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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

des Arbeiterstandes. Ob sie als eifrigste Hüterin des allgemeinen gleichen Wahlrechts
in die Schranke tritt, ob sie als Anwalt der konsumierenden Bevölkerung gegen
jegliche schutzzöllnerische Politik zu Kampfe zieht, ob sie auf die Eroberung der
Vereins- und Versammlungsfreiheit ausgeht, immer ist es ein Kampf für die In¬
teressen des Arbeiterstandes. Und mag sie in ihrer agitatorischen Tätigkeit noch
so oft die Lichtbilder ihrer kommunistischen und demokratisch-republikanischen Zukunfts¬
ideale vorführen, sie ist sich bewußt, daß sie ihre Daseinsberechtigung uur durch
ihr Wirken innerhalb der bestehenden Staats- und Wirtschaftsordnung beweisen kann,
aber auch sie kann ebensowenig wie jede andre Partei das Mäntelchen der Wissen-
schaftlichkeit und der Idealität entbehren, um die Nacktheit ihrer Interessenpolitik
zu verhüllen.

Die Gründung des Bundes der Landwirte ist eine weitere Etappe auf dem
Wege derselben Entwicklung. Erzeugt durch die Notlage der deutschen Landwirt¬
schaft, genährt von der Überzeugung, daß diese Notlage durch die agrarfeindliche
Politik der Negierung und der Mehrheit der politischen Parteien verursacht sei,
ist dieser Bund und will er nichts andres sein als eine Organisation zur ein-
seitigen Wahrnehmung der Interessen der Landwirtschaft. Auch er entbehrt nicht
des Mäntelchens der Wissenschaftlichkeit und der Idealität. Überreste physiokratischcr
Lehren und der Glaube an die stnatserhnltcnde Kraft des Bauernstandes kommen
ihm zur Hilfe.

Wie aber jede solche Entwicklung mit ihrem Fortschreiten in steigender Pro¬
gression an Umfang und Schnelligkeit zunimmt, so sehen wir anch jetzt immer mehr
Ansätze zu Jntercssenorganisativnen entstehn. Fast hatte es den Anschein, als ob
der vor einigen Jahren gegründete Haudelsvertragsverein eine neue machtvolle
Vertretung der Interessen der Industrie und des Handels werden sollte, aber er
konnte das nicht werden, weil er seine Tätigkeit auf das Gebiet der Handelspolitik
beschränkte und deshalb nicht zur Vertretung der Gesamtheit der Staudesinteressen
gelangte. Dieses Ziel hat sich die eingangs erwähnte Neubildung auf demselben
Gebiete gesteckt.

Noch immer hat die Geschichte es bestätigt, daß radikale Parteien die größte
Anziehungskraft auf die Massen ausüben. Haben sie aber die Massen für sich, so
haben sie Macht. Kann man es leugnen, daß schon heute die sozialdemokratische
Partei und der Bund der Landwirte Mächte sind, die unsre innerpolitische Ent¬
wicklung beeinflussen? Aber wie der physische Druck, je stärker er wird, einen
desto starkem Gegendruck erzeugt, so ruft auch die wachsende Macht einer politischen
Partei die Gegenwirkung der entgegenstehenden Interessen hervor, und wo diese in
ihrer Zersplitterung zu schwach sind, vereinigen sie sich, und das um so schneller und
fester, je stärker der Druck ist, dem sie widerstehn wollen. So hat der Bund der
Landwirte den Handelsvertragsverein und neuerdings den Bund der Kaufleute
hervorgerufen, so hat die sozialdemokratische Partei das Kartell der sogenannten
Ordunngsparteien herbeigeführt. Freilich auf die Dauer wird dieses Geniisch der
verschiedensten Parteien der Macht der Sozialdemokratie nicht gewachsen sein.
Gegen eine radikale und fest organisierte Partei kann immer nur wieder eine
radikale und fest organisierte Partei ankämpfen. Allerdings dürfte die Ent¬
wicklung kaum zu einer einheitlichen Organisation aller Unternehmer führen, denn
die Interessen dieser sind zu verschieden, als daß eine solche Organisation mehr
als die rein negative Seite der Abwehr gegenüber der Sozialdemokratie hervor¬
kehren könnte. Daß dieses aber keine geeignete Grundlage für eine lebensfähige
und kräftige Organisation ist, beweist das Kartell der Ordnnugsparteien. Wir
werden vielmehr noch andre radikale Jnteressentcnorganisationen entstehn sehen, wie
die sozialdemokratische Partei, wie den Bund der Landwirte, wie neuerdings den Bund
der Kaufleute. Damit aber wird das Ende der alten politischen Parteien gekommen
sein. Der Anfang vom Ende ist schon da. Der Bund der Landwirte paßt nicht
in die alten Partciformen, ganz im Sinne des Radikalismus kennt er nur den
Unterschied zwischen Bündler und Nichtbüudler. Schon heute bereitet er sogar der


Maßgebliches und Unmaßgebliches

des Arbeiterstandes. Ob sie als eifrigste Hüterin des allgemeinen gleichen Wahlrechts
in die Schranke tritt, ob sie als Anwalt der konsumierenden Bevölkerung gegen
jegliche schutzzöllnerische Politik zu Kampfe zieht, ob sie auf die Eroberung der
Vereins- und Versammlungsfreiheit ausgeht, immer ist es ein Kampf für die In¬
teressen des Arbeiterstandes. Und mag sie in ihrer agitatorischen Tätigkeit noch
so oft die Lichtbilder ihrer kommunistischen und demokratisch-republikanischen Zukunfts¬
ideale vorführen, sie ist sich bewußt, daß sie ihre Daseinsberechtigung uur durch
ihr Wirken innerhalb der bestehenden Staats- und Wirtschaftsordnung beweisen kann,
aber auch sie kann ebensowenig wie jede andre Partei das Mäntelchen der Wissen-
schaftlichkeit und der Idealität entbehren, um die Nacktheit ihrer Interessenpolitik
zu verhüllen.

Die Gründung des Bundes der Landwirte ist eine weitere Etappe auf dem
Wege derselben Entwicklung. Erzeugt durch die Notlage der deutschen Landwirt¬
schaft, genährt von der Überzeugung, daß diese Notlage durch die agrarfeindliche
Politik der Negierung und der Mehrheit der politischen Parteien verursacht sei,
ist dieser Bund und will er nichts andres sein als eine Organisation zur ein-
seitigen Wahrnehmung der Interessen der Landwirtschaft. Auch er entbehrt nicht
des Mäntelchens der Wissenschaftlichkeit und der Idealität. Überreste physiokratischcr
Lehren und der Glaube an die stnatserhnltcnde Kraft des Bauernstandes kommen
ihm zur Hilfe.

Wie aber jede solche Entwicklung mit ihrem Fortschreiten in steigender Pro¬
gression an Umfang und Schnelligkeit zunimmt, so sehen wir anch jetzt immer mehr
Ansätze zu Jntercssenorganisativnen entstehn. Fast hatte es den Anschein, als ob
der vor einigen Jahren gegründete Haudelsvertragsverein eine neue machtvolle
Vertretung der Interessen der Industrie und des Handels werden sollte, aber er
konnte das nicht werden, weil er seine Tätigkeit auf das Gebiet der Handelspolitik
beschränkte und deshalb nicht zur Vertretung der Gesamtheit der Staudesinteressen
gelangte. Dieses Ziel hat sich die eingangs erwähnte Neubildung auf demselben
Gebiete gesteckt.

Noch immer hat die Geschichte es bestätigt, daß radikale Parteien die größte
Anziehungskraft auf die Massen ausüben. Haben sie aber die Massen für sich, so
haben sie Macht. Kann man es leugnen, daß schon heute die sozialdemokratische
Partei und der Bund der Landwirte Mächte sind, die unsre innerpolitische Ent¬
wicklung beeinflussen? Aber wie der physische Druck, je stärker er wird, einen
desto starkem Gegendruck erzeugt, so ruft auch die wachsende Macht einer politischen
Partei die Gegenwirkung der entgegenstehenden Interessen hervor, und wo diese in
ihrer Zersplitterung zu schwach sind, vereinigen sie sich, und das um so schneller und
fester, je stärker der Druck ist, dem sie widerstehn wollen. So hat der Bund der
Landwirte den Handelsvertragsverein und neuerdings den Bund der Kaufleute
hervorgerufen, so hat die sozialdemokratische Partei das Kartell der sogenannten
Ordunngsparteien herbeigeführt. Freilich auf die Dauer wird dieses Geniisch der
verschiedensten Parteien der Macht der Sozialdemokratie nicht gewachsen sein.
Gegen eine radikale und fest organisierte Partei kann immer nur wieder eine
radikale und fest organisierte Partei ankämpfen. Allerdings dürfte die Ent¬
wicklung kaum zu einer einheitlichen Organisation aller Unternehmer führen, denn
die Interessen dieser sind zu verschieden, als daß eine solche Organisation mehr
als die rein negative Seite der Abwehr gegenüber der Sozialdemokratie hervor¬
kehren könnte. Daß dieses aber keine geeignete Grundlage für eine lebensfähige
und kräftige Organisation ist, beweist das Kartell der Ordnnugsparteien. Wir
werden vielmehr noch andre radikale Jnteressentcnorganisationen entstehn sehen, wie
die sozialdemokratische Partei, wie den Bund der Landwirte, wie neuerdings den Bund
der Kaufleute. Damit aber wird das Ende der alten politischen Parteien gekommen
sein. Der Anfang vom Ende ist schon da. Der Bund der Landwirte paßt nicht
in die alten Partciformen, ganz im Sinne des Radikalismus kennt er nur den
Unterschied zwischen Bündler und Nichtbüudler. Schon heute bereitet er sogar der


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[0626] Maßgebliches und Unmaßgebliches des Arbeiterstandes. Ob sie als eifrigste Hüterin des allgemeinen gleichen Wahlrechts in die Schranke tritt, ob sie als Anwalt der konsumierenden Bevölkerung gegen jegliche schutzzöllnerische Politik zu Kampfe zieht, ob sie auf die Eroberung der Vereins- und Versammlungsfreiheit ausgeht, immer ist es ein Kampf für die In¬ teressen des Arbeiterstandes. Und mag sie in ihrer agitatorischen Tätigkeit noch so oft die Lichtbilder ihrer kommunistischen und demokratisch-republikanischen Zukunfts¬ ideale vorführen, sie ist sich bewußt, daß sie ihre Daseinsberechtigung uur durch ihr Wirken innerhalb der bestehenden Staats- und Wirtschaftsordnung beweisen kann, aber auch sie kann ebensowenig wie jede andre Partei das Mäntelchen der Wissen- schaftlichkeit und der Idealität entbehren, um die Nacktheit ihrer Interessenpolitik zu verhüllen. Die Gründung des Bundes der Landwirte ist eine weitere Etappe auf dem Wege derselben Entwicklung. Erzeugt durch die Notlage der deutschen Landwirt¬ schaft, genährt von der Überzeugung, daß diese Notlage durch die agrarfeindliche Politik der Negierung und der Mehrheit der politischen Parteien verursacht sei, ist dieser Bund und will er nichts andres sein als eine Organisation zur ein- seitigen Wahrnehmung der Interessen der Landwirtschaft. Auch er entbehrt nicht des Mäntelchens der Wissenschaftlichkeit und der Idealität. Überreste physiokratischcr Lehren und der Glaube an die stnatserhnltcnde Kraft des Bauernstandes kommen ihm zur Hilfe. Wie aber jede solche Entwicklung mit ihrem Fortschreiten in steigender Pro¬ gression an Umfang und Schnelligkeit zunimmt, so sehen wir anch jetzt immer mehr Ansätze zu Jntercssenorganisativnen entstehn. Fast hatte es den Anschein, als ob der vor einigen Jahren gegründete Haudelsvertragsverein eine neue machtvolle Vertretung der Interessen der Industrie und des Handels werden sollte, aber er konnte das nicht werden, weil er seine Tätigkeit auf das Gebiet der Handelspolitik beschränkte und deshalb nicht zur Vertretung der Gesamtheit der Staudesinteressen gelangte. Dieses Ziel hat sich die eingangs erwähnte Neubildung auf demselben Gebiete gesteckt. Noch immer hat die Geschichte es bestätigt, daß radikale Parteien die größte Anziehungskraft auf die Massen ausüben. Haben sie aber die Massen für sich, so haben sie Macht. Kann man es leugnen, daß schon heute die sozialdemokratische Partei und der Bund der Landwirte Mächte sind, die unsre innerpolitische Ent¬ wicklung beeinflussen? Aber wie der physische Druck, je stärker er wird, einen desto starkem Gegendruck erzeugt, so ruft auch die wachsende Macht einer politischen Partei die Gegenwirkung der entgegenstehenden Interessen hervor, und wo diese in ihrer Zersplitterung zu schwach sind, vereinigen sie sich, und das um so schneller und fester, je stärker der Druck ist, dem sie widerstehn wollen. So hat der Bund der Landwirte den Handelsvertragsverein und neuerdings den Bund der Kaufleute hervorgerufen, so hat die sozialdemokratische Partei das Kartell der sogenannten Ordunngsparteien herbeigeführt. Freilich auf die Dauer wird dieses Geniisch der verschiedensten Parteien der Macht der Sozialdemokratie nicht gewachsen sein. Gegen eine radikale und fest organisierte Partei kann immer nur wieder eine radikale und fest organisierte Partei ankämpfen. Allerdings dürfte die Ent¬ wicklung kaum zu einer einheitlichen Organisation aller Unternehmer führen, denn die Interessen dieser sind zu verschieden, als daß eine solche Organisation mehr als die rein negative Seite der Abwehr gegenüber der Sozialdemokratie hervor¬ kehren könnte. Daß dieses aber keine geeignete Grundlage für eine lebensfähige und kräftige Organisation ist, beweist das Kartell der Ordnnugsparteien. Wir werden vielmehr noch andre radikale Jnteressentcnorganisationen entstehn sehen, wie die sozialdemokratische Partei, wie den Bund der Landwirte, wie neuerdings den Bund der Kaufleute. Damit aber wird das Ende der alten politischen Parteien gekommen sein. Der Anfang vom Ende ist schon da. Der Bund der Landwirte paßt nicht in die alten Partciformen, ganz im Sinne des Radikalismus kennt er nur den Unterschied zwischen Bündler und Nichtbüudler. Schon heute bereitet er sogar der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/626>, abgerufen am 27.07.2024.