Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Zwei Seelen

ganz besondres Gefallen gefunden zu haben, denn er wiederholte sie öfters und
immer genau mit denselben Worten und in demselben Tonfall. Und dann fragte
er, was dem armen jungen Menschen wohl so schwer auf der Seele gelegen
haben möge, er habe so sanfte gute Augen gehabt und sei noch so jung gewesen.
Aber freilich, Sterben sei schwer, und diesem Schicksal entgehe keiner, er sei, wer
er wolle.

Einige Tage darauf läutete in aller Frühe die Anstaltsglocke, wie ein Arm-
sünderglöckchcn. Wenn wir auf unser Bett hinaufstiegen, so konnten wir den Fried¬
hofsweg bis zu dem Kranz von Bäumen verfolgen, unter denen sich ein großes
ausgemauertes Kreuz erhob. Wir waren denn auch am Fenster, als der Leichen¬
zug erschien, zuerst ein Aufseher mit dem Gewehr, dann der Geistliche, hierauf der
von einem schwarzen Tuch verhüllte Sarg, den einige Sträflinge trugen, und hinter
dem Sarg ein einsames altes Mütterchen aus irgend einem fernen Dorf, das sich
das Gesicht mit einem buntkarierten Taschentuch bedeckte. Den Beschluß machte
wieder ein Beamter, und so ging der Zug lnugsnm im strömenden Regen den
gelben Lehmweg hinunter und verschwand endlich unter den Bäumen.

Wir können uns nun wieder legen, sagte Heinemann. Die Geschichte ist aus,
nnn stecken sie noch einen Stab ans den Hügel und schreiben eine Nummer darauf,
daun gehn sie nach Hause und essen ihre Morgensuppe. Und nach einer Weile
sagte er: Ich möchte doch wohl wissen, wie das mit dem Tode ist. Er sah mich
fragend an, aber ich konnte ihm keine Antwort geben. Nachher aßen wir unsre
Morgensuppe, und der Tote war vergessen. Ein paar Stunden darauf lag ein
andrer an der Stelle, wo der Tod gestanden hatte, und die Spule des Lebens
schnurrte weiter.

Jetzt erst lernte ich Heinemann kenne". Er war im ganzen Vaterland herum¬
gekommen und an allen Orten, wo es was zu sehen gab, gewesen. Aber davon,
was sonst die Menschen hinaus in die weite Welt zieht und von Stadt zu Stadt
und von Fels zu Fels lockt, war nichts in seinem Herzen geschrieben, sondern wie
etwa ein Geschäftsreisender die Landkarte als eine weiße Tafel vor sich hat, auf
der seine Marktplatze, die Gasthöfe, worin er einzukehren pflegt, und die Straßen,
die er fahren muß, verzeichnet stehn, alles übrige aber als ein leeres weißes Feld
erscheint, so hatte sich mich Hcincmnnn seine besondre Geographie zurechtgelegt,
indem er die verschiednen Punkte der Erde von dem Standpunkte beurteilte, ob
sich dort für eenen unternehmenden Menschen etwas machen lasse oder nicht. Die
Hnuptplä'ezc ans seiner Landkarte aber waren die Gefängnisse und Zuchthäuser, deren
Besonderheiten ihm aufs genauste bekannt waren, obwohl er unmöglich in allen
gewesen sein konnte. Er rühmte sich dieser Kenntnisse auch mit nicht geringem
Stolz und behauptete, daß sie von großem praktischem Werte seien, indem der mit
ihnen ausgerüstete sich, wenn ihn sein Weg einmal in ein solches Haus führe,
dick leichter zurechtfinden könne und darum auch besser gebettet sei als die audern.
Auch käme es vor, daß ein marode gewordner Mensch Neigung verspüre, sich für
ewige Zeit zurückzuziehen und sich von seinen Strapazen zu erholen. Da könne
^ ihm doch nicht gleichgiltig sein, wo er Rast halten werde, sondern er werde
es klüglich so einzurichten haben, daß er zu einem möglichst guten Platze gelange.
In dieser Wissenschaft nnn war Heinemann groß, er kannte die Beamten, die gut¬
mütigen sowohl wie die boshaften, die wunderlichen Herren und die gütigen und
gelinden, und wußte von ihren Eigenschaften mancherlei zu erzählen. Auch von
den Leute", die in diesen Häusern für kürzere oder längere Zeit einzukehren pflegen,
Wußte er allerlei zu berichten und wollte mir, um auf mich Eindruck zu machen,
einreden, es bestünde nnter ihnen ein verborgner Zusammenhang, und sie seien
verpflichtet, einander beizustehn, sodaß also die Verbrecherwelt als eine Art ver-
dotner Freimaurerei anzusehen sei, mit geheimen Erkennungszeichen und mit einer
e'gnen Sprache, vou der er mir einiges zu hören und zu lernen gab. ^-es habe
"°er vo,, allen diesen Herrlichkeiten nachher keine gefunden. Es mochte früher


Zwei Seelen

ganz besondres Gefallen gefunden zu haben, denn er wiederholte sie öfters und
immer genau mit denselben Worten und in demselben Tonfall. Und dann fragte
er, was dem armen jungen Menschen wohl so schwer auf der Seele gelegen
haben möge, er habe so sanfte gute Augen gehabt und sei noch so jung gewesen.
Aber freilich, Sterben sei schwer, und diesem Schicksal entgehe keiner, er sei, wer
er wolle.

Einige Tage darauf läutete in aller Frühe die Anstaltsglocke, wie ein Arm-
sünderglöckchcn. Wenn wir auf unser Bett hinaufstiegen, so konnten wir den Fried¬
hofsweg bis zu dem Kranz von Bäumen verfolgen, unter denen sich ein großes
ausgemauertes Kreuz erhob. Wir waren denn auch am Fenster, als der Leichen¬
zug erschien, zuerst ein Aufseher mit dem Gewehr, dann der Geistliche, hierauf der
von einem schwarzen Tuch verhüllte Sarg, den einige Sträflinge trugen, und hinter
dem Sarg ein einsames altes Mütterchen aus irgend einem fernen Dorf, das sich
das Gesicht mit einem buntkarierten Taschentuch bedeckte. Den Beschluß machte
wieder ein Beamter, und so ging der Zug lnugsnm im strömenden Regen den
gelben Lehmweg hinunter und verschwand endlich unter den Bäumen.

Wir können uns nun wieder legen, sagte Heinemann. Die Geschichte ist aus,
nnn stecken sie noch einen Stab ans den Hügel und schreiben eine Nummer darauf,
daun gehn sie nach Hause und essen ihre Morgensuppe. Und nach einer Weile
sagte er: Ich möchte doch wohl wissen, wie das mit dem Tode ist. Er sah mich
fragend an, aber ich konnte ihm keine Antwort geben. Nachher aßen wir unsre
Morgensuppe, und der Tote war vergessen. Ein paar Stunden darauf lag ein
andrer an der Stelle, wo der Tod gestanden hatte, und die Spule des Lebens
schnurrte weiter.

Jetzt erst lernte ich Heinemann kenne». Er war im ganzen Vaterland herum¬
gekommen und an allen Orten, wo es was zu sehen gab, gewesen. Aber davon,
was sonst die Menschen hinaus in die weite Welt zieht und von Stadt zu Stadt
und von Fels zu Fels lockt, war nichts in seinem Herzen geschrieben, sondern wie
etwa ein Geschäftsreisender die Landkarte als eine weiße Tafel vor sich hat, auf
der seine Marktplatze, die Gasthöfe, worin er einzukehren pflegt, und die Straßen,
die er fahren muß, verzeichnet stehn, alles übrige aber als ein leeres weißes Feld
erscheint, so hatte sich mich Hcincmnnn seine besondre Geographie zurechtgelegt,
indem er die verschiednen Punkte der Erde von dem Standpunkte beurteilte, ob
sich dort für eenen unternehmenden Menschen etwas machen lasse oder nicht. Die
Hnuptplä'ezc ans seiner Landkarte aber waren die Gefängnisse und Zuchthäuser, deren
Besonderheiten ihm aufs genauste bekannt waren, obwohl er unmöglich in allen
gewesen sein konnte. Er rühmte sich dieser Kenntnisse auch mit nicht geringem
Stolz und behauptete, daß sie von großem praktischem Werte seien, indem der mit
ihnen ausgerüstete sich, wenn ihn sein Weg einmal in ein solches Haus führe,
dick leichter zurechtfinden könne und darum auch besser gebettet sei als die audern.
Auch käme es vor, daß ein marode gewordner Mensch Neigung verspüre, sich für
ewige Zeit zurückzuziehen und sich von seinen Strapazen zu erholen. Da könne
^ ihm doch nicht gleichgiltig sein, wo er Rast halten werde, sondern er werde
es klüglich so einzurichten haben, daß er zu einem möglichst guten Platze gelange.
In dieser Wissenschaft nnn war Heinemann groß, er kannte die Beamten, die gut¬
mütigen sowohl wie die boshaften, die wunderlichen Herren und die gütigen und
gelinden, und wußte von ihren Eigenschaften mancherlei zu erzählen. Auch von
den Leute», die in diesen Häusern für kürzere oder längere Zeit einzukehren pflegen,
Wußte er allerlei zu berichten und wollte mir, um auf mich Eindruck zu machen,
einreden, es bestünde nnter ihnen ein verborgner Zusammenhang, und sie seien
verpflichtet, einander beizustehn, sodaß also die Verbrecherwelt als eine Art ver-
dotner Freimaurerei anzusehen sei, mit geheimen Erkennungszeichen und mit einer
e'gnen Sprache, vou der er mir einiges zu hören und zu lernen gab. ^-es habe
"°er vo,, allen diesen Herrlichkeiten nachher keine gefunden. Es mochte früher


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0333" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/242401"/>
            <fw type="header" place="top"> Zwei Seelen</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_1161" prev="#ID_1160"> ganz besondres Gefallen gefunden zu haben, denn er wiederholte sie öfters und<lb/>
immer genau mit denselben Worten und in demselben Tonfall. Und dann fragte<lb/>
er, was dem armen jungen Menschen wohl so schwer auf der Seele gelegen<lb/>
haben möge, er habe so sanfte gute Augen gehabt und sei noch so jung gewesen.<lb/>
Aber freilich, Sterben sei schwer, und diesem Schicksal entgehe keiner, er sei, wer<lb/>
er wolle.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1162"> Einige Tage darauf läutete in aller Frühe die Anstaltsglocke, wie ein Arm-<lb/>
sünderglöckchcn. Wenn wir auf unser Bett hinaufstiegen, so konnten wir den Fried¬<lb/>
hofsweg bis zu dem Kranz von Bäumen verfolgen, unter denen sich ein großes<lb/>
ausgemauertes Kreuz erhob. Wir waren denn auch am Fenster, als der Leichen¬<lb/>
zug erschien, zuerst ein Aufseher mit dem Gewehr, dann der Geistliche, hierauf der<lb/>
von einem schwarzen Tuch verhüllte Sarg, den einige Sträflinge trugen, und hinter<lb/>
dem Sarg ein einsames altes Mütterchen aus irgend einem fernen Dorf, das sich<lb/>
das Gesicht mit einem buntkarierten Taschentuch bedeckte. Den Beschluß machte<lb/>
wieder ein Beamter, und so ging der Zug lnugsnm im strömenden Regen den<lb/>
gelben Lehmweg hinunter und verschwand endlich unter den Bäumen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1163"> Wir können uns nun wieder legen, sagte Heinemann. Die Geschichte ist aus,<lb/>
nnn stecken sie noch einen Stab ans den Hügel und schreiben eine Nummer darauf,<lb/>
daun gehn sie nach Hause und essen ihre Morgensuppe. Und nach einer Weile<lb/>
sagte er: Ich möchte doch wohl wissen, wie das mit dem Tode ist. Er sah mich<lb/>
fragend an, aber ich konnte ihm keine Antwort geben. Nachher aßen wir unsre<lb/>
Morgensuppe, und der Tote war vergessen. Ein paar Stunden darauf lag ein<lb/>
andrer an der Stelle, wo der Tod gestanden hatte, und die Spule des Lebens<lb/>
schnurrte weiter.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1164" next="#ID_1165"> Jetzt erst lernte ich Heinemann kenne». Er war im ganzen Vaterland herum¬<lb/>
gekommen und an allen Orten, wo es was zu sehen gab, gewesen. Aber davon,<lb/>
was sonst die Menschen hinaus in die weite Welt zieht und von Stadt zu Stadt<lb/>
und von Fels zu Fels lockt, war nichts in seinem Herzen geschrieben, sondern wie<lb/>
etwa ein Geschäftsreisender die Landkarte als eine weiße Tafel vor sich hat, auf<lb/>
der seine Marktplatze, die Gasthöfe, worin er einzukehren pflegt, und die Straßen,<lb/>
die er fahren muß, verzeichnet stehn, alles übrige aber als ein leeres weißes Feld<lb/>
erscheint, so hatte sich mich Hcincmnnn seine besondre Geographie zurechtgelegt,<lb/>
indem er die verschiednen Punkte der Erde von dem Standpunkte beurteilte, ob<lb/>
sich dort für eenen unternehmenden Menschen etwas machen lasse oder nicht. Die<lb/>
Hnuptplä'ezc ans seiner Landkarte aber waren die Gefängnisse und Zuchthäuser, deren<lb/>
Besonderheiten ihm aufs genauste bekannt waren, obwohl er unmöglich in allen<lb/>
gewesen sein konnte. Er rühmte sich dieser Kenntnisse auch mit nicht geringem<lb/>
Stolz und behauptete, daß sie von großem praktischem Werte seien, indem der mit<lb/>
ihnen ausgerüstete sich, wenn ihn sein Weg einmal in ein solches Haus führe,<lb/>
dick leichter zurechtfinden könne und darum auch besser gebettet sei als die audern.<lb/>
Auch käme es vor, daß ein marode gewordner Mensch Neigung verspüre, sich für<lb/>
ewige Zeit zurückzuziehen und sich von seinen Strapazen zu erholen. Da könne<lb/>
^ ihm doch nicht gleichgiltig sein, wo er Rast halten werde, sondern er werde<lb/>
es klüglich so einzurichten haben, daß er zu einem möglichst guten Platze gelange.<lb/>
In dieser Wissenschaft nnn war Heinemann groß, er kannte die Beamten, die gut¬<lb/>
mütigen sowohl wie die boshaften, die wunderlichen Herren und die gütigen und<lb/>
gelinden, und wußte von ihren Eigenschaften mancherlei zu erzählen. Auch von<lb/>
den Leute», die in diesen Häusern für kürzere oder längere Zeit einzukehren pflegen,<lb/>
Wußte er allerlei zu berichten und wollte mir, um auf mich Eindruck zu machen,<lb/>
einreden, es bestünde nnter ihnen ein verborgner Zusammenhang, und sie seien<lb/>
verpflichtet, einander beizustehn, sodaß also die Verbrecherwelt als eine Art ver-<lb/>
dotner Freimaurerei anzusehen sei, mit geheimen Erkennungszeichen und mit einer<lb/>
e'gnen Sprache, vou der er mir einiges zu hören und zu lernen gab. ^-es habe<lb/>
"°er vo,, allen diesen Herrlichkeiten nachher keine gefunden.  Es mochte früher</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0333] Zwei Seelen ganz besondres Gefallen gefunden zu haben, denn er wiederholte sie öfters und immer genau mit denselben Worten und in demselben Tonfall. Und dann fragte er, was dem armen jungen Menschen wohl so schwer auf der Seele gelegen haben möge, er habe so sanfte gute Augen gehabt und sei noch so jung gewesen. Aber freilich, Sterben sei schwer, und diesem Schicksal entgehe keiner, er sei, wer er wolle. Einige Tage darauf läutete in aller Frühe die Anstaltsglocke, wie ein Arm- sünderglöckchcn. Wenn wir auf unser Bett hinaufstiegen, so konnten wir den Fried¬ hofsweg bis zu dem Kranz von Bäumen verfolgen, unter denen sich ein großes ausgemauertes Kreuz erhob. Wir waren denn auch am Fenster, als der Leichen¬ zug erschien, zuerst ein Aufseher mit dem Gewehr, dann der Geistliche, hierauf der von einem schwarzen Tuch verhüllte Sarg, den einige Sträflinge trugen, und hinter dem Sarg ein einsames altes Mütterchen aus irgend einem fernen Dorf, das sich das Gesicht mit einem buntkarierten Taschentuch bedeckte. Den Beschluß machte wieder ein Beamter, und so ging der Zug lnugsnm im strömenden Regen den gelben Lehmweg hinunter und verschwand endlich unter den Bäumen. Wir können uns nun wieder legen, sagte Heinemann. Die Geschichte ist aus, nnn stecken sie noch einen Stab ans den Hügel und schreiben eine Nummer darauf, daun gehn sie nach Hause und essen ihre Morgensuppe. Und nach einer Weile sagte er: Ich möchte doch wohl wissen, wie das mit dem Tode ist. Er sah mich fragend an, aber ich konnte ihm keine Antwort geben. Nachher aßen wir unsre Morgensuppe, und der Tote war vergessen. Ein paar Stunden darauf lag ein andrer an der Stelle, wo der Tod gestanden hatte, und die Spule des Lebens schnurrte weiter. Jetzt erst lernte ich Heinemann kenne». Er war im ganzen Vaterland herum¬ gekommen und an allen Orten, wo es was zu sehen gab, gewesen. Aber davon, was sonst die Menschen hinaus in die weite Welt zieht und von Stadt zu Stadt und von Fels zu Fels lockt, war nichts in seinem Herzen geschrieben, sondern wie etwa ein Geschäftsreisender die Landkarte als eine weiße Tafel vor sich hat, auf der seine Marktplatze, die Gasthöfe, worin er einzukehren pflegt, und die Straßen, die er fahren muß, verzeichnet stehn, alles übrige aber als ein leeres weißes Feld erscheint, so hatte sich mich Hcincmnnn seine besondre Geographie zurechtgelegt, indem er die verschiednen Punkte der Erde von dem Standpunkte beurteilte, ob sich dort für eenen unternehmenden Menschen etwas machen lasse oder nicht. Die Hnuptplä'ezc ans seiner Landkarte aber waren die Gefängnisse und Zuchthäuser, deren Besonderheiten ihm aufs genauste bekannt waren, obwohl er unmöglich in allen gewesen sein konnte. Er rühmte sich dieser Kenntnisse auch mit nicht geringem Stolz und behauptete, daß sie von großem praktischem Werte seien, indem der mit ihnen ausgerüstete sich, wenn ihn sein Weg einmal in ein solches Haus führe, dick leichter zurechtfinden könne und darum auch besser gebettet sei als die audern. Auch käme es vor, daß ein marode gewordner Mensch Neigung verspüre, sich für ewige Zeit zurückzuziehen und sich von seinen Strapazen zu erholen. Da könne ^ ihm doch nicht gleichgiltig sein, wo er Rast halten werde, sondern er werde es klüglich so einzurichten haben, daß er zu einem möglichst guten Platze gelange. In dieser Wissenschaft nnn war Heinemann groß, er kannte die Beamten, die gut¬ mütigen sowohl wie die boshaften, die wunderlichen Herren und die gütigen und gelinden, und wußte von ihren Eigenschaften mancherlei zu erzählen. Auch von den Leute», die in diesen Häusern für kürzere oder längere Zeit einzukehren pflegen, Wußte er allerlei zu berichten und wollte mir, um auf mich Eindruck zu machen, einreden, es bestünde nnter ihnen ein verborgner Zusammenhang, und sie seien verpflichtet, einander beizustehn, sodaß also die Verbrecherwelt als eine Art ver- dotner Freimaurerei anzusehen sei, mit geheimen Erkennungszeichen und mit einer e'gnen Sprache, vou der er mir einiges zu hören und zu lernen gab. ^-es habe "°er vo,, allen diesen Herrlichkeiten nachher keine gefunden. Es mochte früher

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/333
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/333>, abgerufen am 03.07.2024.