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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

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Die orientalische Frage
Julius Patzelt vonin

le orientalische Frage, seit zwei Jahrhunderten der Gegenstand
blutiger Kriege lind diplomatischen Spiels, ist durch die jüngsten
Ereignisse auf der Valknnhalbinsel wieder in den Kreis der
^ öffentlichen Erörterung gerückt worden. Der mazedonische Auf-
^^S^OPÄA stand, die Niistungen der Türkei, die Dynamitcmschlnge in
"WM und schließlich die grauenhafte Ermordung des serbischen Kvnigspaars
erinnern Europa wieder recht unsanft daran, daß alle Kunststücke der Diplo-
'"^ vermocht haben, den großen Auflösungsprozeß des türkischen
in, ? ^ Bahnen eiuer friedlichen Entwicklung zu leiten, und daß sogar
um '"^"^ ^^^^ Prozeß äußerlich schou vollendet ist, heftige Erschüttc-
der?!!t ? "'^ bedrohen. Die orientalischen Dinge sind im Laufe
eine but ' ^^nee wohl insoweit geklärt worden, als sich ziemlich deutlich
sich aber ! !^ ""^ '"'^ ^^'ischc Frage unterscheiden lassen; trotzdem ballen
nationale mit wi^ ""^ Bosporus politische und konfessionelle,
baren Knäuel . ' Etliche Interessen immer noch zu einem schier unentwirr-
Knoten herum^' "um dann, wie die Diplomaten an diesem
landlänfine Me,um.' ^" zu können, dann begreift man anch die
und das dV,- A " . ^ ""^ "ut dem Schwerte durchhauen werden könne,
nuper.neidli b sei ? "ü? ^^u, ganz Europa in Flammen setzenden Krieges
Frage sti. ^ ( " ' ""s historische Entwicklung der orientalischen
leichter I "' s- ^'^ ^^"^^ Pessimistisch. Sicher gehn die Gewehre dort unten
überie, Norden und im Westen Europas, aber es darf auch nicht
Nerv ? daß gerade dort, vou wo für ganz Europa erschütternde
bet>'s ^" ^ befürchten wären, bei den an der orientalischen Frage meist
ein s ? Großmächten die Fähigkeit und deshalb auch die Neigung, die orien-
iche Frage mit Pulver und Blei zu lösen, sehr nachgelassen haben.

Das Wesen der orientalischen Frage besteht darin, daß durch den fort¬
schreitenden Verfall des türkischen Reichs im europäischen Staatcnzuscimmen-
^ng Lücken entstehn, die der Allsfüllung bedürfen. Soviel ehedem über die
Lebensfähigkeit der Türkei geschrieben worden ist, heute dürfte kaum mehr
urcu gezweifelt werden, daß der türkische Stamm trotz vieler guten und tüch-


Grenzboten 111 1903 17


Die orientalische Frage
Julius Patzelt vonin

le orientalische Frage, seit zwei Jahrhunderten der Gegenstand
blutiger Kriege lind diplomatischen Spiels, ist durch die jüngsten
Ereignisse auf der Valknnhalbinsel wieder in den Kreis der
^ öffentlichen Erörterung gerückt worden. Der mazedonische Auf-
^^S^OPÄA stand, die Niistungen der Türkei, die Dynamitcmschlnge in
"WM und schließlich die grauenhafte Ermordung des serbischen Kvnigspaars
erinnern Europa wieder recht unsanft daran, daß alle Kunststücke der Diplo-
'"^ vermocht haben, den großen Auflösungsprozeß des türkischen
in, ? ^ Bahnen eiuer friedlichen Entwicklung zu leiten, und daß sogar
um '"^"^ ^^^^ Prozeß äußerlich schou vollendet ist, heftige Erschüttc-
der?!!t ? "'^ bedrohen. Die orientalischen Dinge sind im Laufe
eine but ' ^^nee wohl insoweit geklärt worden, als sich ziemlich deutlich
sich aber ! !^ ""^ '"'^ ^^'ischc Frage unterscheiden lassen; trotzdem ballen
nationale mit wi^ ""^ Bosporus politische und konfessionelle,
baren Knäuel . ' Etliche Interessen immer noch zu einem schier unentwirr-
Knoten herum^' "um dann, wie die Diplomaten an diesem
landlänfine Me,um.' ^" zu können, dann begreift man anch die
und das dV,- A " . ^ ""^ "ut dem Schwerte durchhauen werden könne,
nuper.neidli b sei ? "ü? ^^u, ganz Europa in Flammen setzenden Krieges
Frage sti. ^ ( " ' ""s historische Entwicklung der orientalischen
leichter I "' s- ^'^ ^^"^^ Pessimistisch. Sicher gehn die Gewehre dort unten
überie, Norden und im Westen Europas, aber es darf auch nicht
Nerv ? daß gerade dort, vou wo für ganz Europa erschütternde
bet>'s ^" ^ befürchten wären, bei den an der orientalischen Frage meist
ein s ? Großmächten die Fähigkeit und deshalb auch die Neigung, die orien-
iche Frage mit Pulver und Blei zu lösen, sehr nachgelassen haben.

Das Wesen der orientalischen Frage besteht darin, daß durch den fort¬
schreitenden Verfall des türkischen Reichs im europäischen Staatcnzuscimmen-
^ng Lücken entstehn, die der Allsfüllung bedürfen. Soviel ehedem über die
Lebensfähigkeit der Türkei geschrieben worden ist, heute dürfte kaum mehr
urcu gezweifelt werden, daß der türkische Stamm trotz vieler guten und tüch-


Grenzboten 111 1903 17
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[0137] [Abbildung] Die orientalische Frage Julius Patzelt vonin le orientalische Frage, seit zwei Jahrhunderten der Gegenstand blutiger Kriege lind diplomatischen Spiels, ist durch die jüngsten Ereignisse auf der Valknnhalbinsel wieder in den Kreis der ^ öffentlichen Erörterung gerückt worden. Der mazedonische Auf- ^^S^OPÄA stand, die Niistungen der Türkei, die Dynamitcmschlnge in "WM und schließlich die grauenhafte Ermordung des serbischen Kvnigspaars erinnern Europa wieder recht unsanft daran, daß alle Kunststücke der Diplo- '"^ vermocht haben, den großen Auflösungsprozeß des türkischen in, ? ^ Bahnen eiuer friedlichen Entwicklung zu leiten, und daß sogar um '"^"^ ^^^^ Prozeß äußerlich schou vollendet ist, heftige Erschüttc- der?!!t ? "'^ bedrohen. Die orientalischen Dinge sind im Laufe eine but ' ^^nee wohl insoweit geklärt worden, als sich ziemlich deutlich sich aber ! !^ ""^ '"'^ ^^'ischc Frage unterscheiden lassen; trotzdem ballen nationale mit wi^ ""^ Bosporus politische und konfessionelle, baren Knäuel . ' Etliche Interessen immer noch zu einem schier unentwirr- Knoten herum^' "um dann, wie die Diplomaten an diesem landlänfine Me,um.' ^" zu können, dann begreift man anch die und das dV,- A " . ^ ""^ "ut dem Schwerte durchhauen werden könne, nuper.neidli b sei ? "ü? ^^u, ganz Europa in Flammen setzenden Krieges Frage sti. ^ ( " ' ""s historische Entwicklung der orientalischen leichter I "' s- ^'^ ^^"^^ Pessimistisch. Sicher gehn die Gewehre dort unten überie, Norden und im Westen Europas, aber es darf auch nicht Nerv ? daß gerade dort, vou wo für ganz Europa erschütternde bet>'s ^" ^ befürchten wären, bei den an der orientalischen Frage meist ein s ? Großmächten die Fähigkeit und deshalb auch die Neigung, die orien- iche Frage mit Pulver und Blei zu lösen, sehr nachgelassen haben. Das Wesen der orientalischen Frage besteht darin, daß durch den fort¬ schreitenden Verfall des türkischen Reichs im europäischen Staatcnzuscimmen- ^ng Lücken entstehn, die der Allsfüllung bedürfen. Soviel ehedem über die Lebensfähigkeit der Türkei geschrieben worden ist, heute dürfte kaum mehr urcu gezweifelt werden, daß der türkische Stamm trotz vieler guten und tüch- Grenzboten 111 1903 17

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/137>, abgerufen am 25.11.2024.