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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmcißgeliliches

Unterdessen wollen wir den Verwaltern des Bismarckischen Gedankenerbcs,
die den Grafen Bülow des Abfalls von den kirchenpolitischen Grundsätzen seines
großen Vorgängers beschuldigen, noch einige Dokumente unter die Augen halten.
Da sie die Manen Bismarcks angerufen haben, so mögen sie nach ihrem Wunsche
zu Worte kommen. Der Kampf des Priestertums mit dem Königtum, sagt Bis-
marck während des Kulturkampfes -- und er selbst hat diese Ausführungen dann
beim Abbruch der Maigesetze zitiert --, ist zu beurteilen wie jeder andre Kampf:
er hat seine Bündnisse, er hat seine Friedensschlüsse, er hat seine Haltepunkte, er
hat seine Waffenstillstande. Es hat friedliche Päpste gegeben, es hat kämpfende
und erobernde gegeben. . . . Wir sind in Preußen nicht immer vorzugsweise Gegen¬
stand dieses Kampfes gewesen, wir sind längere Zeit nicht als die Hauptgegner in
diesem Kampfe von feiten der Kurie betrachtet worden. Friedrich der Große lebte
vollständig im Frieden mit der römischen Kirche, während der damalige Kaiser des
überwiegend katholischen österreichischen Staates im heftigsten Kampfe mit der katho¬
lischen Kirche begriffen war. In seiner berühmten Cnnvssarede sagt er schon: Die
Regierung schuldet den katholischen Mitbürgern, daß sie nicht müde werde, die
Wege aufzusuchen, auf deuen die Regelung der Grenze zwischen der geistlichen und
der weltlichen Gewalt, deren wir im Interesse unsers innern Friedens absolut be¬
dürfen, in der schonendflen und konfessionell am wenigsten verstimmenden Weise
gefunden werden kann. Er wartete nur das Erscheinen eines friedlichen Papstes
ab, um in diese Wege einzulenken. So heißt es denn in dem von Bismarck gegen¬
gezeichneten Schreiben des Kronprinzen an den Papst nach dem Nobilingschen
Attentat: Wenn es nicht in meiner und vielleicht auch nicht in Eurer Heiligkeit
Macht steht, jetzt einen Prinzipienstreit zu schlichten, der seit einem Jahrtausend in
der Geschichte Deutschlands sich mehr als in andern Ländern fühlbar gemacht hat,
so bin ich doch gern bereit, die Schwierigkeiten, die sich aus diesem von den Vor¬
fahren überkommnen Konflikt für beide Teile ergeben, in dem Geiste der Liebe
zum Frieden und der Versöhnlichkeit zu behandeln, der das Ergebnis meiner christ¬
lichen Überzeugungen ist. Noch ein Wort aus dem Jahre 1887: Innerlich habe
ich stets zugegeben, daß dus, was er (der Staat) nicht absolut braucht, nachgegeben
und konzediert, abgeschafft werden könne, wenn der Gegner großen Wert darauf
lege. ... Wir haben uns gar nicht zu fragen: was ist wünschenswert, was ver¬
drießt uns in der ganzen Sache, was hätten wir anders gewünscht? sondern da,
wo es sich um die Aussöhnung zwischen zwei großen Bruchteilen des deutschen .. -
Volkes handelt, da müssen wir unsern katholischen Mitbürgern abgeben, was für
uns entbehrlich ist.

Damit mag es genug sein. Wir haben von den kirchenpolitischen Gegnern
des Grafen Bülow in diesen Tagen oft den Genius der deutschen Geschichte an¬
rufen hören; welchen Genius sie gemeint haben, wissen wir nicht; der Genius
Bismarcks kann es sicherlich nicht gewesen sein; es ist wohl "im Grund der Herren
eigner Geist, in dem die Zeiten sich bespiegeln."


Der gegenwärtige Stand der Schulfrage.

Wollte mau die Einrichtung
von Reformschulen zum Gegenstande der Abstimmung machen, sodaß die Regierung
nnr die Exekutive hätte, so würden die Veweggrüude bei Eltern und Lehrern -- falls
man diese anstimmen ließe -- nicht ganz gleich sein. Die Eltern haben den natür¬
lichen Wunsch: Richtet die Schulen so ein, daß die "Umschulungen" möglichst bequem
sind, daß die Versetzungen möglichst regelmäßig alle Jahre erfolgen, wie das von
manchen Reformschulen in Aussicht gestellt ist, daß der Termin für die Berufswahl
möglichst hinausgeschoben wird. Die Lehrer werden eine Einrichtung wünschen, die
nach ihrer Meinung am besten für die zukünftigen Aufgaben des Lebens vorbereitet
und den Gesetzen der geistigen Entwicklung entspricht, sodaß dabei zugleich von selbst
eine Auslese der Begabtesten erfolgt, die dann am schnellsten vorwärtskommen.
Auch der Staat hat seine Wünsche wegen der Beschaffenheit der heranwachsenden
Jugend und zugleich das praktische Interesse der Verwaltung.


Maßgebliches und Unmcißgeliliches

Unterdessen wollen wir den Verwaltern des Bismarckischen Gedankenerbcs,
die den Grafen Bülow des Abfalls von den kirchenpolitischen Grundsätzen seines
großen Vorgängers beschuldigen, noch einige Dokumente unter die Augen halten.
Da sie die Manen Bismarcks angerufen haben, so mögen sie nach ihrem Wunsche
zu Worte kommen. Der Kampf des Priestertums mit dem Königtum, sagt Bis-
marck während des Kulturkampfes — und er selbst hat diese Ausführungen dann
beim Abbruch der Maigesetze zitiert —, ist zu beurteilen wie jeder andre Kampf:
er hat seine Bündnisse, er hat seine Friedensschlüsse, er hat seine Haltepunkte, er
hat seine Waffenstillstande. Es hat friedliche Päpste gegeben, es hat kämpfende
und erobernde gegeben. . . . Wir sind in Preußen nicht immer vorzugsweise Gegen¬
stand dieses Kampfes gewesen, wir sind längere Zeit nicht als die Hauptgegner in
diesem Kampfe von feiten der Kurie betrachtet worden. Friedrich der Große lebte
vollständig im Frieden mit der römischen Kirche, während der damalige Kaiser des
überwiegend katholischen österreichischen Staates im heftigsten Kampfe mit der katho¬
lischen Kirche begriffen war. In seiner berühmten Cnnvssarede sagt er schon: Die
Regierung schuldet den katholischen Mitbürgern, daß sie nicht müde werde, die
Wege aufzusuchen, auf deuen die Regelung der Grenze zwischen der geistlichen und
der weltlichen Gewalt, deren wir im Interesse unsers innern Friedens absolut be¬
dürfen, in der schonendflen und konfessionell am wenigsten verstimmenden Weise
gefunden werden kann. Er wartete nur das Erscheinen eines friedlichen Papstes
ab, um in diese Wege einzulenken. So heißt es denn in dem von Bismarck gegen¬
gezeichneten Schreiben des Kronprinzen an den Papst nach dem Nobilingschen
Attentat: Wenn es nicht in meiner und vielleicht auch nicht in Eurer Heiligkeit
Macht steht, jetzt einen Prinzipienstreit zu schlichten, der seit einem Jahrtausend in
der Geschichte Deutschlands sich mehr als in andern Ländern fühlbar gemacht hat,
so bin ich doch gern bereit, die Schwierigkeiten, die sich aus diesem von den Vor¬
fahren überkommnen Konflikt für beide Teile ergeben, in dem Geiste der Liebe
zum Frieden und der Versöhnlichkeit zu behandeln, der das Ergebnis meiner christ¬
lichen Überzeugungen ist. Noch ein Wort aus dem Jahre 1887: Innerlich habe
ich stets zugegeben, daß dus, was er (der Staat) nicht absolut braucht, nachgegeben
und konzediert, abgeschafft werden könne, wenn der Gegner großen Wert darauf
lege. ... Wir haben uns gar nicht zu fragen: was ist wünschenswert, was ver¬
drießt uns in der ganzen Sache, was hätten wir anders gewünscht? sondern da,
wo es sich um die Aussöhnung zwischen zwei großen Bruchteilen des deutschen .. -
Volkes handelt, da müssen wir unsern katholischen Mitbürgern abgeben, was für
uns entbehrlich ist.

Damit mag es genug sein. Wir haben von den kirchenpolitischen Gegnern
des Grafen Bülow in diesen Tagen oft den Genius der deutschen Geschichte an¬
rufen hören; welchen Genius sie gemeint haben, wissen wir nicht; der Genius
Bismarcks kann es sicherlich nicht gewesen sein; es ist wohl „im Grund der Herren
eigner Geist, in dem die Zeiten sich bespiegeln."


Der gegenwärtige Stand der Schulfrage.

Wollte mau die Einrichtung
von Reformschulen zum Gegenstande der Abstimmung machen, sodaß die Regierung
nnr die Exekutive hätte, so würden die Veweggrüude bei Eltern und Lehrern — falls
man diese anstimmen ließe — nicht ganz gleich sein. Die Eltern haben den natür¬
lichen Wunsch: Richtet die Schulen so ein, daß die „Umschulungen" möglichst bequem
sind, daß die Versetzungen möglichst regelmäßig alle Jahre erfolgen, wie das von
manchen Reformschulen in Aussicht gestellt ist, daß der Termin für die Berufswahl
möglichst hinausgeschoben wird. Die Lehrer werden eine Einrichtung wünschen, die
nach ihrer Meinung am besten für die zukünftigen Aufgaben des Lebens vorbereitet
und den Gesetzen der geistigen Entwicklung entspricht, sodaß dabei zugleich von selbst
eine Auslese der Begabtesten erfolgt, die dann am schnellsten vorwärtskommen.
Auch der Staat hat seine Wünsche wegen der Beschaffenheit der heranwachsenden
Jugend und zugleich das praktische Interesse der Verwaltung.


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[0560] Maßgebliches und Unmcißgeliliches Unterdessen wollen wir den Verwaltern des Bismarckischen Gedankenerbcs, die den Grafen Bülow des Abfalls von den kirchenpolitischen Grundsätzen seines großen Vorgängers beschuldigen, noch einige Dokumente unter die Augen halten. Da sie die Manen Bismarcks angerufen haben, so mögen sie nach ihrem Wunsche zu Worte kommen. Der Kampf des Priestertums mit dem Königtum, sagt Bis- marck während des Kulturkampfes — und er selbst hat diese Ausführungen dann beim Abbruch der Maigesetze zitiert —, ist zu beurteilen wie jeder andre Kampf: er hat seine Bündnisse, er hat seine Friedensschlüsse, er hat seine Haltepunkte, er hat seine Waffenstillstande. Es hat friedliche Päpste gegeben, es hat kämpfende und erobernde gegeben. . . . Wir sind in Preußen nicht immer vorzugsweise Gegen¬ stand dieses Kampfes gewesen, wir sind längere Zeit nicht als die Hauptgegner in diesem Kampfe von feiten der Kurie betrachtet worden. Friedrich der Große lebte vollständig im Frieden mit der römischen Kirche, während der damalige Kaiser des überwiegend katholischen österreichischen Staates im heftigsten Kampfe mit der katho¬ lischen Kirche begriffen war. In seiner berühmten Cnnvssarede sagt er schon: Die Regierung schuldet den katholischen Mitbürgern, daß sie nicht müde werde, die Wege aufzusuchen, auf deuen die Regelung der Grenze zwischen der geistlichen und der weltlichen Gewalt, deren wir im Interesse unsers innern Friedens absolut be¬ dürfen, in der schonendflen und konfessionell am wenigsten verstimmenden Weise gefunden werden kann. Er wartete nur das Erscheinen eines friedlichen Papstes ab, um in diese Wege einzulenken. So heißt es denn in dem von Bismarck gegen¬ gezeichneten Schreiben des Kronprinzen an den Papst nach dem Nobilingschen Attentat: Wenn es nicht in meiner und vielleicht auch nicht in Eurer Heiligkeit Macht steht, jetzt einen Prinzipienstreit zu schlichten, der seit einem Jahrtausend in der Geschichte Deutschlands sich mehr als in andern Ländern fühlbar gemacht hat, so bin ich doch gern bereit, die Schwierigkeiten, die sich aus diesem von den Vor¬ fahren überkommnen Konflikt für beide Teile ergeben, in dem Geiste der Liebe zum Frieden und der Versöhnlichkeit zu behandeln, der das Ergebnis meiner christ¬ lichen Überzeugungen ist. Noch ein Wort aus dem Jahre 1887: Innerlich habe ich stets zugegeben, daß dus, was er (der Staat) nicht absolut braucht, nachgegeben und konzediert, abgeschafft werden könne, wenn der Gegner großen Wert darauf lege. ... Wir haben uns gar nicht zu fragen: was ist wünschenswert, was ver¬ drießt uns in der ganzen Sache, was hätten wir anders gewünscht? sondern da, wo es sich um die Aussöhnung zwischen zwei großen Bruchteilen des deutschen .. - Volkes handelt, da müssen wir unsern katholischen Mitbürgern abgeben, was für uns entbehrlich ist. Damit mag es genug sein. Wir haben von den kirchenpolitischen Gegnern des Grafen Bülow in diesen Tagen oft den Genius der deutschen Geschichte an¬ rufen hören; welchen Genius sie gemeint haben, wissen wir nicht; der Genius Bismarcks kann es sicherlich nicht gewesen sein; es ist wohl „im Grund der Herren eigner Geist, in dem die Zeiten sich bespiegeln." Der gegenwärtige Stand der Schulfrage. Wollte mau die Einrichtung von Reformschulen zum Gegenstande der Abstimmung machen, sodaß die Regierung nnr die Exekutive hätte, so würden die Veweggrüude bei Eltern und Lehrern — falls man diese anstimmen ließe — nicht ganz gleich sein. Die Eltern haben den natür¬ lichen Wunsch: Richtet die Schulen so ein, daß die „Umschulungen" möglichst bequem sind, daß die Versetzungen möglichst regelmäßig alle Jahre erfolgen, wie das von manchen Reformschulen in Aussicht gestellt ist, daß der Termin für die Berufswahl möglichst hinausgeschoben wird. Die Lehrer werden eine Einrichtung wünschen, die nach ihrer Meinung am besten für die zukünftigen Aufgaben des Lebens vorbereitet und den Gesetzen der geistigen Entwicklung entspricht, sodaß dabei zugleich von selbst eine Auslese der Begabtesten erfolgt, die dann am schnellsten vorwärtskommen. Auch der Staat hat seine Wünsche wegen der Beschaffenheit der heranwachsenden Jugend und zugleich das praktische Interesse der Verwaltung.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381/560>, abgerufen am 23.07.2024.