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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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Aus der Jugendzeit

die Vorgänge und die Aussichten in Berlin und sprach sein tiefes Bedauern aus, daß
er - schon seit längerer Zeit leidend - - tags zuvor dergestalt erkrankt sei, daß
der Arzt auf seine Abreise gedrungen habe. Er habe es gleichwohl ^fur eine
Pflicht gehalten, seinen Wählern persönlich von dieser Lage der Sache Mitteilung
zu machen. Jedenfalls lagen die Dinge in Berlin dergestalt bedrohlich, van er
seinen Stellvertreter, den Oberlandesgerichtsassessor Stephan in Aschersleben -- sur
jeden Abgeordneten war damals ein Stellvertreter gewählt worden, der :in Feine
dauernder Behinderung für ihn einzutreten hatte --, schon benachrichtigt und iym
anheimgestellt habe, an seiner Stelle die Vertretung des Wahlkreises in der National¬
versammlung zu übernehmen. Diese mit den Ausdrücken des wärmsten Patriotismus
und der höchsten Begeisterung für die Freiheit im allgemeinen gewürzte Meve paue
den größten Erfolg. Die Volksversammlung beschloß einstimmig, nämlich oyne
Widerspruch, daß unser Abgeordneter in der Nationalversammlung sich dnrcy leine
treue Arbeit und sein mutiges Eintreten für die Freiheit um das Vaterland wohl¬
verdient gemacht habe. Es wurde ihm der Dank der versammelten Wähler aus¬
gesprochen "ut zugleich beschlossen, daß ihm. falls ihm ans seiner Abgeordnete. -
Tätigkeit wider Verhoffen amtliche Nachteile und Einbußen erwachsen sollten, aus
öffentlichen Mitteln eine lebenslängliche Rente von zweitausend Talern zu gewahren
sei- Die Wähler, die diesen Beschluß faßten, hatten schwerlich -- ganz abgesehen
v°n den anflimmerten Schülern. Gesellen und andern jugendlichen Patrio en
"und nur über zweitausend Pfennige oder gar Silbergroschen selbständig zu ver¬
fügen. Der Beschluß war eine der damals so zahlreich vorgekommenen Rada^Seiten und hatte keine weitern Folgen, als daß unser KreisgerAtsdirek or bald
nachher als Oberstaatsanwalt nach Halberstadt versetzt wurde. Dort hat er em
p°ar Jahre lang seine volle Schuldigkeit getan. Dann wurde er a s Kmsgerichts-
d-rektor nach Quedlinburg zurückversetzt und hat dort, von den Gerichtseingesesseneii
sowie von seinen Vorgesetzten und Untergebnen hoch geachtet und geehrt, noch sem
fünfzigjähriges Jubiläum' gefeiert und feine wohlverdiente Anerkennung erhalten.
Hochbetagt ist er in Quedlinburg gestorben. Sein Stellvertreter, der Assessor
Stephan in Aschersleben, begab sich im November 1848 in der Tat nach Berlin
nahm an dem Steuerverweigerungsbeschlnsse teil und wurde infolgedessen aus dem
Staatsdienst entlassen

, Es war ein seltsamer Sommer, der Sommer des Jahres 1848. Er war
Schule so wenig günstig, wie der Erziehung überhaupt Das ganz Lebe
Wtte damals einen Anstrich von Unordnung bekommen. Die Menschen und die
Dinge waren mit wenig Ausnahmen bald an diesem bald an n'nen, Punkte außer
N"ut und Band Und doch hielt - wenigstens bei uns - die nüchterne, her¬
gebrachte Ordnung des Hauses das tägliche Leben im großen und ganzen noch in
den gewohnten Geleisen. Mein Vater hatte von vornherein das Burgerwehrspieleu
nicht mitgemacht. Mir hatte er gern freie Hand gelassen. immer aber doch nnter
voller Respektierung der Schulordnung und der Lehrer. Im großen und ganzen
""r der eigentliche Unterricht im Ghmnasinm trotz aller Felddienstubungen, Pa¬
trouillengänge. Hauptwachekneipcreien und Bürgerwehrbälle seinen festen Gang
Leiter gegangen. Wir hatten bei Professor Goßran so fleißig weitergearbeitet wie
der ruhigen Zeit. Gewiß! Wir hatten mit halbem Ohr dem Zeitungs- und
politischen Geschrei zugehört. Auch unter uns Jungen gab es schließlich eine ^inde
und eine Rechte, und wir zankten uns auch wohl einmal über unsre angeblichpolitischen Differenzen bis zum Prügeln; aber ganz ohne Gewinn war die,e Zeit°er Unregelmäßigkeiten für uns doch nicht geblieben. Daß das Erzwingen des
Schulausfnlls durch einen Tegtmeierschen Felddienstbefehl eine Ungehörigkeit war,die aller vernünftigen Ordnung Hohn sprach, sahen wir schließlich selbst ein, und
unsre frühern, durch das Nachäffer des studentischen Verbindungswesens zuweilen
recht bedenklichen, heimlichen Kneipereien hatten von selbst aufgehört, seitdem wir
mit den Lehrern in demselben Lokale, der Bürgerwehrhnuptwache, Bier getrunken


Aus der Jugendzeit

die Vorgänge und die Aussichten in Berlin und sprach sein tiefes Bedauern aus, daß
er - schon seit längerer Zeit leidend - - tags zuvor dergestalt erkrankt sei, daß
der Arzt auf seine Abreise gedrungen habe. Er habe es gleichwohl ^fur eine
Pflicht gehalten, seinen Wählern persönlich von dieser Lage der Sache Mitteilung
zu machen. Jedenfalls lagen die Dinge in Berlin dergestalt bedrohlich, van er
seinen Stellvertreter, den Oberlandesgerichtsassessor Stephan in Aschersleben — sur
jeden Abgeordneten war damals ein Stellvertreter gewählt worden, der :in Feine
dauernder Behinderung für ihn einzutreten hatte —, schon benachrichtigt und iym
anheimgestellt habe, an seiner Stelle die Vertretung des Wahlkreises in der National¬
versammlung zu übernehmen. Diese mit den Ausdrücken des wärmsten Patriotismus
und der höchsten Begeisterung für die Freiheit im allgemeinen gewürzte Meve paue
den größten Erfolg. Die Volksversammlung beschloß einstimmig, nämlich oyne
Widerspruch, daß unser Abgeordneter in der Nationalversammlung sich dnrcy leine
treue Arbeit und sein mutiges Eintreten für die Freiheit um das Vaterland wohl¬
verdient gemacht habe. Es wurde ihm der Dank der versammelten Wähler aus¬
gesprochen «ut zugleich beschlossen, daß ihm. falls ihm ans seiner Abgeordnete. -
Tätigkeit wider Verhoffen amtliche Nachteile und Einbußen erwachsen sollten, aus
öffentlichen Mitteln eine lebenslängliche Rente von zweitausend Talern zu gewahren
sei- Die Wähler, die diesen Beschluß faßten, hatten schwerlich — ganz abgesehen
v°n den anflimmerten Schülern. Gesellen und andern jugendlichen Patrio en
"und nur über zweitausend Pfennige oder gar Silbergroschen selbständig zu ver¬
fügen. Der Beschluß war eine der damals so zahlreich vorgekommenen Rada^Seiten und hatte keine weitern Folgen, als daß unser KreisgerAtsdirek or bald
nachher als Oberstaatsanwalt nach Halberstadt versetzt wurde. Dort hat er em
p°ar Jahre lang seine volle Schuldigkeit getan. Dann wurde er a s Kmsgerichts-
d-rektor nach Quedlinburg zurückversetzt und hat dort, von den Gerichtseingesesseneii
sowie von seinen Vorgesetzten und Untergebnen hoch geachtet und geehrt, noch sem
fünfzigjähriges Jubiläum' gefeiert und feine wohlverdiente Anerkennung erhalten.
Hochbetagt ist er in Quedlinburg gestorben. Sein Stellvertreter, der Assessor
Stephan in Aschersleben, begab sich im November 1848 in der Tat nach Berlin
nahm an dem Steuerverweigerungsbeschlnsse teil und wurde infolgedessen aus dem
Staatsdienst entlassen

, Es war ein seltsamer Sommer, der Sommer des Jahres 1848. Er war
Schule so wenig günstig, wie der Erziehung überhaupt Das ganz Lebe
Wtte damals einen Anstrich von Unordnung bekommen. Die Menschen und die
Dinge waren mit wenig Ausnahmen bald an diesem bald an n'nen, Punkte außer
N"ut und Band Und doch hielt - wenigstens bei uns - die nüchterne, her¬
gebrachte Ordnung des Hauses das tägliche Leben im großen und ganzen noch in
den gewohnten Geleisen. Mein Vater hatte von vornherein das Burgerwehrspieleu
nicht mitgemacht. Mir hatte er gern freie Hand gelassen. immer aber doch nnter
voller Respektierung der Schulordnung und der Lehrer. Im großen und ganzen
""r der eigentliche Unterricht im Ghmnasinm trotz aller Felddienstubungen, Pa¬
trouillengänge. Hauptwachekneipcreien und Bürgerwehrbälle seinen festen Gang
Leiter gegangen. Wir hatten bei Professor Goßran so fleißig weitergearbeitet wie
der ruhigen Zeit. Gewiß! Wir hatten mit halbem Ohr dem Zeitungs- und
politischen Geschrei zugehört. Auch unter uns Jungen gab es schließlich eine ^inde
und eine Rechte, und wir zankten uns auch wohl einmal über unsre angeblichpolitischen Differenzen bis zum Prügeln; aber ganz ohne Gewinn war die,e Zeit°er Unregelmäßigkeiten für uns doch nicht geblieben. Daß das Erzwingen des
Schulausfnlls durch einen Tegtmeierschen Felddienstbefehl eine Ungehörigkeit war,die aller vernünftigen Ordnung Hohn sprach, sahen wir schließlich selbst ein, und
unsre frühern, durch das Nachäffer des studentischen Verbindungswesens zuweilen
recht bedenklichen, heimlichen Kneipereien hatten von selbst aufgehört, seitdem wir
mit den Lehrern in demselben Lokale, der Bürgerwehrhnuptwache, Bier getrunken


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[0731] Aus der Jugendzeit die Vorgänge und die Aussichten in Berlin und sprach sein tiefes Bedauern aus, daß er - schon seit längerer Zeit leidend - - tags zuvor dergestalt erkrankt sei, daß der Arzt auf seine Abreise gedrungen habe. Er habe es gleichwohl ^fur eine Pflicht gehalten, seinen Wählern persönlich von dieser Lage der Sache Mitteilung zu machen. Jedenfalls lagen die Dinge in Berlin dergestalt bedrohlich, van er seinen Stellvertreter, den Oberlandesgerichtsassessor Stephan in Aschersleben — sur jeden Abgeordneten war damals ein Stellvertreter gewählt worden, der :in Feine dauernder Behinderung für ihn einzutreten hatte —, schon benachrichtigt und iym anheimgestellt habe, an seiner Stelle die Vertretung des Wahlkreises in der National¬ versammlung zu übernehmen. Diese mit den Ausdrücken des wärmsten Patriotismus und der höchsten Begeisterung für die Freiheit im allgemeinen gewürzte Meve paue den größten Erfolg. Die Volksversammlung beschloß einstimmig, nämlich oyne Widerspruch, daß unser Abgeordneter in der Nationalversammlung sich dnrcy leine treue Arbeit und sein mutiges Eintreten für die Freiheit um das Vaterland wohl¬ verdient gemacht habe. Es wurde ihm der Dank der versammelten Wähler aus¬ gesprochen «ut zugleich beschlossen, daß ihm. falls ihm ans seiner Abgeordnete. - Tätigkeit wider Verhoffen amtliche Nachteile und Einbußen erwachsen sollten, aus öffentlichen Mitteln eine lebenslängliche Rente von zweitausend Talern zu gewahren sei- Die Wähler, die diesen Beschluß faßten, hatten schwerlich — ganz abgesehen v°n den anflimmerten Schülern. Gesellen und andern jugendlichen Patrio en "und nur über zweitausend Pfennige oder gar Silbergroschen selbständig zu ver¬ fügen. Der Beschluß war eine der damals so zahlreich vorgekommenen Rada^Seiten und hatte keine weitern Folgen, als daß unser KreisgerAtsdirek or bald nachher als Oberstaatsanwalt nach Halberstadt versetzt wurde. Dort hat er em p°ar Jahre lang seine volle Schuldigkeit getan. Dann wurde er a s Kmsgerichts- d-rektor nach Quedlinburg zurückversetzt und hat dort, von den Gerichtseingesesseneii sowie von seinen Vorgesetzten und Untergebnen hoch geachtet und geehrt, noch sem fünfzigjähriges Jubiläum' gefeiert und feine wohlverdiente Anerkennung erhalten. Hochbetagt ist er in Quedlinburg gestorben. Sein Stellvertreter, der Assessor Stephan in Aschersleben, begab sich im November 1848 in der Tat nach Berlin nahm an dem Steuerverweigerungsbeschlnsse teil und wurde infolgedessen aus dem Staatsdienst entlassen , Es war ein seltsamer Sommer, der Sommer des Jahres 1848. Er war Schule so wenig günstig, wie der Erziehung überhaupt Das ganz Lebe Wtte damals einen Anstrich von Unordnung bekommen. Die Menschen und die Dinge waren mit wenig Ausnahmen bald an diesem bald an n'nen, Punkte außer N"ut und Band Und doch hielt - wenigstens bei uns - die nüchterne, her¬ gebrachte Ordnung des Hauses das tägliche Leben im großen und ganzen noch in den gewohnten Geleisen. Mein Vater hatte von vornherein das Burgerwehrspieleu nicht mitgemacht. Mir hatte er gern freie Hand gelassen. immer aber doch nnter voller Respektierung der Schulordnung und der Lehrer. Im großen und ganzen ""r der eigentliche Unterricht im Ghmnasinm trotz aller Felddienstubungen, Pa¬ trouillengänge. Hauptwachekneipcreien und Bürgerwehrbälle seinen festen Gang Leiter gegangen. Wir hatten bei Professor Goßran so fleißig weitergearbeitet wie der ruhigen Zeit. Gewiß! Wir hatten mit halbem Ohr dem Zeitungs- und politischen Geschrei zugehört. Auch unter uns Jungen gab es schließlich eine ^inde und eine Rechte, und wir zankten uns auch wohl einmal über unsre angeblichpolitischen Differenzen bis zum Prügeln; aber ganz ohne Gewinn war die,e Zeit°er Unregelmäßigkeiten für uns doch nicht geblieben. Daß das Erzwingen des Schulausfnlls durch einen Tegtmeierschen Felddienstbefehl eine Ungehörigkeit war,die aller vernünftigen Ordnung Hohn sprach, sahen wir schließlich selbst ein, und unsre frühern, durch das Nachäffer des studentischen Verbindungswesens zuweilen recht bedenklichen, heimlichen Kneipereien hatten von selbst aufgehört, seitdem wir mit den Lehrern in demselben Lokale, der Bürgerwehrhnuptwache, Bier getrunken

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/731>, abgerufen am 03.07.2024.