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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.

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Das, wundertätige Schlangenkraut in Mythen, Sagen und Märchen

der Leiche nähert. Um sie zu schützen, zieht er sein Schwert und schlägt die
Schlange in drei Stücke. Über ein Weilchen kriecht eine zweite Schlange hervor,
als sie aber die andre tot liegen sieht, geht sie zurück, kommt aber bald wieder und
hat drei grüne Blätter im Munde. Dann nimmt sie die drei Stücke von der
Schlange, legt sie, wie sie zusammen gehören, und tut auf jede Wunde eins von
den Blättern. Alsbald fügt sich das Getrennte aneinander, die Schlange regt sich
und wird wieder lebendig, und beide eilen fort. Der junge König hebt die Blätter
ans und legt eins davon ans den Mund der Toten, die beiden andern auf ihre
Augen. Kaum ist das geschehn, so bewegt sich das Blut in den Adern. Frisch
und gesund verlassen beide die Grabkammer. Die drei Schlangenblätter aber nimmt
der junge König mit und gibt sie einem Diener, daß er sie sorgfältig verwahre.
Es ist aber in der Frau, nachdem sie wieder ins Leben erweckt worden ist, eine
Veränderung vorgegangen: es ist, als ob alle Liebe zu ihrem Gemahl aus ihrem
Herzen gewichen sei. Als sie bald darauf mit ihm eine Fahrt über das Meer
macht, vergißt sie seine Liebe und Treue und faßt eine böse Neigung zu dem
Schiffer, und während der junge König im Schlafe liegt, wirft sie ihn mit Hilfe
des Schiffers ins Meer. Der treue Diener aber findet seinen Herrn und bringt
ihn durch die drei Schlangenblätter, die er auf die Augen und den Mund des
Toten legt, wieder glücklich ins Leben zurück.

Nach einem neugriechischen Märchen bei Hahn*) hört eine Mutter, daß ihr
Sohn getötet sei. Sie macht sich auf, um ihn zu suchen, und erschlägt unter¬
wegs eine Schlange. Eine andre Schlange kommt heran, legt ein Kraut auf die
tote Gefährtin und belebt sie wieder. Die Mutter nimmt das Kraut und erweckt
damit ihren Sohn zum Leben. Nach einem andern neugriechischen Märchen bei
Hahn II, 260 findet der riesenstarke Sohn eines Priesters in der Fremde seinen
Tod. Die Eltern gehn aus, um den Sohn zu suchen. Als sie Rast halten, sehen
sie, wie zwei Schlangen miteinander kämpfen und die eine die andre tötet. Da
sagt der Priester zu seiner Frau, sie solle die Schlange mit Blättern zudecken,
damit man sie nicht sehe. Als die Frau das tut, wird die Schlange von den
darauf gelegten Blättern wieder lebendig. Mit diesem Kraute belebe" sie ihren
Sohn. Dasselbe wundertätige Schlangenkraut findet sich noch in zwei andern neu¬
griechischen Märchen (bei Hahn II, 220 und 274).

Nach einem litauischen Märchen bei Schleicher Seite 57 ff.**) sieht ein Jüngling
auf seiner Wnndrnng in die weite Welt zwei Schlangen, die in furchtbarer Wut
gegeneinander kämpfen und sich schwer verwunden. Als sie mit dem Kampfe zu
Ende sind, kriechen sie zu einem Strauche; von dem pflücken sie Blätter ab, legen
sie auf ihre Wunden und werde" sogleich wieder heil. Der Jüngling geht weiter,
befreit eine Königstochter von einem Drachen, wird aber von den neidischen Dienern
des Königs erschlagen. Vier Tiere, denen der Jüngling das Leben geschenkt hatte,
der Bär, der Löwe, der Wolf und der Hase, finden seine Leiche, das Häschen holt
schnell eine Anzahl Blätter von dem Strauche. Dann nehmen sie die Blätter,
belegen die Leiche damit, und der Jüngling wacht auf mit den Worten: "Warum
habt ihr mich denn aufgeweckt, ich habe so sauft geschlafen." Nach der Zeitschrift
für die Geschichte des Oberrheins (1886 Seite 394 ff.) hatte im Kraichgau das
Märlein Umgang, daß Notburga, König Dagoberts Tochter, in einer Höhle ans
Hochhäuser Gemarkung als Einsiedlerin lebte, wohin ihr ein Hirsch insgeheim von
des Königs Tisch Speise trug. Dagobert will sie mit Gewalt aus der Höhle ziehn
und reißt ihr dabei einen Arm aus. Die Wunde wird durch eine Schlange ge¬
heilt, die ihr ein wundertätiges Kreml bringt. Auf ihrem Denkmal in Hochhausen
ist Notburga als Patronin gegen Verwundungen dargestellt, wie sie mit dem Kraut,
das eine Schlange herbeibringt, ihre eigne Wunde heilt.




^) Griechische und albnncsische Märchen, U, 204.
Litauische Märchen. Sprichwörter, Rätsel und Lieder.
Ärenzboten II I9N3 U!
Das, wundertätige Schlangenkraut in Mythen, Sagen und Märchen

der Leiche nähert. Um sie zu schützen, zieht er sein Schwert und schlägt die
Schlange in drei Stücke. Über ein Weilchen kriecht eine zweite Schlange hervor,
als sie aber die andre tot liegen sieht, geht sie zurück, kommt aber bald wieder und
hat drei grüne Blätter im Munde. Dann nimmt sie die drei Stücke von der
Schlange, legt sie, wie sie zusammen gehören, und tut auf jede Wunde eins von
den Blättern. Alsbald fügt sich das Getrennte aneinander, die Schlange regt sich
und wird wieder lebendig, und beide eilen fort. Der junge König hebt die Blätter
ans und legt eins davon ans den Mund der Toten, die beiden andern auf ihre
Augen. Kaum ist das geschehn, so bewegt sich das Blut in den Adern. Frisch
und gesund verlassen beide die Grabkammer. Die drei Schlangenblätter aber nimmt
der junge König mit und gibt sie einem Diener, daß er sie sorgfältig verwahre.
Es ist aber in der Frau, nachdem sie wieder ins Leben erweckt worden ist, eine
Veränderung vorgegangen: es ist, als ob alle Liebe zu ihrem Gemahl aus ihrem
Herzen gewichen sei. Als sie bald darauf mit ihm eine Fahrt über das Meer
macht, vergißt sie seine Liebe und Treue und faßt eine böse Neigung zu dem
Schiffer, und während der junge König im Schlafe liegt, wirft sie ihn mit Hilfe
des Schiffers ins Meer. Der treue Diener aber findet seinen Herrn und bringt
ihn durch die drei Schlangenblätter, die er auf die Augen und den Mund des
Toten legt, wieder glücklich ins Leben zurück.

Nach einem neugriechischen Märchen bei Hahn*) hört eine Mutter, daß ihr
Sohn getötet sei. Sie macht sich auf, um ihn zu suchen, und erschlägt unter¬
wegs eine Schlange. Eine andre Schlange kommt heran, legt ein Kraut auf die
tote Gefährtin und belebt sie wieder. Die Mutter nimmt das Kraut und erweckt
damit ihren Sohn zum Leben. Nach einem andern neugriechischen Märchen bei
Hahn II, 260 findet der riesenstarke Sohn eines Priesters in der Fremde seinen
Tod. Die Eltern gehn aus, um den Sohn zu suchen. Als sie Rast halten, sehen
sie, wie zwei Schlangen miteinander kämpfen und die eine die andre tötet. Da
sagt der Priester zu seiner Frau, sie solle die Schlange mit Blättern zudecken,
damit man sie nicht sehe. Als die Frau das tut, wird die Schlange von den
darauf gelegten Blättern wieder lebendig. Mit diesem Kraute belebe» sie ihren
Sohn. Dasselbe wundertätige Schlangenkraut findet sich noch in zwei andern neu¬
griechischen Märchen (bei Hahn II, 220 und 274).

Nach einem litauischen Märchen bei Schleicher Seite 57 ff.**) sieht ein Jüngling
auf seiner Wnndrnng in die weite Welt zwei Schlangen, die in furchtbarer Wut
gegeneinander kämpfen und sich schwer verwunden. Als sie mit dem Kampfe zu
Ende sind, kriechen sie zu einem Strauche; von dem pflücken sie Blätter ab, legen
sie auf ihre Wunden und werde» sogleich wieder heil. Der Jüngling geht weiter,
befreit eine Königstochter von einem Drachen, wird aber von den neidischen Dienern
des Königs erschlagen. Vier Tiere, denen der Jüngling das Leben geschenkt hatte,
der Bär, der Löwe, der Wolf und der Hase, finden seine Leiche, das Häschen holt
schnell eine Anzahl Blätter von dem Strauche. Dann nehmen sie die Blätter,
belegen die Leiche damit, und der Jüngling wacht auf mit den Worten: „Warum
habt ihr mich denn aufgeweckt, ich habe so sauft geschlafen." Nach der Zeitschrift
für die Geschichte des Oberrheins (1886 Seite 394 ff.) hatte im Kraichgau das
Märlein Umgang, daß Notburga, König Dagoberts Tochter, in einer Höhle ans
Hochhäuser Gemarkung als Einsiedlerin lebte, wohin ihr ein Hirsch insgeheim von
des Königs Tisch Speise trug. Dagobert will sie mit Gewalt aus der Höhle ziehn
und reißt ihr dabei einen Arm aus. Die Wunde wird durch eine Schlange ge¬
heilt, die ihr ein wundertätiges Kreml bringt. Auf ihrem Denkmal in Hochhausen
ist Notburga als Patronin gegen Verwundungen dargestellt, wie sie mit dem Kraut,
das eine Schlange herbeibringt, ihre eigne Wunde heilt.




^) Griechische und albnncsische Märchen, U, 204.
Litauische Märchen. Sprichwörter, Rätsel und Lieder.
Ärenzboten II I9N3 U!
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[0105] Das, wundertätige Schlangenkraut in Mythen, Sagen und Märchen der Leiche nähert. Um sie zu schützen, zieht er sein Schwert und schlägt die Schlange in drei Stücke. Über ein Weilchen kriecht eine zweite Schlange hervor, als sie aber die andre tot liegen sieht, geht sie zurück, kommt aber bald wieder und hat drei grüne Blätter im Munde. Dann nimmt sie die drei Stücke von der Schlange, legt sie, wie sie zusammen gehören, und tut auf jede Wunde eins von den Blättern. Alsbald fügt sich das Getrennte aneinander, die Schlange regt sich und wird wieder lebendig, und beide eilen fort. Der junge König hebt die Blätter ans und legt eins davon ans den Mund der Toten, die beiden andern auf ihre Augen. Kaum ist das geschehn, so bewegt sich das Blut in den Adern. Frisch und gesund verlassen beide die Grabkammer. Die drei Schlangenblätter aber nimmt der junge König mit und gibt sie einem Diener, daß er sie sorgfältig verwahre. Es ist aber in der Frau, nachdem sie wieder ins Leben erweckt worden ist, eine Veränderung vorgegangen: es ist, als ob alle Liebe zu ihrem Gemahl aus ihrem Herzen gewichen sei. Als sie bald darauf mit ihm eine Fahrt über das Meer macht, vergißt sie seine Liebe und Treue und faßt eine böse Neigung zu dem Schiffer, und während der junge König im Schlafe liegt, wirft sie ihn mit Hilfe des Schiffers ins Meer. Der treue Diener aber findet seinen Herrn und bringt ihn durch die drei Schlangenblätter, die er auf die Augen und den Mund des Toten legt, wieder glücklich ins Leben zurück. Nach einem neugriechischen Märchen bei Hahn*) hört eine Mutter, daß ihr Sohn getötet sei. Sie macht sich auf, um ihn zu suchen, und erschlägt unter¬ wegs eine Schlange. Eine andre Schlange kommt heran, legt ein Kraut auf die tote Gefährtin und belebt sie wieder. Die Mutter nimmt das Kraut und erweckt damit ihren Sohn zum Leben. Nach einem andern neugriechischen Märchen bei Hahn II, 260 findet der riesenstarke Sohn eines Priesters in der Fremde seinen Tod. Die Eltern gehn aus, um den Sohn zu suchen. Als sie Rast halten, sehen sie, wie zwei Schlangen miteinander kämpfen und die eine die andre tötet. Da sagt der Priester zu seiner Frau, sie solle die Schlange mit Blättern zudecken, damit man sie nicht sehe. Als die Frau das tut, wird die Schlange von den darauf gelegten Blättern wieder lebendig. Mit diesem Kraute belebe» sie ihren Sohn. Dasselbe wundertätige Schlangenkraut findet sich noch in zwei andern neu¬ griechischen Märchen (bei Hahn II, 220 und 274). Nach einem litauischen Märchen bei Schleicher Seite 57 ff.**) sieht ein Jüngling auf seiner Wnndrnng in die weite Welt zwei Schlangen, die in furchtbarer Wut gegeneinander kämpfen und sich schwer verwunden. Als sie mit dem Kampfe zu Ende sind, kriechen sie zu einem Strauche; von dem pflücken sie Blätter ab, legen sie auf ihre Wunden und werde» sogleich wieder heil. Der Jüngling geht weiter, befreit eine Königstochter von einem Drachen, wird aber von den neidischen Dienern des Königs erschlagen. Vier Tiere, denen der Jüngling das Leben geschenkt hatte, der Bär, der Löwe, der Wolf und der Hase, finden seine Leiche, das Häschen holt schnell eine Anzahl Blätter von dem Strauche. Dann nehmen sie die Blätter, belegen die Leiche damit, und der Jüngling wacht auf mit den Worten: „Warum habt ihr mich denn aufgeweckt, ich habe so sauft geschlafen." Nach der Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins (1886 Seite 394 ff.) hatte im Kraichgau das Märlein Umgang, daß Notburga, König Dagoberts Tochter, in einer Höhle ans Hochhäuser Gemarkung als Einsiedlerin lebte, wohin ihr ein Hirsch insgeheim von des Königs Tisch Speise trug. Dagobert will sie mit Gewalt aus der Höhle ziehn und reißt ihr dabei einen Arm aus. Die Wunde wird durch eine Schlange ge¬ heilt, die ihr ein wundertätiges Kreml bringt. Auf ihrem Denkmal in Hochhausen ist Notburga als Patronin gegen Verwundungen dargestellt, wie sie mit dem Kraut, das eine Schlange herbeibringt, ihre eigne Wunde heilt. ^) Griechische und albnncsische Märchen, U, 204. Litauische Märchen. Sprichwörter, Rätsel und Lieder. Ärenzboten II I9N3 U!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381/105>, abgerufen am 11.02.2025.