollte er bezahlen, an den sonstigen Kosten aber nicht beteiligt werden. Unsre
Äveifel, ob der Gaul die Last von sieben Menschen werde bewältigen können, wies
er mit überlegner Sicherheit zurück. Der Vertrag wurde abgeschlossen, und Nach¬
mittags zur bestimmten Stunde fanden wir sechs Primaner uns in der Wohnung
des Cousins ein. Gaul und Wagen machten eine jämmerliche Figur. Nichts war
daran in Ordnung, Geschirr und Zügel mit Bindfaden geflickt und zusammen¬
gebastelt, der Wagen schmutzig und durchlöchert, das Pferd verhungert, ruppig,
kraftlos. Es war ein Wagnis, auf den Wagen zu klettern. Der Cousin aber fuhr
selbst und setzte sich platt auf den Boden des Gefährts über der Deichsel. Na unuv
War es eine lustige Fuhre. Die Leute, an denen wir vorüberfuhren. esu"elreii
d'e Köpfe und lachten. Wir lachten aber noch mehr und kamen auch gwcmcy in
ballenstedt an. Der Gaul wurde so reichlich gefüttert, wie er es wahr,cheumcy
'"e mehr auch uur zu träumen gewagt hatte. Bedenklich wurde jedoch die ^unr-
l"hre bei stockfinstrer Nacht. Von Laternen war natürlich an dem alten ^ager
des Cousins keine Rede. Eine halbe Stunde nach der Abfahrt waren wir aus der
Hohe des Zehlings. Dort war ein Wirtshaus, vor dem wir anhielten, sauren,
wir im Gastzimmer unser Bier tranken und anch den Cousin bewirteten, hatten
Zwei von uns dem Pferde draußen bayrisch Bier in den Futteremier gegoren,
plötzlich kamen sie hereingestürzt und behaupteten, der Gaul sei betrunken Einer
uns zündete draußen einige Streichhölzer an und hielt sie dem Pferde vor
du- Aram ?^..k ^- -..............."'-"i""' ""°. Augen. Darauf schien es in der Tat ungewöhnlich munter zu werden, und
, °er Wagen keine Bremse — wenigstens keine wirksame — hatte, so ging es
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Pferd
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-s hakte den Wagen^ zurück, statt ihn vorwärts zu zieh». Schließlich blieb nur.wahrhaft halsbrecherischer Gangart den steilen Berg hinunter. Unten aber blieb
. ^ Pferd mitten in der Finsternis stehn und war nicht weiter zu bringe». Der
hib mit der Peitsche unbarmherzig ans das arme Tier los, aber vergeblich.
'brig daß wir abfliegen. Einer ging vor dem Wagen her und beleuchtete mit
einzelnen Zündhölzern den Weg. Wir andern griffen' von hinten in die Speichen
^.^"'der und schoben den Wagennach vor». So kam denn die Fuhre allmählich
wieder in Gang und bewegte sich in langsamem Schritt in der Richtung nach


Grenzboten IV 1903 l00
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[0799] Aus der Jugendzeit Ballenstedt zu laufen, zwei bis drei Stunden im Theater zu sitzen, dann nach Hause zu wandern und am andern Morgen frisch, wie immer, um acht Uhr in der Schule zu sitzen. Einmal schwangen wir uns sogar dazu aus, nach Ballenstedt zu fahren, um Tichatscheck zu hören. In der Prima hatten wir einen höchst gerissenen Mitschüler, namens August sachlichen. Sein Vater war Auktionator und zugleich eine Art Trödelkrämer im großen, denn er kaufte alles, was andre nicht haben wollten. Sein Haus steckte voll des wunderlichsten, verschiedenartigsten Trödelkrams. Der alte sachlichen hieß, Wohl wegen seines zutulichen. etwas aufdringlichen Wesens, allgemein der Allerweltscousin. Auch sein Sohn August wurde von uns nie anders gerufen als Cousin. Er hatte von seinem Vater die Lust am Handeln und Erwerben geerbt und trieb .einen ausgedehnten Antiquar- Handel. Bücher, die wir nicht mehr gebrauchten, verkauften wir an August sachl¬ ichen, und von ihm erwarben wir die neuen Bücher, deren wir bedurften, ^eder war überzeugt, daß der Cousin ihn übervorteilte, aber alles lief zu dem schlauen Bengel hin, über dessen Profite die abenteuerlichsten Gerüchte kursierten. Nun hatte der alte sachlichen damals ein altes, halb verhungertes Pferd gekauft; das spannte er vor einen noch ältern desolaten offnen Korbwagen, ans dem zur Not sechs Menschen sitzen konnten, und diese Equipage vermietete er als Einspänner. Cine^Mittwochs machte ein Primaner den Vorschlag, Nachmittags den Einspänner des Cousins zu mieten und damit nach Ballenstedt zu fahren, wo Abends Tichatschect s"ng. Es fanden sich denn auch sechs Teilnehmer. Ich war natürlich dabei. Der Cousin verlangte als Miete für Pferd und Wagen einen Taler. Die Kosten für das Füttern des Pferdes und das Chansseegeld sollten wir außerdem übernehmen. Cr machte aber zur Bedingung, daß er selbst umsonst mitfahren müsse. Sein Theater- billett wollte er bezahlen, an den sonstigen Kosten aber nicht beteiligt werden. Unsre Äveifel, ob der Gaul die Last von sieben Menschen werde bewältigen können, wies er mit überlegner Sicherheit zurück. Der Vertrag wurde abgeschlossen, und Nach¬ mittags zur bestimmten Stunde fanden wir sechs Primaner uns in der Wohnung des Cousins ein. Gaul und Wagen machten eine jämmerliche Figur. Nichts war daran in Ordnung, Geschirr und Zügel mit Bindfaden geflickt und zusammen¬ gebastelt, der Wagen schmutzig und durchlöchert, das Pferd verhungert, ruppig, kraftlos. Es war ein Wagnis, auf den Wagen zu klettern. Der Cousin aber fuhr selbst und setzte sich platt auf den Boden des Gefährts über der Deichsel. Na unuv War es eine lustige Fuhre. Die Leute, an denen wir vorüberfuhren. esu"elreii d'e Köpfe und lachten. Wir lachten aber noch mehr und kamen auch gwcmcy in ballenstedt an. Der Gaul wurde so reichlich gefüttert, wie er es wahr,cheumcy '"e mehr auch uur zu träumen gewagt hatte. Bedenklich wurde jedoch die ^unr- l"hre bei stockfinstrer Nacht. Von Laternen war natürlich an dem alten ^ager des Cousins keine Rede. Eine halbe Stunde nach der Abfahrt waren wir aus der Hohe des Zehlings. Dort war ein Wirtshaus, vor dem wir anhielten, sauren, wir im Gastzimmer unser Bier tranken und anch den Cousin bewirteten, hatten Zwei von uns dem Pferde draußen bayrisch Bier in den Futteremier gegoren, plötzlich kamen sie hereingestürzt und behaupteten, der Gaul sei betrunken Einer uns zündete draußen einige Streichhölzer an und hielt sie dem Pferde vor du- Aram ?^..k ^- -..............."'-"i""' ""°. Augen. Darauf schien es in der Tat ungewöhnlich munter zu werden, und , °er Wagen keine Bremse — wenigstens keine wirksame — hatte, so ging es 'vnhrha' Pferd ^ ni» dir -s hakte den Wagen^ zurück, statt ihn vorwärts zu zieh». Schließlich blieb nur.wahrhaft halsbrecherischer Gangart den steilen Berg hinunter. Unten aber blieb . ^ Pferd mitten in der Finsternis stehn und war nicht weiter zu bringe». Der hib mit der Peitsche unbarmherzig ans das arme Tier los, aber vergeblich. 'brig daß wir abfliegen. Einer ging vor dem Wagen her und beleuchtete mit einzelnen Zündhölzern den Weg. Wir andern griffen' von hinten in die Speichen ^.^"'der und schoben den Wagennach vor». So kam denn die Fuhre allmählich wieder in Gang und bewegte sich in langsamem Schritt in der Richtung nach Grenzboten IV 1903 l00

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/799>, abgerufen am 24.08.2024.