finden hat als die deutsche Regierung, und damit, daß jeder vom Papste ge¬ machte Versuch, sich auch Protestanten gegenüber wie der Kauf als Beherrscher aller Gläubigen zu besahen, auf das bestimmteste zurückgewiesen würde, könnte der Natur der Sache nach einer Gemeinschaft, die es nur mit dem Glauben und der Gottesverehrung zu thun hätte, nicht zu nahe getreten, sie könnte damit in ihren Rechten nicht benachteiligt oder beschränkt werden. Aber das sind, wenn es sich um die römisch-katholische Kirche handelt, eitel Worte und leere Redensarten, dn sie schon seit Jahrhunderten aufgehört hat, eine religiöse Gemeinschaft zu sein, und statt dessen eine halb geistliche, halb weltliche Macht geworden ist, die nur da mit andern Regierungen in Frieden lebt, wo sich diese ihren Ansprüchen und Forderungen willenlos unterwerfen. Das Königreich beider Sizilien, Spanien und Portugal sind Beispiele einer solchen willenlosen Unterwerfung gewesen, und es ist schwerlich ein Zufall, daß sie trotz allem, was ihnen die Gunst des Klimas, die Fruchtbarkeit des Bodens und die natür¬ liche Anstelligkeit der Bewohner an die Hand gegeben haben, von weniger bevorzugten Staaten weit überholt worden sind. Die römisch-katholische Kirche steht infolge ihrer geistlichen wie weltlichen Ansprüche jedem modernen Staats- wesen, sei es in latenter, sei es in offner Feindschaft gegenüber, und die Be¬ kämpfung ihrer Eingriffe ist die erste, wenn mich nicht immer am leichtesten erfüllbare Pflicht jedes Staatsmanns, dem es um den geistigen Fortschritt und die Gewissensfreiheit der seiner Fürsorge anvertrauten Gemeinschaft zu thun ist. Wir sind über die Stellung, die sich die römisch-katholische Kirche anmaßt, nicht überrascht, denn es liegt in der Natur des Menschen, daß er, wenn er von keiner Seite im Zaume gehalten wird, seiner Herrsch- und Habsucht, seinem Drang zu dominieren und zu tyrannisieren die Zügel schießen läßt; Nur em¬ pfinden deshalb auch gegen die römisch-katholische Kirche keinen fanatischen Haß, aber für eine gefährliche Feindin des Deutschen Reichs und der pro¬ testantischen Denkfreiheit sehen wir sie doch an, und jede Maßregel, die von der Regierung in der Absicht getroffen wird, den Übergriffen Roms zu be¬ gegnen, hat unsern herzlichsten Beifall. Den würde aber, das beeilen wir uns hinzuzufügen, keine Maßregel haben, die darauf berechnet wäre oder wider Er¬ warten den Erfolg hätte, die deutschen Katholiken irgendwie in ihrer Gewissens¬ freiheit zu beeinträchtigen. Da z. B. die Ehe nach katholischem Dogma als Sakrament nnter die Zahl der Institutionen gehört, für die der Kirche die Feststellung und Handhabung der leitenden Grundsätze zusteht, so wüßten wir nicht, welche Einwendung von Staats wegen gemacht werden konnte, wenn die römisch-katholische Kirche ganz allgemein den Grundsatz aufstellte, daß die Ehen von Katholiken mit Andersgläubigen, mit Ketzern, wie man sich aus¬ zudrücken beliebt, "ngiltig seien. Solange sich die ihrer geistlichen Fürsorge anvertrauten Seelen dabei beruhigen und keine Mischehen einzugehn begehren, liegt die Frage ganz auf kirchlichem Gebiet, und der Staat hat davon keinerlei Notiz zu nehmen. Wenn aber, wie dies ja überaus häufig der Fall ist, Katholiken den Wunsch der Kirche, keinen ihrer Angehörigen einen Ehebund mit einem Andersgläubigen eingehn zu scheu, unbeachtet lassen, so kommt der eine oder der andre nicht römisch-katholische Staat in die Lage zu sagen, welche
I5t sunt
finden hat als die deutsche Regierung, und damit, daß jeder vom Papste ge¬ machte Versuch, sich auch Protestanten gegenüber wie der Kauf als Beherrscher aller Gläubigen zu besahen, auf das bestimmteste zurückgewiesen würde, könnte der Natur der Sache nach einer Gemeinschaft, die es nur mit dem Glauben und der Gottesverehrung zu thun hätte, nicht zu nahe getreten, sie könnte damit in ihren Rechten nicht benachteiligt oder beschränkt werden. Aber das sind, wenn es sich um die römisch-katholische Kirche handelt, eitel Worte und leere Redensarten, dn sie schon seit Jahrhunderten aufgehört hat, eine religiöse Gemeinschaft zu sein, und statt dessen eine halb geistliche, halb weltliche Macht geworden ist, die nur da mit andern Regierungen in Frieden lebt, wo sich diese ihren Ansprüchen und Forderungen willenlos unterwerfen. Das Königreich beider Sizilien, Spanien und Portugal sind Beispiele einer solchen willenlosen Unterwerfung gewesen, und es ist schwerlich ein Zufall, daß sie trotz allem, was ihnen die Gunst des Klimas, die Fruchtbarkeit des Bodens und die natür¬ liche Anstelligkeit der Bewohner an die Hand gegeben haben, von weniger bevorzugten Staaten weit überholt worden sind. Die römisch-katholische Kirche steht infolge ihrer geistlichen wie weltlichen Ansprüche jedem modernen Staats- wesen, sei es in latenter, sei es in offner Feindschaft gegenüber, und die Be¬ kämpfung ihrer Eingriffe ist die erste, wenn mich nicht immer am leichtesten erfüllbare Pflicht jedes Staatsmanns, dem es um den geistigen Fortschritt und die Gewissensfreiheit der seiner Fürsorge anvertrauten Gemeinschaft zu thun ist. Wir sind über die Stellung, die sich die römisch-katholische Kirche anmaßt, nicht überrascht, denn es liegt in der Natur des Menschen, daß er, wenn er von keiner Seite im Zaume gehalten wird, seiner Herrsch- und Habsucht, seinem Drang zu dominieren und zu tyrannisieren die Zügel schießen läßt; Nur em¬ pfinden deshalb auch gegen die römisch-katholische Kirche keinen fanatischen Haß, aber für eine gefährliche Feindin des Deutschen Reichs und der pro¬ testantischen Denkfreiheit sehen wir sie doch an, und jede Maßregel, die von der Regierung in der Absicht getroffen wird, den Übergriffen Roms zu be¬ gegnen, hat unsern herzlichsten Beifall. Den würde aber, das beeilen wir uns hinzuzufügen, keine Maßregel haben, die darauf berechnet wäre oder wider Er¬ warten den Erfolg hätte, die deutschen Katholiken irgendwie in ihrer Gewissens¬ freiheit zu beeinträchtigen. Da z. B. die Ehe nach katholischem Dogma als Sakrament nnter die Zahl der Institutionen gehört, für die der Kirche die Feststellung und Handhabung der leitenden Grundsätze zusteht, so wüßten wir nicht, welche Einwendung von Staats wegen gemacht werden konnte, wenn die römisch-katholische Kirche ganz allgemein den Grundsatz aufstellte, daß die Ehen von Katholiken mit Andersgläubigen, mit Ketzern, wie man sich aus¬ zudrücken beliebt, »ngiltig seien. Solange sich die ihrer geistlichen Fürsorge anvertrauten Seelen dabei beruhigen und keine Mischehen einzugehn begehren, liegt die Frage ganz auf kirchlichem Gebiet, und der Staat hat davon keinerlei Notiz zu nehmen. Wenn aber, wie dies ja überaus häufig der Fall ist, Katholiken den Wunsch der Kirche, keinen ihrer Angehörigen einen Ehebund mit einem Andersgläubigen eingehn zu scheu, unbeachtet lassen, so kommt der eine oder der andre nicht römisch-katholische Staat in die Lage zu sagen, welche
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finden hat als die deutsche Regierung, und damit, daß jeder vom Papste ge¬
machte Versuch, sich auch Protestanten gegenüber wie der Kauf als Beherrscher
aller Gläubigen zu besahen, auf das bestimmteste zurückgewiesen würde, könnte
der Natur der Sache nach einer Gemeinschaft, die es nur mit dem Glauben
und der Gottesverehrung zu thun hätte, nicht zu nahe getreten, sie könnte
damit in ihren Rechten nicht benachteiligt oder beschränkt werden. Aber das
sind, wenn es sich um die römisch-katholische Kirche handelt, eitel Worte und
leere Redensarten, dn sie schon seit Jahrhunderten aufgehört hat, eine religiöse
Gemeinschaft zu sein, und statt dessen eine halb geistliche, halb weltliche Macht
geworden ist, die nur da mit andern Regierungen in Frieden lebt, wo sich diese
ihren Ansprüchen und Forderungen willenlos unterwerfen. Das Königreich
beider Sizilien, Spanien und Portugal sind Beispiele einer solchen willenlosen
Unterwerfung gewesen, und es ist schwerlich ein Zufall, daß sie trotz allem,
was ihnen die Gunst des Klimas, die Fruchtbarkeit des Bodens und die natür¬
liche Anstelligkeit der Bewohner an die Hand gegeben haben, von weniger
bevorzugten Staaten weit überholt worden sind. Die römisch-katholische Kirche
steht infolge ihrer geistlichen wie weltlichen Ansprüche jedem modernen Staats-
wesen, sei es in latenter, sei es in offner Feindschaft gegenüber, und die Be¬
kämpfung ihrer Eingriffe ist die erste, wenn mich nicht immer am leichtesten
erfüllbare Pflicht jedes Staatsmanns, dem es um den geistigen Fortschritt und
die Gewissensfreiheit der seiner Fürsorge anvertrauten Gemeinschaft zu thun
ist. Wir sind über die Stellung, die sich die römisch-katholische Kirche anmaßt,
nicht überrascht, denn es liegt in der Natur des Menschen, daß er, wenn er
von keiner Seite im Zaume gehalten wird, seiner Herrsch- und Habsucht, seinem
Drang zu dominieren und zu tyrannisieren die Zügel schießen läßt; Nur em¬
pfinden deshalb auch gegen die römisch-katholische Kirche keinen fanatischen
Haß, aber für eine gefährliche Feindin des Deutschen Reichs und der pro¬
testantischen Denkfreiheit sehen wir sie doch an, und jede Maßregel, die von
der Regierung in der Absicht getroffen wird, den Übergriffen Roms zu be¬
gegnen, hat unsern herzlichsten Beifall. Den würde aber, das beeilen wir uns
hinzuzufügen, keine Maßregel haben, die darauf berechnet wäre oder wider Er¬
warten den Erfolg hätte, die deutschen Katholiken irgendwie in ihrer Gewissens¬
freiheit zu beeinträchtigen. Da z. B. die Ehe nach katholischem Dogma als
Sakrament nnter die Zahl der Institutionen gehört, für die der Kirche die
Feststellung und Handhabung der leitenden Grundsätze zusteht, so wüßten wir
nicht, welche Einwendung von Staats wegen gemacht werden konnte, wenn
die römisch-katholische Kirche ganz allgemein den Grundsatz aufstellte, daß die
Ehen von Katholiken mit Andersgläubigen, mit Ketzern, wie man sich aus¬
zudrücken beliebt, »ngiltig seien. Solange sich die ihrer geistlichen Fürsorge
anvertrauten Seelen dabei beruhigen und keine Mischehen einzugehn begehren,
liegt die Frage ganz auf kirchlichem Gebiet, und der Staat hat davon keinerlei
Notiz zu nehmen. Wenn aber, wie dies ja überaus häufig der Fall ist,
Katholiken den Wunsch der Kirche, keinen ihrer Angehörigen einen Ehebund
mit einem Andersgläubigen eingehn zu scheu, unbeachtet lassen, so kommt der
eine oder der andre nicht römisch-katholische Staat in die Lage zu sagen, welche
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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/95>, abgerufen am 15.01.2025.
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