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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Gin sächsisches Gymnasium vor vierzig Jahren

lichen theologischen Vorbildung der ältern Lehrer ohne weiteres voraussehen. Der
tiefe, milde Ernst, die ehrliche, persönliche Überzeugung, das maßvolle Urteil, mit
denen dieser wichtige Unterricht in Prima vertreten wurde, waren dabei unendlich
wertvoller, als es die kritische Erörterung gelehrter Streitfragen gewesen wäre, ob¬
wohl solchen auch uicht aus dem Wege gegangen wurde, wo es unvermeidlich war.
Für deu geschichtlichen Unterricht gab es damals keine besondre wissenschaftliche
Vorbildung auf der Universität außer den Kollegien; um so eifriger wurde nachher
und im Amte privatim gearbeitet, und mein Vater war durchaus historisch gerichtet.
In der neuern Geschichte sind wir allerdings über die französische Revolution
uicht hinausgekommen; dafür wurde in Prima die römische, in Sekunda die
griechische Geschichte repetitivns- und ergänzungsweise in besondern Stunden behandelt.
Im Vordergrunde stand dabei natürlich die politische und die persönliche Geschichte,
und so wird es auf dem Gymnasium immer sein müssen, wenngleich heute die Ver-
fassungsentwicklnng und hier und da auch die wirtschaftliche Entwicklung mehr be¬
rücksichtigt werden muß als damals.

Auf die gegenwärtige Anordnung und den dauernden Erfolg des geogra¬
phischen Unterrichts haben wir gar keine Ursache stolz zu sein. Vor vierzig Jahren
hörte er auch in Tertia auf, aber er war weniger Stiefkind des Regulativs als
heute, und wir haben es in Tertia bis zum korrekten Kartenzeichnen mit Gradnetz
und Eintragung der Orte nach der Länge und der Breite gebracht; dieser Lehrer
aber war ein Theolog, dessen Lieblingsfächer allerdings Physik und Astronomie
waren. Auch der Unterricht in der Naturgeschichte, von ansehnlichen Sammlungen
unterstützt, war nicht übel; wir haben fleißig botanisiert, Herbarien augelegt und
Steine gesammelt; nur das Limbische System war uns sehr langweilig. Der mathe¬
matische und der physikalische Unterricht zogen Vorteile von den Lehrkräften der
Realschule und verfügten über nicht weniger Stunden als hente; auch war unser
physikalisches Kabinett nach damaligen Begriffen Wohl ausgerüstet, und der Unterricht
flößte uns lebhaftes Interesse ein. Die Mathematik endete im zweiten Jahre der
Prima etwa mit dem Pensum der heutigen Unterprima, teilweise auch der Ober¬
sekunda. Die Lehrer waren sehr verschiedner Art, mancher sehr scharf, sodaß er
eine gleichmäßige Durchbildung erreichte, ein andrer überließ es mehr dem einzelnen,
ob er etwas lernen wollte, aber lernen konnte man auch bei ihm etwas, und
dauernder Unfleiß rächte sich bald.

Ganz verschwunden ist heute aus Prima die philosophische Propädeutik, was
man vielleicht bedauern kann; die Logik, die sich auch interessant machen läßt, war
uns allerdings sehr langweilig, weil wir sie nach Trendelenburgs M"zu<zntii loxievs
^ristotsleiw genießen mußten, dagegen war die Psychologie (nach Herbart) wirklich
interessant. Soll ich nun noch ein Wort von den Fertigkeiten sagen, so wurde das
Zeichnen obligatorisch von Sexta bis Quarta betrieben. In der Stunde zeichneten
wir wenig nach Gipser, mehr nach Vorlagen, auch ziemlich schweren, hatten aber
jede Woche eine sogenannte Naturzeichuung nach selbstgewählten Gegenständen zu
liefern, was die Lust an der Sache wesentlich erhöhte. Deu Singnnterricht habe
ich bei unserm zornmütigen alten Kantor nur bis Tertia genossen, wobei es Schelt¬
worte und gelegentlich anch Wohl Hiebe mit dem Violinbogen genug gab. Geturnt
wurde fleißig, im Sommer auf einem Turnplatze in der Nähe des Realschulgebäudes,
im Winter in einem dazu hergerichteten Raume eines städtischen Gebäudes.

Dieser ganze Unterricht spielte sich in einem zeitlichen Nahmen ab, der von
dem heutigen nicht unwesentlich abwich. Im Sommer begannen nämlich die
Stunden um sechs Uhr, im Winter um sieben Uhr, nachmittags dann und wann
schon um ein Uhr. Der frühe Anfang ließ sich im Sommer ganz gut ertragen,
und wir gewannen dadurch eine wertvolle Stunde, denn wir waren um zehn Uhr
fertig, aber im Winter, namentlich im Dezember und Januar, war es für Lehrer
und Schüler eine harte Zumutung, trotz Dunkelheit und Schnee um sieben Uhr
zur Stelle sein zu müssen, wenn auch die Schulwege nicht weit waren, und es


Gin sächsisches Gymnasium vor vierzig Jahren

lichen theologischen Vorbildung der ältern Lehrer ohne weiteres voraussehen. Der
tiefe, milde Ernst, die ehrliche, persönliche Überzeugung, das maßvolle Urteil, mit
denen dieser wichtige Unterricht in Prima vertreten wurde, waren dabei unendlich
wertvoller, als es die kritische Erörterung gelehrter Streitfragen gewesen wäre, ob¬
wohl solchen auch uicht aus dem Wege gegangen wurde, wo es unvermeidlich war.
Für deu geschichtlichen Unterricht gab es damals keine besondre wissenschaftliche
Vorbildung auf der Universität außer den Kollegien; um so eifriger wurde nachher
und im Amte privatim gearbeitet, und mein Vater war durchaus historisch gerichtet.
In der neuern Geschichte sind wir allerdings über die französische Revolution
uicht hinausgekommen; dafür wurde in Prima die römische, in Sekunda die
griechische Geschichte repetitivns- und ergänzungsweise in besondern Stunden behandelt.
Im Vordergrunde stand dabei natürlich die politische und die persönliche Geschichte,
und so wird es auf dem Gymnasium immer sein müssen, wenngleich heute die Ver-
fassungsentwicklnng und hier und da auch die wirtschaftliche Entwicklung mehr be¬
rücksichtigt werden muß als damals.

Auf die gegenwärtige Anordnung und den dauernden Erfolg des geogra¬
phischen Unterrichts haben wir gar keine Ursache stolz zu sein. Vor vierzig Jahren
hörte er auch in Tertia auf, aber er war weniger Stiefkind des Regulativs als
heute, und wir haben es in Tertia bis zum korrekten Kartenzeichnen mit Gradnetz
und Eintragung der Orte nach der Länge und der Breite gebracht; dieser Lehrer
aber war ein Theolog, dessen Lieblingsfächer allerdings Physik und Astronomie
waren. Auch der Unterricht in der Naturgeschichte, von ansehnlichen Sammlungen
unterstützt, war nicht übel; wir haben fleißig botanisiert, Herbarien augelegt und
Steine gesammelt; nur das Limbische System war uns sehr langweilig. Der mathe¬
matische und der physikalische Unterricht zogen Vorteile von den Lehrkräften der
Realschule und verfügten über nicht weniger Stunden als hente; auch war unser
physikalisches Kabinett nach damaligen Begriffen Wohl ausgerüstet, und der Unterricht
flößte uns lebhaftes Interesse ein. Die Mathematik endete im zweiten Jahre der
Prima etwa mit dem Pensum der heutigen Unterprima, teilweise auch der Ober¬
sekunda. Die Lehrer waren sehr verschiedner Art, mancher sehr scharf, sodaß er
eine gleichmäßige Durchbildung erreichte, ein andrer überließ es mehr dem einzelnen,
ob er etwas lernen wollte, aber lernen konnte man auch bei ihm etwas, und
dauernder Unfleiß rächte sich bald.

Ganz verschwunden ist heute aus Prima die philosophische Propädeutik, was
man vielleicht bedauern kann; die Logik, die sich auch interessant machen läßt, war
uns allerdings sehr langweilig, weil wir sie nach Trendelenburgs M«zu<zntii loxievs
^ristotsleiw genießen mußten, dagegen war die Psychologie (nach Herbart) wirklich
interessant. Soll ich nun noch ein Wort von den Fertigkeiten sagen, so wurde das
Zeichnen obligatorisch von Sexta bis Quarta betrieben. In der Stunde zeichneten
wir wenig nach Gipser, mehr nach Vorlagen, auch ziemlich schweren, hatten aber
jede Woche eine sogenannte Naturzeichuung nach selbstgewählten Gegenständen zu
liefern, was die Lust an der Sache wesentlich erhöhte. Deu Singnnterricht habe
ich bei unserm zornmütigen alten Kantor nur bis Tertia genossen, wobei es Schelt¬
worte und gelegentlich anch Wohl Hiebe mit dem Violinbogen genug gab. Geturnt
wurde fleißig, im Sommer auf einem Turnplatze in der Nähe des Realschulgebäudes,
im Winter in einem dazu hergerichteten Raume eines städtischen Gebäudes.

Dieser ganze Unterricht spielte sich in einem zeitlichen Nahmen ab, der von
dem heutigen nicht unwesentlich abwich. Im Sommer begannen nämlich die
Stunden um sechs Uhr, im Winter um sieben Uhr, nachmittags dann und wann
schon um ein Uhr. Der frühe Anfang ließ sich im Sommer ganz gut ertragen,
und wir gewannen dadurch eine wertvolle Stunde, denn wir waren um zehn Uhr
fertig, aber im Winter, namentlich im Dezember und Januar, war es für Lehrer
und Schüler eine harte Zumutung, trotz Dunkelheit und Schnee um sieben Uhr
zur Stelle sein zu müssen, wenn auch die Schulwege nicht weit waren, und es


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[0670] Gin sächsisches Gymnasium vor vierzig Jahren lichen theologischen Vorbildung der ältern Lehrer ohne weiteres voraussehen. Der tiefe, milde Ernst, die ehrliche, persönliche Überzeugung, das maßvolle Urteil, mit denen dieser wichtige Unterricht in Prima vertreten wurde, waren dabei unendlich wertvoller, als es die kritische Erörterung gelehrter Streitfragen gewesen wäre, ob¬ wohl solchen auch uicht aus dem Wege gegangen wurde, wo es unvermeidlich war. Für deu geschichtlichen Unterricht gab es damals keine besondre wissenschaftliche Vorbildung auf der Universität außer den Kollegien; um so eifriger wurde nachher und im Amte privatim gearbeitet, und mein Vater war durchaus historisch gerichtet. In der neuern Geschichte sind wir allerdings über die französische Revolution uicht hinausgekommen; dafür wurde in Prima die römische, in Sekunda die griechische Geschichte repetitivns- und ergänzungsweise in besondern Stunden behandelt. Im Vordergrunde stand dabei natürlich die politische und die persönliche Geschichte, und so wird es auf dem Gymnasium immer sein müssen, wenngleich heute die Ver- fassungsentwicklnng und hier und da auch die wirtschaftliche Entwicklung mehr be¬ rücksichtigt werden muß als damals. Auf die gegenwärtige Anordnung und den dauernden Erfolg des geogra¬ phischen Unterrichts haben wir gar keine Ursache stolz zu sein. Vor vierzig Jahren hörte er auch in Tertia auf, aber er war weniger Stiefkind des Regulativs als heute, und wir haben es in Tertia bis zum korrekten Kartenzeichnen mit Gradnetz und Eintragung der Orte nach der Länge und der Breite gebracht; dieser Lehrer aber war ein Theolog, dessen Lieblingsfächer allerdings Physik und Astronomie waren. Auch der Unterricht in der Naturgeschichte, von ansehnlichen Sammlungen unterstützt, war nicht übel; wir haben fleißig botanisiert, Herbarien augelegt und Steine gesammelt; nur das Limbische System war uns sehr langweilig. Der mathe¬ matische und der physikalische Unterricht zogen Vorteile von den Lehrkräften der Realschule und verfügten über nicht weniger Stunden als hente; auch war unser physikalisches Kabinett nach damaligen Begriffen Wohl ausgerüstet, und der Unterricht flößte uns lebhaftes Interesse ein. Die Mathematik endete im zweiten Jahre der Prima etwa mit dem Pensum der heutigen Unterprima, teilweise auch der Ober¬ sekunda. Die Lehrer waren sehr verschiedner Art, mancher sehr scharf, sodaß er eine gleichmäßige Durchbildung erreichte, ein andrer überließ es mehr dem einzelnen, ob er etwas lernen wollte, aber lernen konnte man auch bei ihm etwas, und dauernder Unfleiß rächte sich bald. Ganz verschwunden ist heute aus Prima die philosophische Propädeutik, was man vielleicht bedauern kann; die Logik, die sich auch interessant machen läßt, war uns allerdings sehr langweilig, weil wir sie nach Trendelenburgs M«zu<zntii loxievs ^ristotsleiw genießen mußten, dagegen war die Psychologie (nach Herbart) wirklich interessant. Soll ich nun noch ein Wort von den Fertigkeiten sagen, so wurde das Zeichnen obligatorisch von Sexta bis Quarta betrieben. In der Stunde zeichneten wir wenig nach Gipser, mehr nach Vorlagen, auch ziemlich schweren, hatten aber jede Woche eine sogenannte Naturzeichuung nach selbstgewählten Gegenständen zu liefern, was die Lust an der Sache wesentlich erhöhte. Deu Singnnterricht habe ich bei unserm zornmütigen alten Kantor nur bis Tertia genossen, wobei es Schelt¬ worte und gelegentlich anch Wohl Hiebe mit dem Violinbogen genug gab. Geturnt wurde fleißig, im Sommer auf einem Turnplatze in der Nähe des Realschulgebäudes, im Winter in einem dazu hergerichteten Raume eines städtischen Gebäudes. Dieser ganze Unterricht spielte sich in einem zeitlichen Nahmen ab, der von dem heutigen nicht unwesentlich abwich. Im Sommer begannen nämlich die Stunden um sechs Uhr, im Winter um sieben Uhr, nachmittags dann und wann schon um ein Uhr. Der frühe Anfang ließ sich im Sommer ganz gut ertragen, und wir gewannen dadurch eine wertvolle Stunde, denn wir waren um zehn Uhr fertig, aber im Winter, namentlich im Dezember und Januar, war es für Lehrer und Schüler eine harte Zumutung, trotz Dunkelheit und Schnee um sieben Uhr zur Stelle sein zu müssen, wenn auch die Schulwege nicht weit waren, und es

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/670>, abgerufen am 26.06.2024.