Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.Line Inselreift durch das griechische Meer Wir waren die ersten Europäer, die diese neuen Ägiuetenköpse zu sehen Der glänzende Vortrag Furtwäuglers wurde durch einen furchtbaren Krach Trotz dieses "Zwischenfalls" -- im eigentlichen Sinne des Wortes -- Nachdem wir uns noch in der scheute mit Mastixschnaps und klarem Am Meere setzten wir uns auf den leichtlunbrcmdeteu Klippen nieder. Das Line Inselreift durch das griechische Meer Wir waren die ersten Europäer, die diese neuen Ägiuetenköpse zu sehen Der glänzende Vortrag Furtwäuglers wurde durch einen furchtbaren Krach Trotz dieses „Zwischenfalls" — im eigentlichen Sinne des Wortes — Nachdem wir uns noch in der scheute mit Mastixschnaps und klarem Am Meere setzten wir uns auf den leichtlunbrcmdeteu Klippen nieder. Das <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0047" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/239603"/> <fw type="header" place="top"> Line Inselreift durch das griechische Meer</fw><lb/> <p xml:id="ID_121"> Wir waren die ersten Europäer, die diese neuen Ägiuetenköpse zu sehen<lb/> bekamen, und sehr viele Europäer iverden sie überhaupt nicht zu sehen bekommen.<lb/> Denn sie werde» in dem kleinen Stadtmuseum zu Aginn aufgestellt werden, also<lb/> abseits von der großen Reisestraße und schwer erreichbar. Die griechische Negierung<lb/> hat sich gegen ihr früheres Prinzip der Sammlung aller Altertümer im großen<lb/> Nntivnalmuseum zu Athen neuerdings vielmehr für die Errichtung kleiner<lb/> Lokalmusceu entschieden, um auch den abgelegnen Orten etwas von dem goldnen<lb/> oder vielmehr papiernen Segen des Fremdenbesnchs zuzuwenden. Auch kann<lb/> man das neue Prinzip ja trotz der Unbequemlichkeiten, die es für den Forscher<lb/> mit sich bringt, vom historischen und ästhetischen Standpunkt aus nur billigen.<lb/> Agiueten gehören eben nach Ägina.</p><lb/> <p xml:id="ID_122"> Der glänzende Vortrag Furtwäuglers wurde durch einen furchtbaren Krach<lb/> unterbrochen. Auf der Lagerstätte des einen der Ausgräber saßen schon zwei<lb/> Malerinnen; eine dritte vom Stehen ermüdete Dame wollte sich zu ihnen<lb/> setzen, da trachte das „wohldnrchbrochne Bett" auseinander, und mit einem<lb/> Schrei stürzten die drei auf den Boden. Auf solche Belastung war die ein¬<lb/> fache archäologische Lagerstätte nicht eingerichtet gewesen.</p><lb/> <p xml:id="ID_123"> Trotz dieses „Zwischenfalls" — im eigentlichen Sinne des Wortes —<lb/> waren die beiden Malerinnen von Ägina, seinem Tempel, seiner Landschaft<lb/> derart begeistert, daß sie erklärten, sie würden alsbald nach Beendigung der<lb/> Inselreihe in eben dieses Bauernhaus zurückkehren und ewige Wochen lang<lb/> ihre Skizzenbücher mit äginetischen Motiven anfüllen. Die eine der Damen<lb/> ließ sich sogar auf der Stelle den Mann kommen, der den Archäologen ihr<lb/> tägliches Armati (Schaf) gebraten hatte, und engagierte ihn für denselben<lb/> Dienst, was der biedre Äginet mit grinsendem Vergnügen annahm.</p><lb/> <p xml:id="ID_124"> Nachdem wir uns noch in der scheute mit Mastixschnaps und klarem<lb/> Wasser gelabt hatten, verließen wir Misagro und zogen dnrch die abwärts<lb/> führende Senkung langsam zum Meer. Die drei jüngern Gehilfen Furt-<lb/> wänglers schlössen sich uns für die ganze Inselreihe an, nämlich der Dresdner<lb/> Professor Herrmann, der Schweizer Architekt Fiechter, der in Alexandria bei<lb/> den Sicglinschen Grabungen gearbeitet hatte und anch dorthin zurückgehn wollte,<lb/> lind der Münchner Thiersch. Dieser hatte sich, solvcit wie irgend möglich, ägine-<lb/> tisiert, er trug eine runde Kappe und ein Paar rote Schuhe mit dicken Quasten<lb/> auf deu Spitzen, sodaß er, wo wir auch hinkamen im Archipelagus, von den<lb/> Griechen sofort als Ägiuet angesprochen wurde. Diese drei Herren waren dnrch<lb/> ihre .Kenntnis der Landesart, ihre frische Begeisterung, ihre Anspruchslosigkeit<lb/> und entgegenkommende Liebenswürdigkeit eine gar nicht hoch genug einzu¬<lb/> schätzende Bereicherung unsrer Reisegesellschaft.</p><lb/> <p xml:id="ID_125" next="#ID_126"> Am Meere setzten wir uns auf den leichtlunbrcmdeteu Klippen nieder. Das<lb/> Wasser war von solcher Klarheit, daß wir bis tief hinunter die Pflanzen und<lb/> Muscheln sahen und die kleinen, zierlichen Fischchen, wie sie leicht und leise<lb/> zwischen den Felsen und. Gewächsen dahin glitten. Als uns das Schiff auf¬<lb/> genommen hatte, schauten wir noch, solange wir konnten, nach der herrlichen,<lb/> stillen Tempelruine zurück, dann fuhren wir um der Stadt vorbei, deren Wahr¬<lb/> zeichen eine einsame dorische Säule am Hafen ist, die, wie es heißt, von einem</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0047]
Line Inselreift durch das griechische Meer
Wir waren die ersten Europäer, die diese neuen Ägiuetenköpse zu sehen
bekamen, und sehr viele Europäer iverden sie überhaupt nicht zu sehen bekommen.
Denn sie werde» in dem kleinen Stadtmuseum zu Aginn aufgestellt werden, also
abseits von der großen Reisestraße und schwer erreichbar. Die griechische Negierung
hat sich gegen ihr früheres Prinzip der Sammlung aller Altertümer im großen
Nntivnalmuseum zu Athen neuerdings vielmehr für die Errichtung kleiner
Lokalmusceu entschieden, um auch den abgelegnen Orten etwas von dem goldnen
oder vielmehr papiernen Segen des Fremdenbesnchs zuzuwenden. Auch kann
man das neue Prinzip ja trotz der Unbequemlichkeiten, die es für den Forscher
mit sich bringt, vom historischen und ästhetischen Standpunkt aus nur billigen.
Agiueten gehören eben nach Ägina.
Der glänzende Vortrag Furtwäuglers wurde durch einen furchtbaren Krach
unterbrochen. Auf der Lagerstätte des einen der Ausgräber saßen schon zwei
Malerinnen; eine dritte vom Stehen ermüdete Dame wollte sich zu ihnen
setzen, da trachte das „wohldnrchbrochne Bett" auseinander, und mit einem
Schrei stürzten die drei auf den Boden. Auf solche Belastung war die ein¬
fache archäologische Lagerstätte nicht eingerichtet gewesen.
Trotz dieses „Zwischenfalls" — im eigentlichen Sinne des Wortes —
waren die beiden Malerinnen von Ägina, seinem Tempel, seiner Landschaft
derart begeistert, daß sie erklärten, sie würden alsbald nach Beendigung der
Inselreihe in eben dieses Bauernhaus zurückkehren und ewige Wochen lang
ihre Skizzenbücher mit äginetischen Motiven anfüllen. Die eine der Damen
ließ sich sogar auf der Stelle den Mann kommen, der den Archäologen ihr
tägliches Armati (Schaf) gebraten hatte, und engagierte ihn für denselben
Dienst, was der biedre Äginet mit grinsendem Vergnügen annahm.
Nachdem wir uns noch in der scheute mit Mastixschnaps und klarem
Wasser gelabt hatten, verließen wir Misagro und zogen dnrch die abwärts
führende Senkung langsam zum Meer. Die drei jüngern Gehilfen Furt-
wänglers schlössen sich uns für die ganze Inselreihe an, nämlich der Dresdner
Professor Herrmann, der Schweizer Architekt Fiechter, der in Alexandria bei
den Sicglinschen Grabungen gearbeitet hatte und anch dorthin zurückgehn wollte,
lind der Münchner Thiersch. Dieser hatte sich, solvcit wie irgend möglich, ägine-
tisiert, er trug eine runde Kappe und ein Paar rote Schuhe mit dicken Quasten
auf deu Spitzen, sodaß er, wo wir auch hinkamen im Archipelagus, von den
Griechen sofort als Ägiuet angesprochen wurde. Diese drei Herren waren dnrch
ihre .Kenntnis der Landesart, ihre frische Begeisterung, ihre Anspruchslosigkeit
und entgegenkommende Liebenswürdigkeit eine gar nicht hoch genug einzu¬
schätzende Bereicherung unsrer Reisegesellschaft.
Am Meere setzten wir uns auf den leichtlunbrcmdeteu Klippen nieder. Das
Wasser war von solcher Klarheit, daß wir bis tief hinunter die Pflanzen und
Muscheln sahen und die kleinen, zierlichen Fischchen, wie sie leicht und leise
zwischen den Felsen und. Gewächsen dahin glitten. Als uns das Schiff auf¬
genommen hatte, schauten wir noch, solange wir konnten, nach der herrlichen,
stillen Tempelruine zurück, dann fuhren wir um der Stadt vorbei, deren Wahr¬
zeichen eine einsame dorische Säule am Hafen ist, die, wie es heißt, von einem
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |