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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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Zwei Seelen

auch die übrigen seinerzeit finden werde, wobei ich wir freilich die ewige Ge¬
rechtigkeit, um mich selbst zu saldiere", in einer sehr verkürzten und verstümmelten
Weise vorstellen mußte. Für jetzt genügte mir jedoch, was geschehn war, vollkommen,
mich zu ermutigen, den schmalen, schwindelnden, von Abgründen umgebnen Weg
weiter zu wandeln. Meine Furcht war jn nur ein fernes, wesenloses Wölkchen,
so bedürfte es auch keiner bedeutenden Sonne, das leichte Gebilde aufzulösen und
verschwinden zu macheu. Ich lud den guten Heincmcmn, der mich mit seiner Trauer¬
botschaft so fröhlich gemacht hatte, zu einem Glas Wein ein und ging, als wir
in einer gemütlichen Ecke zusammen saßen, der Flasche so herzhaft nach, daß ich
in der zwiefachen Berauschung der Freude und des Weins Heinemnnn in meine
Sorgen hineinblicken ließ und ihm meine Auswcmdernngspläne anvertraute. Er
machte große Augen und brach endlich in ein fröhliches Lachen ans: Was bist dn
doch für ein Mensch! Damit schleppst du dich noch immer herum? Danach kräht
doch kein Hahn mehr. Welcher Unsinn!

Ja, es ist ein Unsinn, versetzte ich. Aber nnn bin ich mit ihm fertig.
Stoß an, Freund. Heute wollen wir einmal fröhlich zusammen sitzen.

Ich ließ eine neue Flasche kommen. Heiuemcmn beschaute die Etikette, und
als er sah, daß ich nicht knickrig gewesen war, sah er mich mit lachenden Angen
ein und sagte: Jetzt verbrennt der Ägypter seine Schiffe. Als wir uns zu später
Stunde trennten, wäre ich wohl noch in meinem Glück zu Martha hinaufgelaufen,
aber es war doch noch soviel Verstand in mir, daß ich einsah, ich dürfe ihr in
solcher Verfassung nicht unter die Augen kommen. Morgen ist auch noch ein Tag,
dachte ich, morgen ist Sonntag. Morgen erringe ich sie mir. So zwang ich mich,
"ach Halse zu gehn. Ans Fenster tretend sah ich den Mond eben wieder empor¬
steigen und nickte ihm glückselig zu.

Wolkenlos ging denn anch der glückliche Tag über uns auf. Sanftes Glocken-
lauten begrüßte ihn bei seinem Kommen, und Glockentöne zogen auch dnrch die
Luft, als ich mit dem lieblichen Mädchen in die schöne glänzende Nachmittagssonne
hineinschritt. Zuerst hörten wir im Walde noch andre sonntagsspaziergänger
reden und singen und sahen bunte Fraucngewänder durch das lichte Grün schimmern,
ober endlich hatte sich das alles, was mit uns in den Wald hineingelaufen war,
"ach allen Seiten verstreut, und wir hatten nun die Stille und Ruhe, die prächtige
Souue, die die Wipfel überstrahlte, und den frischen Tanuenduft für uus allein.
Ich wußte, daß ich nur ein Wort zu sagen hätte, so würde dieses junge Leben an
meinem Herzen ruhn. Weil aber unser Verhältnis in solcher durchsichtigen
Klarheit vor mir lag, so ergriff mich, dem bisher immer trübe Wasser vor¬
gekommen Ware", eine seltsame Scheu, in diese lichte Lebensflut hineinzutauchen.
Auch Marthchen, wie warm ihre Augen leuchteten, führte das Gespräch vorsichtig
um alles, was gefährlich werden konnte, herum, als sei sie mit mir eins geworden,
die Stunden, in denen der Mensch seinem Glücke erst entgegenwandelt, recht gründlich
auszukosten. Aber sie war es schließlich doch, die den'Augenblick der Entscheidung
herbeiführte. Über unserm Umherirren waren mehrere Stunde" verflossen, und
schon fing der Himmel an. in einer goldnen Abendröte zu glühe". Marthchen
hatte eben begonnen, die Blumen zu einem Waldstranß zusammenzulesen, und stellte
mich hierbei ebenfalls an. indem sie mich bald diese bald jene Farbe holen ließ.

Bei diesem Suchen hatte ich sie einmal ans den Augen verloren und nes
'dren Namen in den Wald hinein. Die unnötige Sorge, die aus meiner "-um ne
hcrausgekluugeu haben mochte, hatte wohl ihren Mutwillen erregt, denn :ep in
>e nun den Versuch machen, sich vor mir zu verbergen was er die em ^an e
freilich seine Schwierigkeiten hatte Jedoch da ich sah. daß es hr F "de nach e
tat ich ihr den Willen und ging nnn bald nach dieser b"w "ach
"icht dahin, wo ich ihr begegnen mußte. U"d so tappten w.r in kadt chem Spiele
unwissend, wie er"se doch >infer Schicksal war. el"e Weile hern.n b.s u en lach
vorgab, sie yefnnde" zu habe", und a"f sie zueilte. Sie flau d Me unter einer
Kinde. die auf einem schöne" grüne" Wiesenfleck ihre Zweige einsam in. Sonnen-,


Zwei Seelen

auch die übrigen seinerzeit finden werde, wobei ich wir freilich die ewige Ge¬
rechtigkeit, um mich selbst zu saldiere», in einer sehr verkürzten und verstümmelten
Weise vorstellen mußte. Für jetzt genügte mir jedoch, was geschehn war, vollkommen,
mich zu ermutigen, den schmalen, schwindelnden, von Abgründen umgebnen Weg
weiter zu wandeln. Meine Furcht war jn nur ein fernes, wesenloses Wölkchen,
so bedürfte es auch keiner bedeutenden Sonne, das leichte Gebilde aufzulösen und
verschwinden zu macheu. Ich lud den guten Heincmcmn, der mich mit seiner Trauer¬
botschaft so fröhlich gemacht hatte, zu einem Glas Wein ein und ging, als wir
in einer gemütlichen Ecke zusammen saßen, der Flasche so herzhaft nach, daß ich
in der zwiefachen Berauschung der Freude und des Weins Heinemnnn in meine
Sorgen hineinblicken ließ und ihm meine Auswcmdernngspläne anvertraute. Er
machte große Augen und brach endlich in ein fröhliches Lachen ans: Was bist dn
doch für ein Mensch! Damit schleppst du dich noch immer herum? Danach kräht
doch kein Hahn mehr. Welcher Unsinn!

Ja, es ist ein Unsinn, versetzte ich. Aber nnn bin ich mit ihm fertig.
Stoß an, Freund. Heute wollen wir einmal fröhlich zusammen sitzen.

Ich ließ eine neue Flasche kommen. Heiuemcmn beschaute die Etikette, und
als er sah, daß ich nicht knickrig gewesen war, sah er mich mit lachenden Angen
ein und sagte: Jetzt verbrennt der Ägypter seine Schiffe. Als wir uns zu später
Stunde trennten, wäre ich wohl noch in meinem Glück zu Martha hinaufgelaufen,
aber es war doch noch soviel Verstand in mir, daß ich einsah, ich dürfe ihr in
solcher Verfassung nicht unter die Augen kommen. Morgen ist auch noch ein Tag,
dachte ich, morgen ist Sonntag. Morgen erringe ich sie mir. So zwang ich mich,
«ach Halse zu gehn. Ans Fenster tretend sah ich den Mond eben wieder empor¬
steigen und nickte ihm glückselig zu.

Wolkenlos ging denn anch der glückliche Tag über uns auf. Sanftes Glocken-
lauten begrüßte ihn bei seinem Kommen, und Glockentöne zogen auch dnrch die
Luft, als ich mit dem lieblichen Mädchen in die schöne glänzende Nachmittagssonne
hineinschritt. Zuerst hörten wir im Walde noch andre sonntagsspaziergänger
reden und singen und sahen bunte Fraucngewänder durch das lichte Grün schimmern,
ober endlich hatte sich das alles, was mit uns in den Wald hineingelaufen war,
"ach allen Seiten verstreut, und wir hatten nun die Stille und Ruhe, die prächtige
Souue, die die Wipfel überstrahlte, und den frischen Tanuenduft für uus allein.
Ich wußte, daß ich nur ein Wort zu sagen hätte, so würde dieses junge Leben an
meinem Herzen ruhn. Weil aber unser Verhältnis in solcher durchsichtigen
Klarheit vor mir lag, so ergriff mich, dem bisher immer trübe Wasser vor¬
gekommen Ware», eine seltsame Scheu, in diese lichte Lebensflut hineinzutauchen.
Auch Marthchen, wie warm ihre Augen leuchteten, führte das Gespräch vorsichtig
um alles, was gefährlich werden konnte, herum, als sei sie mit mir eins geworden,
die Stunden, in denen der Mensch seinem Glücke erst entgegenwandelt, recht gründlich
auszukosten. Aber sie war es schließlich doch, die den'Augenblick der Entscheidung
herbeiführte. Über unserm Umherirren waren mehrere Stunde» verflossen, und
schon fing der Himmel an. in einer goldnen Abendröte zu glühe». Marthchen
hatte eben begonnen, die Blumen zu einem Waldstranß zusammenzulesen, und stellte
mich hierbei ebenfalls an. indem sie mich bald diese bald jene Farbe holen ließ.

Bei diesem Suchen hatte ich sie einmal ans den Augen verloren und nes
'dren Namen in den Wald hinein. Die unnötige Sorge, die aus meiner «-um ne
hcrausgekluugeu haben mochte, hatte wohl ihren Mutwillen erregt, denn :ep in
>e nun den Versuch machen, sich vor mir zu verbergen was er die em ^an e
freilich seine Schwierigkeiten hatte Jedoch da ich sah. daß es hr F "de nach e
tat ich ihr den Willen und ging nnn bald nach dieser b"w "ach
"icht dahin, wo ich ihr begegnen mußte. U»d so tappten w.r in kadt chem Spiele
unwissend, wie er»se doch >infer Schicksal war. el»e Weile hern.n b.s u en lach
vorgab, sie yefnnde» zu habe», und a»f sie zueilte. Sie flau d Me unter einer
Kinde. die auf einem schöne» grüne» Wiesenfleck ihre Zweige einsam in. Sonnen-,


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[0531] Zwei Seelen auch die übrigen seinerzeit finden werde, wobei ich wir freilich die ewige Ge¬ rechtigkeit, um mich selbst zu saldiere», in einer sehr verkürzten und verstümmelten Weise vorstellen mußte. Für jetzt genügte mir jedoch, was geschehn war, vollkommen, mich zu ermutigen, den schmalen, schwindelnden, von Abgründen umgebnen Weg weiter zu wandeln. Meine Furcht war jn nur ein fernes, wesenloses Wölkchen, so bedürfte es auch keiner bedeutenden Sonne, das leichte Gebilde aufzulösen und verschwinden zu macheu. Ich lud den guten Heincmcmn, der mich mit seiner Trauer¬ botschaft so fröhlich gemacht hatte, zu einem Glas Wein ein und ging, als wir in einer gemütlichen Ecke zusammen saßen, der Flasche so herzhaft nach, daß ich in der zwiefachen Berauschung der Freude und des Weins Heinemnnn in meine Sorgen hineinblicken ließ und ihm meine Auswcmdernngspläne anvertraute. Er machte große Augen und brach endlich in ein fröhliches Lachen ans: Was bist dn doch für ein Mensch! Damit schleppst du dich noch immer herum? Danach kräht doch kein Hahn mehr. Welcher Unsinn! Ja, es ist ein Unsinn, versetzte ich. Aber nnn bin ich mit ihm fertig. Stoß an, Freund. Heute wollen wir einmal fröhlich zusammen sitzen. Ich ließ eine neue Flasche kommen. Heiuemcmn beschaute die Etikette, und als er sah, daß ich nicht knickrig gewesen war, sah er mich mit lachenden Angen ein und sagte: Jetzt verbrennt der Ägypter seine Schiffe. Als wir uns zu später Stunde trennten, wäre ich wohl noch in meinem Glück zu Martha hinaufgelaufen, aber es war doch noch soviel Verstand in mir, daß ich einsah, ich dürfe ihr in solcher Verfassung nicht unter die Augen kommen. Morgen ist auch noch ein Tag, dachte ich, morgen ist Sonntag. Morgen erringe ich sie mir. So zwang ich mich, «ach Halse zu gehn. Ans Fenster tretend sah ich den Mond eben wieder empor¬ steigen und nickte ihm glückselig zu. Wolkenlos ging denn anch der glückliche Tag über uns auf. Sanftes Glocken- lauten begrüßte ihn bei seinem Kommen, und Glockentöne zogen auch dnrch die Luft, als ich mit dem lieblichen Mädchen in die schöne glänzende Nachmittagssonne hineinschritt. Zuerst hörten wir im Walde noch andre sonntagsspaziergänger reden und singen und sahen bunte Fraucngewänder durch das lichte Grün schimmern, ober endlich hatte sich das alles, was mit uns in den Wald hineingelaufen war, "ach allen Seiten verstreut, und wir hatten nun die Stille und Ruhe, die prächtige Souue, die die Wipfel überstrahlte, und den frischen Tanuenduft für uus allein. Ich wußte, daß ich nur ein Wort zu sagen hätte, so würde dieses junge Leben an meinem Herzen ruhn. Weil aber unser Verhältnis in solcher durchsichtigen Klarheit vor mir lag, so ergriff mich, dem bisher immer trübe Wasser vor¬ gekommen Ware», eine seltsame Scheu, in diese lichte Lebensflut hineinzutauchen. Auch Marthchen, wie warm ihre Augen leuchteten, führte das Gespräch vorsichtig um alles, was gefährlich werden konnte, herum, als sei sie mit mir eins geworden, die Stunden, in denen der Mensch seinem Glücke erst entgegenwandelt, recht gründlich auszukosten. Aber sie war es schließlich doch, die den'Augenblick der Entscheidung herbeiführte. Über unserm Umherirren waren mehrere Stunde» verflossen, und schon fing der Himmel an. in einer goldnen Abendröte zu glühe». Marthchen hatte eben begonnen, die Blumen zu einem Waldstranß zusammenzulesen, und stellte mich hierbei ebenfalls an. indem sie mich bald diese bald jene Farbe holen ließ. Bei diesem Suchen hatte ich sie einmal ans den Augen verloren und nes 'dren Namen in den Wald hinein. Die unnötige Sorge, die aus meiner «-um ne hcrausgekluugeu haben mochte, hatte wohl ihren Mutwillen erregt, denn :ep in >e nun den Versuch machen, sich vor mir zu verbergen was er die em ^an e freilich seine Schwierigkeiten hatte Jedoch da ich sah. daß es hr F "de nach e tat ich ihr den Willen und ging nnn bald nach dieser b"w "ach "icht dahin, wo ich ihr begegnen mußte. U»d so tappten w.r in kadt chem Spiele unwissend, wie er»se doch >infer Schicksal war. el»e Weile hern.n b.s u en lach vorgab, sie yefnnde» zu habe», und a»f sie zueilte. Sie flau d Me unter einer Kinde. die auf einem schöne» grüne» Wiesenfleck ihre Zweige einsam in. Sonnen-,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/531>, abgerufen am 29.06.2024.