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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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Zwei Seelen

Bädern, aber den einen und den andern werden wir wohl vorfinden. Wir nehmen
noch einen Abschiedstrunk, und dann, da du durchaus nicht bleiben willst oder
darfst, Gott befohlen!

Ich erwartete, daß er mir mit einer neuen glänzenden Überraschung aufzu¬
warten gedächte, sah mich aber in dieser Vermutung getäuscht. Heinemanns Tafel¬
runde versammelte sich in einer Kellerwirtschaft, zu der eine enge und gefährliche
Treppe hinabführte, und man mußte durch eine gewöhnliche Gaststube, in der
wohl Kutscher und ähnliche Leute einen Imbiß einzunehmen Pflegten, zu einer
Hinterstube gehn, deren Einrichtung ebenfalls von der einfachsten Art war. Wir
fanden eine kleine Gesellschaft vor, die behaglich plauderte und rauchte. Ich lernte
sie später alle recht gut kennen, an diesem Abend kam ich jedoch nicht dazu, sie zu
beachten, da meine Augen sogleich von dem Anblick eines Mädchens gefesselt wurden,
das abseits vom Tisch im Halbdunkel des Zimmers saß. Als ich sie zuerst erblickte,
überlief es mich heiß und kalt, denn etwas so schönes hatte ich in meinem Leben
noch nicht gesehen, und ich glaube auch nicht, daß es ein Antlitz gibt, das feiner
und schöner wäre, als es das ihrige war. Tiefe dunkle Augen schauten aus einem
ernsten bräunlicher Kopfe heraus, dunkles lockiges Haar umwallte die freie hohe
Stirn, die ganze Gestalt war von der zierlichsten und doch von kräftiger Form,
und wie sie in ihrem leuchtenden roten Kleid in dem finstern Winkel saß und mit
übergeschlagnen Armen und leicht zurückgekehrten Körper träumerisch ins Weite
schaute, war sie wie eine Erscheinung ans einer fremden Welt. Man mußte sie
sogleich in einen Palast zwischen Marmorsäulen und prunkende Spiegel versetzen
und sich den schönen Körper von Seidengewändern umkleidet denken. Sie hieß
Laurette und war die Tochter eines ältlichen Herrn, der den Sofaplatz inne hatte
und das Wort führte. Hätte ich sie an einem andern glänzenderen Orte getroffen,
so wäre der Eindruck, den sie auf mich gemacht hätte, vielleicht nicht so stark ge¬
wesen. Aber Eindruck hätte sie auf mich gemacht, wie auf jeden, der in ihre
Nähe geriet. Wohin sie immer kam, da brachte sie Menschen um ihren Verstand
und versetzte sie in eine Verwirrung der Sinne, in der sie sich selber und alles
um sich her vergaßen und von einer unwiderstehliche" Gewalt hingerissen in dieses
brennende Feuer hineinstürzten und darin jämmerlich umkamen.

Das Bild dieses Mädchens war das letzte, was ich an diesem Abend in mich
aufnahm. Alles, was ich sonst noch sah, hörte, tat und sprach, ging in diesem
Eindruck unter, sodaß ich mich später durchaus nicht mehr darauf zu besinnen ver¬
mochte. Das Bild erblaßte allmählich wieder und trat gleichsam hinter Wolken
zurück, und dennoch ging von ihm das Licht aus, das mir meinen Weg zeigte.
Ich holte nachher andre Gründe hervor und spiegelte mir vor, sie hätten bei dem,
was ich tun wollte, den Ausschlng gegeben, in Wahrheit aber war es eben wohl ihr
Schatten gewesen, der sich auf die Wagschale legte und sie niederzusinken zwang.

Der den Kopf voller fieberischer Träume und lebensdurstiger Sehnsucht jetzt
durch die dunkle Nacht dcchinfährt, vorüber an schlafenden Dörfern, Mühlen und
stillen Wäldern, die er wenig Stunden vorher im klaren Morgenlicht fröhlich
betrachtet hatte, wird hinfort jedem Pfade nachlaufen, der ihm vorkommt. Die Kette
zerreißt, die ihn, wie er glaubt, gefesselt hat, und von der er doch nur gehalten
und getragen worden ist,' und wenn sich auch treue Hände nach ihm ausstrecken
und zuletzt ihm noch eine zärtliche Gestalt entgegentritt und ihn zurückzuhalte., ver¬
sucht, er muß erst hinunter in die Tiefe, vielleicht daß er sich dort zurechtfindet.

Das war der Spruch, der über ihn ergangen war.

14

^ Der Vater war allein zuhause. Die Tante, bei der ich meine Jugend per¬
iod hatte, war plötzlich gestorben, und meine Mutter war auf die Anzeige davon
sogleich abgereist, um bei dem Begräbnis die Verwandtschaft zu Vertreten und zu¬
gleich der armen Martha zur Seite zu stehn.


Zwei Seelen

Bädern, aber den einen und den andern werden wir wohl vorfinden. Wir nehmen
noch einen Abschiedstrunk, und dann, da du durchaus nicht bleiben willst oder
darfst, Gott befohlen!

Ich erwartete, daß er mir mit einer neuen glänzenden Überraschung aufzu¬
warten gedächte, sah mich aber in dieser Vermutung getäuscht. Heinemanns Tafel¬
runde versammelte sich in einer Kellerwirtschaft, zu der eine enge und gefährliche
Treppe hinabführte, und man mußte durch eine gewöhnliche Gaststube, in der
wohl Kutscher und ähnliche Leute einen Imbiß einzunehmen Pflegten, zu einer
Hinterstube gehn, deren Einrichtung ebenfalls von der einfachsten Art war. Wir
fanden eine kleine Gesellschaft vor, die behaglich plauderte und rauchte. Ich lernte
sie später alle recht gut kennen, an diesem Abend kam ich jedoch nicht dazu, sie zu
beachten, da meine Augen sogleich von dem Anblick eines Mädchens gefesselt wurden,
das abseits vom Tisch im Halbdunkel des Zimmers saß. Als ich sie zuerst erblickte,
überlief es mich heiß und kalt, denn etwas so schönes hatte ich in meinem Leben
noch nicht gesehen, und ich glaube auch nicht, daß es ein Antlitz gibt, das feiner
und schöner wäre, als es das ihrige war. Tiefe dunkle Augen schauten aus einem
ernsten bräunlicher Kopfe heraus, dunkles lockiges Haar umwallte die freie hohe
Stirn, die ganze Gestalt war von der zierlichsten und doch von kräftiger Form,
und wie sie in ihrem leuchtenden roten Kleid in dem finstern Winkel saß und mit
übergeschlagnen Armen und leicht zurückgekehrten Körper träumerisch ins Weite
schaute, war sie wie eine Erscheinung ans einer fremden Welt. Man mußte sie
sogleich in einen Palast zwischen Marmorsäulen und prunkende Spiegel versetzen
und sich den schönen Körper von Seidengewändern umkleidet denken. Sie hieß
Laurette und war die Tochter eines ältlichen Herrn, der den Sofaplatz inne hatte
und das Wort führte. Hätte ich sie an einem andern glänzenderen Orte getroffen,
so wäre der Eindruck, den sie auf mich gemacht hätte, vielleicht nicht so stark ge¬
wesen. Aber Eindruck hätte sie auf mich gemacht, wie auf jeden, der in ihre
Nähe geriet. Wohin sie immer kam, da brachte sie Menschen um ihren Verstand
und versetzte sie in eine Verwirrung der Sinne, in der sie sich selber und alles
um sich her vergaßen und von einer unwiderstehliche» Gewalt hingerissen in dieses
brennende Feuer hineinstürzten und darin jämmerlich umkamen.

Das Bild dieses Mädchens war das letzte, was ich an diesem Abend in mich
aufnahm. Alles, was ich sonst noch sah, hörte, tat und sprach, ging in diesem
Eindruck unter, sodaß ich mich später durchaus nicht mehr darauf zu besinnen ver¬
mochte. Das Bild erblaßte allmählich wieder und trat gleichsam hinter Wolken
zurück, und dennoch ging von ihm das Licht aus, das mir meinen Weg zeigte.
Ich holte nachher andre Gründe hervor und spiegelte mir vor, sie hätten bei dem,
was ich tun wollte, den Ausschlng gegeben, in Wahrheit aber war es eben wohl ihr
Schatten gewesen, der sich auf die Wagschale legte und sie niederzusinken zwang.

Der den Kopf voller fieberischer Träume und lebensdurstiger Sehnsucht jetzt
durch die dunkle Nacht dcchinfährt, vorüber an schlafenden Dörfern, Mühlen und
stillen Wäldern, die er wenig Stunden vorher im klaren Morgenlicht fröhlich
betrachtet hatte, wird hinfort jedem Pfade nachlaufen, der ihm vorkommt. Die Kette
zerreißt, die ihn, wie er glaubt, gefesselt hat, und von der er doch nur gehalten
und getragen worden ist,' und wenn sich auch treue Hände nach ihm ausstrecken
und zuletzt ihm noch eine zärtliche Gestalt entgegentritt und ihn zurückzuhalte., ver¬
sucht, er muß erst hinunter in die Tiefe, vielleicht daß er sich dort zurechtfindet.

Das war der Spruch, der über ihn ergangen war.

14

^ Der Vater war allein zuhause. Die Tante, bei der ich meine Jugend per¬
iod hatte, war plötzlich gestorben, und meine Mutter war auf die Anzeige davon
sogleich abgereist, um bei dem Begräbnis die Verwandtschaft zu Vertreten und zu¬
gleich der armen Martha zur Seite zu stehn.


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[0397] Zwei Seelen Bädern, aber den einen und den andern werden wir wohl vorfinden. Wir nehmen noch einen Abschiedstrunk, und dann, da du durchaus nicht bleiben willst oder darfst, Gott befohlen! Ich erwartete, daß er mir mit einer neuen glänzenden Überraschung aufzu¬ warten gedächte, sah mich aber in dieser Vermutung getäuscht. Heinemanns Tafel¬ runde versammelte sich in einer Kellerwirtschaft, zu der eine enge und gefährliche Treppe hinabführte, und man mußte durch eine gewöhnliche Gaststube, in der wohl Kutscher und ähnliche Leute einen Imbiß einzunehmen Pflegten, zu einer Hinterstube gehn, deren Einrichtung ebenfalls von der einfachsten Art war. Wir fanden eine kleine Gesellschaft vor, die behaglich plauderte und rauchte. Ich lernte sie später alle recht gut kennen, an diesem Abend kam ich jedoch nicht dazu, sie zu beachten, da meine Augen sogleich von dem Anblick eines Mädchens gefesselt wurden, das abseits vom Tisch im Halbdunkel des Zimmers saß. Als ich sie zuerst erblickte, überlief es mich heiß und kalt, denn etwas so schönes hatte ich in meinem Leben noch nicht gesehen, und ich glaube auch nicht, daß es ein Antlitz gibt, das feiner und schöner wäre, als es das ihrige war. Tiefe dunkle Augen schauten aus einem ernsten bräunlicher Kopfe heraus, dunkles lockiges Haar umwallte die freie hohe Stirn, die ganze Gestalt war von der zierlichsten und doch von kräftiger Form, und wie sie in ihrem leuchtenden roten Kleid in dem finstern Winkel saß und mit übergeschlagnen Armen und leicht zurückgekehrten Körper träumerisch ins Weite schaute, war sie wie eine Erscheinung ans einer fremden Welt. Man mußte sie sogleich in einen Palast zwischen Marmorsäulen und prunkende Spiegel versetzen und sich den schönen Körper von Seidengewändern umkleidet denken. Sie hieß Laurette und war die Tochter eines ältlichen Herrn, der den Sofaplatz inne hatte und das Wort führte. Hätte ich sie an einem andern glänzenderen Orte getroffen, so wäre der Eindruck, den sie auf mich gemacht hätte, vielleicht nicht so stark ge¬ wesen. Aber Eindruck hätte sie auf mich gemacht, wie auf jeden, der in ihre Nähe geriet. Wohin sie immer kam, da brachte sie Menschen um ihren Verstand und versetzte sie in eine Verwirrung der Sinne, in der sie sich selber und alles um sich her vergaßen und von einer unwiderstehliche» Gewalt hingerissen in dieses brennende Feuer hineinstürzten und darin jämmerlich umkamen. Das Bild dieses Mädchens war das letzte, was ich an diesem Abend in mich aufnahm. Alles, was ich sonst noch sah, hörte, tat und sprach, ging in diesem Eindruck unter, sodaß ich mich später durchaus nicht mehr darauf zu besinnen ver¬ mochte. Das Bild erblaßte allmählich wieder und trat gleichsam hinter Wolken zurück, und dennoch ging von ihm das Licht aus, das mir meinen Weg zeigte. Ich holte nachher andre Gründe hervor und spiegelte mir vor, sie hätten bei dem, was ich tun wollte, den Ausschlng gegeben, in Wahrheit aber war es eben wohl ihr Schatten gewesen, der sich auf die Wagschale legte und sie niederzusinken zwang. Der den Kopf voller fieberischer Träume und lebensdurstiger Sehnsucht jetzt durch die dunkle Nacht dcchinfährt, vorüber an schlafenden Dörfern, Mühlen und stillen Wäldern, die er wenig Stunden vorher im klaren Morgenlicht fröhlich betrachtet hatte, wird hinfort jedem Pfade nachlaufen, der ihm vorkommt. Die Kette zerreißt, die ihn, wie er glaubt, gefesselt hat, und von der er doch nur gehalten und getragen worden ist,' und wenn sich auch treue Hände nach ihm ausstrecken und zuletzt ihm noch eine zärtliche Gestalt entgegentritt und ihn zurückzuhalte., ver¬ sucht, er muß erst hinunter in die Tiefe, vielleicht daß er sich dort zurechtfindet. Das war der Spruch, der über ihn ergangen war. 14 ^ Der Vater war allein zuhause. Die Tante, bei der ich meine Jugend per¬ iod hatte, war plötzlich gestorben, und meine Mutter war auf die Anzeige davon sogleich abgereist, um bei dem Begräbnis die Verwandtschaft zu Vertreten und zu¬ gleich der armen Martha zur Seite zu stehn.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/397>, abgerufen am 22.07.2024.