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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

kann. Ebenso verhält sich die russische Presse in allen Fragen, die die Macht und
die Grüße Rußlands betreffen, wesentlich anders als die deutsche, die leider mir zu
sehr geneigt ist. ihre Stellung zur Macht und zur Größe Deutschlands von, Fraktions¬
gegensatz der innern Politik aus zu bemessen. Sie treibt Gefühlspolitik und sagt:
Die Regierung hält es mit dem Zentrum oder den Konservativen, folglich bewilligen
wir Liberalen nichts; oder wie die Agrarier, die von der "gräßlichen Flotte" nichts
wissen wollen, weil die Regierung auf ihre agrarischen Zolltorheiten nicht eingehn
will und kann. Mit solchen Leuten, die über den Fraktionskirchturm nicht hinweg¬
sehen, kann man freilich keine Weltpolitik machen. Im übrigen wollen wir einst¬
weilen Kiautschou als deutschen Fettfleck betrachten, der sich von dieser Basis aus
im Laufe der Jahrzehnte weithin in Schnntung ausdehnen wird. Möge seine
werbende Kraft nur durch keine Reden und keine Zeitungsartikel beeinträchtigt werden.
Nehmen wir uns an Rußlands stiller Arbeit ein Beispiel!

Auch in andern Fragen hat ein großer Teil der deutschen Presse jüngst herzlich
wenig Einsicht bewiesen. So wegen der Finanzminister-Konferenz, die an¬
geblich nicht gehalten habe, was sie versprochen hat. Nun hat die norddeutsche
doch klipp und klar erklärt, daß sich die Konferenz neben der Finanzierung des Reichs-
hcmshaltsetats für 1904 mit "Anregungen zur Abstellung von Mängeln, die sich
in den zur Zeit geltenden finanzgesetzlichcn Bestimmungen des Reichs bemerklich ge¬
macht haben," beschäftigt hätte. Die fiuanzgesetzlicheu Bestimmungen des Reichs, die
hier in Frage kommen können, sind die sogenannte Franckensteinsche Klausel und der
Artikel 70 der Reichsverfassung. Dieser ordnet an: "Zur Bestreitung aller gemein-
schaftlichen Ausgaben dienen zunächst die etwaigen Überschüsse der Vorjahre,
sowie die aus den Zöllen, den gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern und ans dem Post-
nnd Telegraphenwcsen fließenden gemeinschaftlichen Einnahmen." Nach Sinn und
Wortlaut der Verfassung sind somit Bundesrat und Reichstag ohne vorhergehende
Abänderung des Artikels 70 gar uicht berechtigt, über Einnahmen aus den Zöllen
und Verbrauchssteuern zu andern Zwecken zu verfügen, wie dies z. B. durch die
Franckensteinsche Klausel und neuerdings wieder durch die Zusage, Überschüsse über
den jetzigen Status hinaus für die Witwen- und Waisenversorgung verwenden zu
wollen, geschehen ist. Aber auch die Bestimmung über die Verwendung der Über¬
schüsse ist zu einer zweischneidigen Masse geworden. Bei der Feststellung des Etats
besteht seit Jahren ein hohes Defizit, das durch Matrikularumlagen, ja lungst sogar
durch eine Znschnßanleihe, gedeckt werden muß. Sind dann beim AbMiß des
Rechnungsjahres die kassenmäßigen Einnahmen bei einzelnen Positionen hoher als
der Voranschlag, so entsteht ein scheinbarer Überschuß, der dem folgenden Etatjahr
zugute kommt, während er streng genommen als zuviel erhobner Matriknlarbeitrag
zurückerstattet oder zur Schuldentilgung verwandt werden müßte. So aber hat das
Reich scheinbare Überschüsse, während infolge der wachsenden Matrikularumlagen die
Verlegenheit der Finanzen der Einzelstaaten immer größer wird. In diesen beiden
Punkten werden die finanzgesetzlichen Bestimmungen, die dem Reichshaushalt zu¬
grunde liegen, geändert werden müssen. Die Finanzminister konnten in ihrer Kon¬
ferenz aber freilich nichts weiter tun, als sich über diese Punkte grundsätzlich einigen,
und denn zuhause dahin wirken, daß die Einzelregierungen zu derselben Ein¬
mütigkeit im Bundesrat für Vorlagen an den Reichstag gelangen. Unter "Uber-
Ichusfen" hat der Gesetzgeber seinerzeit doch nur wirkliche Mehreinnahmen des Gesamt-
etats verstanden.

^ttsri" et. x-itiAm 4. November war die Einweihung der königlichen
Akademie in Posen, zum Glück ohne zuviel Apparat und ohne zuviel 3.ete. ^eun
geredet worden ist in der Angelegenheit der Ostmarken geradezu Uueudluhes. weit
'uehr als jemals über Elsaß-Lothringen. Freilich, dort unter das Land an den
^ogesen und die alte starke Moselfeste Metz sind nur vom äußern Feinde bedroht,
und wir denken, sie mit dem Schwerte zu behaupten. Die Ostmark dagegen ist
v°in innern Feinde umschlichen, der uus mit unserm eignen dentschen und preußischen


Maßgebliches und Unmaßgebliches

kann. Ebenso verhält sich die russische Presse in allen Fragen, die die Macht und
die Grüße Rußlands betreffen, wesentlich anders als die deutsche, die leider mir zu
sehr geneigt ist. ihre Stellung zur Macht und zur Größe Deutschlands von, Fraktions¬
gegensatz der innern Politik aus zu bemessen. Sie treibt Gefühlspolitik und sagt:
Die Regierung hält es mit dem Zentrum oder den Konservativen, folglich bewilligen
wir Liberalen nichts; oder wie die Agrarier, die von der „gräßlichen Flotte" nichts
wissen wollen, weil die Regierung auf ihre agrarischen Zolltorheiten nicht eingehn
will und kann. Mit solchen Leuten, die über den Fraktionskirchturm nicht hinweg¬
sehen, kann man freilich keine Weltpolitik machen. Im übrigen wollen wir einst¬
weilen Kiautschou als deutschen Fettfleck betrachten, der sich von dieser Basis aus
im Laufe der Jahrzehnte weithin in Schnntung ausdehnen wird. Möge seine
werbende Kraft nur durch keine Reden und keine Zeitungsartikel beeinträchtigt werden.
Nehmen wir uns an Rußlands stiller Arbeit ein Beispiel!

Auch in andern Fragen hat ein großer Teil der deutschen Presse jüngst herzlich
wenig Einsicht bewiesen. So wegen der Finanzminister-Konferenz, die an¬
geblich nicht gehalten habe, was sie versprochen hat. Nun hat die norddeutsche
doch klipp und klar erklärt, daß sich die Konferenz neben der Finanzierung des Reichs-
hcmshaltsetats für 1904 mit „Anregungen zur Abstellung von Mängeln, die sich
in den zur Zeit geltenden finanzgesetzlichcn Bestimmungen des Reichs bemerklich ge¬
macht haben," beschäftigt hätte. Die fiuanzgesetzlicheu Bestimmungen des Reichs, die
hier in Frage kommen können, sind die sogenannte Franckensteinsche Klausel und der
Artikel 70 der Reichsverfassung. Dieser ordnet an: „Zur Bestreitung aller gemein-
schaftlichen Ausgaben dienen zunächst die etwaigen Überschüsse der Vorjahre,
sowie die aus den Zöllen, den gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern und ans dem Post-
nnd Telegraphenwcsen fließenden gemeinschaftlichen Einnahmen." Nach Sinn und
Wortlaut der Verfassung sind somit Bundesrat und Reichstag ohne vorhergehende
Abänderung des Artikels 70 gar uicht berechtigt, über Einnahmen aus den Zöllen
und Verbrauchssteuern zu andern Zwecken zu verfügen, wie dies z. B. durch die
Franckensteinsche Klausel und neuerdings wieder durch die Zusage, Überschüsse über
den jetzigen Status hinaus für die Witwen- und Waisenversorgung verwenden zu
wollen, geschehen ist. Aber auch die Bestimmung über die Verwendung der Über¬
schüsse ist zu einer zweischneidigen Masse geworden. Bei der Feststellung des Etats
besteht seit Jahren ein hohes Defizit, das durch Matrikularumlagen, ja lungst sogar
durch eine Znschnßanleihe, gedeckt werden muß. Sind dann beim AbMiß des
Rechnungsjahres die kassenmäßigen Einnahmen bei einzelnen Positionen hoher als
der Voranschlag, so entsteht ein scheinbarer Überschuß, der dem folgenden Etatjahr
zugute kommt, während er streng genommen als zuviel erhobner Matriknlarbeitrag
zurückerstattet oder zur Schuldentilgung verwandt werden müßte. So aber hat das
Reich scheinbare Überschüsse, während infolge der wachsenden Matrikularumlagen die
Verlegenheit der Finanzen der Einzelstaaten immer größer wird. In diesen beiden
Punkten werden die finanzgesetzlichen Bestimmungen, die dem Reichshaushalt zu¬
grunde liegen, geändert werden müssen. Die Finanzminister konnten in ihrer Kon¬
ferenz aber freilich nichts weiter tun, als sich über diese Punkte grundsätzlich einigen,
und denn zuhause dahin wirken, daß die Einzelregierungen zu derselben Ein¬
mütigkeit im Bundesrat für Vorlagen an den Reichstag gelangen. Unter „Uber-
Ichusfen" hat der Gesetzgeber seinerzeit doch nur wirkliche Mehreinnahmen des Gesamt-
etats verstanden.

^ttsri« et. x-itiAm 4. November war die Einweihung der königlichen
Akademie in Posen, zum Glück ohne zuviel Apparat und ohne zuviel 3.ete. ^eun
geredet worden ist in der Angelegenheit der Ostmarken geradezu Uueudluhes. weit
'uehr als jemals über Elsaß-Lothringen. Freilich, dort unter das Land an den
^ogesen und die alte starke Moselfeste Metz sind nur vom äußern Feinde bedroht,
und wir denken, sie mit dem Schwerte zu behaupten. Die Ostmark dagegen ist
v°in innern Feinde umschlichen, der uus mit unserm eignen dentschen und preußischen


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[0469] Maßgebliches und Unmaßgebliches kann. Ebenso verhält sich die russische Presse in allen Fragen, die die Macht und die Grüße Rußlands betreffen, wesentlich anders als die deutsche, die leider mir zu sehr geneigt ist. ihre Stellung zur Macht und zur Größe Deutschlands von, Fraktions¬ gegensatz der innern Politik aus zu bemessen. Sie treibt Gefühlspolitik und sagt: Die Regierung hält es mit dem Zentrum oder den Konservativen, folglich bewilligen wir Liberalen nichts; oder wie die Agrarier, die von der „gräßlichen Flotte" nichts wissen wollen, weil die Regierung auf ihre agrarischen Zolltorheiten nicht eingehn will und kann. Mit solchen Leuten, die über den Fraktionskirchturm nicht hinweg¬ sehen, kann man freilich keine Weltpolitik machen. Im übrigen wollen wir einst¬ weilen Kiautschou als deutschen Fettfleck betrachten, der sich von dieser Basis aus im Laufe der Jahrzehnte weithin in Schnntung ausdehnen wird. Möge seine werbende Kraft nur durch keine Reden und keine Zeitungsartikel beeinträchtigt werden. Nehmen wir uns an Rußlands stiller Arbeit ein Beispiel! Auch in andern Fragen hat ein großer Teil der deutschen Presse jüngst herzlich wenig Einsicht bewiesen. So wegen der Finanzminister-Konferenz, die an¬ geblich nicht gehalten habe, was sie versprochen hat. Nun hat die norddeutsche doch klipp und klar erklärt, daß sich die Konferenz neben der Finanzierung des Reichs- hcmshaltsetats für 1904 mit „Anregungen zur Abstellung von Mängeln, die sich in den zur Zeit geltenden finanzgesetzlichcn Bestimmungen des Reichs bemerklich ge¬ macht haben," beschäftigt hätte. Die fiuanzgesetzlicheu Bestimmungen des Reichs, die hier in Frage kommen können, sind die sogenannte Franckensteinsche Klausel und der Artikel 70 der Reichsverfassung. Dieser ordnet an: „Zur Bestreitung aller gemein- schaftlichen Ausgaben dienen zunächst die etwaigen Überschüsse der Vorjahre, sowie die aus den Zöllen, den gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern und ans dem Post- nnd Telegraphenwcsen fließenden gemeinschaftlichen Einnahmen." Nach Sinn und Wortlaut der Verfassung sind somit Bundesrat und Reichstag ohne vorhergehende Abänderung des Artikels 70 gar uicht berechtigt, über Einnahmen aus den Zöllen und Verbrauchssteuern zu andern Zwecken zu verfügen, wie dies z. B. durch die Franckensteinsche Klausel und neuerdings wieder durch die Zusage, Überschüsse über den jetzigen Status hinaus für die Witwen- und Waisenversorgung verwenden zu wollen, geschehen ist. Aber auch die Bestimmung über die Verwendung der Über¬ schüsse ist zu einer zweischneidigen Masse geworden. Bei der Feststellung des Etats besteht seit Jahren ein hohes Defizit, das durch Matrikularumlagen, ja lungst sogar durch eine Znschnßanleihe, gedeckt werden muß. Sind dann beim AbMiß des Rechnungsjahres die kassenmäßigen Einnahmen bei einzelnen Positionen hoher als der Voranschlag, so entsteht ein scheinbarer Überschuß, der dem folgenden Etatjahr zugute kommt, während er streng genommen als zuviel erhobner Matriknlarbeitrag zurückerstattet oder zur Schuldentilgung verwandt werden müßte. So aber hat das Reich scheinbare Überschüsse, während infolge der wachsenden Matrikularumlagen die Verlegenheit der Finanzen der Einzelstaaten immer größer wird. In diesen beiden Punkten werden die finanzgesetzlichen Bestimmungen, die dem Reichshaushalt zu¬ grunde liegen, geändert werden müssen. Die Finanzminister konnten in ihrer Kon¬ ferenz aber freilich nichts weiter tun, als sich über diese Punkte grundsätzlich einigen, und denn zuhause dahin wirken, daß die Einzelregierungen zu derselben Ein¬ mütigkeit im Bundesrat für Vorlagen an den Reichstag gelangen. Unter „Uber- Ichusfen" hat der Gesetzgeber seinerzeit doch nur wirkliche Mehreinnahmen des Gesamt- etats verstanden. ^ttsri« et. x-itiAm 4. November war die Einweihung der königlichen Akademie in Posen, zum Glück ohne zuviel Apparat und ohne zuviel 3.ete. ^eun geredet worden ist in der Angelegenheit der Ostmarken geradezu Uueudluhes. weit 'uehr als jemals über Elsaß-Lothringen. Freilich, dort unter das Land an den ^ogesen und die alte starke Moselfeste Metz sind nur vom äußern Feinde bedroht, und wir denken, sie mit dem Schwerte zu behaupten. Die Ostmark dagegen ist v°in innern Feinde umschlichen, der uus mit unserm eignen dentschen und preußischen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/469>, abgerufen am 29.06.2024.