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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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Die Deutschen in Rom

gern die Hochschulen Padua und Bologna besuchten, hörte der Zuzug pro¬
testantisch-deutscher Humanisten allmählich auf. Noch vor der endgiltigen Lösung
verweilte 1541/42 Georg Fabricius (1516 bis 1571), der dann 1546 zweiter
Rektor der neuen kursächsischen Fürstenschule Meißen wurde, als Begleiter
eines jungen Edelmanns, Wolfgang von Werthern, mehrere Monate in Rom
und legte die dort gemachten wissenschaftlichen Beobachtungen in zwei selb¬
ständigen Werken nieder, Roms, (1551 und 1560) und ^uti<Mtatuin Ubri ano
ex Äöre, warmoribus niörndranisvö vstsribus volleoti (1549 und 1560). Hatte
er seinen Studien uoch unbehelligt nachgehn können, so geriet später der junge
Philipp Camerarius, der Sohn des großen Humanisten Joachim Camerarius,
als er auf seiner italienischen Reise 1563 bis 1565 um Ostern 1565 nach
Rom kam, durch eine rachsüchtige Denunziation in die Schlingen der In¬
quisition, wurde mit seinem Gefährten Rieter aus Nürnberg am 5. Juni ver¬
haftet und vor das Jnquisitionsgericht gestellt, das kein geringerer als der
Kardinal Michele Ghislieri, der spätere eifrige Reformpapst Pius der Fünfte,
persönlich leitete. Hart bedroht und noch mehr von Bekehrungsversuchen
eifriger Dominikaner und Jesuiten (auch des deutschen Peter Canisius) be¬
drängt blieb er, obwohl erkrankt, standhaft und wurde endlich am 4. August
auf hohe Verwendung aus Deutschland hin entlassen.*) Aufrecht erhalten
wurde eine schwache Verbindung des protestantischen Deutschlands mit Rom
später nur durch die Kunst, obwohl auch dafür im Norden meist Frankreich
und die Niederlande die Vorbilder lieferten. Aber Künstler wie Adam Els-
heimer aus Frankfurt a. M., der "römische Maler deutscher Nation" (->- 1620),
und sein Landsmann Joachim Sandrart (1606 bis 1688) haben lange in Rom
gelebt, Elsheimer ist sogar hier gestorben. Später hat hier anch Daniel
Pöppelmann, der geniale Baumeister Friedrich Augusts des Starken von
Sachsen, seine Studien gemacht. Für das katholische Deutschland verstand
sich diese künstlerische Verbindung mit Rom von selbst; wie oft ist nicht die
neue Peterskirche als Modell benutzt worden!

Der kirchliche Zusammenhang des katholischen Deutschlands mit Now
wurde um so enger, je weiter daheim der Zwiespalt zwischen den Konfessionen
aufklaffte. Durch nichts wurde er mehr befestigt, als durch das Kollegium
Germcmicum, das Ignatius vou Loyola schon 1552 zur Ausbildung deutscher
Geistlichen für Deutschland ins Leben rief (im Palazzo Borromeo). Es sollte
ein Gymnasium sein in Verbindung mit einer theologischen Fakultät und einem
geistlichen Konvikt, doch nahmen die Zöglinge an dem Unterricht des nahen
Collegium Romanum teil. Die Oberaufsicht führten sechs Kardinäle als Pro¬
tektoren. Gregor der Dreizehnte reorganisierte 1573 die Anstalt, vereinigte
sie 1584 mit dem Collegium Hungaricum und schenkte ihr das alte Kloster San
Sabba auf der luftigen Höhe des Aventins als Erholungsstätte, wo noch jetzt
ihre rotröckigen Zöglinge, die xaiuveri (Krebse), jeden Donnerstag promenieren-
Seit der Gründung der Kongregation als xroxg.g'Mein. Mg 1622 ging das Kolleg



*) Über diese interessante, wenig bekannte Episode stehe die kleine Schrift meines Vaters
Heinrich Kaemmel, Eine Studienreise nach Italien, die leider nur indem auf enge Kreise be-
schränkten Neuen Lausitzischen Magazin Band 4? (1868) erschienen ist.
Die Deutschen in Rom

gern die Hochschulen Padua und Bologna besuchten, hörte der Zuzug pro¬
testantisch-deutscher Humanisten allmählich auf. Noch vor der endgiltigen Lösung
verweilte 1541/42 Georg Fabricius (1516 bis 1571), der dann 1546 zweiter
Rektor der neuen kursächsischen Fürstenschule Meißen wurde, als Begleiter
eines jungen Edelmanns, Wolfgang von Werthern, mehrere Monate in Rom
und legte die dort gemachten wissenschaftlichen Beobachtungen in zwei selb¬
ständigen Werken nieder, Roms, (1551 und 1560) und ^uti<Mtatuin Ubri ano
ex Äöre, warmoribus niörndranisvö vstsribus volleoti (1549 und 1560). Hatte
er seinen Studien uoch unbehelligt nachgehn können, so geriet später der junge
Philipp Camerarius, der Sohn des großen Humanisten Joachim Camerarius,
als er auf seiner italienischen Reise 1563 bis 1565 um Ostern 1565 nach
Rom kam, durch eine rachsüchtige Denunziation in die Schlingen der In¬
quisition, wurde mit seinem Gefährten Rieter aus Nürnberg am 5. Juni ver¬
haftet und vor das Jnquisitionsgericht gestellt, das kein geringerer als der
Kardinal Michele Ghislieri, der spätere eifrige Reformpapst Pius der Fünfte,
persönlich leitete. Hart bedroht und noch mehr von Bekehrungsversuchen
eifriger Dominikaner und Jesuiten (auch des deutschen Peter Canisius) be¬
drängt blieb er, obwohl erkrankt, standhaft und wurde endlich am 4. August
auf hohe Verwendung aus Deutschland hin entlassen.*) Aufrecht erhalten
wurde eine schwache Verbindung des protestantischen Deutschlands mit Rom
später nur durch die Kunst, obwohl auch dafür im Norden meist Frankreich
und die Niederlande die Vorbilder lieferten. Aber Künstler wie Adam Els-
heimer aus Frankfurt a. M., der „römische Maler deutscher Nation" (->- 1620),
und sein Landsmann Joachim Sandrart (1606 bis 1688) haben lange in Rom
gelebt, Elsheimer ist sogar hier gestorben. Später hat hier anch Daniel
Pöppelmann, der geniale Baumeister Friedrich Augusts des Starken von
Sachsen, seine Studien gemacht. Für das katholische Deutschland verstand
sich diese künstlerische Verbindung mit Rom von selbst; wie oft ist nicht die
neue Peterskirche als Modell benutzt worden!

Der kirchliche Zusammenhang des katholischen Deutschlands mit Now
wurde um so enger, je weiter daheim der Zwiespalt zwischen den Konfessionen
aufklaffte. Durch nichts wurde er mehr befestigt, als durch das Kollegium
Germcmicum, das Ignatius vou Loyola schon 1552 zur Ausbildung deutscher
Geistlichen für Deutschland ins Leben rief (im Palazzo Borromeo). Es sollte
ein Gymnasium sein in Verbindung mit einer theologischen Fakultät und einem
geistlichen Konvikt, doch nahmen die Zöglinge an dem Unterricht des nahen
Collegium Romanum teil. Die Oberaufsicht führten sechs Kardinäle als Pro¬
tektoren. Gregor der Dreizehnte reorganisierte 1573 die Anstalt, vereinigte
sie 1584 mit dem Collegium Hungaricum und schenkte ihr das alte Kloster San
Sabba auf der luftigen Höhe des Aventins als Erholungsstätte, wo noch jetzt
ihre rotröckigen Zöglinge, die xaiuveri (Krebse), jeden Donnerstag promenieren-
Seit der Gründung der Kongregation als xroxg.g'Mein. Mg 1622 ging das Kolleg



*) Über diese interessante, wenig bekannte Episode stehe die kleine Schrift meines Vaters
Heinrich Kaemmel, Eine Studienreise nach Italien, die leider nur indem auf enge Kreise be-
schränkten Neuen Lausitzischen Magazin Band 4? (1868) erschienen ist.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/774>, abgerufen am 24.11.2024.