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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

des besprochnen Inhalts ausdrücklich mit Genugtuung begrüßt und zur weitern
Prüfung des Plans eine Kommission bestellt.

Was haben nun demgegenüber die fortgesetzten Vorwurfe und Anzapfungen
in der Presse zu bedeuten? Daß sie irgendwie der Sache dienen könnten, wird
niemand glauben. Denn daran zweifelt eigentlich niemand -- auch Dr. Jastrow,
Schmidt, die Frankfurter und die Vossische Zeitung nicht --, daß die amtliche
Arbeitsmarktstatistik mehr leiste,- wird als die Jastrowsche. Ja es fallt auch nie¬
mand ein. zu verlangen, daß das amtliche Blatt zu Gunsten des Jastrowsthen auf
die Arbeitsmarktstatistik verzichten solle, was natürlich auch der re ne Widersinn
wäre. Was sollen also die Klagen über Verletzung des geistigen Eigeiitums an
der Arbeitsmarktstatistik? Welchen Interessen sollen sie dienen? Persönlichen
Interessen des Dr. Jastrow? Es scheint kaum eine andre Antwort übrig zu bleiben.
Aber was ist darunter zu verstehn?

^Daß Dr. Jastrow die Übernahme der Arbeitsmarktstatistik durch das Kaiserliche
Statistische Amt in gewissem Sinne mit gemischten Gefühlen betrachten kann, ist
uus wohl begreiflich. Obgleich das Bewußtsein, daß die Sache -- d. h. die Samm¬
lung und Veröffentlichung der Tatsachen und Zahlen über den Arbeitsmarkt --
jetzt besser daran ist, ihn mit Freiide erfüllen könnte, so mag es immerhin schmerzlich
für ihn sein, eine Sache, als deren hauptsächlicher Förderer er bisher erschien, andern
besser befähigten Händen überlassen zu müssen. Auch wenn er, was wir annehmen
möchten, seine verdienstvollen Versuche rein der Sache wegen, nicht auch als Mittel
zum Erwerb fortgesetzt hat, kann man das verstehn. Aber wie aus einem solchen
idealen Persönlichen Interesse der Anspruch auf "geistiges Eigentum" und die Klage
über Verletzung des geistigen Eigentums an der Arbeiterstatistik begründet werden
könnte, bleibt ganz unbegreiflich; rechtlich ebenso wie moralisch. Und mich wenn
or. Jastrow an der selbständigen Beschaffung des Tatsachen- und Zahlenmaterials
ein materielles Interesse hätte, was wir nach Lage der Sache kaum annehmen
können, so bleibt dieselbe Unbegreiflichkeit bestehn, und zwar wieder rechtlich ebenso
wie moralisch. Nicht einmal wenn die Übernahme der Beschaffung dieses Tnt¬
sachen- und Zahlenmaterials durch den Staat die Verleger oder Inhaber des
"Arbeitsmarkts" veranlassen sollte, das Blatt eingehn zu lassen, könnte im Ernst
auch mir von einem moralischen Anspruch Jastrows auf Entschädigung durch den
Staat die Rede sein, ohne daß sein "geistiges Eigentum" um dem, was das Kaiser¬
liche Statistische Amt jetzt zu leisten durch den Reichstag beauftragt ist, wirklich
erwiesen wäre. Das ist aber nicht erwiesen, sondern das Gegenteil ist notorisch,
wie gleich gezeigt werden wird. Aber auch das Weitererscheinen des "Arbeits¬
markts" braucht durch die -- von Jastrow selbst empfohlue -- Verstaatlichung gar
nicht gefährdet zu werden, wenn man nicht aus andern Gründen einen Vorwnnd
dazu sucht. Zutreffend hat sich in der Beiratssitznng vom 22. Oktober der Vor¬
sitzende darüber ausgesprochen. Es liegt ja auch auf der Hand, daß eine amtliche
Zeitschrift in der Besprechung des Arbeitsmarkts ganz besonders zurückhaltend sein
und die sozialpolitische und sozialwissenschaftliche ebenso wie die nntionalökonomische
Beurteilung und Erklärung der veröffentlichten statistischen Tatsachen in der Regel
der privaten Forschung und der nichtamtlichen Presse überlassen muß. Schon
deshalb, weil sie sonst gar nicht ans einem auf die Dauer unerträglichen Kriegs¬
zustande herauskommen würde. Es bleibt also neben der amtlichen Zeitschrift und
much neben der "Sozialen Praxis" mit ihrem sehr weit ausgreifendeii Programm
für ein privates, oder wie man -- nicht immer zutreffend -- gern sagt: unab¬
hängiges "Spezialorgmi" für den Arbeitsmarkt immer noch nicht nur Platz geung
übrig, sondern unsers Erachtens sogar ein Bedürfnis bestehn.

Unmittelbar mit der Frage des "geistigen Eigeiitums" Jastrows Hot sich der
Beirat in seiner Sitzung vom 13. Dezember beschäftigt (Drucksache Ur. 2), wobei
namentlich auf einen Artikel der Frankfurter Zeitung vom 18. November Bezug
genommen wurde, der gesagt hatte, es bestehe eine anerkanntermaßen brauchbare
Arbeitsmnrktstatistik, die vou Dr. Jastrow auf Grund einer "von ihm selbst gefundnen


Maßgebliches und Unmaßgebliches

des besprochnen Inhalts ausdrücklich mit Genugtuung begrüßt und zur weitern
Prüfung des Plans eine Kommission bestellt.

Was haben nun demgegenüber die fortgesetzten Vorwurfe und Anzapfungen
in der Presse zu bedeuten? Daß sie irgendwie der Sache dienen könnten, wird
niemand glauben. Denn daran zweifelt eigentlich niemand — auch Dr. Jastrow,
Schmidt, die Frankfurter und die Vossische Zeitung nicht —, daß die amtliche
Arbeitsmarktstatistik mehr leiste,- wird als die Jastrowsche. Ja es fallt auch nie¬
mand ein. zu verlangen, daß das amtliche Blatt zu Gunsten des Jastrowsthen auf
die Arbeitsmarktstatistik verzichten solle, was natürlich auch der re ne Widersinn
wäre. Was sollen also die Klagen über Verletzung des geistigen Eigeiitums an
der Arbeitsmarktstatistik? Welchen Interessen sollen sie dienen? Persönlichen
Interessen des Dr. Jastrow? Es scheint kaum eine andre Antwort übrig zu bleiben.
Aber was ist darunter zu verstehn?

^Daß Dr. Jastrow die Übernahme der Arbeitsmarktstatistik durch das Kaiserliche
Statistische Amt in gewissem Sinne mit gemischten Gefühlen betrachten kann, ist
uus wohl begreiflich. Obgleich das Bewußtsein, daß die Sache — d. h. die Samm¬
lung und Veröffentlichung der Tatsachen und Zahlen über den Arbeitsmarkt —
jetzt besser daran ist, ihn mit Freiide erfüllen könnte, so mag es immerhin schmerzlich
für ihn sein, eine Sache, als deren hauptsächlicher Förderer er bisher erschien, andern
besser befähigten Händen überlassen zu müssen. Auch wenn er, was wir annehmen
möchten, seine verdienstvollen Versuche rein der Sache wegen, nicht auch als Mittel
zum Erwerb fortgesetzt hat, kann man das verstehn. Aber wie aus einem solchen
idealen Persönlichen Interesse der Anspruch auf „geistiges Eigentum" und die Klage
über Verletzung des geistigen Eigentums an der Arbeiterstatistik begründet werden
könnte, bleibt ganz unbegreiflich; rechtlich ebenso wie moralisch. Und mich wenn
or. Jastrow an der selbständigen Beschaffung des Tatsachen- und Zahlenmaterials
ein materielles Interesse hätte, was wir nach Lage der Sache kaum annehmen
können, so bleibt dieselbe Unbegreiflichkeit bestehn, und zwar wieder rechtlich ebenso
wie moralisch. Nicht einmal wenn die Übernahme der Beschaffung dieses Tnt¬
sachen- und Zahlenmaterials durch den Staat die Verleger oder Inhaber des
„Arbeitsmarkts" veranlassen sollte, das Blatt eingehn zu lassen, könnte im Ernst
auch mir von einem moralischen Anspruch Jastrows auf Entschädigung durch den
Staat die Rede sein, ohne daß sein „geistiges Eigentum" um dem, was das Kaiser¬
liche Statistische Amt jetzt zu leisten durch den Reichstag beauftragt ist, wirklich
erwiesen wäre. Das ist aber nicht erwiesen, sondern das Gegenteil ist notorisch,
wie gleich gezeigt werden wird. Aber auch das Weitererscheinen des „Arbeits¬
markts" braucht durch die — von Jastrow selbst empfohlue — Verstaatlichung gar
nicht gefährdet zu werden, wenn man nicht aus andern Gründen einen Vorwnnd
dazu sucht. Zutreffend hat sich in der Beiratssitznng vom 22. Oktober der Vor¬
sitzende darüber ausgesprochen. Es liegt ja auch auf der Hand, daß eine amtliche
Zeitschrift in der Besprechung des Arbeitsmarkts ganz besonders zurückhaltend sein
und die sozialpolitische und sozialwissenschaftliche ebenso wie die nntionalökonomische
Beurteilung und Erklärung der veröffentlichten statistischen Tatsachen in der Regel
der privaten Forschung und der nichtamtlichen Presse überlassen muß. Schon
deshalb, weil sie sonst gar nicht ans einem auf die Dauer unerträglichen Kriegs¬
zustande herauskommen würde. Es bleibt also neben der amtlichen Zeitschrift und
much neben der „Sozialen Praxis" mit ihrem sehr weit ausgreifendeii Programm
für ein privates, oder wie man — nicht immer zutreffend — gern sagt: unab¬
hängiges „Spezialorgmi" für den Arbeitsmarkt immer noch nicht nur Platz geung
übrig, sondern unsers Erachtens sogar ein Bedürfnis bestehn.

Unmittelbar mit der Frage des „geistigen Eigeiitums" Jastrows Hot sich der
Beirat in seiner Sitzung vom 13. Dezember beschäftigt (Drucksache Ur. 2), wobei
namentlich auf einen Artikel der Frankfurter Zeitung vom 18. November Bezug
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Arbeitsmnrktstatistik, die vou Dr. Jastrow auf Grund einer „von ihm selbst gefundnen


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[0251] Maßgebliches und Unmaßgebliches des besprochnen Inhalts ausdrücklich mit Genugtuung begrüßt und zur weitern Prüfung des Plans eine Kommission bestellt. Was haben nun demgegenüber die fortgesetzten Vorwurfe und Anzapfungen in der Presse zu bedeuten? Daß sie irgendwie der Sache dienen könnten, wird niemand glauben. Denn daran zweifelt eigentlich niemand — auch Dr. Jastrow, Schmidt, die Frankfurter und die Vossische Zeitung nicht —, daß die amtliche Arbeitsmarktstatistik mehr leiste,- wird als die Jastrowsche. Ja es fallt auch nie¬ mand ein. zu verlangen, daß das amtliche Blatt zu Gunsten des Jastrowsthen auf die Arbeitsmarktstatistik verzichten solle, was natürlich auch der re ne Widersinn wäre. Was sollen also die Klagen über Verletzung des geistigen Eigeiitums an der Arbeitsmarktstatistik? Welchen Interessen sollen sie dienen? Persönlichen Interessen des Dr. Jastrow? Es scheint kaum eine andre Antwort übrig zu bleiben. Aber was ist darunter zu verstehn? ^Daß Dr. Jastrow die Übernahme der Arbeitsmarktstatistik durch das Kaiserliche Statistische Amt in gewissem Sinne mit gemischten Gefühlen betrachten kann, ist uus wohl begreiflich. Obgleich das Bewußtsein, daß die Sache — d. h. die Samm¬ lung und Veröffentlichung der Tatsachen und Zahlen über den Arbeitsmarkt — jetzt besser daran ist, ihn mit Freiide erfüllen könnte, so mag es immerhin schmerzlich für ihn sein, eine Sache, als deren hauptsächlicher Förderer er bisher erschien, andern besser befähigten Händen überlassen zu müssen. Auch wenn er, was wir annehmen möchten, seine verdienstvollen Versuche rein der Sache wegen, nicht auch als Mittel zum Erwerb fortgesetzt hat, kann man das verstehn. Aber wie aus einem solchen idealen Persönlichen Interesse der Anspruch auf „geistiges Eigentum" und die Klage über Verletzung des geistigen Eigentums an der Arbeiterstatistik begründet werden könnte, bleibt ganz unbegreiflich; rechtlich ebenso wie moralisch. Und mich wenn or. Jastrow an der selbständigen Beschaffung des Tatsachen- und Zahlenmaterials ein materielles Interesse hätte, was wir nach Lage der Sache kaum annehmen können, so bleibt dieselbe Unbegreiflichkeit bestehn, und zwar wieder rechtlich ebenso wie moralisch. Nicht einmal wenn die Übernahme der Beschaffung dieses Tnt¬ sachen- und Zahlenmaterials durch den Staat die Verleger oder Inhaber des „Arbeitsmarkts" veranlassen sollte, das Blatt eingehn zu lassen, könnte im Ernst auch mir von einem moralischen Anspruch Jastrows auf Entschädigung durch den Staat die Rede sein, ohne daß sein „geistiges Eigentum" um dem, was das Kaiser¬ liche Statistische Amt jetzt zu leisten durch den Reichstag beauftragt ist, wirklich erwiesen wäre. Das ist aber nicht erwiesen, sondern das Gegenteil ist notorisch, wie gleich gezeigt werden wird. Aber auch das Weitererscheinen des „Arbeits¬ markts" braucht durch die — von Jastrow selbst empfohlue — Verstaatlichung gar nicht gefährdet zu werden, wenn man nicht aus andern Gründen einen Vorwnnd dazu sucht. Zutreffend hat sich in der Beiratssitznng vom 22. Oktober der Vor¬ sitzende darüber ausgesprochen. Es liegt ja auch auf der Hand, daß eine amtliche Zeitschrift in der Besprechung des Arbeitsmarkts ganz besonders zurückhaltend sein und die sozialpolitische und sozialwissenschaftliche ebenso wie die nntionalökonomische Beurteilung und Erklärung der veröffentlichten statistischen Tatsachen in der Regel der privaten Forschung und der nichtamtlichen Presse überlassen muß. Schon deshalb, weil sie sonst gar nicht ans einem auf die Dauer unerträglichen Kriegs¬ zustande herauskommen würde. Es bleibt also neben der amtlichen Zeitschrift und much neben der „Sozialen Praxis" mit ihrem sehr weit ausgreifendeii Programm für ein privates, oder wie man — nicht immer zutreffend — gern sagt: unab¬ hängiges „Spezialorgmi" für den Arbeitsmarkt immer noch nicht nur Platz geung übrig, sondern unsers Erachtens sogar ein Bedürfnis bestehn. Unmittelbar mit der Frage des „geistigen Eigeiitums" Jastrows Hot sich der Beirat in seiner Sitzung vom 13. Dezember beschäftigt (Drucksache Ur. 2), wobei namentlich auf einen Artikel der Frankfurter Zeitung vom 18. November Bezug genommen wurde, der gesagt hatte, es bestehe eine anerkanntermaßen brauchbare Arbeitsmnrktstatistik, die vou Dr. Jastrow auf Grund einer „von ihm selbst gefundnen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/251>, abgerufen am 01.09.2024.