hinauskam. Schon in dem Jahre vorher hatten die Deutschliberalen ein Übereinkommen mit den Polen getroffen, daß ans dem Wege der Verordnung in Galizien die polnische Amtssprache statt der deutschen eingeführt werden sollte. Man opferte ans dem schon erwähnten Grunde jetzt auch die Deutschen in Galizien sowie die dentschfrenudlichen Urtheilen den Polen, statt damals die Gelegenheit zu benutzen, ein Staatsgrnndgesetz über das Sprachmrccht und die Festsetzung des Deutschen als Sprache der Zentralbehörden und des Parla¬ ments durchzusetzen, was mit Hilfe der Polen für das Zugeständnis in Gatten möglich gewesen wäre, um so sichrer, wenn man zugleich die deu Sudtrrotern gewährte italienische Amtssprache mit in das Gesetz einbezogen hatte Ministerialverordnung für Galizien vom Jahre 1869 trägt die Unterschriften der deutschen Minister Herbst. Hafner. Pierer, Giskra. Brestel. Diese haben also selber den ersten Streich zum Abbruch ihrer Staatsgrundfefte getan, indem sie die erste Sprachcuverordnnng erließen, deren folgerichtige Fortsetzung für Böhmen und Mähren unter Badeni dann der Anlaß zu den nun schon über fünf Jahre währenden Sprach- und Parlamentswirren wurde. Ohne jede Gegengewähr, bloß um des Trugbildes eiues deutsch-polnischen Bündnisses willen, gaben damals die deutschen Führer wieder ein Stück ihres Erbes hin, wie schon kurz vorher den Magyaren, von deren Dankbarkeit sie auch eine Stütze ihrer parlamentarischen Herrschaft in Österreich erhofft hatten. Den Ungarn ist so etwas gar nicht eingefallen; sie haben es in richtigem natio¬ nalem Egoismus so lange mit den Deutschen in Österreich gehalten, so lange diese in der Herrschaft waren, und sie werden auch nur so lange für die parla¬ mentarische Regierungsform in Österreich eintreten, als sie nicht bei einem etwa eintretenden Absolutismus ein besseres nationales Geschäft machen können. Daß die galizischen Polen den Deutschösterreichern gegenüber nicht anders ge¬ handelt haben, braucht gar nicht weiter ausgeführt zu werdeu, weil das in der Politik selbstverständlich ist. Namentlich haben sie es auch noch unter Taasfe ausgezeichnet einzurichten gewußt, als unentbehrlicher Bestandteil der slavisch-klerikalen Mehrheit die größten Vorteile für ihr Land herauszuschlagen. Die politische Kurzsichtigkeit der deutsche" Doktrinäre hat seinerzeit nicht nur die gequälten und auf die deutsche Hilfe fest vertrauenden Ruthenen der Schlachtn ausgeliefert, sondern auch die nicht in geringer Anzahl in Galizien lebenden Deutschen, die sich ganz wohl Hütten erhalten lassen mit und neben den zahlreichen Juden. die seit den Zeiten Kasimirs des Großen und der Hansa das Deutsche als Handels- und Geschäftssprache benutzen und sich auch von den Polen nicht darum bringen lassen. Diese hatten aber natürlich leinen Grund, sich für die deutsche Amtssprache, die von der deutschen Regierung aufgegeben wurde, einzusetzen, umsomehr als sie sich einstweilen von dem Zusammengehn mit den Stanezvken größere geschäftliche Vorteile versprechen.
Im Zusammenhang mit dein Sprachenerlaß für Galizien steht noch ein zweiter Erfolg, den die Polen später unter dein Ministerium Adolf Auersperg errangen. Dieses kam ihrer Forderung uns Sonderstellung des Landes soweit nach, daß die Autonomie des galizischen Landtags eine ansehnliche Erweiterung erfuhr. Danach kann dieser eine ganze Reihe von Angelegenheiten selbständig regeln, die in den übrigen Kronlündern der Reichsgesetzgebung vorbehalten sind,
Galizien
hinauskam. Schon in dem Jahre vorher hatten die Deutschliberalen ein Übereinkommen mit den Polen getroffen, daß ans dem Wege der Verordnung in Galizien die polnische Amtssprache statt der deutschen eingeführt werden sollte. Man opferte ans dem schon erwähnten Grunde jetzt auch die Deutschen in Galizien sowie die dentschfrenudlichen Urtheilen den Polen, statt damals die Gelegenheit zu benutzen, ein Staatsgrnndgesetz über das Sprachmrccht und die Festsetzung des Deutschen als Sprache der Zentralbehörden und des Parla¬ ments durchzusetzen, was mit Hilfe der Polen für das Zugeständnis in Gatten möglich gewesen wäre, um so sichrer, wenn man zugleich die deu Sudtrrotern gewährte italienische Amtssprache mit in das Gesetz einbezogen hatte Ministerialverordnung für Galizien vom Jahre 1869 trägt die Unterschriften der deutschen Minister Herbst. Hafner. Pierer, Giskra. Brestel. Diese haben also selber den ersten Streich zum Abbruch ihrer Staatsgrundfefte getan, indem sie die erste Sprachcuverordnnng erließen, deren folgerichtige Fortsetzung für Böhmen und Mähren unter Badeni dann der Anlaß zu den nun schon über fünf Jahre währenden Sprach- und Parlamentswirren wurde. Ohne jede Gegengewähr, bloß um des Trugbildes eiues deutsch-polnischen Bündnisses willen, gaben damals die deutschen Führer wieder ein Stück ihres Erbes hin, wie schon kurz vorher den Magyaren, von deren Dankbarkeit sie auch eine Stütze ihrer parlamentarischen Herrschaft in Österreich erhofft hatten. Den Ungarn ist so etwas gar nicht eingefallen; sie haben es in richtigem natio¬ nalem Egoismus so lange mit den Deutschen in Österreich gehalten, so lange diese in der Herrschaft waren, und sie werden auch nur so lange für die parla¬ mentarische Regierungsform in Österreich eintreten, als sie nicht bei einem etwa eintretenden Absolutismus ein besseres nationales Geschäft machen können. Daß die galizischen Polen den Deutschösterreichern gegenüber nicht anders ge¬ handelt haben, braucht gar nicht weiter ausgeführt zu werdeu, weil das in der Politik selbstverständlich ist. Namentlich haben sie es auch noch unter Taasfe ausgezeichnet einzurichten gewußt, als unentbehrlicher Bestandteil der slavisch-klerikalen Mehrheit die größten Vorteile für ihr Land herauszuschlagen. Die politische Kurzsichtigkeit der deutsche» Doktrinäre hat seinerzeit nicht nur die gequälten und auf die deutsche Hilfe fest vertrauenden Ruthenen der Schlachtn ausgeliefert, sondern auch die nicht in geringer Anzahl in Galizien lebenden Deutschen, die sich ganz wohl Hütten erhalten lassen mit und neben den zahlreichen Juden. die seit den Zeiten Kasimirs des Großen und der Hansa das Deutsche als Handels- und Geschäftssprache benutzen und sich auch von den Polen nicht darum bringen lassen. Diese hatten aber natürlich leinen Grund, sich für die deutsche Amtssprache, die von der deutschen Regierung aufgegeben wurde, einzusetzen, umsomehr als sie sich einstweilen von dem Zusammengehn mit den Stanezvken größere geschäftliche Vorteile versprechen.
Im Zusammenhang mit dein Sprachenerlaß für Galizien steht noch ein zweiter Erfolg, den die Polen später unter dein Ministerium Adolf Auersperg errangen. Dieses kam ihrer Forderung uns Sonderstellung des Landes soweit nach, daß die Autonomie des galizischen Landtags eine ansehnliche Erweiterung erfuhr. Danach kann dieser eine ganze Reihe von Angelegenheiten selbständig regeln, die in den übrigen Kronlündern der Reichsgesetzgebung vorbehalten sind,
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Galizien
hinauskam. Schon in dem Jahre vorher hatten die Deutschliberalen ein
Übereinkommen mit den Polen getroffen, daß ans dem Wege der Verordnung
in Galizien die polnische Amtssprache statt der deutschen eingeführt werden
sollte. Man opferte ans dem schon erwähnten Grunde jetzt auch die Deutschen
in Galizien sowie die dentschfrenudlichen Urtheilen den Polen, statt damals
die Gelegenheit zu benutzen, ein Staatsgrnndgesetz über das Sprachmrccht und
die Festsetzung des Deutschen als Sprache der Zentralbehörden und des Parla¬
ments durchzusetzen, was mit Hilfe der Polen für das Zugeständnis in Gatten
möglich gewesen wäre, um so sichrer, wenn man zugleich die deu Sudtrrotern
gewährte italienische Amtssprache mit in das Gesetz einbezogen hatte
Ministerialverordnung für Galizien vom Jahre 1869 trägt die Unterschriften
der deutschen Minister Herbst. Hafner. Pierer, Giskra. Brestel. Diese haben
also selber den ersten Streich zum Abbruch ihrer Staatsgrundfefte getan, indem
sie die erste Sprachcuverordnnng erließen, deren folgerichtige Fortsetzung für
Böhmen und Mähren unter Badeni dann der Anlaß zu den nun schon über
fünf Jahre währenden Sprach- und Parlamentswirren wurde. Ohne jede
Gegengewähr, bloß um des Trugbildes eiues deutsch-polnischen Bündnisses
willen, gaben damals die deutschen Führer wieder ein Stück ihres Erbes hin,
wie schon kurz vorher den Magyaren, von deren Dankbarkeit sie auch eine
Stütze ihrer parlamentarischen Herrschaft in Österreich erhofft hatten. Den
Ungarn ist so etwas gar nicht eingefallen; sie haben es in richtigem natio¬
nalem Egoismus so lange mit den Deutschen in Österreich gehalten, so lange
diese in der Herrschaft waren, und sie werden auch nur so lange für die parla¬
mentarische Regierungsform in Österreich eintreten, als sie nicht bei einem
etwa eintretenden Absolutismus ein besseres nationales Geschäft machen können.
Daß die galizischen Polen den Deutschösterreichern gegenüber nicht anders ge¬
handelt haben, braucht gar nicht weiter ausgeführt zu werdeu, weil das in
der Politik selbstverständlich ist. Namentlich haben sie es auch noch unter
Taasfe ausgezeichnet einzurichten gewußt, als unentbehrlicher Bestandteil der
slavisch-klerikalen Mehrheit die größten Vorteile für ihr Land herauszuschlagen.
Die politische Kurzsichtigkeit der deutsche» Doktrinäre hat seinerzeit nicht nur
die gequälten und auf die deutsche Hilfe fest vertrauenden Ruthenen der
Schlachtn ausgeliefert, sondern auch die nicht in geringer Anzahl in Galizien
lebenden Deutschen, die sich ganz wohl Hütten erhalten lassen mit und neben
den zahlreichen Juden. die seit den Zeiten Kasimirs des Großen und der Hansa
das Deutsche als Handels- und Geschäftssprache benutzen und sich auch von den
Polen nicht darum bringen lassen. Diese hatten aber natürlich leinen Grund,
sich für die deutsche Amtssprache, die von der deutschen Regierung aufgegeben
wurde, einzusetzen, umsomehr als sie sich einstweilen von dem Zusammengehn
mit den Stanezvken größere geschäftliche Vorteile versprechen.
Im Zusammenhang mit dein Sprachenerlaß für Galizien steht noch ein
zweiter Erfolg, den die Polen später unter dein Ministerium Adolf Auersperg
errangen. Dieses kam ihrer Forderung uns Sonderstellung des Landes soweit
nach, daß die Autonomie des galizischen Landtags eine ansehnliche Erweiterung
erfuhr. Danach kann dieser eine ganze Reihe von Angelegenheiten selbständig
regeln, die in den übrigen Kronlündern der Reichsgesetzgebung vorbehalten sind,
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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/255>, abgerufen am 24.11.2024.
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