Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.Die Beamtenfrage in der Provinz Posen ohne die doppelte Anrechnung von drei Jahren, denn ein unzufriedner und da¬ "Die Lösung unsrer polnischen Frage von heute ist die Niederwerfung Dies führt mich zu dem Kapitel von den fortwährenden Versetzungen; in Die Beamtenfrage in der Provinz Posen ohne die doppelte Anrechnung von drei Jahren, denn ein unzufriedner und da¬ „Die Lösung unsrer polnischen Frage von heute ist die Niederwerfung Dies führt mich zu dem Kapitel von den fortwährenden Versetzungen; in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0349" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/239137"/> <fw type="header" place="top"> Die Beamtenfrage in der Provinz Posen</fw><lb/> <p xml:id="ID_1749" prev="#ID_1748"> ohne die doppelte Anrechnung von drei Jahren, denn ein unzufriedner und da¬<lb/> durch lässig werdender Beamter schadet hier durch ferneres Bleiben mehr, als<lb/> er nützt, und Ersatz wird sich leicht finden, da der Ehrgeiz, in der Provinz<lb/> Posen verwandt zu werden, was soviel als „tüchtig" bedeutet, zumal mit den<lb/> günstigen Pcnsivnsbedingungen, viele vorzügliche und pflichttreue Kräfte, und<lb/> auf diese kommt es an, anlocken wird,</p><lb/> <p xml:id="ID_1750"> „Die Lösung unsrer polnischen Frage von heute ist die Niederwerfung<lb/> der polnischen Bewegung auf preußischem Voden, und das ist zunächst eine<lb/> Politische, nicht eine wirtschaftliche Aufgabe," sagt der Verfasser um Schlüsse<lb/> des Grenzbotenartikels vom 31, Juli. Zur Lösung dieser Aufgabe aber<lb/> ist es nötig, ein tüchtiges Beamtentum mit seinen jahrelangen Erfahrungen,<lb/> seiner nicht leicht zu erwerbenden Personenkenntuis durch verbriefte Ver¬<lb/> günstigungen und Vorteile hier festzuhalten, denn der Pole weiß ganz genau,<lb/> daß der fortwährende Beamtenwechsel für seine verschlagnen Machinationen<lb/> vom größten Vorteil ist; darum seine Miniernrbcit, sein Bestreben, durch Nadel¬<lb/> stiche einem pflichttreuen, eifrigen, weder dem Spiel noch dem Trunke oder<lb/> den Tafelfreuden zugänglichen Beamten das Leben hier so sauer wie nur<lb/> möglich zu macheu; darum das Kunststück, Verleumdungen, Verdächtigungen,<lb/> direkte Angriffe im Abgeordnetenhause spielen zu lassen, bis der unbequeme<lb/> Beamte selber um seine Versetzung nachsucht, die ja schließlich, namentlich<lb/> wenn am Orte keine Höhen? Schulen sind, in eine Gymnasinlstadt als Be¬<lb/> lohnung gewährt wird. Ehe sich nun der Nachfolger einarbeitet, die so<lb/> nötige Personenkenntnis erwirbt, hat das Polentum einen großen Vorsprung<lb/> gewonnen, mancherlei ist unter der Hand möglich gemacht worden, was bei<lb/> der Kenntnis der Verhältnisse unter dem frühern Beamten gar nicht denkbar<lb/> gewesen wäre.</p><lb/> <p xml:id="ID_1751" next="#ID_1752"> Dies führt mich zu dem Kapitel von den fortwährenden Versetzungen; in<lb/> kleinern Orten, namentlich in denen ohne Gymnasium, fluktuiert thatsächlich<lb/> das Beamtentum unaufhörlich. Man schaffe hier endlich stabilere Verhältnisse.<lb/> Es könnte dies dadurch geschehn, daß man eine Anzahl von kleinen Ghmnasien<lb/> aufhöbe, oder besser, die drei untern Klassen — Sexta, Quinta, Quarta — ge¬<lb/> wissermaßen als „Untergymnasium" bestehn ließe und außerdem noch derartige<lb/> Untergymnasien" überall in den kleinen Örtchen einrichtete, wo es für die dort<lb/> ur einer gewissen Anzahl stationierten deutschen Beamtenfamilien notwendig er¬<lb/> scheint. Zeigen sich die Kinder solcher Beamtenfamilien für die Tertia reif,<lb/> so nehme man den Eltern die Sorge und lasse ihre Kinder, ähnlich wie in<lb/> Schulpforta, wo das Gymnasium erst mit Tertia beginnt, gegen eine mäßige<lb/> Zahlung (150 Mark bis 300 Mark jährlich, unter gewissen Umständen ganz<lb/> frei) in Konvikte eintreten, die man hauptsächlich für Beamtenkinder an drei<lb/> oder vier Voll- oder „Obergymnasien" der Provinz einrichte. Dort mögen<lb/> sie sreie Verpflegung, freies Schulgeld, freie Bücher und Obdach erhalten, nur<lb/> sür Wäsche und Kleidung hätten die Eltern zu sorgen; Mädchen könnten vom<lb/> zehnten oder zwölften Lebensjahre an in ähnlicher Weise in Posen und Brom-<lb/> berg untergebracht werden, ohne daß sie die Verpflichtung übernehmen müßten,<lb/> sich als Lehrerinnen ausbilden zu lassen. Es würde diese staatliche Fürsorge</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0349]
Die Beamtenfrage in der Provinz Posen
ohne die doppelte Anrechnung von drei Jahren, denn ein unzufriedner und da¬
durch lässig werdender Beamter schadet hier durch ferneres Bleiben mehr, als
er nützt, und Ersatz wird sich leicht finden, da der Ehrgeiz, in der Provinz
Posen verwandt zu werden, was soviel als „tüchtig" bedeutet, zumal mit den
günstigen Pcnsivnsbedingungen, viele vorzügliche und pflichttreue Kräfte, und
auf diese kommt es an, anlocken wird,
„Die Lösung unsrer polnischen Frage von heute ist die Niederwerfung
der polnischen Bewegung auf preußischem Voden, und das ist zunächst eine
Politische, nicht eine wirtschaftliche Aufgabe," sagt der Verfasser um Schlüsse
des Grenzbotenartikels vom 31, Juli. Zur Lösung dieser Aufgabe aber
ist es nötig, ein tüchtiges Beamtentum mit seinen jahrelangen Erfahrungen,
seiner nicht leicht zu erwerbenden Personenkenntuis durch verbriefte Ver¬
günstigungen und Vorteile hier festzuhalten, denn der Pole weiß ganz genau,
daß der fortwährende Beamtenwechsel für seine verschlagnen Machinationen
vom größten Vorteil ist; darum seine Miniernrbcit, sein Bestreben, durch Nadel¬
stiche einem pflichttreuen, eifrigen, weder dem Spiel noch dem Trunke oder
den Tafelfreuden zugänglichen Beamten das Leben hier so sauer wie nur
möglich zu macheu; darum das Kunststück, Verleumdungen, Verdächtigungen,
direkte Angriffe im Abgeordnetenhause spielen zu lassen, bis der unbequeme
Beamte selber um seine Versetzung nachsucht, die ja schließlich, namentlich
wenn am Orte keine Höhen? Schulen sind, in eine Gymnasinlstadt als Be¬
lohnung gewährt wird. Ehe sich nun der Nachfolger einarbeitet, die so
nötige Personenkenntnis erwirbt, hat das Polentum einen großen Vorsprung
gewonnen, mancherlei ist unter der Hand möglich gemacht worden, was bei
der Kenntnis der Verhältnisse unter dem frühern Beamten gar nicht denkbar
gewesen wäre.
Dies führt mich zu dem Kapitel von den fortwährenden Versetzungen; in
kleinern Orten, namentlich in denen ohne Gymnasium, fluktuiert thatsächlich
das Beamtentum unaufhörlich. Man schaffe hier endlich stabilere Verhältnisse.
Es könnte dies dadurch geschehn, daß man eine Anzahl von kleinen Ghmnasien
aufhöbe, oder besser, die drei untern Klassen — Sexta, Quinta, Quarta — ge¬
wissermaßen als „Untergymnasium" bestehn ließe und außerdem noch derartige
Untergymnasien" überall in den kleinen Örtchen einrichtete, wo es für die dort
ur einer gewissen Anzahl stationierten deutschen Beamtenfamilien notwendig er¬
scheint. Zeigen sich die Kinder solcher Beamtenfamilien für die Tertia reif,
so nehme man den Eltern die Sorge und lasse ihre Kinder, ähnlich wie in
Schulpforta, wo das Gymnasium erst mit Tertia beginnt, gegen eine mäßige
Zahlung (150 Mark bis 300 Mark jährlich, unter gewissen Umständen ganz
frei) in Konvikte eintreten, die man hauptsächlich für Beamtenkinder an drei
oder vier Voll- oder „Obergymnasien" der Provinz einrichte. Dort mögen
sie sreie Verpflegung, freies Schulgeld, freie Bücher und Obdach erhalten, nur
sür Wäsche und Kleidung hätten die Eltern zu sorgen; Mädchen könnten vom
zehnten oder zwölften Lebensjahre an in ähnlicher Weise in Posen und Brom-
berg untergebracht werden, ohne daß sie die Verpflichtung übernehmen müßten,
sich als Lehrerinnen ausbilden zu lassen. Es würde diese staatliche Fürsorge
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