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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

Ich mußte also über den schmutzigen Fahrdamm hinüber und die letzten hundert
Schritte auf der andern Seite zurücklegen. Ich frage Sie, warum regte sich der
Mann so auf? Warum war er so unhöflich? Im Orient würde sich der Polizist
verneigt und gesagt haben: Effendi, Allah segne deine Augen, aber siehe, ob dort
nicht geschrieben steht: Wende dein Angesicht rechts.

Nicht übel, erwiderte ich lachend, eine solche Redeblume würde im Munde
eines preußischen Polizeisergeanten ausgezeichnet klingen. Aber Sie dürfen nicht
vergessen, daß Sie im Orient zur bevorzugten Klasse gehörten. Einem Hamnl
gegenüber würde der türkische Polizist nicht Segenswünsche ausgesprochen, sondern
den Knüppel gebraucht haben.

Das ist richtig, sagte Herr Müller, aber hier scheint es umgekehrt zu sein.
Hier braucht mau den Knüppel Wider die "bevorzugte" Klasse, und dein Pöbel
geht man vorsichtig ans dem Wege.

Und man muß sich überhaupt nicht mit einem Schutzmann einlassen, fuhr ich
fort, nun zieht dabei immer den kürzern.

So? sagte er, das wußte ich nicht. Ist in Deutschland etwa zwischen Polizei
und Publikum ein ähnliches Verhältnis wie zwischen Kurden und Armeniern?
Aber weiter! Ich ließ mich also in D. nieder und kaufte mir ein Haus mit Garten
und Nebengebäuden in der neuen Georgsstraße. Die Lage war nicht gerade die beste,
aber das Haus gefiel mir, und es war gerade nichts andres zu haben. Da saß
ich nun auf meinem Balkon zwischen den Blumen meiner Tochter -- Blick auf
die Tochter und bestätigendes Kopfneigen der Tochter --, rauchte meine Zigarette
und warf den papiernen Rest über Bord. Sogleich klingelte es. Darauf erschien
ein Schutzmann, meinen Papierstummel in der Hand, und inquirierte, ob ich thu
auf die Straße geworfen hätte, ob ich nicht wüßte, daß es verboten sei, Zigarren
auf die Straße zu werfen? und daß er der aufsichtführende Polizeibeamte des Be¬
zirks sei, und daß er mich anzeigen müsse. Er konnte kein Ende finden. Ich wurde
ungeduldig und sagte, was er denn wolle? Wenn er mich um den Stummel an¬
zeigen müsse, so möge er es tun. Kostete drei Mark. Nach ein paar Tagen goß
meine Tochter ihre Blumen, und es fielen einige Tropfen Wasser auf die Straße.
Sogleich war der Schutzmann wieder da, zeigte ans einen Wassertropfen auf seiner
Uniform und stellte eine Untersuchung an. Kostete wieder drei Mark. Ich will
es uicht loben, daß man im Orient alles uns die Straße wirft und es den Hunden
überläßt, aufzuräumen; daß es aber strafbar sein soll, einen Tropfen Wasser auf
die Straße zu schütten, hätte ich auch in einem Lande höchster Kultur uicht er¬
wartet. Ju Chnrput hatten wir unsern Garten auf dem Dache unsers Hanfes, und
es begegnete meiner Tochter, eine volle Gießkanne umzuwerfen. Das Wasser floß
einem Araber auf seinen Weißen Turban. Der grüßte freundlich herauf und sagte:
O Mädchen, Tochter einer Huri, möge deine Hand die Felder tränken, meinen
Kopf habe ich erst diesen Morgen gewaschen. Damit wars gut. Und hier muß
ich für einen Tropfen drei Mark zahlen. Es dauerte nicht lange, so war der
Schutzmann wieder da, um zu sehen, ob die Eisenstangen am Blumenbrett fest
säßen, ob Seifenwasser in den Rinnstein geflossen sei, ob die Flurlampe brenne.
Was wollte der Manu? Wollte er mich ärgern?

Bewahre, lieber Herr, sagte ich, er wollte seinen Backschisch. Sie hätten ihm
gleich das erstemal ein Paar Zigarren geben sollen.

Aber wie kann ich wissen, daß man hier Beamte bestechen darf? fragte Herr
Müller.

Von Bestecher ist nicht die Rede, antwortete ich, aber kleine Geschenke er¬
halten die Freundschaft. Die gibt bei uns gelegentlich jedermann.

Herr Müller war sichtlich in die Erinnerung der erfahrnen Unbilden versenkt
und sagte mit tragischer Betonung: Ich habe auf offnem Markte den Pferdebahn-
zettcl, den ich weggeworfen hatte, wieder aufheben müssen, weil das verboten sei,
und habe dabei meinen Hut verloren und bin ausgelacht worden. Ich bin an-


Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

Ich mußte also über den schmutzigen Fahrdamm hinüber und die letzten hundert
Schritte auf der andern Seite zurücklegen. Ich frage Sie, warum regte sich der
Mann so auf? Warum war er so unhöflich? Im Orient würde sich der Polizist
verneigt und gesagt haben: Effendi, Allah segne deine Augen, aber siehe, ob dort
nicht geschrieben steht: Wende dein Angesicht rechts.

Nicht übel, erwiderte ich lachend, eine solche Redeblume würde im Munde
eines preußischen Polizeisergeanten ausgezeichnet klingen. Aber Sie dürfen nicht
vergessen, daß Sie im Orient zur bevorzugten Klasse gehörten. Einem Hamnl
gegenüber würde der türkische Polizist nicht Segenswünsche ausgesprochen, sondern
den Knüppel gebraucht haben.

Das ist richtig, sagte Herr Müller, aber hier scheint es umgekehrt zu sein.
Hier braucht mau den Knüppel Wider die „bevorzugte" Klasse, und dein Pöbel
geht man vorsichtig ans dem Wege.

Und man muß sich überhaupt nicht mit einem Schutzmann einlassen, fuhr ich
fort, nun zieht dabei immer den kürzern.

So? sagte er, das wußte ich nicht. Ist in Deutschland etwa zwischen Polizei
und Publikum ein ähnliches Verhältnis wie zwischen Kurden und Armeniern?
Aber weiter! Ich ließ mich also in D. nieder und kaufte mir ein Haus mit Garten
und Nebengebäuden in der neuen Georgsstraße. Die Lage war nicht gerade die beste,
aber das Haus gefiel mir, und es war gerade nichts andres zu haben. Da saß
ich nun auf meinem Balkon zwischen den Blumen meiner Tochter — Blick auf
die Tochter und bestätigendes Kopfneigen der Tochter —, rauchte meine Zigarette
und warf den papiernen Rest über Bord. Sogleich klingelte es. Darauf erschien
ein Schutzmann, meinen Papierstummel in der Hand, und inquirierte, ob ich thu
auf die Straße geworfen hätte, ob ich nicht wüßte, daß es verboten sei, Zigarren
auf die Straße zu werfen? und daß er der aufsichtführende Polizeibeamte des Be¬
zirks sei, und daß er mich anzeigen müsse. Er konnte kein Ende finden. Ich wurde
ungeduldig und sagte, was er denn wolle? Wenn er mich um den Stummel an¬
zeigen müsse, so möge er es tun. Kostete drei Mark. Nach ein paar Tagen goß
meine Tochter ihre Blumen, und es fielen einige Tropfen Wasser auf die Straße.
Sogleich war der Schutzmann wieder da, zeigte ans einen Wassertropfen auf seiner
Uniform und stellte eine Untersuchung an. Kostete wieder drei Mark. Ich will
es uicht loben, daß man im Orient alles uns die Straße wirft und es den Hunden
überläßt, aufzuräumen; daß es aber strafbar sein soll, einen Tropfen Wasser auf
die Straße zu schütten, hätte ich auch in einem Lande höchster Kultur uicht er¬
wartet. Ju Chnrput hatten wir unsern Garten auf dem Dache unsers Hanfes, und
es begegnete meiner Tochter, eine volle Gießkanne umzuwerfen. Das Wasser floß
einem Araber auf seinen Weißen Turban. Der grüßte freundlich herauf und sagte:
O Mädchen, Tochter einer Huri, möge deine Hand die Felder tränken, meinen
Kopf habe ich erst diesen Morgen gewaschen. Damit wars gut. Und hier muß
ich für einen Tropfen drei Mark zahlen. Es dauerte nicht lange, so war der
Schutzmann wieder da, um zu sehen, ob die Eisenstangen am Blumenbrett fest
säßen, ob Seifenwasser in den Rinnstein geflossen sei, ob die Flurlampe brenne.
Was wollte der Manu? Wollte er mich ärgern?

Bewahre, lieber Herr, sagte ich, er wollte seinen Backschisch. Sie hätten ihm
gleich das erstemal ein Paar Zigarren geben sollen.

Aber wie kann ich wissen, daß man hier Beamte bestechen darf? fragte Herr
Müller.

Von Bestecher ist nicht die Rede, antwortete ich, aber kleine Geschenke er¬
halten die Freundschaft. Die gibt bei uns gelegentlich jedermann.

Herr Müller war sichtlich in die Erinnerung der erfahrnen Unbilden versenkt
und sagte mit tragischer Betonung: Ich habe auf offnem Markte den Pferdebahn-
zettcl, den ich weggeworfen hatte, wieder aufheben müssen, weil das verboten sei,
und habe dabei meinen Hut verloren und bin ausgelacht worden. Ich bin an-


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[0189] Skizzen aus unserm heutigen Volksleben Ich mußte also über den schmutzigen Fahrdamm hinüber und die letzten hundert Schritte auf der andern Seite zurücklegen. Ich frage Sie, warum regte sich der Mann so auf? Warum war er so unhöflich? Im Orient würde sich der Polizist verneigt und gesagt haben: Effendi, Allah segne deine Augen, aber siehe, ob dort nicht geschrieben steht: Wende dein Angesicht rechts. Nicht übel, erwiderte ich lachend, eine solche Redeblume würde im Munde eines preußischen Polizeisergeanten ausgezeichnet klingen. Aber Sie dürfen nicht vergessen, daß Sie im Orient zur bevorzugten Klasse gehörten. Einem Hamnl gegenüber würde der türkische Polizist nicht Segenswünsche ausgesprochen, sondern den Knüppel gebraucht haben. Das ist richtig, sagte Herr Müller, aber hier scheint es umgekehrt zu sein. Hier braucht mau den Knüppel Wider die „bevorzugte" Klasse, und dein Pöbel geht man vorsichtig ans dem Wege. Und man muß sich überhaupt nicht mit einem Schutzmann einlassen, fuhr ich fort, nun zieht dabei immer den kürzern. So? sagte er, das wußte ich nicht. Ist in Deutschland etwa zwischen Polizei und Publikum ein ähnliches Verhältnis wie zwischen Kurden und Armeniern? Aber weiter! Ich ließ mich also in D. nieder und kaufte mir ein Haus mit Garten und Nebengebäuden in der neuen Georgsstraße. Die Lage war nicht gerade die beste, aber das Haus gefiel mir, und es war gerade nichts andres zu haben. Da saß ich nun auf meinem Balkon zwischen den Blumen meiner Tochter — Blick auf die Tochter und bestätigendes Kopfneigen der Tochter —, rauchte meine Zigarette und warf den papiernen Rest über Bord. Sogleich klingelte es. Darauf erschien ein Schutzmann, meinen Papierstummel in der Hand, und inquirierte, ob ich thu auf die Straße geworfen hätte, ob ich nicht wüßte, daß es verboten sei, Zigarren auf die Straße zu werfen? und daß er der aufsichtführende Polizeibeamte des Be¬ zirks sei, und daß er mich anzeigen müsse. Er konnte kein Ende finden. Ich wurde ungeduldig und sagte, was er denn wolle? Wenn er mich um den Stummel an¬ zeigen müsse, so möge er es tun. Kostete drei Mark. Nach ein paar Tagen goß meine Tochter ihre Blumen, und es fielen einige Tropfen Wasser auf die Straße. Sogleich war der Schutzmann wieder da, zeigte ans einen Wassertropfen auf seiner Uniform und stellte eine Untersuchung an. Kostete wieder drei Mark. Ich will es uicht loben, daß man im Orient alles uns die Straße wirft und es den Hunden überläßt, aufzuräumen; daß es aber strafbar sein soll, einen Tropfen Wasser auf die Straße zu schütten, hätte ich auch in einem Lande höchster Kultur uicht er¬ wartet. Ju Chnrput hatten wir unsern Garten auf dem Dache unsers Hanfes, und es begegnete meiner Tochter, eine volle Gießkanne umzuwerfen. Das Wasser floß einem Araber auf seinen Weißen Turban. Der grüßte freundlich herauf und sagte: O Mädchen, Tochter einer Huri, möge deine Hand die Felder tränken, meinen Kopf habe ich erst diesen Morgen gewaschen. Damit wars gut. Und hier muß ich für einen Tropfen drei Mark zahlen. Es dauerte nicht lange, so war der Schutzmann wieder da, um zu sehen, ob die Eisenstangen am Blumenbrett fest säßen, ob Seifenwasser in den Rinnstein geflossen sei, ob die Flurlampe brenne. Was wollte der Manu? Wollte er mich ärgern? Bewahre, lieber Herr, sagte ich, er wollte seinen Backschisch. Sie hätten ihm gleich das erstemal ein Paar Zigarren geben sollen. Aber wie kann ich wissen, daß man hier Beamte bestechen darf? fragte Herr Müller. Von Bestecher ist nicht die Rede, antwortete ich, aber kleine Geschenke er¬ halten die Freundschaft. Die gibt bei uns gelegentlich jedermann. Herr Müller war sichtlich in die Erinnerung der erfahrnen Unbilden versenkt und sagte mit tragischer Betonung: Ich habe auf offnem Markte den Pferdebahn- zettcl, den ich weggeworfen hatte, wieder aufheben müssen, weil das verboten sei, und habe dabei meinen Hut verloren und bin ausgelacht worden. Ich bin an-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/189>, abgerufen am 03.07.2024.