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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Aus diesen mannigfaltigen Antrieben eine "mittlere Linie" des Fortschritts
zu finden ist die Schwierigkeit der Gegenwart.

Ans den jüngsten Verhandlungen des Herrenhauses über diese Frage treten
die verschiednen Rücksichten nicht gleichmäßig hervor. Es wird zwar erwähnt, daß
einzelne Klassen der Bevölkerung von den Rcformschulen praktische Vorteile er¬
warten, aber nicht dies, daß den kleinen Städten der gemeinsame Unterbau eine
große Erleichterung schafft; denn sie brauchten die drei untern Klassen nur einfach
zu sichren, anch in der Tertia könnten die Latein lernenden Jungen und die Real¬
schüler noch in den meisten Fächern vereint unterrichtet werden, und die Eltern,
die ihre Söhne später ans ein Gymnasium schicken wollen, könnten sie doch wenigstens
bis zum Schluß der Obertertia, also etwa bis zum vollendeten vierzehnten Lcbens-
whr, zu Hause behalten. Auch dies wird nicht angeführt, daß in Elternkreiscn der
Reformunterricht als der leichtere gilt. Sondern im wesentlichen nehmen die Redner
den Grundsatz zur Voraussetzung, daß die beiden alten Sprachen nicht zu beseitigen
siud, während doch das "Altonaer System" an die Stelle des Griechischen das
Englische setzt; nur über die Art des Betriebes herrscht Meinungsverschiedenheit.

Der Sanskritist Professor Alfred Hillebrnndt weist in seiner Rede dnranf hin,
dnß die Neformschulen ans zwei entgegengesetzten Antrieben entstanden seien. Teils
deshalb, weil man den Humanismus mit Einschluß des Griechischen durch einen
veränderten Betrieb kräftigen und erhalten, teils gerade, weil man die alten Sprachen
Herabdrücken wolle. Eine Sprache, z. B. Latein, müßten die Schüler doch
wenigstens ordentlich erlernen. Die Vermehrung des Französischen gebe keinen
Ersatz dafür; anch sei es widerspruchsvoll, erst mit sechs französischen Stunden
einen hitzigen Anlauf zu nehmen, und den Unterricht dann auf drei und in fünf
Klassen auf zwei Stunden zu ermäßigen. Ein andrer Redner, Oberbürgermeister
Tuß (Kiel), will, obgleich er Anhänger der Reformschulen ist, die alten Sprachen
undt verdrängen. Aber er meint, die Bedeutung der Grammatik liege in den
Mittelklassen; für die obern sei die Vertiefung in die großen Dichter und Philo¬
sophen des Altertums notwendig. Außerdem habe die Rcformschule für die Eltern
die Möglichkeit geschaffen, sich erst von Untertertia um über den künftigen Beruf
ihrer Kinder zu entscheiden. Hier wird sich, zumal wenn das Griechische erst in
Obersekunda beginnen sollte, während es nach dem "Frankfurter System" mit
acht Stunden in Untersekunda einsetzt, das Bedenken geltend machen, daß es in
den obern Klassen an der Leichtigkeit der Lektüre fehlen muß, da es an einem Ein¬
üben in die fremde Sprache fehlt. Und ist es wirklich möglich, sich mit einiger
Sicherheit für die Berufswahl eines Untertertianers zu entscheiden?

Schmoller steht zwar auf dem Boden des Refvrmgymnasiums, aber dem
humanistischen Gymnasium, meint er, müsse der erste Rang bleiben. In Uber-
^ustimmnng mit diesen Rednern bekennt sich auch die Negierung nicht zur Be¬
seitigung der alten Sprachen. Nur dürfe, meint der Minister, Griechisch und
lateinisch aus dem Gymnasium nicht so das Übergewicht bekommen, daß andre
wichtige Lehrgegcnstättde darunter leiden. Man könne es unmöglich erreichen, daß
Reh jemand ans dem Gymnasium in der lateinischen und der griechischen Konversation
^"^unum ausdrücke und die alten Sprachen vollkommen beherrsche. Aber der
. unister betrachtet es als besondern Vorzug, daß es der neuen Schulreform ge-
"'Mu ist, den Charakter und die Bedeutung des humanistischen Gymnasiums zu
erstarken. Der Unterrichtsverwaltung liege es durchaus fern, eine besondre Ein-
yms- "der Normnlschnle zu erstreben und sie an die Stelle des bisherigen Be¬
ehrten zu setzen. Für die untern Klassen möge dieses Verfahren Vorteile haben,
"ver im übrigen würde eine solche Schnblouisiernng des Unterrichts sehr nach-
rellig s^n.

. Was sollen wir also tun oder erwarten? Das allein Entscheidende kann nur
Experiment sein. Deshalb ist die Formel des Kommissars des Ministers
Wesentlich: Abwarten! Wir werden abwarten müssen, wie sich die Reformschulen
ewühren, und uns dann weiter entschließen. Nach Lage der Verhältnisse muß man


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Aus diesen mannigfaltigen Antrieben eine „mittlere Linie" des Fortschritts
zu finden ist die Schwierigkeit der Gegenwart.

Ans den jüngsten Verhandlungen des Herrenhauses über diese Frage treten
die verschiednen Rücksichten nicht gleichmäßig hervor. Es wird zwar erwähnt, daß
einzelne Klassen der Bevölkerung von den Rcformschulen praktische Vorteile er¬
warten, aber nicht dies, daß den kleinen Städten der gemeinsame Unterbau eine
große Erleichterung schafft; denn sie brauchten die drei untern Klassen nur einfach
zu sichren, anch in der Tertia könnten die Latein lernenden Jungen und die Real¬
schüler noch in den meisten Fächern vereint unterrichtet werden, und die Eltern,
die ihre Söhne später ans ein Gymnasium schicken wollen, könnten sie doch wenigstens
bis zum Schluß der Obertertia, also etwa bis zum vollendeten vierzehnten Lcbens-
whr, zu Hause behalten. Auch dies wird nicht angeführt, daß in Elternkreiscn der
Reformunterricht als der leichtere gilt. Sondern im wesentlichen nehmen die Redner
den Grundsatz zur Voraussetzung, daß die beiden alten Sprachen nicht zu beseitigen
siud, während doch das „Altonaer System" an die Stelle des Griechischen das
Englische setzt; nur über die Art des Betriebes herrscht Meinungsverschiedenheit.

Der Sanskritist Professor Alfred Hillebrnndt weist in seiner Rede dnranf hin,
dnß die Neformschulen ans zwei entgegengesetzten Antrieben entstanden seien. Teils
deshalb, weil man den Humanismus mit Einschluß des Griechischen durch einen
veränderten Betrieb kräftigen und erhalten, teils gerade, weil man die alten Sprachen
Herabdrücken wolle. Eine Sprache, z. B. Latein, müßten die Schüler doch
wenigstens ordentlich erlernen. Die Vermehrung des Französischen gebe keinen
Ersatz dafür; anch sei es widerspruchsvoll, erst mit sechs französischen Stunden
einen hitzigen Anlauf zu nehmen, und den Unterricht dann auf drei und in fünf
Klassen auf zwei Stunden zu ermäßigen. Ein andrer Redner, Oberbürgermeister
Tuß (Kiel), will, obgleich er Anhänger der Reformschulen ist, die alten Sprachen
undt verdrängen. Aber er meint, die Bedeutung der Grammatik liege in den
Mittelklassen; für die obern sei die Vertiefung in die großen Dichter und Philo¬
sophen des Altertums notwendig. Außerdem habe die Rcformschule für die Eltern
die Möglichkeit geschaffen, sich erst von Untertertia um über den künftigen Beruf
ihrer Kinder zu entscheiden. Hier wird sich, zumal wenn das Griechische erst in
Obersekunda beginnen sollte, während es nach dem „Frankfurter System" mit
acht Stunden in Untersekunda einsetzt, das Bedenken geltend machen, daß es in
den obern Klassen an der Leichtigkeit der Lektüre fehlen muß, da es an einem Ein¬
üben in die fremde Sprache fehlt. Und ist es wirklich möglich, sich mit einiger
Sicherheit für die Berufswahl eines Untertertianers zu entscheiden?

Schmoller steht zwar auf dem Boden des Refvrmgymnasiums, aber dem
humanistischen Gymnasium, meint er, müsse der erste Rang bleiben. In Uber-
^ustimmnng mit diesen Rednern bekennt sich auch die Negierung nicht zur Be¬
seitigung der alten Sprachen. Nur dürfe, meint der Minister, Griechisch und
lateinisch aus dem Gymnasium nicht so das Übergewicht bekommen, daß andre
wichtige Lehrgegcnstättde darunter leiden. Man könne es unmöglich erreichen, daß
Reh jemand ans dem Gymnasium in der lateinischen und der griechischen Konversation
^"^unum ausdrücke und die alten Sprachen vollkommen beherrsche. Aber der
. unister betrachtet es als besondern Vorzug, daß es der neuen Schulreform ge-
"'Mu ist, den Charakter und die Bedeutung des humanistischen Gymnasiums zu
erstarken. Der Unterrichtsverwaltung liege es durchaus fern, eine besondre Ein-
yms- »der Normnlschnle zu erstreben und sie an die Stelle des bisherigen Be¬
ehrten zu setzen. Für die untern Klassen möge dieses Verfahren Vorteile haben,
"ver im übrigen würde eine solche Schnblouisiernng des Unterrichts sehr nach-
rellig s^n.

. Was sollen wir also tun oder erwarten? Das allein Entscheidende kann nur
Experiment sein. Deshalb ist die Formel des Kommissars des Ministers
Wesentlich: Abwarten! Wir werden abwarten müssen, wie sich die Reformschulen
ewühren, und uns dann weiter entschließen. Nach Lage der Verhältnisse muß man


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[0561] Maßgebliches und Unmaßgebliches Aus diesen mannigfaltigen Antrieben eine „mittlere Linie" des Fortschritts zu finden ist die Schwierigkeit der Gegenwart. Ans den jüngsten Verhandlungen des Herrenhauses über diese Frage treten die verschiednen Rücksichten nicht gleichmäßig hervor. Es wird zwar erwähnt, daß einzelne Klassen der Bevölkerung von den Rcformschulen praktische Vorteile er¬ warten, aber nicht dies, daß den kleinen Städten der gemeinsame Unterbau eine große Erleichterung schafft; denn sie brauchten die drei untern Klassen nur einfach zu sichren, anch in der Tertia könnten die Latein lernenden Jungen und die Real¬ schüler noch in den meisten Fächern vereint unterrichtet werden, und die Eltern, die ihre Söhne später ans ein Gymnasium schicken wollen, könnten sie doch wenigstens bis zum Schluß der Obertertia, also etwa bis zum vollendeten vierzehnten Lcbens- whr, zu Hause behalten. Auch dies wird nicht angeführt, daß in Elternkreiscn der Reformunterricht als der leichtere gilt. Sondern im wesentlichen nehmen die Redner den Grundsatz zur Voraussetzung, daß die beiden alten Sprachen nicht zu beseitigen siud, während doch das „Altonaer System" an die Stelle des Griechischen das Englische setzt; nur über die Art des Betriebes herrscht Meinungsverschiedenheit. Der Sanskritist Professor Alfred Hillebrnndt weist in seiner Rede dnranf hin, dnß die Neformschulen ans zwei entgegengesetzten Antrieben entstanden seien. Teils deshalb, weil man den Humanismus mit Einschluß des Griechischen durch einen veränderten Betrieb kräftigen und erhalten, teils gerade, weil man die alten Sprachen Herabdrücken wolle. Eine Sprache, z. B. Latein, müßten die Schüler doch wenigstens ordentlich erlernen. Die Vermehrung des Französischen gebe keinen Ersatz dafür; anch sei es widerspruchsvoll, erst mit sechs französischen Stunden einen hitzigen Anlauf zu nehmen, und den Unterricht dann auf drei und in fünf Klassen auf zwei Stunden zu ermäßigen. Ein andrer Redner, Oberbürgermeister Tuß (Kiel), will, obgleich er Anhänger der Reformschulen ist, die alten Sprachen undt verdrängen. Aber er meint, die Bedeutung der Grammatik liege in den Mittelklassen; für die obern sei die Vertiefung in die großen Dichter und Philo¬ sophen des Altertums notwendig. Außerdem habe die Rcformschule für die Eltern die Möglichkeit geschaffen, sich erst von Untertertia um über den künftigen Beruf ihrer Kinder zu entscheiden. Hier wird sich, zumal wenn das Griechische erst in Obersekunda beginnen sollte, während es nach dem „Frankfurter System" mit acht Stunden in Untersekunda einsetzt, das Bedenken geltend machen, daß es in den obern Klassen an der Leichtigkeit der Lektüre fehlen muß, da es an einem Ein¬ üben in die fremde Sprache fehlt. Und ist es wirklich möglich, sich mit einiger Sicherheit für die Berufswahl eines Untertertianers zu entscheiden? Schmoller steht zwar auf dem Boden des Refvrmgymnasiums, aber dem humanistischen Gymnasium, meint er, müsse der erste Rang bleiben. In Uber- ^ustimmnng mit diesen Rednern bekennt sich auch die Negierung nicht zur Be¬ seitigung der alten Sprachen. Nur dürfe, meint der Minister, Griechisch und lateinisch aus dem Gymnasium nicht so das Übergewicht bekommen, daß andre wichtige Lehrgegcnstättde darunter leiden. Man könne es unmöglich erreichen, daß Reh jemand ans dem Gymnasium in der lateinischen und der griechischen Konversation ^"^unum ausdrücke und die alten Sprachen vollkommen beherrsche. Aber der . unister betrachtet es als besondern Vorzug, daß es der neuen Schulreform ge- "'Mu ist, den Charakter und die Bedeutung des humanistischen Gymnasiums zu erstarken. Der Unterrichtsverwaltung liege es durchaus fern, eine besondre Ein- yms- »der Normnlschnle zu erstreben und sie an die Stelle des bisherigen Be¬ ehrten zu setzen. Für die untern Klassen möge dieses Verfahren Vorteile haben, "ver im übrigen würde eine solche Schnblouisiernng des Unterrichts sehr nach- rellig s^n. . Was sollen wir also tun oder erwarten? Das allein Entscheidende kann nur Experiment sein. Deshalb ist die Formel des Kommissars des Ministers Wesentlich: Abwarten! Wir werden abwarten müssen, wie sich die Reformschulen ewühren, und uns dann weiter entschließen. Nach Lage der Verhältnisse muß man

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381/561>, abgerufen am 22.07.2024.