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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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und der geistigen Höhe dieses Verkehrs. "Es konnte meinem Vater, schreibt
der Sohl?, nie in den Sinn kommen, seine Stellung zu Kaiser Wilhelm
und seinem Sohne für irgendwelche persönliche Interessen auszunützen. Die
leiseste Beimischung von Eigennutz würde ihm als eine Entweihung dieser
Beziehungen und eine persönliche Herabsetzung erschienen sein. Aber eine
wahre Freude war es ihm, wenn das Vertrauen, das er besaß, für die För¬
derung großer Zwecke der Wissenschaft und Kunst fruchtbar gemacht werden
konnte." Wir wollen aber dieses ganze Kapitel hier beiseite lassen, unsre Leser
sollen darüber einen Bericht aus andrer Feder erhalten.

Während der nächsten zwei Jahre erschienen die beiden Bände des Pelo-
ponues (1851/52). Das Werk war vor zwölf Jahren in Griechenland konzipiert
und ursprünglich als eine deutsche Bearbeitung der geographischen Arbeiten
Leakes gedacht. "Die Engländer, schreibt er 1340, haben im ganzen viel
weniger geistige Befähigung, fremde Länder zu sehen und zu beschreiben als
die Deutsche", aber durch ihre Geldmittel sind sie Gründer der griechischen
Topographie geworden. Doch bleibt immer ein guter Teil unbestrittener Besitz
der Intelligenz, der nicht um Guineen feil ist, und so wird auch uns armen
deutschen Kirchenmäusen immer noch ein Plätzchen offen bleiben." So war es
in der Tat, und das Buch wurde etwas ganz neues nud selbständiges. Als
später Bursian in seiner Geographie Griechenlands an den Peloponnes kam,
entschuldigte er sich gleichsam in der Vorrede: dieser Teil seines Werkes sei
wie eine Ilias nach Homer, alle aber, die auf andern Gebieten Curtius ent¬
gegentraten, haben bis zuletzt den Peloponnes als eine hervorragende Leistung
gelten lassen, und das vergriffne Buch stieg im Antiquariatspreis über das
Doppelte. Das Jahr 1852 brachte dem Verfasser die Ernennung zum Aka-
demiemitglicde und den Auftrag der Weidmanuscheu Buchhnudluug zu einer
Geschichte Griechenlands. Der großen Schwierigkeit dieser Aufgabe war sich
Curtius von Anfang an bewußt, sie wuchs während der Ausarbeitung, wovon
diese Briefe reichlich Zeugnis geben, und von allen seinen Arbeiten hat ihm
diese am meisten Mühe und Sorge gemacht und nicht zum wenigsten auch
Verdruß bereitet. Die Studien für den ersten Band gingen Hand in Hand
mit den Vorbereitungen für die Vorlesungen und waren noch nicht abgeschlossen,
als er 1856 eine Berufung nach Göttingen erhielt.

Sie war für ihn gerade in diesem Zeitpunkt eine große Genugtuung-
"Wollten sie mich hier uicht fortlassen, schrieb er kurz vorher an seinen
Bruder Georg, so müßten sie mir endlich eine anständige Stellung geben
nud mich ans der leidigen Notwendigkeit befreien, durch allerlei Sklaven¬
arbeit mir meinen Unterhalt zu sichern." Nach sechsjähriger Arbeit an der
Universität seit seinem Rücktritt von der Stellung am Hofe hatte er den
Minister an eine vor der Übernahme dieses Amts 1844 gegebne Zusage er-
innert und im Einvernehmen mit der Fakultät um eine Erhöhung seines Ge¬
halts gebeten, das in schreienden Mißverhältnis zu seiner Wirksamkeit stehe.
An demselben Tage und in derselben Stunde, als ihm der abschlägige Be¬
scheid bekannt wurde, kam die Anfrage ans Göttingen, und obwohl der Minister
nun eine ordentliche Professur und jede gewünschte Gehaltserhöhung anbot,


Lrnst (Lurtius

und der geistigen Höhe dieses Verkehrs. „Es konnte meinem Vater, schreibt
der Sohl?, nie in den Sinn kommen, seine Stellung zu Kaiser Wilhelm
und seinem Sohne für irgendwelche persönliche Interessen auszunützen. Die
leiseste Beimischung von Eigennutz würde ihm als eine Entweihung dieser
Beziehungen und eine persönliche Herabsetzung erschienen sein. Aber eine
wahre Freude war es ihm, wenn das Vertrauen, das er besaß, für die För¬
derung großer Zwecke der Wissenschaft und Kunst fruchtbar gemacht werden
konnte." Wir wollen aber dieses ganze Kapitel hier beiseite lassen, unsre Leser
sollen darüber einen Bericht aus andrer Feder erhalten.

Während der nächsten zwei Jahre erschienen die beiden Bände des Pelo-
ponues (1851/52). Das Werk war vor zwölf Jahren in Griechenland konzipiert
und ursprünglich als eine deutsche Bearbeitung der geographischen Arbeiten
Leakes gedacht. „Die Engländer, schreibt er 1340, haben im ganzen viel
weniger geistige Befähigung, fremde Länder zu sehen und zu beschreiben als
die Deutsche», aber durch ihre Geldmittel sind sie Gründer der griechischen
Topographie geworden. Doch bleibt immer ein guter Teil unbestrittener Besitz
der Intelligenz, der nicht um Guineen feil ist, und so wird auch uns armen
deutschen Kirchenmäusen immer noch ein Plätzchen offen bleiben." So war es
in der Tat, und das Buch wurde etwas ganz neues nud selbständiges. Als
später Bursian in seiner Geographie Griechenlands an den Peloponnes kam,
entschuldigte er sich gleichsam in der Vorrede: dieser Teil seines Werkes sei
wie eine Ilias nach Homer, alle aber, die auf andern Gebieten Curtius ent¬
gegentraten, haben bis zuletzt den Peloponnes als eine hervorragende Leistung
gelten lassen, und das vergriffne Buch stieg im Antiquariatspreis über das
Doppelte. Das Jahr 1852 brachte dem Verfasser die Ernennung zum Aka-
demiemitglicde und den Auftrag der Weidmanuscheu Buchhnudluug zu einer
Geschichte Griechenlands. Der großen Schwierigkeit dieser Aufgabe war sich
Curtius von Anfang an bewußt, sie wuchs während der Ausarbeitung, wovon
diese Briefe reichlich Zeugnis geben, und von allen seinen Arbeiten hat ihm
diese am meisten Mühe und Sorge gemacht und nicht zum wenigsten auch
Verdruß bereitet. Die Studien für den ersten Band gingen Hand in Hand
mit den Vorbereitungen für die Vorlesungen und waren noch nicht abgeschlossen,
als er 1856 eine Berufung nach Göttingen erhielt.

Sie war für ihn gerade in diesem Zeitpunkt eine große Genugtuung-
„Wollten sie mich hier uicht fortlassen, schrieb er kurz vorher an seinen
Bruder Georg, so müßten sie mir endlich eine anständige Stellung geben
nud mich ans der leidigen Notwendigkeit befreien, durch allerlei Sklaven¬
arbeit mir meinen Unterhalt zu sichern." Nach sechsjähriger Arbeit an der
Universität seit seinem Rücktritt von der Stellung am Hofe hatte er den
Minister an eine vor der Übernahme dieses Amts 1844 gegebne Zusage er-
innert und im Einvernehmen mit der Fakultät um eine Erhöhung seines Ge¬
halts gebeten, das in schreienden Mißverhältnis zu seiner Wirksamkeit stehe.
An demselben Tage und in derselben Stunde, als ihm der abschlägige Be¬
scheid bekannt wurde, kam die Anfrage ans Göttingen, und obwohl der Minister
nun eine ordentliche Professur und jede gewünschte Gehaltserhöhung anbot,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/594>, abgerufen am 27.11.2024.