Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.Die preußisch-italienische Allianz von ^866 durch Barren Italien auffordern lassen, seinerseits dem Waffenstillstand beizu- Als Govone am 31. Juli abends von einer Parade des Korps HerwarthS Die preußisch-italienische Allianz von ^866 durch Barren Italien auffordern lassen, seinerseits dem Waffenstillstand beizu- Als Govone am 31. Juli abends von einer Parade des Korps HerwarthS <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0140" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/239696"/> <fw type="header" place="top"> Die preußisch-italienische Allianz von ^866</fw><lb/> <p xml:id="ID_703" prev="#ID_702"> durch Barren Italien auffordern lassen, seinerseits dem Waffenstillstand beizu-<lb/> treten, Preußen selbst war eben im Begriff, die Waffenruhe in einen Präliminar-<lb/> frieden zu verwandeln, ohne sich um die Einwendungen der Italiener zu<lb/> kümmern, „LismaroK nmuauo as xroeöäos. v'sse trop kort. Aber sie sind<lb/> die Sieger, wir sind Besiegte." Es nützte Govone nichts, daß er Bismarck<lb/> vorstellte, wie Italien einem fast übermächtigen Druck Napoleons widerstanden<lb/> habe, um im Einverständnis mit Preußen zu bleiben. Und vergebens erhob<lb/> er den Anspruch auf Wclschtirol und Jstrien. Bismarck entwickelte ausführlich<lb/> die militärischen Gründe, die Preußen zum Friedensschluß bestimmten, und<lb/> unter diesen Gründen nannte er auch die lässige Kriegführung der Italiener<lb/> und den unbehelligten Abzug der Österreicher uach Norden. Das verschwieg<lb/> er, daß vor wenig Stunden Benedetti bei ihm gewesen war und den Anspruch<lb/> Napoleons auf Gebietsabtretungen formell angemeldet hatte. Als Govone<lb/> fragte, was Preußen tun würde, wem? Italien seine Zustimmung zum Waffen¬<lb/> stillstand verweigerte, sagte er kurz, nach dem Wortlaut des Vertrags könne<lb/> Italien seine Einwilligung nicht verweigern, wenn ihm Venetien zugesichert<lb/> sei. Die schüchterne Andeutung, Italien könne sofort einen Separatfrieden<lb/> mit Österreich schließen, wodurch Preußen für die bevorstehenden Friedens¬<lb/> verhandlungen isoliert wäre, auch könnte es sich nach andern Allianzen um¬<lb/> sehen, machte auf Bismarck keinen Eindruck. Noch am Abend des 26. Juli<lb/> unterzeichnete dieser den Waffenstillstand mit den Friedenspräliminarien, ohne<lb/> Italien offiziell zu benachrichtigen. „Graf Bismarck hat einfach die Zustim¬<lb/> mung Italiens vorbehalten, und auf Grund von Artikel 4 des Bündnisver¬<lb/> trags spricht er uns das Recht ab, diese Zustimmung zu verweigern. In<lb/> dieser Lage sollen wir eine Zustimmung verweigern, über die man entschlossen<lb/> ist hinwegzugehu, und deren Verweigerung einen Bruch herbeiführen würde?"<lb/> Er und Barral warteten nur noch die telegraphische Einwilligung aus Florenz ab,<lb/> um dann wieder abzureisen. Unter dem Eindruck dieser Nikolsburger Tage<lb/> schrieb er in sein Tagebuch (30. Juli): „Alles in allem sehe ich deutlich, daß<lb/> Gott die Menschen verblendet, die er verderben will, daß alles dies der Lauf der<lb/> menschlichen Dinge ist, und daß sich, nachdem die Stunde der Nationalität ge¬<lb/> kommen ist, für Italien Viktor Emanuel, Cavvur und Garibaldi finden, für Preußen<lb/> Bismarck und die gezognen Geschütze, für Österreich der Bankrott und Benedek."</p><lb/> <p xml:id="ID_704" next="#ID_705"> Als Govone am 31. Juli abends von einer Parade des Korps HerwarthS<lb/> von Bitterfeld nach Nitolsburg zurückkehrte, war Barral, verstimmt über deu<lb/> Gang der Dinge, schon abgereist, ohne sich von Bismarck zu verabschieden.<lb/> Schriftlich hatte er diesem noch mitgeteilt, daß die Einwilligung zum Waffen¬<lb/> stillstand ans vier Wochen, vom 2. August an, aus Florenz eingetroffen war.<lb/> Auch Govoue rüstete sich zur Abreise, hatte aber zuvor noch eine längere<lb/> Unterredung mit Bismarck, der noch einmal eingehend die Gründe entwickelte, die<lb/> Preußen zur Einstellung der Feindseligkeiten bewogen hatten, und ihn wegen der<lb/> Form beruhigte, in der Venetien den Italienern zugesprochen wurde. Aus¬<lb/> drücklich erklärte er, daß Preußen nach dein Eingreifen des Kaisers Napoleon<lb/> die Einstellung der Feindseligkeiten so lange wie möglich, nämlich vom 5. bis zum<lb/> 22. Juli hinausgezogen habe, um womöglich uach Wien zu gelangen und zu-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0140]
Die preußisch-italienische Allianz von ^866
durch Barren Italien auffordern lassen, seinerseits dem Waffenstillstand beizu-
treten, Preußen selbst war eben im Begriff, die Waffenruhe in einen Präliminar-
frieden zu verwandeln, ohne sich um die Einwendungen der Italiener zu
kümmern, „LismaroK nmuauo as xroeöäos. v'sse trop kort. Aber sie sind
die Sieger, wir sind Besiegte." Es nützte Govone nichts, daß er Bismarck
vorstellte, wie Italien einem fast übermächtigen Druck Napoleons widerstanden
habe, um im Einverständnis mit Preußen zu bleiben. Und vergebens erhob
er den Anspruch auf Wclschtirol und Jstrien. Bismarck entwickelte ausführlich
die militärischen Gründe, die Preußen zum Friedensschluß bestimmten, und
unter diesen Gründen nannte er auch die lässige Kriegführung der Italiener
und den unbehelligten Abzug der Österreicher uach Norden. Das verschwieg
er, daß vor wenig Stunden Benedetti bei ihm gewesen war und den Anspruch
Napoleons auf Gebietsabtretungen formell angemeldet hatte. Als Govone
fragte, was Preußen tun würde, wem? Italien seine Zustimmung zum Waffen¬
stillstand verweigerte, sagte er kurz, nach dem Wortlaut des Vertrags könne
Italien seine Einwilligung nicht verweigern, wenn ihm Venetien zugesichert
sei. Die schüchterne Andeutung, Italien könne sofort einen Separatfrieden
mit Österreich schließen, wodurch Preußen für die bevorstehenden Friedens¬
verhandlungen isoliert wäre, auch könnte es sich nach andern Allianzen um¬
sehen, machte auf Bismarck keinen Eindruck. Noch am Abend des 26. Juli
unterzeichnete dieser den Waffenstillstand mit den Friedenspräliminarien, ohne
Italien offiziell zu benachrichtigen. „Graf Bismarck hat einfach die Zustim¬
mung Italiens vorbehalten, und auf Grund von Artikel 4 des Bündnisver¬
trags spricht er uns das Recht ab, diese Zustimmung zu verweigern. In
dieser Lage sollen wir eine Zustimmung verweigern, über die man entschlossen
ist hinwegzugehu, und deren Verweigerung einen Bruch herbeiführen würde?"
Er und Barral warteten nur noch die telegraphische Einwilligung aus Florenz ab,
um dann wieder abzureisen. Unter dem Eindruck dieser Nikolsburger Tage
schrieb er in sein Tagebuch (30. Juli): „Alles in allem sehe ich deutlich, daß
Gott die Menschen verblendet, die er verderben will, daß alles dies der Lauf der
menschlichen Dinge ist, und daß sich, nachdem die Stunde der Nationalität ge¬
kommen ist, für Italien Viktor Emanuel, Cavvur und Garibaldi finden, für Preußen
Bismarck und die gezognen Geschütze, für Österreich der Bankrott und Benedek."
Als Govone am 31. Juli abends von einer Parade des Korps HerwarthS
von Bitterfeld nach Nitolsburg zurückkehrte, war Barral, verstimmt über deu
Gang der Dinge, schon abgereist, ohne sich von Bismarck zu verabschieden.
Schriftlich hatte er diesem noch mitgeteilt, daß die Einwilligung zum Waffen¬
stillstand ans vier Wochen, vom 2. August an, aus Florenz eingetroffen war.
Auch Govoue rüstete sich zur Abreise, hatte aber zuvor noch eine längere
Unterredung mit Bismarck, der noch einmal eingehend die Gründe entwickelte, die
Preußen zur Einstellung der Feindseligkeiten bewogen hatten, und ihn wegen der
Form beruhigte, in der Venetien den Italienern zugesprochen wurde. Aus¬
drücklich erklärte er, daß Preußen nach dein Eingreifen des Kaisers Napoleon
die Einstellung der Feindseligkeiten so lange wie möglich, nämlich vom 5. bis zum
22. Juli hinausgezogen habe, um womöglich uach Wien zu gelangen und zu-
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