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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

das Unerläßliche hinuntergegangen wird. Die ganze Skala leidet an dein Fehler,
daß die Anfangsgehalte bis zur Mitte der Skala viel zu knapp bemessen sind.

Dasselbe ist der Fall bei der Gehaltsskala der Geistlichen; sie beginnt mit
1800 Mark und steigt bis auf 4800 Mark. Die Stellen, die über 4800 Mark
Einkommen haben und uicht unter dem Gesetz stehn, lassen wir hier anßer Betracht.
Vor Erlaß des Gesetzes gab es eine weit größere Zahl von Pfarrstellen, die einen
befriedigenden Anfangsgehalt hatten, später freilich nicht stiegen, und ein Geistlicher,
der auf einer solchen Stelle sitzen blieb, war freilich schlimm dran; früher litten
die ältern Jahrgänge der Pastoren, jetzt leiden die jungen Jahrgänge. Denn um
ein zureichendes Endgehalt zu schaffen, hat man den Anfangsgehalt so sehr hinab¬
gedrückt, daß er nicht mehr zureicht. 1800 Mark, und waren es auch 2000 Mark,
sind für einen studierten, den gebildeten Ständen angehörenden Manu mit Familie
ungenügend, ganz besonders wenn er auf dem Lande zu leben gezwungen ist. Es
ist leicht nachzuweisen, daß hohe Gehaltsbeträge, die uur wenig Jahre gezahlt
werden, die Kasse weniger belasten, als mittlere, die die ganze Amtszeit zu ent¬
richten sind. Auch fallen die hohen Beträge angenehm in die Augen, und man
ist geneigt zu sagen: Was hat es denn nun für Not? die Geistlichen haben ja
4800 Mark Einkommen. Der psychologische Vorgang bei diesem Urteil ist ganz
derselbe wie bei Betrachtung eines Lotterieprospekts, wobei vor den großen Zahlen
mit den vielen Nullen die kleinen Gewinne und die nieder verschwinden. Wir
müssen demnach das Diensteinkommengesetz als ein Geschenk bezeichnen, das wohl
die ältern Geistlichen einigermaßen befriedigt, die jungen Geistlichen aber in eine
peinliche und nicht ungefährliche Lage versetzt, den geistlichen Stand herabdrückt,
und die kirchlichen Interessen schädigt.

Hier möge mir erlaubt sein, die Frage auszuwerfen: Wozu denu eigentlich
diese als unvermeidlich angesehenen Gehaltsskalen? Wenn ein Beamter im Ver¬
laufe der Dienstzeit in ein höheres Amt einrückt, das größere Verantwortung mit
sich bringt, größere Gaben voraussetzt oder intensivere Arbeit fordert, so ist eine
höhere Bezahlung in der Ordnung; wenn aber im Verlaufe der Amtszeit die
Tätigkeit nicht wechselt, wie beim Geistliche", demi Volksschullehrer und zum Teil
auch beim Gymnasiallehrer, so ist eigentlich ein steigendes Einkommen nicht be¬
gründet. Oder soll auf das steigende Bedürfnis Rücksicht genommen werden, so
ist nicht einzusehen, warum ein alter Herr mit schwachem Magen noch zwei- oder
dreimal soviel Einkommen haben soll wie ein junger Mensch mit seinem gesunden
Appetit. Oder soll ans die Kosten des Haushalts, die Erziehung der Kinder ge¬
rechnet werden, so weiß jeder, daß die größten Ausgaben auf die Zeit vom
vierzigsten bis zum funfzigsten Jahre sollen, wenn die Söhne in die Stadt auf
das Gymnasium geschickt und die Töchter in die höhere Töchterschule oder in die
Pension gegeben werden, nicht aber in die Zeit der hohen Gehaltsstufen. Hat es
Sinn, den jüngern Geistlichen, während er unter schwierigen Verhältnissen mit
Aufgebot aller Kräfte arbeitet, darben zu lasse" und ihm, wenn er stumpf geworden
ist, eine fette Pfründe zu geben?

Alles das verschuldet die unvermeidliche Skala. Man könnte das Einkommen
individueller abmessen, aber das würde Unbequemlichkeiten mit sich bringen, und
dagegen sind die hohen Behörden ganz ausnehmend empfindlich, und so wird es
wohl bis auf weiteres bei der herkömmlichen Skala bleiben, so wenig gerechtfertigt
sie auch sein mag.

Die Übelstände, die das Gesetz vom 2. Juli 1898 mit sich gebracht hat,
treten nun am schärfsten hervor in der Provinz Sachsen und in der Provinz
Pommern. In Sachsen sind von den Kirchenbehörden die Bedürfnisse der Provinz
um 300000 Mark zu gering angegeben worden, da man Einkommenverzeichnisse
zu Grunde legte, die nicht mehr zutreffend waren, da inzwischen die Ackerpachten,
ans denen das Einkommen der meisten Pfarrstellen besteht, rapid zurückgegangen
waren. So ist es gekommen, daß die vom Gesetz geforderten und von Miquel in


Maßgebliches und Unmaßgebliches

das Unerläßliche hinuntergegangen wird. Die ganze Skala leidet an dein Fehler,
daß die Anfangsgehalte bis zur Mitte der Skala viel zu knapp bemessen sind.

Dasselbe ist der Fall bei der Gehaltsskala der Geistlichen; sie beginnt mit
1800 Mark und steigt bis auf 4800 Mark. Die Stellen, die über 4800 Mark
Einkommen haben und uicht unter dem Gesetz stehn, lassen wir hier anßer Betracht.
Vor Erlaß des Gesetzes gab es eine weit größere Zahl von Pfarrstellen, die einen
befriedigenden Anfangsgehalt hatten, später freilich nicht stiegen, und ein Geistlicher,
der auf einer solchen Stelle sitzen blieb, war freilich schlimm dran; früher litten
die ältern Jahrgänge der Pastoren, jetzt leiden die jungen Jahrgänge. Denn um
ein zureichendes Endgehalt zu schaffen, hat man den Anfangsgehalt so sehr hinab¬
gedrückt, daß er nicht mehr zureicht. 1800 Mark, und waren es auch 2000 Mark,
sind für einen studierten, den gebildeten Ständen angehörenden Manu mit Familie
ungenügend, ganz besonders wenn er auf dem Lande zu leben gezwungen ist. Es
ist leicht nachzuweisen, daß hohe Gehaltsbeträge, die uur wenig Jahre gezahlt
werden, die Kasse weniger belasten, als mittlere, die die ganze Amtszeit zu ent¬
richten sind. Auch fallen die hohen Beträge angenehm in die Augen, und man
ist geneigt zu sagen: Was hat es denn nun für Not? die Geistlichen haben ja
4800 Mark Einkommen. Der psychologische Vorgang bei diesem Urteil ist ganz
derselbe wie bei Betrachtung eines Lotterieprospekts, wobei vor den großen Zahlen
mit den vielen Nullen die kleinen Gewinne und die nieder verschwinden. Wir
müssen demnach das Diensteinkommengesetz als ein Geschenk bezeichnen, das wohl
die ältern Geistlichen einigermaßen befriedigt, die jungen Geistlichen aber in eine
peinliche und nicht ungefährliche Lage versetzt, den geistlichen Stand herabdrückt,
und die kirchlichen Interessen schädigt.

Hier möge mir erlaubt sein, die Frage auszuwerfen: Wozu denu eigentlich
diese als unvermeidlich angesehenen Gehaltsskalen? Wenn ein Beamter im Ver¬
laufe der Dienstzeit in ein höheres Amt einrückt, das größere Verantwortung mit
sich bringt, größere Gaben voraussetzt oder intensivere Arbeit fordert, so ist eine
höhere Bezahlung in der Ordnung; wenn aber im Verlaufe der Amtszeit die
Tätigkeit nicht wechselt, wie beim Geistliche», demi Volksschullehrer und zum Teil
auch beim Gymnasiallehrer, so ist eigentlich ein steigendes Einkommen nicht be¬
gründet. Oder soll auf das steigende Bedürfnis Rücksicht genommen werden, so
ist nicht einzusehen, warum ein alter Herr mit schwachem Magen noch zwei- oder
dreimal soviel Einkommen haben soll wie ein junger Mensch mit seinem gesunden
Appetit. Oder soll ans die Kosten des Haushalts, die Erziehung der Kinder ge¬
rechnet werden, so weiß jeder, daß die größten Ausgaben auf die Zeit vom
vierzigsten bis zum funfzigsten Jahre sollen, wenn die Söhne in die Stadt auf
das Gymnasium geschickt und die Töchter in die höhere Töchterschule oder in die
Pension gegeben werden, nicht aber in die Zeit der hohen Gehaltsstufen. Hat es
Sinn, den jüngern Geistlichen, während er unter schwierigen Verhältnissen mit
Aufgebot aller Kräfte arbeitet, darben zu lasse» und ihm, wenn er stumpf geworden
ist, eine fette Pfründe zu geben?

Alles das verschuldet die unvermeidliche Skala. Man könnte das Einkommen
individueller abmessen, aber das würde Unbequemlichkeiten mit sich bringen, und
dagegen sind die hohen Behörden ganz ausnehmend empfindlich, und so wird es
wohl bis auf weiteres bei der herkömmlichen Skala bleiben, so wenig gerechtfertigt
sie auch sein mag.

Die Übelstände, die das Gesetz vom 2. Juli 1898 mit sich gebracht hat,
treten nun am schärfsten hervor in der Provinz Sachsen und in der Provinz
Pommern. In Sachsen sind von den Kirchenbehörden die Bedürfnisse der Provinz
um 300000 Mark zu gering angegeben worden, da man Einkommenverzeichnisse
zu Grunde legte, die nicht mehr zutreffend waren, da inzwischen die Ackerpachten,
ans denen das Einkommen der meisten Pfarrstellen besteht, rapid zurückgegangen
waren. So ist es gekommen, daß die vom Gesetz geforderten und von Miquel in


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[0818] Maßgebliches und Unmaßgebliches das Unerläßliche hinuntergegangen wird. Die ganze Skala leidet an dein Fehler, daß die Anfangsgehalte bis zur Mitte der Skala viel zu knapp bemessen sind. Dasselbe ist der Fall bei der Gehaltsskala der Geistlichen; sie beginnt mit 1800 Mark und steigt bis auf 4800 Mark. Die Stellen, die über 4800 Mark Einkommen haben und uicht unter dem Gesetz stehn, lassen wir hier anßer Betracht. Vor Erlaß des Gesetzes gab es eine weit größere Zahl von Pfarrstellen, die einen befriedigenden Anfangsgehalt hatten, später freilich nicht stiegen, und ein Geistlicher, der auf einer solchen Stelle sitzen blieb, war freilich schlimm dran; früher litten die ältern Jahrgänge der Pastoren, jetzt leiden die jungen Jahrgänge. Denn um ein zureichendes Endgehalt zu schaffen, hat man den Anfangsgehalt so sehr hinab¬ gedrückt, daß er nicht mehr zureicht. 1800 Mark, und waren es auch 2000 Mark, sind für einen studierten, den gebildeten Ständen angehörenden Manu mit Familie ungenügend, ganz besonders wenn er auf dem Lande zu leben gezwungen ist. Es ist leicht nachzuweisen, daß hohe Gehaltsbeträge, die uur wenig Jahre gezahlt werden, die Kasse weniger belasten, als mittlere, die die ganze Amtszeit zu ent¬ richten sind. Auch fallen die hohen Beträge angenehm in die Augen, und man ist geneigt zu sagen: Was hat es denn nun für Not? die Geistlichen haben ja 4800 Mark Einkommen. Der psychologische Vorgang bei diesem Urteil ist ganz derselbe wie bei Betrachtung eines Lotterieprospekts, wobei vor den großen Zahlen mit den vielen Nullen die kleinen Gewinne und die nieder verschwinden. Wir müssen demnach das Diensteinkommengesetz als ein Geschenk bezeichnen, das wohl die ältern Geistlichen einigermaßen befriedigt, die jungen Geistlichen aber in eine peinliche und nicht ungefährliche Lage versetzt, den geistlichen Stand herabdrückt, und die kirchlichen Interessen schädigt. Hier möge mir erlaubt sein, die Frage auszuwerfen: Wozu denu eigentlich diese als unvermeidlich angesehenen Gehaltsskalen? Wenn ein Beamter im Ver¬ laufe der Dienstzeit in ein höheres Amt einrückt, das größere Verantwortung mit sich bringt, größere Gaben voraussetzt oder intensivere Arbeit fordert, so ist eine höhere Bezahlung in der Ordnung; wenn aber im Verlaufe der Amtszeit die Tätigkeit nicht wechselt, wie beim Geistliche», demi Volksschullehrer und zum Teil auch beim Gymnasiallehrer, so ist eigentlich ein steigendes Einkommen nicht be¬ gründet. Oder soll auf das steigende Bedürfnis Rücksicht genommen werden, so ist nicht einzusehen, warum ein alter Herr mit schwachem Magen noch zwei- oder dreimal soviel Einkommen haben soll wie ein junger Mensch mit seinem gesunden Appetit. Oder soll ans die Kosten des Haushalts, die Erziehung der Kinder ge¬ rechnet werden, so weiß jeder, daß die größten Ausgaben auf die Zeit vom vierzigsten bis zum funfzigsten Jahre sollen, wenn die Söhne in die Stadt auf das Gymnasium geschickt und die Töchter in die höhere Töchterschule oder in die Pension gegeben werden, nicht aber in die Zeit der hohen Gehaltsstufen. Hat es Sinn, den jüngern Geistlichen, während er unter schwierigen Verhältnissen mit Aufgebot aller Kräfte arbeitet, darben zu lasse» und ihm, wenn er stumpf geworden ist, eine fette Pfründe zu geben? Alles das verschuldet die unvermeidliche Skala. Man könnte das Einkommen individueller abmessen, aber das würde Unbequemlichkeiten mit sich bringen, und dagegen sind die hohen Behörden ganz ausnehmend empfindlich, und so wird es wohl bis auf weiteres bei der herkömmlichen Skala bleiben, so wenig gerechtfertigt sie auch sein mag. Die Übelstände, die das Gesetz vom 2. Juli 1898 mit sich gebracht hat, treten nun am schärfsten hervor in der Provinz Sachsen und in der Provinz Pommern. In Sachsen sind von den Kirchenbehörden die Bedürfnisse der Provinz um 300000 Mark zu gering angegeben worden, da man Einkommenverzeichnisse zu Grunde legte, die nicht mehr zutreffend waren, da inzwischen die Ackerpachten, ans denen das Einkommen der meisten Pfarrstellen besteht, rapid zurückgegangen waren. So ist es gekommen, daß die vom Gesetz geforderten und von Miquel in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381/818>, abgerufen am 24.08.2024.