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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches
Amerikanische Arbeitsmethoden.

Von allen Gefahren, die unsre Zukunft
bedrohen, erscheint die amerikanische als eine der nächsten und bedeutendsten. Das
greisenhafte Europa wird hart bedrängt von der nur zu rasch gewachsneu Enkelin
und muß über kurz oder lang im wirtschaftlichen Kampf unterliegen, wenn es nicht
alle Kräfte anspannt. Die Schilderungen des Geheimrath Goldberger über seine
amerikanischen Eindrücke sind in unser aller Gedächtnis. Sie haben den weitesten
Kreisen ein anschauliches Bild von dem Lande der tatsächlich unbegrenzten Möglich¬
keiten gegeben, und ihr Verfasser kann mit Recht das Verdienst für sich in Anspruch
nehmen, das Verständnis für diesen wirtschaftlichen Riesenbau kräftig gefördert zu
haben. Augenblicklich zeigt allerdings die schwere Krisis in Wallstreet, daß viele
amerikanische Unternehmungen überkapitalisiert sind, und daß also der wirtschaftliche
Aufschwung der Union zeitweise hat ius Stocken geraten müssen. Sobald aber die
Schwierigkeiten in Wallstreet gehoben sein werden, nud das ist bei der glänzenden
wirtschaftlichen Lage des gesamten Westens und der guten Weizenerute sehr wahr¬
scheinlich, werden wir Zeugen davon sein, wie die Jankees mit frischen Kräften
ihren Eroberungsfeldzug auf dem Weltmarkt fortsetzen. Sorgen wir also dafür, daß
uns dieser Kampf nicht ungerüstet finde, und beherzigen wir bei der Wahl unsrer
Waffen die alte Regel, daß man das Gute da nehmen muß, wo man es antrifft.
Die moderne Kriegskunst hat das seltsame Ergebnis gezeitigt, daß die jetzigen Heere
in ihren Waffen und in ihrer Ausrüstung nur in geringfügigen Einzelheiten von¬
einander abweichen. Sobald in einem Heere eine bessere Bewaffnung eingeführt wird,
sehen wir, wie die andern Armeeverwaltungen in kürzester Zeit nachfolgen. Genau
so muß es auch auf wirtschaftlichem Gebiete sein. Wirtschaftliche Waffen, die sich
bewähren, müssen sofort auch von uns angenommen werden, denn sonst werden wir
trotz unsrer bessern Schulbildung und unsrer unzweifelhaft überlegnen Kultur und
Moral durch technische Mittel bezwungen in einem Kampfe, der sonst alle Chancen
des Erfolges auf unsrer Seite bietet. Je eifriger wir also die Arbeitsmethoden
unsrer Handelskonkurrenten studieren und praktisch anwenden, desto sichrer können
wir sein, von ihnen nicht überflügelt zu werden, sondern ihnen imnier hart an den
Gurten zu bleiben.

Amerika ist nicht konservativ und hat keine Vorurteile. Geld zu verdienen ist
dort fast der einzige Zweck des Lebens. Alles, was dazu führt, wird benutzt und
angewandt. Kein Jankee fragt danach, ob sich eine Sache seit zwanzig Jahren
bewährt hat, und ob sie solid ist. Das einzige, was ihn interessiert, ist, ob er sicher
ist, die Sache mit einem möglichst großen Gewinn verkaufen zu können. Deshalb
ist er anpassungsfähig im höchsten Maße. Während wir es als Charakterschwäche
bezeichnen, wenn der Deutsche im Auslande schnell fremdes Wesen annimmt, gilt in
Amerika die a.ÄÄxtivsnsss als die wichtigste Eigenschaft jedes Geschäftsmanns. Mit
peinlichster Sorgfalt wird die Form des Preisangebots so gewählt, daß alle Eigen¬
schaften des zu gewinnenden Kunden berücksichtigt werden. Der Amerikaner versendet
elegant ausgestattete Kataloge in der Sprache des Kunden, gibt seine Preise frei
Hafen oder Bahnstation auf und gibt das genaue Gewicht der Waren an. Der
Empfänger kann also durch Hinzurechnen des Frachtsatzes und der Zölle den Ein¬
standspreis der Ware ausrechnen. Bei deutscheu Waren dagegen ruhen in der Regel
noch Vorfracht und hunderterlei verschiedne Unkosten darauf, die nicht einmal einem
mit den Verhältnissen genau vertrauten Kaufmann eine ungefähre Kalkulation möglich
machen. Außer den Katalogen versenden die Amerikaner oft wertvolle und über¬
sichtlich angeordnete Muster, für die nichts berechnet wird. Der Deutsche verdirbt
sich dagegen durch Kleinlichkeit und Pedanterie vielfach von vornherein das Geschäft.
Sogar das kleinste Muster wird berechnet, und der Exporteur schlägt außer Unkosten
auch noch Kommission darauf. Hat nun bei einer solchen kostspieligen Mustersendung


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Maßgebliches und Unmaßgebliches
Amerikanische Arbeitsmethoden.

Von allen Gefahren, die unsre Zukunft
bedrohen, erscheint die amerikanische als eine der nächsten und bedeutendsten. Das
greisenhafte Europa wird hart bedrängt von der nur zu rasch gewachsneu Enkelin
und muß über kurz oder lang im wirtschaftlichen Kampf unterliegen, wenn es nicht
alle Kräfte anspannt. Die Schilderungen des Geheimrath Goldberger über seine
amerikanischen Eindrücke sind in unser aller Gedächtnis. Sie haben den weitesten
Kreisen ein anschauliches Bild von dem Lande der tatsächlich unbegrenzten Möglich¬
keiten gegeben, und ihr Verfasser kann mit Recht das Verdienst für sich in Anspruch
nehmen, das Verständnis für diesen wirtschaftlichen Riesenbau kräftig gefördert zu
haben. Augenblicklich zeigt allerdings die schwere Krisis in Wallstreet, daß viele
amerikanische Unternehmungen überkapitalisiert sind, und daß also der wirtschaftliche
Aufschwung der Union zeitweise hat ius Stocken geraten müssen. Sobald aber die
Schwierigkeiten in Wallstreet gehoben sein werden, nud das ist bei der glänzenden
wirtschaftlichen Lage des gesamten Westens und der guten Weizenerute sehr wahr¬
scheinlich, werden wir Zeugen davon sein, wie die Jankees mit frischen Kräften
ihren Eroberungsfeldzug auf dem Weltmarkt fortsetzen. Sorgen wir also dafür, daß
uns dieser Kampf nicht ungerüstet finde, und beherzigen wir bei der Wahl unsrer
Waffen die alte Regel, daß man das Gute da nehmen muß, wo man es antrifft.
Die moderne Kriegskunst hat das seltsame Ergebnis gezeitigt, daß die jetzigen Heere
in ihren Waffen und in ihrer Ausrüstung nur in geringfügigen Einzelheiten von¬
einander abweichen. Sobald in einem Heere eine bessere Bewaffnung eingeführt wird,
sehen wir, wie die andern Armeeverwaltungen in kürzester Zeit nachfolgen. Genau
so muß es auch auf wirtschaftlichem Gebiete sein. Wirtschaftliche Waffen, die sich
bewähren, müssen sofort auch von uns angenommen werden, denn sonst werden wir
trotz unsrer bessern Schulbildung und unsrer unzweifelhaft überlegnen Kultur und
Moral durch technische Mittel bezwungen in einem Kampfe, der sonst alle Chancen
des Erfolges auf unsrer Seite bietet. Je eifriger wir also die Arbeitsmethoden
unsrer Handelskonkurrenten studieren und praktisch anwenden, desto sichrer können
wir sein, von ihnen nicht überflügelt zu werden, sondern ihnen imnier hart an den
Gurten zu bleiben.

Amerika ist nicht konservativ und hat keine Vorurteile. Geld zu verdienen ist
dort fast der einzige Zweck des Lebens. Alles, was dazu führt, wird benutzt und
angewandt. Kein Jankee fragt danach, ob sich eine Sache seit zwanzig Jahren
bewährt hat, und ob sie solid ist. Das einzige, was ihn interessiert, ist, ob er sicher
ist, die Sache mit einem möglichst großen Gewinn verkaufen zu können. Deshalb
ist er anpassungsfähig im höchsten Maße. Während wir es als Charakterschwäche
bezeichnen, wenn der Deutsche im Auslande schnell fremdes Wesen annimmt, gilt in
Amerika die a.ÄÄxtivsnsss als die wichtigste Eigenschaft jedes Geschäftsmanns. Mit
peinlichster Sorgfalt wird die Form des Preisangebots so gewählt, daß alle Eigen¬
schaften des zu gewinnenden Kunden berücksichtigt werden. Der Amerikaner versendet
elegant ausgestattete Kataloge in der Sprache des Kunden, gibt seine Preise frei
Hafen oder Bahnstation auf und gibt das genaue Gewicht der Waren an. Der
Empfänger kann also durch Hinzurechnen des Frachtsatzes und der Zölle den Ein¬
standspreis der Ware ausrechnen. Bei deutscheu Waren dagegen ruhen in der Regel
noch Vorfracht und hunderterlei verschiedne Unkosten darauf, die nicht einmal einem
mit den Verhältnissen genau vertrauten Kaufmann eine ungefähre Kalkulation möglich
machen. Außer den Katalogen versenden die Amerikaner oft wertvolle und über¬
sichtlich angeordnete Muster, für die nichts berechnet wird. Der Deutsche verdirbt
sich dagegen durch Kleinlichkeit und Pedanterie vielfach von vornherein das Geschäft.
Sogar das kleinste Muster wird berechnet, und der Exporteur schlägt außer Unkosten
auch noch Kommission darauf. Hat nun bei einer solchen kostspieligen Mustersendung


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[0702] Maßgebliches und Unmaßgebliches Maßgebliches und Unmaßgebliches Amerikanische Arbeitsmethoden. Von allen Gefahren, die unsre Zukunft bedrohen, erscheint die amerikanische als eine der nächsten und bedeutendsten. Das greisenhafte Europa wird hart bedrängt von der nur zu rasch gewachsneu Enkelin und muß über kurz oder lang im wirtschaftlichen Kampf unterliegen, wenn es nicht alle Kräfte anspannt. Die Schilderungen des Geheimrath Goldberger über seine amerikanischen Eindrücke sind in unser aller Gedächtnis. Sie haben den weitesten Kreisen ein anschauliches Bild von dem Lande der tatsächlich unbegrenzten Möglich¬ keiten gegeben, und ihr Verfasser kann mit Recht das Verdienst für sich in Anspruch nehmen, das Verständnis für diesen wirtschaftlichen Riesenbau kräftig gefördert zu haben. Augenblicklich zeigt allerdings die schwere Krisis in Wallstreet, daß viele amerikanische Unternehmungen überkapitalisiert sind, und daß also der wirtschaftliche Aufschwung der Union zeitweise hat ius Stocken geraten müssen. Sobald aber die Schwierigkeiten in Wallstreet gehoben sein werden, nud das ist bei der glänzenden wirtschaftlichen Lage des gesamten Westens und der guten Weizenerute sehr wahr¬ scheinlich, werden wir Zeugen davon sein, wie die Jankees mit frischen Kräften ihren Eroberungsfeldzug auf dem Weltmarkt fortsetzen. Sorgen wir also dafür, daß uns dieser Kampf nicht ungerüstet finde, und beherzigen wir bei der Wahl unsrer Waffen die alte Regel, daß man das Gute da nehmen muß, wo man es antrifft. Die moderne Kriegskunst hat das seltsame Ergebnis gezeitigt, daß die jetzigen Heere in ihren Waffen und in ihrer Ausrüstung nur in geringfügigen Einzelheiten von¬ einander abweichen. Sobald in einem Heere eine bessere Bewaffnung eingeführt wird, sehen wir, wie die andern Armeeverwaltungen in kürzester Zeit nachfolgen. Genau so muß es auch auf wirtschaftlichem Gebiete sein. Wirtschaftliche Waffen, die sich bewähren, müssen sofort auch von uns angenommen werden, denn sonst werden wir trotz unsrer bessern Schulbildung und unsrer unzweifelhaft überlegnen Kultur und Moral durch technische Mittel bezwungen in einem Kampfe, der sonst alle Chancen des Erfolges auf unsrer Seite bietet. Je eifriger wir also die Arbeitsmethoden unsrer Handelskonkurrenten studieren und praktisch anwenden, desto sichrer können wir sein, von ihnen nicht überflügelt zu werden, sondern ihnen imnier hart an den Gurten zu bleiben. Amerika ist nicht konservativ und hat keine Vorurteile. Geld zu verdienen ist dort fast der einzige Zweck des Lebens. Alles, was dazu führt, wird benutzt und angewandt. Kein Jankee fragt danach, ob sich eine Sache seit zwanzig Jahren bewährt hat, und ob sie solid ist. Das einzige, was ihn interessiert, ist, ob er sicher ist, die Sache mit einem möglichst großen Gewinn verkaufen zu können. Deshalb ist er anpassungsfähig im höchsten Maße. Während wir es als Charakterschwäche bezeichnen, wenn der Deutsche im Auslande schnell fremdes Wesen annimmt, gilt in Amerika die a.ÄÄxtivsnsss als die wichtigste Eigenschaft jedes Geschäftsmanns. Mit peinlichster Sorgfalt wird die Form des Preisangebots so gewählt, daß alle Eigen¬ schaften des zu gewinnenden Kunden berücksichtigt werden. Der Amerikaner versendet elegant ausgestattete Kataloge in der Sprache des Kunden, gibt seine Preise frei Hafen oder Bahnstation auf und gibt das genaue Gewicht der Waren an. Der Empfänger kann also durch Hinzurechnen des Frachtsatzes und der Zölle den Ein¬ standspreis der Ware ausrechnen. Bei deutscheu Waren dagegen ruhen in der Regel noch Vorfracht und hunderterlei verschiedne Unkosten darauf, die nicht einmal einem mit den Verhältnissen genau vertrauten Kaufmann eine ungefähre Kalkulation möglich machen. Außer den Katalogen versenden die Amerikaner oft wertvolle und über¬ sichtlich angeordnete Muster, für die nichts berechnet wird. Der Deutsche verdirbt sich dagegen durch Kleinlichkeit und Pedanterie vielfach von vornherein das Geschäft. Sogar das kleinste Muster wird berechnet, und der Exporteur schlägt außer Unkosten auch noch Kommission darauf. Hat nun bei einer solchen kostspieligen Mustersendung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/702>, abgerufen am 22.11.2024.