Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.Zwei Seelen gehn. Heinemann verstand es, unangenehmen Erinnerungen auszuweichen; nicht Höre ans, sagte ich endlich lachend, als er kein Ende finden konnte, Wie wärs, wenn wir jetzt etwas Musik hörten, rief Heinemann. Das mußte Er machte ein bedeutendes Gesicht und öffnete die Augen weit, als sähe er Also ganz ungeniert, mein Bester. Komme ich einmal zu dir hinaus, so hältst Wir ließen uns nun von dem Menschenstrom, der immer starker anschwoll, Als wir einen gelegnen Platz auf einer Terrasse gefunden hatten, von der Es muß dir wirklich gut geh... versetzte ich mit einen. Bl.et auf sem von Mfer ^ ^seineEs passiert. Ich bin zufrieden, lieber Freund. Er fluch sich über se.um " Du hast einen gitteu Schneider, hob ich wieder an. Das Zeug muß schweres Zwei Seelen gehn. Heinemann verstand es, unangenehmen Erinnerungen auszuweichen; nicht Höre ans, sagte ich endlich lachend, als er kein Ende finden konnte, Wie wärs, wenn wir jetzt etwas Musik hörten, rief Heinemann. Das mußte Er machte ein bedeutendes Gesicht und öffnete die Augen weit, als sähe er Also ganz ungeniert, mein Bester. Komme ich einmal zu dir hinaus, so hältst Wir ließen uns nun von dem Menschenstrom, der immer starker anschwoll, Als wir einen gelegnen Platz auf einer Terrasse gefunden hatten, von der Es muß dir wirklich gut geh... versetzte ich mit einen. Bl.et auf sem von Mfer ^ ^seineEs passiert. Ich bin zufrieden, lieber Freund. Er fluch sich über se.um „ Du hast einen gitteu Schneider, hob ich wieder an. Das Zeug muß schweres <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0395" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/242463"/> <fw type="header" place="top"> Zwei Seelen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1357" prev="#ID_1356"> gehn. Heinemann verstand es, unangenehmen Erinnerungen auszuweichen; nicht<lb/> mit einem Worte berührte er die Umstände, unter denen wir uns vor Ze.ten be¬<lb/> gegnet waren. Dagegen schwamm er mit Wonne in der schönen Gegenwart und<lb/> mit vielen Worten schilderte er die Herrlichkeiten der Stadt, die das Schicksal<lb/> hatte, ihn in ihren Mauern zu beherbergen. Immer wieder hieß es: Das mußt<lb/> du uoch sehen, herrlich, wundervoll, und darüber wirst du staunen. Und wenn<lb/> du das nicht gesehen hast, so hast du nichts gesehen. Du bist in Rom gewesen und<lb/> hast den Papst nicht gesehn.</p><lb/> <p xml:id="ID_1358"> Höre ans, sagte ich endlich lachend, als er kein Ende finden konnte,<lb/> machst" mir das Herz schwer. Und indem ich lachte, sprach dieselbe Stimme wieder<lb/> in mir: Narr, der du gewesen bist!</p><lb/> <p xml:id="ID_1359"> Wie wärs, wenn wir jetzt etwas Musik hörten, rief Heinemann. Das mußte<lb/> uns wohltun. Er winkte den Kellner heran, um zu bezahlen. Ich wollte nun<lb/> auch mein Beutelchen hervorholen, da fuhr er mich heftig an: Das fehlte auch<lb/> noch! Wie könnte ich das dulde»! Nein, heute bist du mein Gast, ganz selbst¬<lb/> verständlich. Ich freue mich, daß ich dir eiuen angenehmen Tag bereiten kann.<lb/> Nicht daß ich es immer vermöchte, es gibt auch magere Zeiten. Aber jetzt fahren<lb/> Wir auf einem Goldstroin, Freundchen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1360"> Er machte ein bedeutendes Gesicht und öffnete die Augen weit, als sähe er<lb/> den Strom, von dem er sprach, nur sich her dahinrauschen, und dabei führ er, wie<lb/> ich bald darauf sah, nur noch auf eiuer seiner letzten Wellen und stand schon mit<lb/> einem Fuß auf dem Trocknen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1361"> Also ganz ungeniert, mein Bester. Komme ich einmal zu dir hinaus, so hältst<lb/> du es ebenso. Er lachte herzlich, und in diesem Lachen klang es: Wie könnte ich<lb/> je den Einfall haben, zu dir hinaus zu kommen, und was könntest du mir in<lb/> deinem Verlornen Winkel bieten? Sonderbar, daß man da überhaupt leben kann!</p><lb/> <p xml:id="ID_1362"> Wir ließen uns nun von dem Menschenstrom, der immer starker anschwoll,<lb/> eine Weile hiu und her tragen, steuerten dann aber durch einige ruhige Straßen<lb/> dem Konzertgarten zu, oder vielmehr einem weitläufigen Parke mit alte» schönen<lb/> Bäumen und einem großen dunkeln Wasserspiegel, der von einigen glänzend weißen<lb/> Schwänen belebt wurde. Die Sonne war schon im Untergehn und glühte in<lb/> einem dichten Gewölk aus. So lag denn ein rosiger Schimmer über den grünen<lb/> Massen der Lnubgruppcn, während'der See schon im Abendschatten ruhte und mir<lb/> "n einigen entfernten Stellen noch sanft beleuchtet wurde. Vou einem Pavillon<lb/> her begrüßten uns fröhliche Weisen, und zahlreiche Menschen saßen an weißgedeckten<lb/> Tischen oder ergingen sich unter den Bäumen. Über dem ganzen festlichen -!Moe<lb/> über schwebte auf hoher Stange ein buntes Fähnchen und flatterte lustig in ven<lb/> leichten Abendwinde. .</p><lb/> <p xml:id="ID_1363"> Als wir einen gelegnen Platz auf einer Terrasse gefunden hatten, von der<lb/> wir sowohl das frohe Getümmel der hin und her ziehenden Menschen eine auch die<lb/> ruhige Fläche des Wassers überschaue» konnten, erteilte Heinemann den Austrag<lb/> zu einem opulenten Abendessen. Schon die Aufzählung der mir fremden Gerichte,<lb/> mit denen er mich bewirte» wollte, bereitete ihm ein unbeschreibliches Vergnügen,<lb/> "ut er warf mir, während er sich mit dem Kellner beriet, hin und wieder einen<lb/> bedeutsamen Blick zu. als wollte er sagen: Da siehst du, wie wir hier leben, no<lb/> "is der Kellner weggeeilt war, bemerkte er: Das haben wir hier nun "Ac ^age.<lb/> Für ein Billiges, wenn man will. Man braucht sich uur auf eine Bank am Mauer<lb/> oder dahinten im Walde hinzusetzen und von fern zuzuhören. Heute tun<lb/> iedoch uicht so billig, heute heißt es: Schenk ein, seins Brüderlein</p><lb/> <p xml:id="ID_1364"> Es muß dir wirklich gut geh... versetzte ich mit einen. Bl.et auf sem von Mfer<lb/> und Vergnügen glühendes Gesicht. _ .. </p><lb/> <p xml:id="ID_1365"> ^ ^seineEs passiert. Ich bin zufrieden, lieber Freund. Er fluch sich über se.um<lb/> seinen Rock und schnippte etwas Zigarrenasche ab. s^w^-s</p><lb/> <p xml:id="ID_1366"> „ Du hast einen gitteu Schneider, hob ich wieder an. Das Zeug muß schweres<lb/> ^eit gekostet haben.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0395]
Zwei Seelen
gehn. Heinemann verstand es, unangenehmen Erinnerungen auszuweichen; nicht
mit einem Worte berührte er die Umstände, unter denen wir uns vor Ze.ten be¬
gegnet waren. Dagegen schwamm er mit Wonne in der schönen Gegenwart und
mit vielen Worten schilderte er die Herrlichkeiten der Stadt, die das Schicksal
hatte, ihn in ihren Mauern zu beherbergen. Immer wieder hieß es: Das mußt
du uoch sehen, herrlich, wundervoll, und darüber wirst du staunen. Und wenn
du das nicht gesehen hast, so hast du nichts gesehen. Du bist in Rom gewesen und
hast den Papst nicht gesehn.
Höre ans, sagte ich endlich lachend, als er kein Ende finden konnte,
machst" mir das Herz schwer. Und indem ich lachte, sprach dieselbe Stimme wieder
in mir: Narr, der du gewesen bist!
Wie wärs, wenn wir jetzt etwas Musik hörten, rief Heinemann. Das mußte
uns wohltun. Er winkte den Kellner heran, um zu bezahlen. Ich wollte nun
auch mein Beutelchen hervorholen, da fuhr er mich heftig an: Das fehlte auch
noch! Wie könnte ich das dulde»! Nein, heute bist du mein Gast, ganz selbst¬
verständlich. Ich freue mich, daß ich dir eiuen angenehmen Tag bereiten kann.
Nicht daß ich es immer vermöchte, es gibt auch magere Zeiten. Aber jetzt fahren
Wir auf einem Goldstroin, Freundchen.
Er machte ein bedeutendes Gesicht und öffnete die Augen weit, als sähe er
den Strom, von dem er sprach, nur sich her dahinrauschen, und dabei führ er, wie
ich bald darauf sah, nur noch auf eiuer seiner letzten Wellen und stand schon mit
einem Fuß auf dem Trocknen.
Also ganz ungeniert, mein Bester. Komme ich einmal zu dir hinaus, so hältst
du es ebenso. Er lachte herzlich, und in diesem Lachen klang es: Wie könnte ich
je den Einfall haben, zu dir hinaus zu kommen, und was könntest du mir in
deinem Verlornen Winkel bieten? Sonderbar, daß man da überhaupt leben kann!
Wir ließen uns nun von dem Menschenstrom, der immer starker anschwoll,
eine Weile hiu und her tragen, steuerten dann aber durch einige ruhige Straßen
dem Konzertgarten zu, oder vielmehr einem weitläufigen Parke mit alte» schönen
Bäumen und einem großen dunkeln Wasserspiegel, der von einigen glänzend weißen
Schwänen belebt wurde. Die Sonne war schon im Untergehn und glühte in
einem dichten Gewölk aus. So lag denn ein rosiger Schimmer über den grünen
Massen der Lnubgruppcn, während'der See schon im Abendschatten ruhte und mir
"n einigen entfernten Stellen noch sanft beleuchtet wurde. Vou einem Pavillon
her begrüßten uns fröhliche Weisen, und zahlreiche Menschen saßen an weißgedeckten
Tischen oder ergingen sich unter den Bäumen. Über dem ganzen festlichen -!Moe
über schwebte auf hoher Stange ein buntes Fähnchen und flatterte lustig in ven
leichten Abendwinde. .
Als wir einen gelegnen Platz auf einer Terrasse gefunden hatten, von der
wir sowohl das frohe Getümmel der hin und her ziehenden Menschen eine auch die
ruhige Fläche des Wassers überschaue» konnten, erteilte Heinemann den Austrag
zu einem opulenten Abendessen. Schon die Aufzählung der mir fremden Gerichte,
mit denen er mich bewirte» wollte, bereitete ihm ein unbeschreibliches Vergnügen,
"ut er warf mir, während er sich mit dem Kellner beriet, hin und wieder einen
bedeutsamen Blick zu. als wollte er sagen: Da siehst du, wie wir hier leben, no
"is der Kellner weggeeilt war, bemerkte er: Das haben wir hier nun "Ac ^age.
Für ein Billiges, wenn man will. Man braucht sich uur auf eine Bank am Mauer
oder dahinten im Walde hinzusetzen und von fern zuzuhören. Heute tun
iedoch uicht so billig, heute heißt es: Schenk ein, seins Brüderlein
Es muß dir wirklich gut geh... versetzte ich mit einen. Bl.et auf sem von Mfer
und Vergnügen glühendes Gesicht. _ ..
^ ^seineEs passiert. Ich bin zufrieden, lieber Freund. Er fluch sich über se.um
seinen Rock und schnippte etwas Zigarrenasche ab. s^w^-s
„ Du hast einen gitteu Schneider, hob ich wieder an. Das Zeug muß schweres
^eit gekostet haben.
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