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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Doktor Duttmüller und sein Freund

auch solche, die schon bezahlt waren, grobe Mahnbriefe, Kündigung von Kapital.
Leute zweifelhafter Art, die sich das Inventar ansahen und die einzelnen Stücke
ungeniert taxierten, kamen angezogen. Es sah aus, als habe sich die Welt vorge¬
nommen, die Frauen es entgelten zu lassen, das; sie den Herrn Oberstleutnant hatten
sterben lassen, ohne Gut und Besitz gänzlich aufgezehrt zu haben. Wer weiß, was
geschehn wäre, wenn die gnädige Frau nicht Wandrer zu Hilfe gehabt hätte. Die
gnädige Fran sah Wandrer zuerst als Luft an, dann ließ sie gnädig geschehen, was
sie nicht ändern konnte. Dann hielt sie sich verpflichtet, in die Ordnung der Ver¬
hältnisse einzugreifen. Sie hielt lauge Reden, die mit besondrer Vorliebe auf Tante
Maud und die Verhältnisse in Seroopshire-Castle zurückkamen, sie bestand darauf,
die Geschäfte nach Sympathie und Antipathie abzuwickeln, sie mischte ihren Schmerz,
Ehre, Jork, Geld und Lorgnette alles durcheinander und machte dadurch die Arbeit
Ellen und Wandrer noch einmal so schwer und beanspruchte viel christliche Geduld.
Als alle Rechnungen bezahlt, die ungeduldigen Gläubiger abgefunden, die geduldigen
sichergestellt waren, kam heraus, daß der Fronhof zwar schwer belastet sei, daß aber
die Damen bei mäßigen Ansprüchen zu leben hatten.

Aber Louis Dnttmüller machte Schwierigkeiten. Daran war die alte Duttmüllern
schuld, die öfter als je das Bild des kompletten Frauenzimmers mit ihren drei
Häusern in Magdeburg auftauchen ließ und anzügliche Redensarten brauchte von
vornehmem Volke, das nichts hat und nichts leistet und nichts kann, nicht einmal
ordentlich Strümpfe stopfen. Und das war immer dann am schlimmsten, wenn die
Duttmüllern mit der Drillhosen zusammengewesen war, der Drillhosen, die schon
wieder geerbt hatte und mit ihrer Renommisterei reinweg unerträglich war. Wenn
nun die alte Duttmüllern eingeheizt hatte, dann war Louis Duttmüller schlechter Laune,
gönnte seiner Frau kein freundliches Wort und behandelte sie wie eine Last, die
man sich thörichterweise aufgeladen hat und nicht wieder loswerden kann. Das fühlte
Allee nur zu tief, und es gab verborgne Thränen, schlaflose Nächte und bleiche
Mienen. Das konnte auf dem Fronhofe nicht unbemerkt bleiben, man fragte, erhielt
aber keine Antwort. Mama schob das Übelbefinden auf die Trauer um Papa,
Elleu aber machte hinter Duttmüller eine Faust und sagte: Alter ekliger Kerl. Danke
Gott, daß ich nicht deine Frau bin.

Als der Nachlaß geordnet wurde, verfehlte die alte Duttmüllern nicht, alle
Tage ihre Befürchtung auszusprechen, daß ihr Louis zu kurz kommen könnte, und
ihn drittglich zu ernähren, nach dem Rechten zu sehen. Die alte Gnädige sei eine alte
Suse, aber Ellen habe es hinter den Ohren, und was eigentlich Wandrer mit der
Sache zu thun habe, und warum er sich immer auf dem Fronhofe umhertriebe, könne
kein Mensch wissen. Einen Haken habe aber die Sache ganz gewiß. Louis Duttmüller
steckte also eine wichtige Miene auf, erschien unter allerlei Vorwänden auf dem Fron-
Hof und machte Felix Wandrer gegenüber allerlei Andeutungen und Redensarten über
Rechte, die man zu wahren gesonnen sei, und daß man es schon zu seinem Schaden
erfahren habe, sich mit solchen Leuten eingelassen zu haben.

Ich bitte dich, Louis, sagte Wandrer, was willst d" eigentlich? Das klingt ja
gerade so, als bereutest du es, Alice geheiratet zu haben.

Louis antwortete mit beredtem Schweigen.

Louis, fuhr Wandrer fort, hüte dich. Wer sein Glück verachtet, dem kehrt es
den Rücken. Wer so eine Frau hat, wie du, der sollte nie fragen, was hat sie
denn? Ist sie nicht selber ein Schatz?

Ach was, entgegnete Louis, ich lasse mich nicht beschwatzen, ich will klar sehen.

So sieh doch klar, sagte Wandrer und wiesauf die Auseinandersetzung. Aber
Louis verstand die Zahlen ebensowenig wie die gnädige Frau, wenigstens vermochte
er es nicht, sich so von der Richtigkeit überzeugen zu lassen, daß sein Mißtrauen
geschwunden wäre. -- Und meine dreihundert Mark, die ich York geborgt habe?
die werden wohl auch verloren sein.

Ja, das werden sie Wohl.


Doktor Duttmüller und sein Freund

auch solche, die schon bezahlt waren, grobe Mahnbriefe, Kündigung von Kapital.
Leute zweifelhafter Art, die sich das Inventar ansahen und die einzelnen Stücke
ungeniert taxierten, kamen angezogen. Es sah aus, als habe sich die Welt vorge¬
nommen, die Frauen es entgelten zu lassen, das; sie den Herrn Oberstleutnant hatten
sterben lassen, ohne Gut und Besitz gänzlich aufgezehrt zu haben. Wer weiß, was
geschehn wäre, wenn die gnädige Frau nicht Wandrer zu Hilfe gehabt hätte. Die
gnädige Fran sah Wandrer zuerst als Luft an, dann ließ sie gnädig geschehen, was
sie nicht ändern konnte. Dann hielt sie sich verpflichtet, in die Ordnung der Ver¬
hältnisse einzugreifen. Sie hielt lauge Reden, die mit besondrer Vorliebe auf Tante
Maud und die Verhältnisse in Seroopshire-Castle zurückkamen, sie bestand darauf,
die Geschäfte nach Sympathie und Antipathie abzuwickeln, sie mischte ihren Schmerz,
Ehre, Jork, Geld und Lorgnette alles durcheinander und machte dadurch die Arbeit
Ellen und Wandrer noch einmal so schwer und beanspruchte viel christliche Geduld.
Als alle Rechnungen bezahlt, die ungeduldigen Gläubiger abgefunden, die geduldigen
sichergestellt waren, kam heraus, daß der Fronhof zwar schwer belastet sei, daß aber
die Damen bei mäßigen Ansprüchen zu leben hatten.

Aber Louis Dnttmüller machte Schwierigkeiten. Daran war die alte Duttmüllern
schuld, die öfter als je das Bild des kompletten Frauenzimmers mit ihren drei
Häusern in Magdeburg auftauchen ließ und anzügliche Redensarten brauchte von
vornehmem Volke, das nichts hat und nichts leistet und nichts kann, nicht einmal
ordentlich Strümpfe stopfen. Und das war immer dann am schlimmsten, wenn die
Duttmüllern mit der Drillhosen zusammengewesen war, der Drillhosen, die schon
wieder geerbt hatte und mit ihrer Renommisterei reinweg unerträglich war. Wenn
nun die alte Duttmüllern eingeheizt hatte, dann war Louis Duttmüller schlechter Laune,
gönnte seiner Frau kein freundliches Wort und behandelte sie wie eine Last, die
man sich thörichterweise aufgeladen hat und nicht wieder loswerden kann. Das fühlte
Allee nur zu tief, und es gab verborgne Thränen, schlaflose Nächte und bleiche
Mienen. Das konnte auf dem Fronhofe nicht unbemerkt bleiben, man fragte, erhielt
aber keine Antwort. Mama schob das Übelbefinden auf die Trauer um Papa,
Elleu aber machte hinter Duttmüller eine Faust und sagte: Alter ekliger Kerl. Danke
Gott, daß ich nicht deine Frau bin.

Als der Nachlaß geordnet wurde, verfehlte die alte Duttmüllern nicht, alle
Tage ihre Befürchtung auszusprechen, daß ihr Louis zu kurz kommen könnte, und
ihn drittglich zu ernähren, nach dem Rechten zu sehen. Die alte Gnädige sei eine alte
Suse, aber Ellen habe es hinter den Ohren, und was eigentlich Wandrer mit der
Sache zu thun habe, und warum er sich immer auf dem Fronhofe umhertriebe, könne
kein Mensch wissen. Einen Haken habe aber die Sache ganz gewiß. Louis Duttmüller
steckte also eine wichtige Miene auf, erschien unter allerlei Vorwänden auf dem Fron-
Hof und machte Felix Wandrer gegenüber allerlei Andeutungen und Redensarten über
Rechte, die man zu wahren gesonnen sei, und daß man es schon zu seinem Schaden
erfahren habe, sich mit solchen Leuten eingelassen zu haben.

Ich bitte dich, Louis, sagte Wandrer, was willst d» eigentlich? Das klingt ja
gerade so, als bereutest du es, Alice geheiratet zu haben.

Louis antwortete mit beredtem Schweigen.

Louis, fuhr Wandrer fort, hüte dich. Wer sein Glück verachtet, dem kehrt es
den Rücken. Wer so eine Frau hat, wie du, der sollte nie fragen, was hat sie
denn? Ist sie nicht selber ein Schatz?

Ach was, entgegnete Louis, ich lasse mich nicht beschwatzen, ich will klar sehen.

So sieh doch klar, sagte Wandrer und wiesauf die Auseinandersetzung. Aber
Louis verstand die Zahlen ebensowenig wie die gnädige Frau, wenigstens vermochte
er es nicht, sich so von der Richtigkeit überzeugen zu lassen, daß sein Mißtrauen
geschwunden wäre. — Und meine dreihundert Mark, die ich York geborgt habe?
die werden wohl auch verloren sein.

Ja, das werden sie Wohl.


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[0627] Doktor Duttmüller und sein Freund auch solche, die schon bezahlt waren, grobe Mahnbriefe, Kündigung von Kapital. Leute zweifelhafter Art, die sich das Inventar ansahen und die einzelnen Stücke ungeniert taxierten, kamen angezogen. Es sah aus, als habe sich die Welt vorge¬ nommen, die Frauen es entgelten zu lassen, das; sie den Herrn Oberstleutnant hatten sterben lassen, ohne Gut und Besitz gänzlich aufgezehrt zu haben. Wer weiß, was geschehn wäre, wenn die gnädige Frau nicht Wandrer zu Hilfe gehabt hätte. Die gnädige Fran sah Wandrer zuerst als Luft an, dann ließ sie gnädig geschehen, was sie nicht ändern konnte. Dann hielt sie sich verpflichtet, in die Ordnung der Ver¬ hältnisse einzugreifen. Sie hielt lauge Reden, die mit besondrer Vorliebe auf Tante Maud und die Verhältnisse in Seroopshire-Castle zurückkamen, sie bestand darauf, die Geschäfte nach Sympathie und Antipathie abzuwickeln, sie mischte ihren Schmerz, Ehre, Jork, Geld und Lorgnette alles durcheinander und machte dadurch die Arbeit Ellen und Wandrer noch einmal so schwer und beanspruchte viel christliche Geduld. Als alle Rechnungen bezahlt, die ungeduldigen Gläubiger abgefunden, die geduldigen sichergestellt waren, kam heraus, daß der Fronhof zwar schwer belastet sei, daß aber die Damen bei mäßigen Ansprüchen zu leben hatten. Aber Louis Dnttmüller machte Schwierigkeiten. Daran war die alte Duttmüllern schuld, die öfter als je das Bild des kompletten Frauenzimmers mit ihren drei Häusern in Magdeburg auftauchen ließ und anzügliche Redensarten brauchte von vornehmem Volke, das nichts hat und nichts leistet und nichts kann, nicht einmal ordentlich Strümpfe stopfen. Und das war immer dann am schlimmsten, wenn die Duttmüllern mit der Drillhosen zusammengewesen war, der Drillhosen, die schon wieder geerbt hatte und mit ihrer Renommisterei reinweg unerträglich war. Wenn nun die alte Duttmüllern eingeheizt hatte, dann war Louis Duttmüller schlechter Laune, gönnte seiner Frau kein freundliches Wort und behandelte sie wie eine Last, die man sich thörichterweise aufgeladen hat und nicht wieder loswerden kann. Das fühlte Allee nur zu tief, und es gab verborgne Thränen, schlaflose Nächte und bleiche Mienen. Das konnte auf dem Fronhofe nicht unbemerkt bleiben, man fragte, erhielt aber keine Antwort. Mama schob das Übelbefinden auf die Trauer um Papa, Elleu aber machte hinter Duttmüller eine Faust und sagte: Alter ekliger Kerl. Danke Gott, daß ich nicht deine Frau bin. Als der Nachlaß geordnet wurde, verfehlte die alte Duttmüllern nicht, alle Tage ihre Befürchtung auszusprechen, daß ihr Louis zu kurz kommen könnte, und ihn drittglich zu ernähren, nach dem Rechten zu sehen. Die alte Gnädige sei eine alte Suse, aber Ellen habe es hinter den Ohren, und was eigentlich Wandrer mit der Sache zu thun habe, und warum er sich immer auf dem Fronhofe umhertriebe, könne kein Mensch wissen. Einen Haken habe aber die Sache ganz gewiß. Louis Duttmüller steckte also eine wichtige Miene auf, erschien unter allerlei Vorwänden auf dem Fron- Hof und machte Felix Wandrer gegenüber allerlei Andeutungen und Redensarten über Rechte, die man zu wahren gesonnen sei, und daß man es schon zu seinem Schaden erfahren habe, sich mit solchen Leuten eingelassen zu haben. Ich bitte dich, Louis, sagte Wandrer, was willst d» eigentlich? Das klingt ja gerade so, als bereutest du es, Alice geheiratet zu haben. Louis antwortete mit beredtem Schweigen. Louis, fuhr Wandrer fort, hüte dich. Wer sein Glück verachtet, dem kehrt es den Rücken. Wer so eine Frau hat, wie du, der sollte nie fragen, was hat sie denn? Ist sie nicht selber ein Schatz? Ach was, entgegnete Louis, ich lasse mich nicht beschwatzen, ich will klar sehen. So sieh doch klar, sagte Wandrer und wiesauf die Auseinandersetzung. Aber Louis verstand die Zahlen ebensowenig wie die gnädige Frau, wenigstens vermochte er es nicht, sich so von der Richtigkeit überzeugen zu lassen, daß sein Mißtrauen geschwunden wäre. — Und meine dreihundert Mark, die ich York geborgt habe? die werden wohl auch verloren sein. Ja, das werden sie Wohl.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/627>, abgerufen am 26.06.2024.