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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Voktor Duttmüller und sein Freund

Jetzt kam mich der Herr Oberstleutnant in seinem Rollstuhl angefahren. Er
hatte seinen Säbel umgeschnallt und seine Soldatenmütze aufgesetzt. In der Hand
hielt er ein Telegramm, dessen Inhalt war: Zug Husaren rückt eben nach Heinrichs¬
hall ab.

Der Herr Oberstleutnant warf im Geiste Alter, Lahmheit und Zivilstand ab;
er war wieder ganz Militär. Er fühlte sich, wie wenn er an der Spitze seines
Bataillons ins Manöver rückte, und es böte sich ihm Gelegenheit, durch schneidiges
und rechtzeitiges Eingreifen einer kombinierten Aktion zum Gelingen zu verhelfen.
Vor seinen Augen stand der Verlauf der Sache mit großer Deutlichkeit. Das
Manöver ist vorüber, der Feind geschlagen, der Herr General hält in Mitte der
versammelten Offiziere Kritik. Er hat die General- und die Spezialidee dargelegt
und stellt den Verlauf des Gefechtes in Worten dar. Darauf wendet er sich an
ihn, den Oberstleutnant, und sagt: Sie haben, Herr Oberstleutnant, erkannt, daß
die Nuckzugslinie der Gegner über Holzweißig gehn mußte. Sie haben die Nach¬
richt erhalten, daß die Kavallerie von Osten her angreifen werde, und haben sich
der Nückzngslinie des Feindes nach Westen bemächtigt. Sie haben im entscheidenden
Augenblick Ihr Bataillon eingesetzt und in schneidigen Anlaufe, tÄNwour dAttlwt,,
die rückseitige Befestigung weggenommen. Sie haben dadurch die Niederlage des
Gegners zu einer vollständigen gemacht. Ich gratuliere Ihnen zu dem Erfolge. --
Das war ja nnr ein Gedankenspiel, es handelte sich hier nicht um ein Manöver
mit nachfolgender Kritik. Hier ging es im Ernste zu. Aber auch hier mußte der
Erfolg der nämliche sein, und die Genugthuung die nämliche, auch wenn kein Halb¬
gott mit den breiten Streifen um der Hose sagt: Ich gratuliere Ihnen, Herr
Oberstleutnant.

War es denn aber nnr militärischer Eifer, der ihn trieb, sich an die Spitze
des Kriegervereins zu setzen? Der menschliche Denkapparat ist eingerichtet wie eine
Torte, die aus verschiednen Schichten aufgebaut ist. Die oberste Schicht trägt den
Zuckerguß, die Namen, Inschriften und Zierate, die untern Schichten geben "den
Geschmack. So war es auch bei dem Herrn Oberstleutnant. Oben war er ganz
Militär, aber darunter lagen die Sorgen des Vaters. Da hieß es: Schockschwerenot,
ich kann doch meine kleine Schnucki nicht in dem verdammten Wurstkessel sitzen
lassen. Das kann mir weiß Gott niemand zumuten.

Er ließ scharfe Patronen austeilen, was in manchen Mannes Jnnern eine
unangenehme Empfindung erregte, einen Druck auf die Magengegend, der ganz
fatal war.

Still 'stand'". In Sektionen rechts schwenkt Marsch!

Man wird nicht behaupten können, daß die Bewegung tadellos ausgeführt
wurde. Es war manch einer im Gliede, der mit sich noch nicht im reinen war,
"b es nicht besser sei. links schwenkt zu machen und zu Müttern umzukehren, als
mit scharfen Patronen in der Tasche einer Ungewissen Zukunft entgegen zu gehn.
Aber Reih und Glied üben eine merkwürdige Gewalt auf den Menschen ans.

Der Wachtmeister ritt voraus, um, wie es der Kavallerie zukommt, das Ge¬
lände aufzuklären, dann folgte das Gros, geführt von dem Herrn Oberstleutnant,
Ma Schluß kam ein freiwilliges Aufgebot vou Zuschauern. Ans dem strategischen
Punkte wurde Halt gemacht. Die militärische Lage war noch unverändert. Vor
dem dunkeln Hintergrunde des Waldes lag das Werk, vom Brande rot angestrahlt.
Einzelheiten waren, da es schon dunkelte, nicht mehr erkennbar, ab und zu ertönten
Schüsse, ja ganze Salven.

Der Herr Oberstleutnant hielt es für geboten, eine Anrede an seine Streit-
Macht zu halten. -- Kameraden, sagte er, diese verfluchte Schwefelbande hat, was
ich schon lange vorausgesehen, und was ich auch dem Herrn Schulzen gesagt habe,
Rebellion gemacht, Rebellion gegen Seine Majestät, gegen Gesetz und Ordnung. Ihr
seht, welche Heldenthaten sie gethan haben. Das soll ihnen aber schlecht bekommen.
Die Kavallerie wird gleich von Braunfels her angreifen, wir von Westen her; und
da hauen wir sie in die Pfanne, daß sie das Donnerwetter kriegen sollen.


Grenzboten II 1902 71
Voktor Duttmüller und sein Freund

Jetzt kam mich der Herr Oberstleutnant in seinem Rollstuhl angefahren. Er
hatte seinen Säbel umgeschnallt und seine Soldatenmütze aufgesetzt. In der Hand
hielt er ein Telegramm, dessen Inhalt war: Zug Husaren rückt eben nach Heinrichs¬
hall ab.

Der Herr Oberstleutnant warf im Geiste Alter, Lahmheit und Zivilstand ab;
er war wieder ganz Militär. Er fühlte sich, wie wenn er an der Spitze seines
Bataillons ins Manöver rückte, und es böte sich ihm Gelegenheit, durch schneidiges
und rechtzeitiges Eingreifen einer kombinierten Aktion zum Gelingen zu verhelfen.
Vor seinen Augen stand der Verlauf der Sache mit großer Deutlichkeit. Das
Manöver ist vorüber, der Feind geschlagen, der Herr General hält in Mitte der
versammelten Offiziere Kritik. Er hat die General- und die Spezialidee dargelegt
und stellt den Verlauf des Gefechtes in Worten dar. Darauf wendet er sich an
ihn, den Oberstleutnant, und sagt: Sie haben, Herr Oberstleutnant, erkannt, daß
die Nuckzugslinie der Gegner über Holzweißig gehn mußte. Sie haben die Nach¬
richt erhalten, daß die Kavallerie von Osten her angreifen werde, und haben sich
der Nückzngslinie des Feindes nach Westen bemächtigt. Sie haben im entscheidenden
Augenblick Ihr Bataillon eingesetzt und in schneidigen Anlaufe, tÄNwour dAttlwt,,
die rückseitige Befestigung weggenommen. Sie haben dadurch die Niederlage des
Gegners zu einer vollständigen gemacht. Ich gratuliere Ihnen zu dem Erfolge. —
Das war ja nnr ein Gedankenspiel, es handelte sich hier nicht um ein Manöver
mit nachfolgender Kritik. Hier ging es im Ernste zu. Aber auch hier mußte der
Erfolg der nämliche sein, und die Genugthuung die nämliche, auch wenn kein Halb¬
gott mit den breiten Streifen um der Hose sagt: Ich gratuliere Ihnen, Herr
Oberstleutnant.

War es denn aber nnr militärischer Eifer, der ihn trieb, sich an die Spitze
des Kriegervereins zu setzen? Der menschliche Denkapparat ist eingerichtet wie eine
Torte, die aus verschiednen Schichten aufgebaut ist. Die oberste Schicht trägt den
Zuckerguß, die Namen, Inschriften und Zierate, die untern Schichten geben "den
Geschmack. So war es auch bei dem Herrn Oberstleutnant. Oben war er ganz
Militär, aber darunter lagen die Sorgen des Vaters. Da hieß es: Schockschwerenot,
ich kann doch meine kleine Schnucki nicht in dem verdammten Wurstkessel sitzen
lassen. Das kann mir weiß Gott niemand zumuten.

Er ließ scharfe Patronen austeilen, was in manchen Mannes Jnnern eine
unangenehme Empfindung erregte, einen Druck auf die Magengegend, der ganz
fatal war.

Still 'stand'». In Sektionen rechts schwenkt Marsch!

Man wird nicht behaupten können, daß die Bewegung tadellos ausgeführt
wurde. Es war manch einer im Gliede, der mit sich noch nicht im reinen war,
"b es nicht besser sei. links schwenkt zu machen und zu Müttern umzukehren, als
mit scharfen Patronen in der Tasche einer Ungewissen Zukunft entgegen zu gehn.
Aber Reih und Glied üben eine merkwürdige Gewalt auf den Menschen ans.

Der Wachtmeister ritt voraus, um, wie es der Kavallerie zukommt, das Ge¬
lände aufzuklären, dann folgte das Gros, geführt von dem Herrn Oberstleutnant,
Ma Schluß kam ein freiwilliges Aufgebot vou Zuschauern. Ans dem strategischen
Punkte wurde Halt gemacht. Die militärische Lage war noch unverändert. Vor
dem dunkeln Hintergrunde des Waldes lag das Werk, vom Brande rot angestrahlt.
Einzelheiten waren, da es schon dunkelte, nicht mehr erkennbar, ab und zu ertönten
Schüsse, ja ganze Salven.

Der Herr Oberstleutnant hielt es für geboten, eine Anrede an seine Streit-
Macht zu halten. — Kameraden, sagte er, diese verfluchte Schwefelbande hat, was
ich schon lange vorausgesehen, und was ich auch dem Herrn Schulzen gesagt habe,
Rebellion gemacht, Rebellion gegen Seine Majestät, gegen Gesetz und Ordnung. Ihr
seht, welche Heldenthaten sie gethan haben. Das soll ihnen aber schlecht bekommen.
Die Kavallerie wird gleich von Braunfels her angreifen, wir von Westen her; und
da hauen wir sie in die Pfanne, daß sie das Donnerwetter kriegen sollen.


Grenzboten II 1902 71
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[0569] Voktor Duttmüller und sein Freund Jetzt kam mich der Herr Oberstleutnant in seinem Rollstuhl angefahren. Er hatte seinen Säbel umgeschnallt und seine Soldatenmütze aufgesetzt. In der Hand hielt er ein Telegramm, dessen Inhalt war: Zug Husaren rückt eben nach Heinrichs¬ hall ab. Der Herr Oberstleutnant warf im Geiste Alter, Lahmheit und Zivilstand ab; er war wieder ganz Militär. Er fühlte sich, wie wenn er an der Spitze seines Bataillons ins Manöver rückte, und es böte sich ihm Gelegenheit, durch schneidiges und rechtzeitiges Eingreifen einer kombinierten Aktion zum Gelingen zu verhelfen. Vor seinen Augen stand der Verlauf der Sache mit großer Deutlichkeit. Das Manöver ist vorüber, der Feind geschlagen, der Herr General hält in Mitte der versammelten Offiziere Kritik. Er hat die General- und die Spezialidee dargelegt und stellt den Verlauf des Gefechtes in Worten dar. Darauf wendet er sich an ihn, den Oberstleutnant, und sagt: Sie haben, Herr Oberstleutnant, erkannt, daß die Nuckzugslinie der Gegner über Holzweißig gehn mußte. Sie haben die Nach¬ richt erhalten, daß die Kavallerie von Osten her angreifen werde, und haben sich der Nückzngslinie des Feindes nach Westen bemächtigt. Sie haben im entscheidenden Augenblick Ihr Bataillon eingesetzt und in schneidigen Anlaufe, tÄNwour dAttlwt,, die rückseitige Befestigung weggenommen. Sie haben dadurch die Niederlage des Gegners zu einer vollständigen gemacht. Ich gratuliere Ihnen zu dem Erfolge. — Das war ja nnr ein Gedankenspiel, es handelte sich hier nicht um ein Manöver mit nachfolgender Kritik. Hier ging es im Ernste zu. Aber auch hier mußte der Erfolg der nämliche sein, und die Genugthuung die nämliche, auch wenn kein Halb¬ gott mit den breiten Streifen um der Hose sagt: Ich gratuliere Ihnen, Herr Oberstleutnant. War es denn aber nnr militärischer Eifer, der ihn trieb, sich an die Spitze des Kriegervereins zu setzen? Der menschliche Denkapparat ist eingerichtet wie eine Torte, die aus verschiednen Schichten aufgebaut ist. Die oberste Schicht trägt den Zuckerguß, die Namen, Inschriften und Zierate, die untern Schichten geben "den Geschmack. So war es auch bei dem Herrn Oberstleutnant. Oben war er ganz Militär, aber darunter lagen die Sorgen des Vaters. Da hieß es: Schockschwerenot, ich kann doch meine kleine Schnucki nicht in dem verdammten Wurstkessel sitzen lassen. Das kann mir weiß Gott niemand zumuten. Er ließ scharfe Patronen austeilen, was in manchen Mannes Jnnern eine unangenehme Empfindung erregte, einen Druck auf die Magengegend, der ganz fatal war. Still 'stand'». In Sektionen rechts schwenkt Marsch! Man wird nicht behaupten können, daß die Bewegung tadellos ausgeführt wurde. Es war manch einer im Gliede, der mit sich noch nicht im reinen war, "b es nicht besser sei. links schwenkt zu machen und zu Müttern umzukehren, als mit scharfen Patronen in der Tasche einer Ungewissen Zukunft entgegen zu gehn. Aber Reih und Glied üben eine merkwürdige Gewalt auf den Menschen ans. Der Wachtmeister ritt voraus, um, wie es der Kavallerie zukommt, das Ge¬ lände aufzuklären, dann folgte das Gros, geführt von dem Herrn Oberstleutnant, Ma Schluß kam ein freiwilliges Aufgebot vou Zuschauern. Ans dem strategischen Punkte wurde Halt gemacht. Die militärische Lage war noch unverändert. Vor dem dunkeln Hintergrunde des Waldes lag das Werk, vom Brande rot angestrahlt. Einzelheiten waren, da es schon dunkelte, nicht mehr erkennbar, ab und zu ertönten Schüsse, ja ganze Salven. Der Herr Oberstleutnant hielt es für geboten, eine Anrede an seine Streit- Macht zu halten. — Kameraden, sagte er, diese verfluchte Schwefelbande hat, was ich schon lange vorausgesehen, und was ich auch dem Herrn Schulzen gesagt habe, Rebellion gemacht, Rebellion gegen Seine Majestät, gegen Gesetz und Ordnung. Ihr seht, welche Heldenthaten sie gethan haben. Das soll ihnen aber schlecht bekommen. Die Kavallerie wird gleich von Braunfels her angreifen, wir von Westen her; und da hauen wir sie in die Pfanne, daß sie das Donnerwetter kriegen sollen. Grenzboten II 1902 71

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/569>, abgerufen am 26.06.2024.