Sofern nicht der Geldgewinn allein beabsichtigt sondern inunerhin anch noch der ursprüngliche Zweck im Auge behalten wird, haben sich die Ban genossenschaften für einen von drei Wegen zu entscheiden. ..Entweder man baut nnr Häuser zum Verkauf an Genossen und benutzt die zurückfließenden Amortisationsgelder zum Ban immer neuer Häuser, indem man die Mittel Ms den Kreisen der Wohnnngsnehmer selbst aufbringt -- das ist der Weg der wirtschaftlichen Mithilfe; oder man baut nur Häuser zum Vermieter und verschafft sich die Mittel durch Vorrechte und Unterstützungen - das ist der Weg der subventionierten Hilfe; oder endlich man ballt gar nicht, sondern überläßt das Banen den Wohiiungsbedürftigcn und sorgt nur dafür, daß diese billigen Kredit bekommen - das ist der Weg der reinen Selbsthilfe." De>l zuletzt angegebnen Weg hält Grnvell für den allein richtigen; er will "tho, daß nicht Baugenossenschaften, sondern Kreditgenossenschaften gegründet werden, die den Baunnternchmern und den Hausbesitzern Geld unter vorteil¬ haften Bedingungen verschaffen. Leider habe diesen Weg keine einzige Ge- "ossenschnft beschritten. Am nächstell komme seinem Ideal die Genossenschaft Unterwesterwald, die nnr Baudarlehn gibt, das Geld aber nicht den Er¬ sparnissen der Mitglieder entnimmt, sondern von der Landesversichernugsanstalt bekommt, was des niedrigen Zinsfußes wegen eine Subvention bedeutet. Über die andern beiden Wege herrscht Streit unter deu Genossenschaftern. Der zweite verwickelt sie in eine,: sonderbaren Konflikt mit ihrem allerersten Zweck, der doch besagte, daß sie bessere Wohnungen schaffen sollten als die Privatunternehmer. '"Die Motive zum neuen sächsischen Bin.gesetz sprechen ^ deutlich aus daß dem Mietkasernenl.an, der zu Mißbrünchen führe. ent¬ gegengewirkt werden solle, namentlich anch durch schärfere baupolizeiliche Be¬ stimmungen und dadurch, daß mau den Mietpreis nicht unter eine gewisse ^enze 'sinken läßt Das steht aber im Widerspruch zu den Bestrebungen der Baugenossenschaften, die für sich Erleichterung der Bauvorschriften in An¬ spruch nehmen und auf Berbilliguug der Miete hinwirken. Das tun besonders die Genossenschaften der zweiten Gattung, die nur Miethäuser bauen. Wenn sie sich trotzdem brüsten, daß sie gesündere Wohnungen bauen als die Privat¬ unternehmer, so ist das eitel Blendwerk; zugleich aber liegt darin cui schwerer Vorwurf für die Polizei, denn das Rühmen der Genossenschaften könnte nnr unter der Voraussetzung begründet sein, daß den Privatunternehmern die Nicht¬ beachtung der Bauordnungen nachgesehen würde." Übrigens sei die übliche Fragestellung, ob Einfamilienhäuser oder Mietkasernen vorzuziehn seien, ver^- fehlt. weil die Autwort laute- keins von beiden. Pastor von Bodelschwingh ^be 1886 auf der Versammlung des Vereins für Sozialpolitik gesagt: ..Merk¬ würdigerweise wird von den Mitgliedern des von mir geleitete., Bauveremv fast einstimmig verlangt, daß für wenigstens einen Untermieter Raum vor¬ gesehen werde' Man wohnt in llnsrer Gegend zwar gern allem, aber doch '"ehe ganz allein. Ist der Mann ans Arbeit, und muß ihm die Frau tap Essen bringen oder aus einem andern Grunde das Hans verlassen so wird dringend gewünscht, daß eine zweite Frau da sei. die die Kinder, das Vieh "ut das' ganze Hauswesen Überwache. Die beiden Frauen lösen einander
Die Ämlgenosseuschaften und die ivcchnmiczsfrage
Sofern nicht der Geldgewinn allein beabsichtigt sondern inunerhin anch noch der ursprüngliche Zweck im Auge behalten wird, haben sich die Ban genossenschaften für einen von drei Wegen zu entscheiden. ..Entweder man baut nnr Häuser zum Verkauf an Genossen und benutzt die zurückfließenden Amortisationsgelder zum Ban immer neuer Häuser, indem man die Mittel Ms den Kreisen der Wohnnngsnehmer selbst aufbringt — das ist der Weg der wirtschaftlichen Mithilfe; oder man baut nur Häuser zum Vermieter und verschafft sich die Mittel durch Vorrechte und Unterstützungen - das ist der Weg der subventionierten Hilfe; oder endlich man ballt gar nicht, sondern überläßt das Banen den Wohiiungsbedürftigcn und sorgt nur dafür, daß diese billigen Kredit bekommen - das ist der Weg der reinen Selbsthilfe." De>l zuletzt angegebnen Weg hält Grnvell für den allein richtigen; er will "tho, daß nicht Baugenossenschaften, sondern Kreditgenossenschaften gegründet werden, die den Baunnternchmern und den Hausbesitzern Geld unter vorteil¬ haften Bedingungen verschaffen. Leider habe diesen Weg keine einzige Ge- "ossenschnft beschritten. Am nächstell komme seinem Ideal die Genossenschaft Unterwesterwald, die nnr Baudarlehn gibt, das Geld aber nicht den Er¬ sparnissen der Mitglieder entnimmt, sondern von der Landesversichernugsanstalt bekommt, was des niedrigen Zinsfußes wegen eine Subvention bedeutet. Über die andern beiden Wege herrscht Streit unter deu Genossenschaftern. Der zweite verwickelt sie in eine,: sonderbaren Konflikt mit ihrem allerersten Zweck, der doch besagte, daß sie bessere Wohnungen schaffen sollten als die Privatunternehmer. '„Die Motive zum neuen sächsischen Bin.gesetz sprechen ^ deutlich aus daß dem Mietkasernenl.an, der zu Mißbrünchen führe. ent¬ gegengewirkt werden solle, namentlich anch durch schärfere baupolizeiliche Be¬ stimmungen und dadurch, daß mau den Mietpreis nicht unter eine gewisse ^enze 'sinken läßt Das steht aber im Widerspruch zu den Bestrebungen der Baugenossenschaften, die für sich Erleichterung der Bauvorschriften in An¬ spruch nehmen und auf Berbilliguug der Miete hinwirken. Das tun besonders die Genossenschaften der zweiten Gattung, die nur Miethäuser bauen. Wenn sie sich trotzdem brüsten, daß sie gesündere Wohnungen bauen als die Privat¬ unternehmer, so ist das eitel Blendwerk; zugleich aber liegt darin cui schwerer Vorwurf für die Polizei, denn das Rühmen der Genossenschaften könnte nnr unter der Voraussetzung begründet sein, daß den Privatunternehmern die Nicht¬ beachtung der Bauordnungen nachgesehen würde." Übrigens sei die übliche Fragestellung, ob Einfamilienhäuser oder Mietkasernen vorzuziehn seien, ver^- fehlt. weil die Autwort laute- keins von beiden. Pastor von Bodelschwingh ^be 1886 auf der Versammlung des Vereins für Sozialpolitik gesagt: ..Merk¬ würdigerweise wird von den Mitgliedern des von mir geleitete., Bauveremv fast einstimmig verlangt, daß für wenigstens einen Untermieter Raum vor¬ gesehen werde' Man wohnt in llnsrer Gegend zwar gern allem, aber doch '"ehe ganz allein. Ist der Mann ans Arbeit, und muß ihm die Frau tap Essen bringen oder aus einem andern Grunde das Hans verlassen so wird dringend gewünscht, daß eine zweite Frau da sei. die die Kinder, das Vieh "ut das' ganze Hauswesen Überwache. Die beiden Frauen lösen einander
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Die Ämlgenosseuschaften und die ivcchnmiczsfrage
Sofern nicht der Geldgewinn allein beabsichtigt sondern inunerhin anch
noch der ursprüngliche Zweck im Auge behalten wird, haben sich die Ban
genossenschaften für einen von drei Wegen zu entscheiden. ..Entweder man
baut nnr Häuser zum Verkauf an Genossen und benutzt die zurückfließenden
Amortisationsgelder zum Ban immer neuer Häuser, indem man die Mittel
Ms den Kreisen der Wohnnngsnehmer selbst aufbringt — das ist der Weg
der wirtschaftlichen Mithilfe; oder man baut nur Häuser zum Vermieter und
verschafft sich die Mittel durch Vorrechte und Unterstützungen - das ist der
Weg der subventionierten Hilfe; oder endlich man ballt gar nicht, sondern
überläßt das Banen den Wohiiungsbedürftigcn und sorgt nur dafür, daß
diese billigen Kredit bekommen - das ist der Weg der reinen Selbsthilfe."
De>l zuletzt angegebnen Weg hält Grnvell für den allein richtigen; er will
"tho, daß nicht Baugenossenschaften, sondern Kreditgenossenschaften gegründet
werden, die den Baunnternchmern und den Hausbesitzern Geld unter vorteil¬
haften Bedingungen verschaffen. Leider habe diesen Weg keine einzige Ge-
"ossenschnft beschritten. Am nächstell komme seinem Ideal die Genossenschaft
Unterwesterwald, die nnr Baudarlehn gibt, das Geld aber nicht den Er¬
sparnissen der Mitglieder entnimmt, sondern von der Landesversichernugsanstalt
bekommt, was des niedrigen Zinsfußes wegen eine Subvention bedeutet.
Über die andern beiden Wege herrscht Streit unter deu Genossenschaftern.
Der zweite verwickelt sie in eine,: sonderbaren Konflikt mit ihrem allerersten
Zweck, der doch besagte, daß sie bessere Wohnungen schaffen sollten als die
Privatunternehmer. '„Die Motive zum neuen sächsischen Bin.gesetz sprechen
^ deutlich aus daß dem Mietkasernenl.an, der zu Mißbrünchen führe. ent¬
gegengewirkt werden solle, namentlich anch durch schärfere baupolizeiliche Be¬
stimmungen und dadurch, daß mau den Mietpreis nicht unter eine gewisse
^enze 'sinken läßt Das steht aber im Widerspruch zu den Bestrebungen
der Baugenossenschaften, die für sich Erleichterung der Bauvorschriften in An¬
spruch nehmen und auf Berbilliguug der Miete hinwirken. Das tun besonders
die Genossenschaften der zweiten Gattung, die nur Miethäuser bauen. Wenn
sie sich trotzdem brüsten, daß sie gesündere Wohnungen bauen als die Privat¬
unternehmer, so ist das eitel Blendwerk; zugleich aber liegt darin cui schwerer
Vorwurf für die Polizei, denn das Rühmen der Genossenschaften könnte nnr
unter der Voraussetzung begründet sein, daß den Privatunternehmern die Nicht¬
beachtung der Bauordnungen nachgesehen würde." Übrigens sei die übliche
Fragestellung, ob Einfamilienhäuser oder Mietkasernen vorzuziehn seien, ver^-
fehlt. weil die Autwort laute- keins von beiden. Pastor von Bodelschwingh
^be 1886 auf der Versammlung des Vereins für Sozialpolitik gesagt: ..Merk¬
würdigerweise wird von den Mitgliedern des von mir geleitete., Bauveremv
fast einstimmig verlangt, daß für wenigstens einen Untermieter Raum vor¬
gesehen werde' Man wohnt in llnsrer Gegend zwar gern allem, aber doch
'"ehe ganz allein. Ist der Mann ans Arbeit, und muß ihm die Frau tap
Essen bringen oder aus einem andern Grunde das Hans verlassen so wird
dringend gewünscht, daß eine zweite Frau da sei. die die Kinder, das Vieh
"ut das' ganze Hauswesen Überwache. Die beiden Frauen lösen einander
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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/647>, abgerufen am 24.11.2024.
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