Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.Feuer! Er blinzelte bei den letzten Worten unwillkürlich mit den Augen und bewirkte Er teilte mir darauf mit, daß er mich habe rufen lassen, um mit mir Rück¬ Ich achtete anfangs kaum auf seine Worte und überlegte, wie ich mit ihm Er verlangte meine Meinung und meinen Rat zu hören. Ich konnte ihm Jemeljan Afanasjcwiisch war über mein Versprechen sehr erfreut. Ah, Alexander Andrejewitsch, sagte er, wenn doch Ihre Kollegen Ihnen glichen! Da Sie das Spnziereugehu erwähnen, Jemeljan Afanasjewitsch, begann ich Grigori Ssemenytsch! rief der Aufseher, seien Sie so freundlich, holen Sie Der Schriftführer war aufgestanden und schaute fragend auf den Vorgesetzten. Der Schreiber hatte begonnen fleißig mit der Feder hin und her zu fahren. Was wollen Sie sagen, Alexander Andrejewitsch? fragte Jemeljan Afanas¬ Ich möchte Sie um die Erlaubnis bitten, mir ein kurzes außerdienstliches Ge¬ Seien Sie so freundlich, entgegnete er zuvorkommend und knöpfte wie zum Belieben Sie zu sehen, Jemeljan Afanasjewitsch, Guido steckt oft bei ver- Wobei Guido den Boten anbefiehlt, dem Aufseher vorzulügen, er sei in seiner Feuer! Er blinzelte bei den letzten Worten unwillkürlich mit den Augen und bewirkte Er teilte mir darauf mit, daß er mich habe rufen lassen, um mit mir Rück¬ Ich achtete anfangs kaum auf seine Worte und überlegte, wie ich mit ihm Er verlangte meine Meinung und meinen Rat zu hören. Ich konnte ihm Jemeljan Afanasjcwiisch war über mein Versprechen sehr erfreut. Ah, Alexander Andrejewitsch, sagte er, wenn doch Ihre Kollegen Ihnen glichen! Da Sie das Spnziereugehu erwähnen, Jemeljan Afanasjewitsch, begann ich Grigori Ssemenytsch! rief der Aufseher, seien Sie so freundlich, holen Sie Der Schriftführer war aufgestanden und schaute fragend auf den Vorgesetzten. Der Schreiber hatte begonnen fleißig mit der Feder hin und her zu fahren. Was wollen Sie sagen, Alexander Andrejewitsch? fragte Jemeljan Afanas¬ Ich möchte Sie um die Erlaubnis bitten, mir ein kurzes außerdienstliches Ge¬ Seien Sie so freundlich, entgegnete er zuvorkommend und knöpfte wie zum Belieben Sie zu sehen, Jemeljan Afanasjewitsch, Guido steckt oft bei ver- Wobei Guido den Boten anbefiehlt, dem Aufseher vorzulügen, er sei in seiner <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0114" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/240496"/> <fw type="header" place="top"> Feuer!</fw><lb/> <p xml:id="ID_625"> Er blinzelte bei den letzten Worten unwillkürlich mit den Augen und bewirkte<lb/> dadurch, daß ich mich mehr schämte und ärgerte, als wenn er mir einen förm¬<lb/> lichen Verweis erteilt hätte, gegen den möglicherweise dieses oder jenes einzuwenden<lb/> gewesen wäre.</p><lb/> <p xml:id="ID_626"> Er teilte mir darauf mit, daß er mich habe rufen lassen, um mit mir Rück¬<lb/> sprache darüber zu nehmen, wie wir in unserm Stadtteile am besten die Ent¬<lb/> fernung des Eises und Schnees zustande bringen möchten. Der Winter gehe auf<lb/> die Neige, und sobald das erste Tauwetter eintrete, sei der Befehl zur Frtthjährs-<lb/> reinigung vom Polizeimeister zu erwarten.</p><lb/> <p xml:id="ID_627"> Ich achtete anfangs kaum auf seine Worte und überlegte, wie ich mit ihm<lb/> wegen meiner Gänge zu den Ssawinskis endgiltig ins reine kommen könnte, denn<lb/> ihn bei dem vielleicht wachsenden Argwohn zu lasse», daß ich geheim tun und mich<lb/> von meiner Pflicht wegstehlen wolle wie Guido, davor schauderte mir.</p><lb/> <p xml:id="ID_628"> Er verlangte meine Meinung und meinen Rat zu hören. Ich konnte ihm<lb/> leider damit nicht dienen, weil ich mit der Sache ganz unbekannt war und noch<lb/> nie mit dergleichen Dingen zu tun gehabt hatte. Ju dem Kreisstädtchen, wo ich<lb/> bisher gedient hatte, war es nie jemand eingefallen, der Sonne und der Wärme<lb/> ins Handwerk zu pfuschen. Der Schnee und das Eis waren geschmolzen, wo sie<lb/> lagen, und die Pfützen dort verdunstet, wo sie sich gebildet hatten. Ich konnte<lb/> mich nur verpflichten, auf meiner Sandfelde mit der Reinigung zur rechten Zeit fertig<lb/> zu werden und von ihm dabei keine Unterstützung zu fordern. Ich versprach ihm<lb/> das im Vertrauen auf mein gutes Einvernehmen mit den Einwohnern. Ich war<lb/> überzeugt, daß die bessern Hausbesitzer selbst mir angeben würden, wie die Sache<lb/> am zweckmäßigsten einzuleiten und vorzunehmen sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_629"> Jemeljan Afanasjcwiisch war über mein Versprechen sehr erfreut.</p><lb/> <p xml:id="ID_630"> Ah, Alexander Andrejewitsch, sagte er, wenn doch Ihre Kollegen Ihnen glichen!<lb/> Der Aufseher könnte dann die Hände in die Taschen stecken und spazieren gehn.</p><lb/> <p xml:id="ID_631"> Da Sie das Spnziereugehu erwähnen, Jemeljan Afanasjewitsch, begann ich<lb/> und sah mich um — der Schriftführer drehte sich eine Papiros, und der Schreiber<lb/> hielt Maulaffen feil —, da Sie vom Spaziereugehn sprechen, wiederholte ich mit<lb/> gedämpfter Stimme, so möchte ich mir die Frage erlauben — es ist mir nämlich<lb/> vorhin vorgekommen, das heißt, ich habe geglaubt, aus Ihrem Tone entnehmen zu<lb/> müssen, daß . . .</p><lb/> <p xml:id="ID_632"> Grigori Ssemenytsch! rief der Aufseher, seien Sie so freundlich, holen Sie<lb/> mir aus dem Archiv das Rundschreiben über Kirilow — Sie wissen, über den<lb/> Einbrecher, den Alexander Andrejewitsch in diesem Herbste arretiert hat — von,<lb/> ja, in welchem Jahre war es doch? Suchen Sie nach, Grigori Ssemenytsch. Es<lb/> muß vor etwa elf oder zwölf Jahren gewesen sein. Sie werden es schon finden.</p><lb/> <p xml:id="ID_633"> Der Schriftführer war aufgestanden und schaute fragend auf den Vorgesetzten.<lb/> Er erwartete genauere Auskunft. Da der Aufseher nichts mehr hinzufügte, sondern<lb/> sich wieder mir zuwandte, kratzte er sich hinter dem Ohre und ging ungewiß und<lb/> kopfschüttelnd in das Archivzimmer.</p><lb/> <p xml:id="ID_634"> Der Schreiber hatte begonnen fleißig mit der Feder hin und her zu fahren.<lb/> Als er aber sah, daß der Aufseher ihn nicht beachtete, legte er die Feder wieder<lb/> aus der Hand und starrte ins Blaue.</p><lb/> <p xml:id="ID_635"> Was wollen Sie sagen, Alexander Andrejewitsch? fragte Jemeljan Afanas¬<lb/> jewitsch.</p><lb/> <p xml:id="ID_636"> Ich möchte Sie um die Erlaubnis bitten, mir ein kurzes außerdienstliches Ge¬<lb/> spräch zu gestatten, sagte ich entschlossen.</p><lb/> <p xml:id="ID_637"> Seien Sie so freundlich, entgegnete er zuvorkommend und knöpfte wie zum<lb/> praktischen Belege der Gewährung meiner Bitte seinen Rock auf.</p><lb/> <p xml:id="ID_638"> Belieben Sie zu sehen, Jemeljan Afanasjewitsch, Guido steckt oft bei ver-<lb/> schiednen Bekannten. Der Stadtteilaufseher sieht schief deswegen und weiß sich nicht<lb/> anders zu helfen, als daß er nach ihm schickt und ihn holen läßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_639"> Wobei Guido den Boten anbefiehlt, dem Aufseher vorzulügen, er sei in seiner<lb/> eignen Wohnung angetroffen worden, schaltete Jemeljan Afanasjewitsch ein.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0114]
Feuer!
Er blinzelte bei den letzten Worten unwillkürlich mit den Augen und bewirkte
dadurch, daß ich mich mehr schämte und ärgerte, als wenn er mir einen förm¬
lichen Verweis erteilt hätte, gegen den möglicherweise dieses oder jenes einzuwenden
gewesen wäre.
Er teilte mir darauf mit, daß er mich habe rufen lassen, um mit mir Rück¬
sprache darüber zu nehmen, wie wir in unserm Stadtteile am besten die Ent¬
fernung des Eises und Schnees zustande bringen möchten. Der Winter gehe auf
die Neige, und sobald das erste Tauwetter eintrete, sei der Befehl zur Frtthjährs-
reinigung vom Polizeimeister zu erwarten.
Ich achtete anfangs kaum auf seine Worte und überlegte, wie ich mit ihm
wegen meiner Gänge zu den Ssawinskis endgiltig ins reine kommen könnte, denn
ihn bei dem vielleicht wachsenden Argwohn zu lasse», daß ich geheim tun und mich
von meiner Pflicht wegstehlen wolle wie Guido, davor schauderte mir.
Er verlangte meine Meinung und meinen Rat zu hören. Ich konnte ihm
leider damit nicht dienen, weil ich mit der Sache ganz unbekannt war und noch
nie mit dergleichen Dingen zu tun gehabt hatte. Ju dem Kreisstädtchen, wo ich
bisher gedient hatte, war es nie jemand eingefallen, der Sonne und der Wärme
ins Handwerk zu pfuschen. Der Schnee und das Eis waren geschmolzen, wo sie
lagen, und die Pfützen dort verdunstet, wo sie sich gebildet hatten. Ich konnte
mich nur verpflichten, auf meiner Sandfelde mit der Reinigung zur rechten Zeit fertig
zu werden und von ihm dabei keine Unterstützung zu fordern. Ich versprach ihm
das im Vertrauen auf mein gutes Einvernehmen mit den Einwohnern. Ich war
überzeugt, daß die bessern Hausbesitzer selbst mir angeben würden, wie die Sache
am zweckmäßigsten einzuleiten und vorzunehmen sei.
Jemeljan Afanasjcwiisch war über mein Versprechen sehr erfreut.
Ah, Alexander Andrejewitsch, sagte er, wenn doch Ihre Kollegen Ihnen glichen!
Der Aufseher könnte dann die Hände in die Taschen stecken und spazieren gehn.
Da Sie das Spnziereugehu erwähnen, Jemeljan Afanasjewitsch, begann ich
und sah mich um — der Schriftführer drehte sich eine Papiros, und der Schreiber
hielt Maulaffen feil —, da Sie vom Spaziereugehn sprechen, wiederholte ich mit
gedämpfter Stimme, so möchte ich mir die Frage erlauben — es ist mir nämlich
vorhin vorgekommen, das heißt, ich habe geglaubt, aus Ihrem Tone entnehmen zu
müssen, daß . . .
Grigori Ssemenytsch! rief der Aufseher, seien Sie so freundlich, holen Sie
mir aus dem Archiv das Rundschreiben über Kirilow — Sie wissen, über den
Einbrecher, den Alexander Andrejewitsch in diesem Herbste arretiert hat — von,
ja, in welchem Jahre war es doch? Suchen Sie nach, Grigori Ssemenytsch. Es
muß vor etwa elf oder zwölf Jahren gewesen sein. Sie werden es schon finden.
Der Schriftführer war aufgestanden und schaute fragend auf den Vorgesetzten.
Er erwartete genauere Auskunft. Da der Aufseher nichts mehr hinzufügte, sondern
sich wieder mir zuwandte, kratzte er sich hinter dem Ohre und ging ungewiß und
kopfschüttelnd in das Archivzimmer.
Der Schreiber hatte begonnen fleißig mit der Feder hin und her zu fahren.
Als er aber sah, daß der Aufseher ihn nicht beachtete, legte er die Feder wieder
aus der Hand und starrte ins Blaue.
Was wollen Sie sagen, Alexander Andrejewitsch? fragte Jemeljan Afanas¬
jewitsch.
Ich möchte Sie um die Erlaubnis bitten, mir ein kurzes außerdienstliches Ge¬
spräch zu gestatten, sagte ich entschlossen.
Seien Sie so freundlich, entgegnete er zuvorkommend und knöpfte wie zum
praktischen Belege der Gewährung meiner Bitte seinen Rock auf.
Belieben Sie zu sehen, Jemeljan Afanasjewitsch, Guido steckt oft bei ver-
schiednen Bekannten. Der Stadtteilaufseher sieht schief deswegen und weiß sich nicht
anders zu helfen, als daß er nach ihm schickt und ihn holen läßt.
Wobei Guido den Boten anbefiehlt, dem Aufseher vorzulügen, er sei in seiner
eignen Wohnung angetroffen worden, schaltete Jemeljan Afanasjewitsch ein.
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Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
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