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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Doktor Duttmüller und sein Freund

Ellen, gieb mir die Feder, rief die gnädige Frau, ich befehle es dir.

Wandrer trat dazwischen und sagte: Gnädige Frau, Sie zwingen mich, zu offen¬
baren, was eigentlich immer verschwiegen bleiben sollte. Hier! Erzog seine Brieftasche
heraus und legte das Dokument, das die Schuldverschreibung des Dorischen Erbes ent¬
hielt, auf den Tisch. Die gnädige Frau versuchte das Schreiben zu lesen, aber ihre
Augen flogen über die Zeilen weg, ohne den Sinn zu versteh". So gab sie das
Blatt an Löwenthal weiter. Dieser verstand sogleich, daß das Erbe Aorks schon in
aller Form Rechtens verpfändet war, und daß er also zu spät kam. Er machte
also ein beträchtlich langes Gesicht. Darauf verbeugte er sich vor Wandrer und
sagte mit niederträchtigen! Tone: Ich sehe, der Herr hat Geschäfte gemacht für eigue
Rechnung. Kleines Kravattengeschnft! Nicht? Da komme ich freilich zu spät.

Wandrer verzog keine Miene, sondern öffnete die Thür, hinter der Klapphorn
stand. -- Klapphorn, sagte er, werfen Sie diesen Halunken einmal die Treppe hinab.

Klnpphorn erschien und machte seine "Adlerklaue" greifbereit.

Gott der Gerechte! rief Löwenthal und zog sich zurück, Sie werden mich doch
nicht werfen lassen die Treppe hinunter. Was habe ich denn gesagt? Habe ich
nicht gesagt, daß ich komme zu spät rin dein Arrest? Habe ich doch wollen ersparen
der gnädigen Frau Unbequemlichkeit.

Wandrer winkte, und Klapphorn griff zu, worauf Jsidor Löwenthal eiligst
verschwand. Die gnädige Frau hatte sich erhoben und sagte mit zorngerötetem
Gesichte: Das vergebe ich Ihnen nicht, Herr Wandrer, nein, das vergebe ich
Ihnen nie.

Aber Mama, was denn? rief Ellen.

Daß Sie zwischen mich und meine Pflicht getreten sind, fuhr die gnädige Frau
fort. Jetzt ist Dort verloren. Ich hätte ihn retten können, und Sie haben es ver¬
hindert.

Mama, Aork ist schon untergegangen. Jetzt bist du in Gefahr, in sein Ver¬
derben hineingezogen zu werde".

Was kommt auf mich an? Ein Edelmann, der sein Wort verpfändet hat,
hält sein Wort und giebt sein letztes dahin. Eines Edelmanns Mutter darf nicht
anders fühlen als ihr Sohn. Mein armer Jork, was hat man dir zu Leide ge¬
than, daß man dich erbarmungslos in den Untergang stößt. Freilich gehört eine
edle Art dazu, zu empfinde", wie wir empfinden. Man kann es nicht von jeder¬
mann erwarten. Und ein Kaufmann fühlt -- sie machte eine geringschätzige Be¬
wegung -- wie ein Kaufmann.

Vielleicht, erwiderte Wandrer in voller Ruhe, vielleicht auch nicht. Jedenfalls
ist er ein Mensch, der ein dickes Fell hat. Gnädige Frau, Sie mögen sagen, was
Sie wollen, Sie werden mich jedesmal im Wege finden, wenn Sie in einen: irrigen
Pflichtgefühle sich und die Ihrigen ins Verderben stürzen "vollen. Ich habe es
Ihrem Herrn Sohne verspochen.

Die gnädige Frau wiederholte die geringschätzige Bewegung, indem sie auf
das auf dem Tische liegende Dokument wies, und rauschte hinaus.

Mama, rief ihr Ellen nach, du thust Herrn Wandrer bittres Unrecht. --
Darauf wandte sie sich, mit Thränen in den Augen, zu Wandrer und sagte: Sie
armer Onkel Felix, Sie erleben in unsern: Hause vielen Undank.

Schadet nichts, erwiderte Felix. Einem Menschen gegen seinen Willen helfen,
ist für den Augenblick eine undankbare Sache; hernach aber lohnt es sich, glauben
Sie mir, Tante Ellen.

Wenn ein Mann stirbt, der, wie der selige Herr Oberstleutnant, etwas un¬
geordnete Verhältnisse hinterläßt, so gebärden sich die Leute wie die Geier, die auf
ein gefallues Tier niederstoßen. Jeder will dem andern zuvorkomme" und von dein
Nachlasse sein Teil oder etwas mehr als sein Teil haben. Und dabei gebärden
sich die Leute, als müßten sie cmderntags verhungern, wenn sie nicht befriedigt
würden. So mich hier. Es liefen Rechnungen von allen Seiten ein, darunter


Doktor Duttmüller und sein Freund

Ellen, gieb mir die Feder, rief die gnädige Frau, ich befehle es dir.

Wandrer trat dazwischen und sagte: Gnädige Frau, Sie zwingen mich, zu offen¬
baren, was eigentlich immer verschwiegen bleiben sollte. Hier! Erzog seine Brieftasche
heraus und legte das Dokument, das die Schuldverschreibung des Dorischen Erbes ent¬
hielt, auf den Tisch. Die gnädige Frau versuchte das Schreiben zu lesen, aber ihre
Augen flogen über die Zeilen weg, ohne den Sinn zu versteh». So gab sie das
Blatt an Löwenthal weiter. Dieser verstand sogleich, daß das Erbe Aorks schon in
aller Form Rechtens verpfändet war, und daß er also zu spät kam. Er machte
also ein beträchtlich langes Gesicht. Darauf verbeugte er sich vor Wandrer und
sagte mit niederträchtigen! Tone: Ich sehe, der Herr hat Geschäfte gemacht für eigue
Rechnung. Kleines Kravattengeschnft! Nicht? Da komme ich freilich zu spät.

Wandrer verzog keine Miene, sondern öffnete die Thür, hinter der Klapphorn
stand. — Klapphorn, sagte er, werfen Sie diesen Halunken einmal die Treppe hinab.

Klnpphorn erschien und machte seine „Adlerklaue" greifbereit.

Gott der Gerechte! rief Löwenthal und zog sich zurück, Sie werden mich doch
nicht werfen lassen die Treppe hinunter. Was habe ich denn gesagt? Habe ich
nicht gesagt, daß ich komme zu spät rin dein Arrest? Habe ich doch wollen ersparen
der gnädigen Frau Unbequemlichkeit.

Wandrer winkte, und Klapphorn griff zu, worauf Jsidor Löwenthal eiligst
verschwand. Die gnädige Frau hatte sich erhoben und sagte mit zorngerötetem
Gesichte: Das vergebe ich Ihnen nicht, Herr Wandrer, nein, das vergebe ich
Ihnen nie.

Aber Mama, was denn? rief Ellen.

Daß Sie zwischen mich und meine Pflicht getreten sind, fuhr die gnädige Frau
fort. Jetzt ist Dort verloren. Ich hätte ihn retten können, und Sie haben es ver¬
hindert.

Mama, Aork ist schon untergegangen. Jetzt bist du in Gefahr, in sein Ver¬
derben hineingezogen zu werde».

Was kommt auf mich an? Ein Edelmann, der sein Wort verpfändet hat,
hält sein Wort und giebt sein letztes dahin. Eines Edelmanns Mutter darf nicht
anders fühlen als ihr Sohn. Mein armer Jork, was hat man dir zu Leide ge¬
than, daß man dich erbarmungslos in den Untergang stößt. Freilich gehört eine
edle Art dazu, zu empfinde», wie wir empfinden. Man kann es nicht von jeder¬
mann erwarten. Und ein Kaufmann fühlt — sie machte eine geringschätzige Be¬
wegung — wie ein Kaufmann.

Vielleicht, erwiderte Wandrer in voller Ruhe, vielleicht auch nicht. Jedenfalls
ist er ein Mensch, der ein dickes Fell hat. Gnädige Frau, Sie mögen sagen, was
Sie wollen, Sie werden mich jedesmal im Wege finden, wenn Sie in einen: irrigen
Pflichtgefühle sich und die Ihrigen ins Verderben stürzen »vollen. Ich habe es
Ihrem Herrn Sohne verspochen.

Die gnädige Frau wiederholte die geringschätzige Bewegung, indem sie auf
das auf dem Tische liegende Dokument wies, und rauschte hinaus.

Mama, rief ihr Ellen nach, du thust Herrn Wandrer bittres Unrecht. —
Darauf wandte sie sich, mit Thränen in den Augen, zu Wandrer und sagte: Sie
armer Onkel Felix, Sie erleben in unsern: Hause vielen Undank.

Schadet nichts, erwiderte Felix. Einem Menschen gegen seinen Willen helfen,
ist für den Augenblick eine undankbare Sache; hernach aber lohnt es sich, glauben
Sie mir, Tante Ellen.

Wenn ein Mann stirbt, der, wie der selige Herr Oberstleutnant, etwas un¬
geordnete Verhältnisse hinterläßt, so gebärden sich die Leute wie die Geier, die auf
ein gefallues Tier niederstoßen. Jeder will dem andern zuvorkomme» und von dein
Nachlasse sein Teil oder etwas mehr als sein Teil haben. Und dabei gebärden
sich die Leute, als müßten sie cmderntags verhungern, wenn sie nicht befriedigt
würden. So mich hier. Es liefen Rechnungen von allen Seiten ein, darunter


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[0626] Doktor Duttmüller und sein Freund Ellen, gieb mir die Feder, rief die gnädige Frau, ich befehle es dir. Wandrer trat dazwischen und sagte: Gnädige Frau, Sie zwingen mich, zu offen¬ baren, was eigentlich immer verschwiegen bleiben sollte. Hier! Erzog seine Brieftasche heraus und legte das Dokument, das die Schuldverschreibung des Dorischen Erbes ent¬ hielt, auf den Tisch. Die gnädige Frau versuchte das Schreiben zu lesen, aber ihre Augen flogen über die Zeilen weg, ohne den Sinn zu versteh». So gab sie das Blatt an Löwenthal weiter. Dieser verstand sogleich, daß das Erbe Aorks schon in aller Form Rechtens verpfändet war, und daß er also zu spät kam. Er machte also ein beträchtlich langes Gesicht. Darauf verbeugte er sich vor Wandrer und sagte mit niederträchtigen! Tone: Ich sehe, der Herr hat Geschäfte gemacht für eigue Rechnung. Kleines Kravattengeschnft! Nicht? Da komme ich freilich zu spät. Wandrer verzog keine Miene, sondern öffnete die Thür, hinter der Klapphorn stand. — Klapphorn, sagte er, werfen Sie diesen Halunken einmal die Treppe hinab. Klnpphorn erschien und machte seine „Adlerklaue" greifbereit. Gott der Gerechte! rief Löwenthal und zog sich zurück, Sie werden mich doch nicht werfen lassen die Treppe hinunter. Was habe ich denn gesagt? Habe ich nicht gesagt, daß ich komme zu spät rin dein Arrest? Habe ich doch wollen ersparen der gnädigen Frau Unbequemlichkeit. Wandrer winkte, und Klapphorn griff zu, worauf Jsidor Löwenthal eiligst verschwand. Die gnädige Frau hatte sich erhoben und sagte mit zorngerötetem Gesichte: Das vergebe ich Ihnen nicht, Herr Wandrer, nein, das vergebe ich Ihnen nie. Aber Mama, was denn? rief Ellen. Daß Sie zwischen mich und meine Pflicht getreten sind, fuhr die gnädige Frau fort. Jetzt ist Dort verloren. Ich hätte ihn retten können, und Sie haben es ver¬ hindert. Mama, Aork ist schon untergegangen. Jetzt bist du in Gefahr, in sein Ver¬ derben hineingezogen zu werde». Was kommt auf mich an? Ein Edelmann, der sein Wort verpfändet hat, hält sein Wort und giebt sein letztes dahin. Eines Edelmanns Mutter darf nicht anders fühlen als ihr Sohn. Mein armer Jork, was hat man dir zu Leide ge¬ than, daß man dich erbarmungslos in den Untergang stößt. Freilich gehört eine edle Art dazu, zu empfinde», wie wir empfinden. Man kann es nicht von jeder¬ mann erwarten. Und ein Kaufmann fühlt — sie machte eine geringschätzige Be¬ wegung — wie ein Kaufmann. Vielleicht, erwiderte Wandrer in voller Ruhe, vielleicht auch nicht. Jedenfalls ist er ein Mensch, der ein dickes Fell hat. Gnädige Frau, Sie mögen sagen, was Sie wollen, Sie werden mich jedesmal im Wege finden, wenn Sie in einen: irrigen Pflichtgefühle sich und die Ihrigen ins Verderben stürzen »vollen. Ich habe es Ihrem Herrn Sohne verspochen. Die gnädige Frau wiederholte die geringschätzige Bewegung, indem sie auf das auf dem Tische liegende Dokument wies, und rauschte hinaus. Mama, rief ihr Ellen nach, du thust Herrn Wandrer bittres Unrecht. — Darauf wandte sie sich, mit Thränen in den Augen, zu Wandrer und sagte: Sie armer Onkel Felix, Sie erleben in unsern: Hause vielen Undank. Schadet nichts, erwiderte Felix. Einem Menschen gegen seinen Willen helfen, ist für den Augenblick eine undankbare Sache; hernach aber lohnt es sich, glauben Sie mir, Tante Ellen. Wenn ein Mann stirbt, der, wie der selige Herr Oberstleutnant, etwas un¬ geordnete Verhältnisse hinterläßt, so gebärden sich die Leute wie die Geier, die auf ein gefallues Tier niederstoßen. Jeder will dem andern zuvorkomme» und von dein Nachlasse sein Teil oder etwas mehr als sein Teil haben. Und dabei gebärden sich die Leute, als müßten sie cmderntags verhungern, wenn sie nicht befriedigt würden. So mich hier. Es liefen Rechnungen von allen Seiten ein, darunter

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/626>, abgerufen am 26.06.2024.