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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Doktor Dnttmüller und sein Freund

schließenden Hügeln. Müßiges Volk trieb sich in der Nähe des Werkes herum,
junge, halbwüchsige Bengel und allerlei Gesindel. Gegen Abend nahm der Lärm
zu. Man war offenbar ungeduldig darüber, daß noch immer nichts geschah, und
fing an, sich die Zeit damit zu tiertreiben, daß man mit Steinen gegen die Planke
oder auch darüber hinweg warf. Drillhose hatte schon nach allen Seiten mit den
Augen gerollt und mit der Faust gedroht, aber ohne Erfolg. Von Zeit zu Zeit
wurde mit hellen Stimmen ein Hurra losgelassen, und dann gab es ein Bom¬
bardement und einen Sturm gegen die Planke. Das war nichts weiter als jugend¬
licher Unfug. Daran fanden aber auch Große Gefallen, die es nicht mir einem un¬
schädlichen Bombardement bewenden ließen, sondern zu Brecheisen und Beil griffen.
Aber immer noch machte die Sache den Eindruck eines ungeduldigen Theater¬
publikums, das, weil die Schauspieler ausbleiben, anfängt, selbst Komödie zu spielen.
Mit der Zeit stiegen immer mehr Menschen vom Zuschauerriug in die Arena
herab. Die hinten stehenden drängten die vorder" Reihen. Der Unfug nahm metho¬
dische Form an. Es fehlte nicht an aufsetzenden Reden.

Wieder ein Hurra und ein Hagelschauer von Steinen. Man horte, wie mit
Äxten und Hämmern gegen die Planke geschlagen wurde. Jetzt ließ Wandrer seine
mit Gewehren bewaffneten Leute auf die Fässer hinter der Planke treten. Er
selbst erstieg die Barrikade und schaute hinaus. Ein lautes, gellendes Geschrei
begrüßte ihn. -- Vorwärts! Feste drauf! Haut ihm! hörte man rufen.

Arbeiter, rief Wandrer, ich warne euch. Nehmt euch in acht, wir schießen.

Wir auch, entgegnete ein Kerl, der das Gesicht verbunden trug, und schoß
seinen Revolver ans Wandrer ab. Die Kugel riß ihm den Hut vom Kopfe, ohne
ihn jedoch zu verletzen. Eine Anzahl von Schüssen, die von der Planke aus und
ans dem Pförtnerhause abgeschossen wurden, waren die Antwort. Einer dieser
Schüsse, der einen Hagel von Blei hoch über die Kopfe der Menge sandte, knallte
ganz gewaltig -- wie eine kleine Kanone. Die Menge wich eiligst zurück. Als
man sah, daß niemand verletzt war, erhob sich ein Hohngeschrei. Aber man wagte
sich doch nicht wieder heran.

Da erhob sich aus dem Holzschuppen am linken Ende der Planke Rauch. Bald
folgte die Flamme nach, binnen kurzem standen die Schuppen des Lagerplatzes in
Hellem Brand. Ein Hurra begrüßte das Feuer. Die Volksmenge drängte dem Feuer
zu. Als auch die Planke vom Feuer ergriffen wurde und schnell nieder brannte, drängte
der Haufe herein und füllte den Materialienplntz. Jetzt war die Stellung nicht
mehr zu halten; die Verteidiger zogen sich in ihre Schanzen zurück. Die Menge,
durch ihren Erfolg mutig gemacht, ballte sich von neuem zusammen und schickte
sich an, mit Hurra den Fnbrilhvf zu stürmen. Sie erhielt von drei Stellen aus
Feuer. Vom Pförtnerhause her und aus Rummels guter Stube flogen mitten in
die Menge Handgranaten, die zwar niemand ernstlich beschädigten, aber gewaltig
knallten und einen heilsamen Schrecken vernrsnchten. Die Menge zog sich wieder
schleimig zurück und hielt sich in sichrer Entfernung.

Inzwischen war es dunkel geworden. Der Brand, der weiter um sich gegriffen
und die in der Nähe lagernden Holzstöße ergriffen hatte, ohne jedoch die Fabrik¬
gebäude ernstlich zu gefährden, beleuchtete den Schattplatz mit rotem Lichte. Hinter
der Schanze im Scheine der Flammen standen Rummel, Wandrer und seine Mann¬
schaft. Sie hielten die Gewehre schußrecht bereit und erwarteten den neuen An¬
griff. -- Wenn sie jetzt wieder kommen, sagte Wandrer, so schießt scharf. Es hilft
nichts. -- Aber sie kamen nicht. Neben Wandrer stand ein Bergmann, der trotz
des Feuerscheins merkwürdig blaß aussah.

Wenn sie uns jetzt kriegen, sagte er, mit den Kinnbacken zitternd, dann schlagen
sie uns tot wie die Ratten.

Schämen Sie sich, Winkelmann, erwiderte Wandrer, man läßt sich eben nicht
kriegen.

Der Lärm tobte weiter, aber auf den Fabrikhof wagte sich niemand. Da


Doktor Dnttmüller und sein Freund

schließenden Hügeln. Müßiges Volk trieb sich in der Nähe des Werkes herum,
junge, halbwüchsige Bengel und allerlei Gesindel. Gegen Abend nahm der Lärm
zu. Man war offenbar ungeduldig darüber, daß noch immer nichts geschah, und
fing an, sich die Zeit damit zu tiertreiben, daß man mit Steinen gegen die Planke
oder auch darüber hinweg warf. Drillhose hatte schon nach allen Seiten mit den
Augen gerollt und mit der Faust gedroht, aber ohne Erfolg. Von Zeit zu Zeit
wurde mit hellen Stimmen ein Hurra losgelassen, und dann gab es ein Bom¬
bardement und einen Sturm gegen die Planke. Das war nichts weiter als jugend¬
licher Unfug. Daran fanden aber auch Große Gefallen, die es nicht mir einem un¬
schädlichen Bombardement bewenden ließen, sondern zu Brecheisen und Beil griffen.
Aber immer noch machte die Sache den Eindruck eines ungeduldigen Theater¬
publikums, das, weil die Schauspieler ausbleiben, anfängt, selbst Komödie zu spielen.
Mit der Zeit stiegen immer mehr Menschen vom Zuschauerriug in die Arena
herab. Die hinten stehenden drängten die vorder» Reihen. Der Unfug nahm metho¬
dische Form an. Es fehlte nicht an aufsetzenden Reden.

Wieder ein Hurra und ein Hagelschauer von Steinen. Man horte, wie mit
Äxten und Hämmern gegen die Planke geschlagen wurde. Jetzt ließ Wandrer seine
mit Gewehren bewaffneten Leute auf die Fässer hinter der Planke treten. Er
selbst erstieg die Barrikade und schaute hinaus. Ein lautes, gellendes Geschrei
begrüßte ihn. — Vorwärts! Feste drauf! Haut ihm! hörte man rufen.

Arbeiter, rief Wandrer, ich warne euch. Nehmt euch in acht, wir schießen.

Wir auch, entgegnete ein Kerl, der das Gesicht verbunden trug, und schoß
seinen Revolver ans Wandrer ab. Die Kugel riß ihm den Hut vom Kopfe, ohne
ihn jedoch zu verletzen. Eine Anzahl von Schüssen, die von der Planke aus und
ans dem Pförtnerhause abgeschossen wurden, waren die Antwort. Einer dieser
Schüsse, der einen Hagel von Blei hoch über die Kopfe der Menge sandte, knallte
ganz gewaltig — wie eine kleine Kanone. Die Menge wich eiligst zurück. Als
man sah, daß niemand verletzt war, erhob sich ein Hohngeschrei. Aber man wagte
sich doch nicht wieder heran.

Da erhob sich aus dem Holzschuppen am linken Ende der Planke Rauch. Bald
folgte die Flamme nach, binnen kurzem standen die Schuppen des Lagerplatzes in
Hellem Brand. Ein Hurra begrüßte das Feuer. Die Volksmenge drängte dem Feuer
zu. Als auch die Planke vom Feuer ergriffen wurde und schnell nieder brannte, drängte
der Haufe herein und füllte den Materialienplntz. Jetzt war die Stellung nicht
mehr zu halten; die Verteidiger zogen sich in ihre Schanzen zurück. Die Menge,
durch ihren Erfolg mutig gemacht, ballte sich von neuem zusammen und schickte
sich an, mit Hurra den Fnbrilhvf zu stürmen. Sie erhielt von drei Stellen aus
Feuer. Vom Pförtnerhause her und aus Rummels guter Stube flogen mitten in
die Menge Handgranaten, die zwar niemand ernstlich beschädigten, aber gewaltig
knallten und einen heilsamen Schrecken vernrsnchten. Die Menge zog sich wieder
schleimig zurück und hielt sich in sichrer Entfernung.

Inzwischen war es dunkel geworden. Der Brand, der weiter um sich gegriffen
und die in der Nähe lagernden Holzstöße ergriffen hatte, ohne jedoch die Fabrik¬
gebäude ernstlich zu gefährden, beleuchtete den Schattplatz mit rotem Lichte. Hinter
der Schanze im Scheine der Flammen standen Rummel, Wandrer und seine Mann¬
schaft. Sie hielten die Gewehre schußrecht bereit und erwarteten den neuen An¬
griff. — Wenn sie jetzt wieder kommen, sagte Wandrer, so schießt scharf. Es hilft
nichts. — Aber sie kamen nicht. Neben Wandrer stand ein Bergmann, der trotz
des Feuerscheins merkwürdig blaß aussah.

Wenn sie uns jetzt kriegen, sagte er, mit den Kinnbacken zitternd, dann schlagen
sie uns tot wie die Ratten.

Schämen Sie sich, Winkelmann, erwiderte Wandrer, man läßt sich eben nicht
kriegen.

Der Lärm tobte weiter, aber auf den Fabrikhof wagte sich niemand. Da


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[0566] Doktor Dnttmüller und sein Freund schließenden Hügeln. Müßiges Volk trieb sich in der Nähe des Werkes herum, junge, halbwüchsige Bengel und allerlei Gesindel. Gegen Abend nahm der Lärm zu. Man war offenbar ungeduldig darüber, daß noch immer nichts geschah, und fing an, sich die Zeit damit zu tiertreiben, daß man mit Steinen gegen die Planke oder auch darüber hinweg warf. Drillhose hatte schon nach allen Seiten mit den Augen gerollt und mit der Faust gedroht, aber ohne Erfolg. Von Zeit zu Zeit wurde mit hellen Stimmen ein Hurra losgelassen, und dann gab es ein Bom¬ bardement und einen Sturm gegen die Planke. Das war nichts weiter als jugend¬ licher Unfug. Daran fanden aber auch Große Gefallen, die es nicht mir einem un¬ schädlichen Bombardement bewenden ließen, sondern zu Brecheisen und Beil griffen. Aber immer noch machte die Sache den Eindruck eines ungeduldigen Theater¬ publikums, das, weil die Schauspieler ausbleiben, anfängt, selbst Komödie zu spielen. Mit der Zeit stiegen immer mehr Menschen vom Zuschauerriug in die Arena herab. Die hinten stehenden drängten die vorder» Reihen. Der Unfug nahm metho¬ dische Form an. Es fehlte nicht an aufsetzenden Reden. Wieder ein Hurra und ein Hagelschauer von Steinen. Man horte, wie mit Äxten und Hämmern gegen die Planke geschlagen wurde. Jetzt ließ Wandrer seine mit Gewehren bewaffneten Leute auf die Fässer hinter der Planke treten. Er selbst erstieg die Barrikade und schaute hinaus. Ein lautes, gellendes Geschrei begrüßte ihn. — Vorwärts! Feste drauf! Haut ihm! hörte man rufen. Arbeiter, rief Wandrer, ich warne euch. Nehmt euch in acht, wir schießen. Wir auch, entgegnete ein Kerl, der das Gesicht verbunden trug, und schoß seinen Revolver ans Wandrer ab. Die Kugel riß ihm den Hut vom Kopfe, ohne ihn jedoch zu verletzen. Eine Anzahl von Schüssen, die von der Planke aus und ans dem Pförtnerhause abgeschossen wurden, waren die Antwort. Einer dieser Schüsse, der einen Hagel von Blei hoch über die Kopfe der Menge sandte, knallte ganz gewaltig — wie eine kleine Kanone. Die Menge wich eiligst zurück. Als man sah, daß niemand verletzt war, erhob sich ein Hohngeschrei. Aber man wagte sich doch nicht wieder heran. Da erhob sich aus dem Holzschuppen am linken Ende der Planke Rauch. Bald folgte die Flamme nach, binnen kurzem standen die Schuppen des Lagerplatzes in Hellem Brand. Ein Hurra begrüßte das Feuer. Die Volksmenge drängte dem Feuer zu. Als auch die Planke vom Feuer ergriffen wurde und schnell nieder brannte, drängte der Haufe herein und füllte den Materialienplntz. Jetzt war die Stellung nicht mehr zu halten; die Verteidiger zogen sich in ihre Schanzen zurück. Die Menge, durch ihren Erfolg mutig gemacht, ballte sich von neuem zusammen und schickte sich an, mit Hurra den Fnbrilhvf zu stürmen. Sie erhielt von drei Stellen aus Feuer. Vom Pförtnerhause her und aus Rummels guter Stube flogen mitten in die Menge Handgranaten, die zwar niemand ernstlich beschädigten, aber gewaltig knallten und einen heilsamen Schrecken vernrsnchten. Die Menge zog sich wieder schleimig zurück und hielt sich in sichrer Entfernung. Inzwischen war es dunkel geworden. Der Brand, der weiter um sich gegriffen und die in der Nähe lagernden Holzstöße ergriffen hatte, ohne jedoch die Fabrik¬ gebäude ernstlich zu gefährden, beleuchtete den Schattplatz mit rotem Lichte. Hinter der Schanze im Scheine der Flammen standen Rummel, Wandrer und seine Mann¬ schaft. Sie hielten die Gewehre schußrecht bereit und erwarteten den neuen An¬ griff. — Wenn sie jetzt wieder kommen, sagte Wandrer, so schießt scharf. Es hilft nichts. — Aber sie kamen nicht. Neben Wandrer stand ein Bergmann, der trotz des Feuerscheins merkwürdig blaß aussah. Wenn sie uns jetzt kriegen, sagte er, mit den Kinnbacken zitternd, dann schlagen sie uns tot wie die Ratten. Schämen Sie sich, Winkelmann, erwiderte Wandrer, man läßt sich eben nicht kriegen. Der Lärm tobte weiter, aber auf den Fabrikhof wagte sich niemand. Da

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/566>, abgerufen am 26.06.2024.