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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Umständen mit Friedenskundgebungen befreunden Kumte, die die politischen Kreise
Rußlands zu stören geeignet waren. Ganz besonders verdrießlich aber war es,
daß in Anknüpfung an den Besuch des deutschen Kaisers an Bord des französischen
Kriegsschiffes "Jphtgemie" in gewissen Pariser Blättern (bor allem im "Matin"
und im "Figaro") von neuem das unleidliche Thema variiert wurde, zu welchem
Zweck eigentlich Frankreich dem russischen Reiche eine Milliarde nach der andern
zur Verfügung stelle, wenn man sich doch mit Deutschland auf guten Fuß stellen
wolle. Diese Deliberationen riefen in Petersburg starkes Unbehagen hervor; eine
Zuschrift, die der "Politischen Korrespondenz" im Angust 1899 aus Petersburg
zuging, ließ sich über den Eindruck, den die damaligen dentschfreuudlicheu Tendenzen
Frankreichs in Petersburg hervorriefen, n, n, wie nachstehend aus: "In dem Urteil
über die Bedeutung des jüngst stattgehabten Besuchs Kaiser Wilhelms 11. am Bord
eines französischen Kriegsschiffes lind des daran geknüpften Depeschenwcchsels zwischen
dein Kaiser und dem Präsidenten Lonbet hat sich hier ein Umschwung vollzogen.
Anfänglich hatten diese Vorgänge nnr eine" schwachen Eindruck hervorgerufen. . .
Die Äußerungen mehrerer französischer Blätter über die Episode anf der "Iphigenie"
haben jedoch in der öffentlichen Meinung Rußlands eine Schwenkung bewirkt.
Bei eiuer Gruppe französischer Politiker findet diesen Kundgebungen zufolge der
Gedanke einer engern Annäherung Frankreichs an Deutschland Anklang, und man
scheint hierbei in Paris nicht zu ahnen, daß ein derartiges Auftreten in Rußland
ebensolche Verstimmung hervorrufen muß, wie sie sich in Frankreich einstellen würde,
wenn etwa russische Blätter es angemessen fänden, sozusagen unter den Augen
der Franzosen die Ersprießlichkeit und die Bedingungen eines intimeru Anschlusses
Rußlands an Deutschland zu erörtern. Die Art und Weise, in der Wortführer
der neuen politischen Richtung im "Figaro" und "Matin" das französisch-deutsche
Einvernehmen dem französisch-russischen Bündnis aufgepfropft sehen möchten, und
die Argumente, durch die sie diesen Gedanken den Franzosen einleuchtend zu machen
suchen, rufe" hier nicht nnr in der öffentlichen Meinung, sondern auch in den
maßgebenden Kreisen einen seltsamen und zwar weder freundlichen noch imponierender
Eindruck hervor. . . . Denn es kauu in Petersburg nur peinliches Befremden und
Mißtrauen wachrufen, wenn much nur ein sehr kleiner Teil der Franzosen imstande
ist, so leicht vou einem Extrem zum andern zu schwcickeu und bald mit Petersburg,
bald mit Berlin zu liebäugeln." So die Zuschrift der "Politischen Korrespondenz."
Um allen Zweifeln ein Ende zu machen, fuhr Herr Deleasse im August 1899 nach
Petersburg. Am 5. August desselben Jahres verlieh ihm der Zar die Jnsignien
des Alexander-Newskij-Ordens in Diamanten. An der Berliner Börse wurde
damals berechnet, was diese Diamanten der französischen Republik wohl kosten würden.
Am 22. Mai 1901 endlich wurde die Rechnung in Paris präsentiert: an diesem
Tage wurde durch das Pariser Haus Rothschild eine vierprvzentige Anleihe von
424 Millionen Franken zum Kurse von 98'/^ aufgelegt. Damit War die Allianz ge¬
rettet, und das Phantom eines "deutsch-französischen Zweibuudes" versank in den
Abgrund.

In diesem Jahre nnn ist Deutschland wieder an der Reihe: Mitte März d. I.
stellte das uuter Führung des Hauses Mendelssohn Co. stehende Konsortium
bei der Zulassnngsstelle der Berliner Börse den Antrag anf Zulassung von
393 Millionen Mark vierprozeutiger russischer Staatsreute zum Bvrseuhaudel, und
kurz darauf wurde die Zulassung von der Berliner Zulassnngsstelle genehmigt.
Der Zweck dieses Auleheus, das durch deutsche Kapitalisten aufgebracht werden
soll, macht diese Transaktion zu einer der seltsamsten auf dem Gebiete des deutschen
Emissionswesens, er lautet kurz: die vorläufige Aufbringung der russischen Kriegs¬
kosten in China. Der offizielle Prospekt beginnt mit einem allerhöchsten Mas
an den russischen Finanzminister, unterzeichnet von Seiner Majestät dem Kaiser
am 1./14. März 1902: "Indem Wir es gemäß Ihrer im Finanzkomitee ge¬
prüften Vorstellung für gut erachtet haben, zur Realisierung der Nußland zu-


Umständen mit Friedenskundgebungen befreunden Kumte, die die politischen Kreise
Rußlands zu stören geeignet waren. Ganz besonders verdrießlich aber war es,
daß in Anknüpfung an den Besuch des deutschen Kaisers an Bord des französischen
Kriegsschiffes „Jphtgemie" in gewissen Pariser Blättern (bor allem im „Matin"
und im „Figaro") von neuem das unleidliche Thema variiert wurde, zu welchem
Zweck eigentlich Frankreich dem russischen Reiche eine Milliarde nach der andern
zur Verfügung stelle, wenn man sich doch mit Deutschland auf guten Fuß stellen
wolle. Diese Deliberationen riefen in Petersburg starkes Unbehagen hervor; eine
Zuschrift, die der „Politischen Korrespondenz" im Angust 1899 aus Petersburg
zuging, ließ sich über den Eindruck, den die damaligen dentschfreuudlicheu Tendenzen
Frankreichs in Petersburg hervorriefen, n, n, wie nachstehend aus: „In dem Urteil
über die Bedeutung des jüngst stattgehabten Besuchs Kaiser Wilhelms 11. am Bord
eines französischen Kriegsschiffes lind des daran geknüpften Depeschenwcchsels zwischen
dein Kaiser und dem Präsidenten Lonbet hat sich hier ein Umschwung vollzogen.
Anfänglich hatten diese Vorgänge nnr eine» schwachen Eindruck hervorgerufen. . .
Die Äußerungen mehrerer französischer Blätter über die Episode anf der »Iphigenie«
haben jedoch in der öffentlichen Meinung Rußlands eine Schwenkung bewirkt.
Bei eiuer Gruppe französischer Politiker findet diesen Kundgebungen zufolge der
Gedanke einer engern Annäherung Frankreichs an Deutschland Anklang, und man
scheint hierbei in Paris nicht zu ahnen, daß ein derartiges Auftreten in Rußland
ebensolche Verstimmung hervorrufen muß, wie sie sich in Frankreich einstellen würde,
wenn etwa russische Blätter es angemessen fänden, sozusagen unter den Augen
der Franzosen die Ersprießlichkeit und die Bedingungen eines intimeru Anschlusses
Rußlands an Deutschland zu erörtern. Die Art und Weise, in der Wortführer
der neuen politischen Richtung im »Figaro« und »Matin« das französisch-deutsche
Einvernehmen dem französisch-russischen Bündnis aufgepfropft sehen möchten, und
die Argumente, durch die sie diesen Gedanken den Franzosen einleuchtend zu machen
suchen, rufe» hier nicht nnr in der öffentlichen Meinung, sondern auch in den
maßgebenden Kreisen einen seltsamen und zwar weder freundlichen noch imponierender
Eindruck hervor. . . . Denn es kauu in Petersburg nur peinliches Befremden und
Mißtrauen wachrufen, wenn much nur ein sehr kleiner Teil der Franzosen imstande
ist, so leicht vou einem Extrem zum andern zu schwcickeu und bald mit Petersburg,
bald mit Berlin zu liebäugeln." So die Zuschrift der „Politischen Korrespondenz."
Um allen Zweifeln ein Ende zu machen, fuhr Herr Deleasse im August 1899 nach
Petersburg. Am 5. August desselben Jahres verlieh ihm der Zar die Jnsignien
des Alexander-Newskij-Ordens in Diamanten. An der Berliner Börse wurde
damals berechnet, was diese Diamanten der französischen Republik wohl kosten würden.
Am 22. Mai 1901 endlich wurde die Rechnung in Paris präsentiert: an diesem
Tage wurde durch das Pariser Haus Rothschild eine vierprvzentige Anleihe von
424 Millionen Franken zum Kurse von 98'/^ aufgelegt. Damit War die Allianz ge¬
rettet, und das Phantom eines „deutsch-französischen Zweibuudes" versank in den
Abgrund.

In diesem Jahre nnn ist Deutschland wieder an der Reihe: Mitte März d. I.
stellte das uuter Führung des Hauses Mendelssohn Co. stehende Konsortium
bei der Zulassnngsstelle der Berliner Börse den Antrag anf Zulassung von
393 Millionen Mark vierprozeutiger russischer Staatsreute zum Bvrseuhaudel, und
kurz darauf wurde die Zulassung von der Berliner Zulassnngsstelle genehmigt.
Der Zweck dieses Auleheus, das durch deutsche Kapitalisten aufgebracht werden
soll, macht diese Transaktion zu einer der seltsamsten auf dem Gebiete des deutschen
Emissionswesens, er lautet kurz: die vorläufige Aufbringung der russischen Kriegs¬
kosten in China. Der offizielle Prospekt beginnt mit einem allerhöchsten Mas
an den russischen Finanzminister, unterzeichnet von Seiner Majestät dem Kaiser
am 1./14. März 1902: „Indem Wir es gemäß Ihrer im Finanzkomitee ge¬
prüften Vorstellung für gut erachtet haben, zur Realisierung der Nußland zu-


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[0225] Umständen mit Friedenskundgebungen befreunden Kumte, die die politischen Kreise Rußlands zu stören geeignet waren. Ganz besonders verdrießlich aber war es, daß in Anknüpfung an den Besuch des deutschen Kaisers an Bord des französischen Kriegsschiffes „Jphtgemie" in gewissen Pariser Blättern (bor allem im „Matin" und im „Figaro") von neuem das unleidliche Thema variiert wurde, zu welchem Zweck eigentlich Frankreich dem russischen Reiche eine Milliarde nach der andern zur Verfügung stelle, wenn man sich doch mit Deutschland auf guten Fuß stellen wolle. Diese Deliberationen riefen in Petersburg starkes Unbehagen hervor; eine Zuschrift, die der „Politischen Korrespondenz" im Angust 1899 aus Petersburg zuging, ließ sich über den Eindruck, den die damaligen dentschfreuudlicheu Tendenzen Frankreichs in Petersburg hervorriefen, n, n, wie nachstehend aus: „In dem Urteil über die Bedeutung des jüngst stattgehabten Besuchs Kaiser Wilhelms 11. am Bord eines französischen Kriegsschiffes lind des daran geknüpften Depeschenwcchsels zwischen dein Kaiser und dem Präsidenten Lonbet hat sich hier ein Umschwung vollzogen. Anfänglich hatten diese Vorgänge nnr eine» schwachen Eindruck hervorgerufen. . . Die Äußerungen mehrerer französischer Blätter über die Episode anf der »Iphigenie« haben jedoch in der öffentlichen Meinung Rußlands eine Schwenkung bewirkt. Bei eiuer Gruppe französischer Politiker findet diesen Kundgebungen zufolge der Gedanke einer engern Annäherung Frankreichs an Deutschland Anklang, und man scheint hierbei in Paris nicht zu ahnen, daß ein derartiges Auftreten in Rußland ebensolche Verstimmung hervorrufen muß, wie sie sich in Frankreich einstellen würde, wenn etwa russische Blätter es angemessen fänden, sozusagen unter den Augen der Franzosen die Ersprießlichkeit und die Bedingungen eines intimeru Anschlusses Rußlands an Deutschland zu erörtern. Die Art und Weise, in der Wortführer der neuen politischen Richtung im »Figaro« und »Matin« das französisch-deutsche Einvernehmen dem französisch-russischen Bündnis aufgepfropft sehen möchten, und die Argumente, durch die sie diesen Gedanken den Franzosen einleuchtend zu machen suchen, rufe» hier nicht nnr in der öffentlichen Meinung, sondern auch in den maßgebenden Kreisen einen seltsamen und zwar weder freundlichen noch imponierender Eindruck hervor. . . . Denn es kauu in Petersburg nur peinliches Befremden und Mißtrauen wachrufen, wenn much nur ein sehr kleiner Teil der Franzosen imstande ist, so leicht vou einem Extrem zum andern zu schwcickeu und bald mit Petersburg, bald mit Berlin zu liebäugeln." So die Zuschrift der „Politischen Korrespondenz." Um allen Zweifeln ein Ende zu machen, fuhr Herr Deleasse im August 1899 nach Petersburg. Am 5. August desselben Jahres verlieh ihm der Zar die Jnsignien des Alexander-Newskij-Ordens in Diamanten. An der Berliner Börse wurde damals berechnet, was diese Diamanten der französischen Republik wohl kosten würden. Am 22. Mai 1901 endlich wurde die Rechnung in Paris präsentiert: an diesem Tage wurde durch das Pariser Haus Rothschild eine vierprvzentige Anleihe von 424 Millionen Franken zum Kurse von 98'/^ aufgelegt. Damit War die Allianz ge¬ rettet, und das Phantom eines „deutsch-französischen Zweibuudes" versank in den Abgrund. In diesem Jahre nnn ist Deutschland wieder an der Reihe: Mitte März d. I. stellte das uuter Führung des Hauses Mendelssohn Co. stehende Konsortium bei der Zulassnngsstelle der Berliner Börse den Antrag anf Zulassung von 393 Millionen Mark vierprozeutiger russischer Staatsreute zum Bvrseuhaudel, und kurz darauf wurde die Zulassung von der Berliner Zulassnngsstelle genehmigt. Der Zweck dieses Auleheus, das durch deutsche Kapitalisten aufgebracht werden soll, macht diese Transaktion zu einer der seltsamsten auf dem Gebiete des deutschen Emissionswesens, er lautet kurz: die vorläufige Aufbringung der russischen Kriegs¬ kosten in China. Der offizielle Prospekt beginnt mit einem allerhöchsten Mas an den russischen Finanzminister, unterzeichnet von Seiner Majestät dem Kaiser am 1./14. März 1902: „Indem Wir es gemäß Ihrer im Finanzkomitee ge¬ prüften Vorstellung für gut erachtet haben, zur Realisierung der Nußland zu-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/225>, abgerufen am 01.09.2024.