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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Kur Geschichte des Intelligenzwesens

Dieses sind die Jntelligenzanstalten, deren Gründungsjahr bekannt ist. Dazu
treten noch eine Reihe von Orten, von denen nicht gennn bekannt ist, wann sie
Jntelligeuzblätter erhalten haben. Als solche werden im Jahre 1802 noch gegen
fünfzig angeführt. Bei einer Reihe von ihnen heißt es, das; sie Jntelligenzblätter
schon seit langer Zeit gehabt hätten. Jedenfalls sehen wir, wie es um die Wende
des vorigen Jahrhunderts kaum einen größern Ort gab, der nicht sein Intelligenz-
blatt gehabt hätte. Freilich sind die einzelnen Blätter wechselnden Schicksalen unter¬
worfen. Sie werden zeitweilig unterbrochen oder hören an manchen Orten ganz
auf. So hatte Rastatt ein Intelligenzblatt nur bis 1771. Jülich und Zweibrücken
hatten vor 1800 Jntelligenzblätter, danach aber nicht mehr. Das Weimarische
Blatt ging beim ersten Versuch mit der zweiunddreißigsten Nummer ein, wurde
dann aber sehr bald wieder ciufgcuommeu. Das Sondershäuser Intelligenzblatt
erlebte in sechs Jahren drei verschiedne Ansätze. Das Gießener Unternehmen setzte
beinahe zwanzig Jahre ans, und anch das zu Gotha erlebte verschiedne Wieder¬
aufnahmen. Der Gesamtentwicklnngsgang wird aber durch diese oft nur auf lokalen
Ursachen beruhenden Störungen nicht aufgehalten. Vielmehr sehen wir zu Ende
des Jahrhunderts eine erstaunliche Fülle selbständiger Jntelligenzwerke. Werfen
wir nunmehr einen weitern Blick auf das Wesen und den Inhalt der Jntelligenz¬
blätter.

"Jntelligenzblätter, sagt Buddeus (in Ersch und Grubers Enehklopädie, Ar¬
tikel Jntelligenzanstalt), enthalten solche Notizen, welche schleunig in einem gewissen
Kreise, z. B. Stadt, Land, Bezirk usw., zur öffentlichen Kenntnis .(Intelligenz)
kommen sollen. -- Alle Gegenstände des Handels und Wandels, alle Notizen,
welche für den Kreis, dem das Blatt angehört, in merkantiler, industriöser, litte¬
rarischer, polizeilicher, rechtlicher, geselliger, das häusliche Leben, den täglichen Verkehr,
die Land- und Hauswirtschaft angehender Rücksicht interessant sind, eignen sich für
diese Blätter." In der Regel wird der Inhalt schon in den oft recht umfang-
reichen Titeln der Blätter zusammengefaßt. Das Frankfurter Unternehmen nannte
sich "Wöchentliche Franckfurter Frag- und Anzeigungs-Nachrichten, von allerhand in
und außerhalb der Stadt zu kauffen und zu verkauften, zu verkapselt und lehren
seyenden, auch verlohrnen, gefundenen und gestohlenen Sachen; Sodann Versöhnen,
welche Geld lehnen, oder anßleyhen wollen, Bedienungen oder Arbeit suchen, oder
zu vergeben haben usw." Die Berliner Nachrichten trugen fast wörtlich dieselbe
Anzeige am Kopfe, fügten aber noch hinzu: "Ingleichen denen Kopulierten, Ge-
bohrueu und Gestorbenen, wie auch ankommenden Fremden ?c. :c. nebst dem Markt¬
gängigen wöchentlichen Korn- und Woll-Preise :e." Die spätern Blätter tragen
etwas kürzere Titel, die aber immer noch charakteristisch genug siud, so das von
Görlitz: "Anzeiger oder allgemeines Intelligenzblatt zum Behufe der Justiz, der
Policey und der bürgerlichen Gewerbe in der Lausitz, wie auch zur öffentlichen
Unterhaltung der Leser über gemeinnützige Gegenstände aller Art." Der Inhalt
der Jntelligeuzblätter ist niemals durchaus gleichartig, sondern richtet sich nach den
wechselnden Bedürfnissen und Beschäftigungen ihres Leserkreises. In dein einen
wird auf irgend eine Art von Nachrichten mehr Wert gelegt als in einem andern.
Das Gießener Blatt bringt "insbesondere ökonomische Aufsätze, Policey- und andere
Verordnungen, Bekanntmachungen aus dem Privatleben nebst dem wöchentlichen
Preise der Lebensmittel." Das Meininger enthält "alle herrschaftlichen Verord¬
nungen und die Taxen der Lebensbedürfnisse, nämlich von alleu Früchten, vom
Brode und Semmeln, von Fleisch, Seife, Lichtern usw." Das Zeitzer Wochenblatt
nimmt "alle bürgerliche Local-Nachrichten ans und liefert außerdem die Wetter-
Anzeige", die Getraide-, Victualien- und Fleischpreise." Die Lebensmittelpreise sind
fast durchgängig aufgenommen, ein Zeichen dafür, daß mau uicht nnr ein reines
Annoncenblatt mit den Jntelltgenzblättern bezweckte, sondern darin eine Wohlfahrts¬
anstalt zur Förderung der Volkswirtschaft sah, oder "zum Besten des Nahruugs-
stcmdes," wie es zumeist lautet. In den in, ersten Jahrgang des Berliner Jntelli-


Kur Geschichte des Intelligenzwesens

Dieses sind die Jntelligenzanstalten, deren Gründungsjahr bekannt ist. Dazu
treten noch eine Reihe von Orten, von denen nicht gennn bekannt ist, wann sie
Jntelligeuzblätter erhalten haben. Als solche werden im Jahre 1802 noch gegen
fünfzig angeführt. Bei einer Reihe von ihnen heißt es, das; sie Jntelligenzblätter
schon seit langer Zeit gehabt hätten. Jedenfalls sehen wir, wie es um die Wende
des vorigen Jahrhunderts kaum einen größern Ort gab, der nicht sein Intelligenz-
blatt gehabt hätte. Freilich sind die einzelnen Blätter wechselnden Schicksalen unter¬
worfen. Sie werden zeitweilig unterbrochen oder hören an manchen Orten ganz
auf. So hatte Rastatt ein Intelligenzblatt nur bis 1771. Jülich und Zweibrücken
hatten vor 1800 Jntelligenzblätter, danach aber nicht mehr. Das Weimarische
Blatt ging beim ersten Versuch mit der zweiunddreißigsten Nummer ein, wurde
dann aber sehr bald wieder ciufgcuommeu. Das Sondershäuser Intelligenzblatt
erlebte in sechs Jahren drei verschiedne Ansätze. Das Gießener Unternehmen setzte
beinahe zwanzig Jahre ans, und anch das zu Gotha erlebte verschiedne Wieder¬
aufnahmen. Der Gesamtentwicklnngsgang wird aber durch diese oft nur auf lokalen
Ursachen beruhenden Störungen nicht aufgehalten. Vielmehr sehen wir zu Ende
des Jahrhunderts eine erstaunliche Fülle selbständiger Jntelligenzwerke. Werfen
wir nunmehr einen weitern Blick auf das Wesen und den Inhalt der Jntelligenz¬
blätter.

„Jntelligenzblätter, sagt Buddeus (in Ersch und Grubers Enehklopädie, Ar¬
tikel Jntelligenzanstalt), enthalten solche Notizen, welche schleunig in einem gewissen
Kreise, z. B. Stadt, Land, Bezirk usw., zur öffentlichen Kenntnis .(Intelligenz)
kommen sollen. — Alle Gegenstände des Handels und Wandels, alle Notizen,
welche für den Kreis, dem das Blatt angehört, in merkantiler, industriöser, litte¬
rarischer, polizeilicher, rechtlicher, geselliger, das häusliche Leben, den täglichen Verkehr,
die Land- und Hauswirtschaft angehender Rücksicht interessant sind, eignen sich für
diese Blätter." In der Regel wird der Inhalt schon in den oft recht umfang-
reichen Titeln der Blätter zusammengefaßt. Das Frankfurter Unternehmen nannte
sich „Wöchentliche Franckfurter Frag- und Anzeigungs-Nachrichten, von allerhand in
und außerhalb der Stadt zu kauffen und zu verkauften, zu verkapselt und lehren
seyenden, auch verlohrnen, gefundenen und gestohlenen Sachen; Sodann Versöhnen,
welche Geld lehnen, oder anßleyhen wollen, Bedienungen oder Arbeit suchen, oder
zu vergeben haben usw." Die Berliner Nachrichten trugen fast wörtlich dieselbe
Anzeige am Kopfe, fügten aber noch hinzu: „Ingleichen denen Kopulierten, Ge-
bohrueu und Gestorbenen, wie auch ankommenden Fremden ?c. :c. nebst dem Markt¬
gängigen wöchentlichen Korn- und Woll-Preise :e." Die spätern Blätter tragen
etwas kürzere Titel, die aber immer noch charakteristisch genug siud, so das von
Görlitz: „Anzeiger oder allgemeines Intelligenzblatt zum Behufe der Justiz, der
Policey und der bürgerlichen Gewerbe in der Lausitz, wie auch zur öffentlichen
Unterhaltung der Leser über gemeinnützige Gegenstände aller Art." Der Inhalt
der Jntelligeuzblätter ist niemals durchaus gleichartig, sondern richtet sich nach den
wechselnden Bedürfnissen und Beschäftigungen ihres Leserkreises. In dein einen
wird auf irgend eine Art von Nachrichten mehr Wert gelegt als in einem andern.
Das Gießener Blatt bringt „insbesondere ökonomische Aufsätze, Policey- und andere
Verordnungen, Bekanntmachungen aus dem Privatleben nebst dem wöchentlichen
Preise der Lebensmittel." Das Meininger enthält „alle herrschaftlichen Verord¬
nungen und die Taxen der Lebensbedürfnisse, nämlich von alleu Früchten, vom
Brode und Semmeln, von Fleisch, Seife, Lichtern usw." Das Zeitzer Wochenblatt
nimmt „alle bürgerliche Local-Nachrichten ans und liefert außerdem die Wetter-
Anzeige«, die Getraide-, Victualien- und Fleischpreise." Die Lebensmittelpreise sind
fast durchgängig aufgenommen, ein Zeichen dafür, daß mau uicht nnr ein reines
Annoncenblatt mit den Jntelltgenzblättern bezweckte, sondern darin eine Wohlfahrts¬
anstalt zur Förderung der Volkswirtschaft sah, oder „zum Besten des Nahruugs-
stcmdes," wie es zumeist lautet. In den in, ersten Jahrgang des Berliner Jntelli-


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[0558] Kur Geschichte des Intelligenzwesens Dieses sind die Jntelligenzanstalten, deren Gründungsjahr bekannt ist. Dazu treten noch eine Reihe von Orten, von denen nicht gennn bekannt ist, wann sie Jntelligeuzblätter erhalten haben. Als solche werden im Jahre 1802 noch gegen fünfzig angeführt. Bei einer Reihe von ihnen heißt es, das; sie Jntelligenzblätter schon seit langer Zeit gehabt hätten. Jedenfalls sehen wir, wie es um die Wende des vorigen Jahrhunderts kaum einen größern Ort gab, der nicht sein Intelligenz- blatt gehabt hätte. Freilich sind die einzelnen Blätter wechselnden Schicksalen unter¬ worfen. Sie werden zeitweilig unterbrochen oder hören an manchen Orten ganz auf. So hatte Rastatt ein Intelligenzblatt nur bis 1771. Jülich und Zweibrücken hatten vor 1800 Jntelligenzblätter, danach aber nicht mehr. Das Weimarische Blatt ging beim ersten Versuch mit der zweiunddreißigsten Nummer ein, wurde dann aber sehr bald wieder ciufgcuommeu. Das Sondershäuser Intelligenzblatt erlebte in sechs Jahren drei verschiedne Ansätze. Das Gießener Unternehmen setzte beinahe zwanzig Jahre ans, und anch das zu Gotha erlebte verschiedne Wieder¬ aufnahmen. Der Gesamtentwicklnngsgang wird aber durch diese oft nur auf lokalen Ursachen beruhenden Störungen nicht aufgehalten. Vielmehr sehen wir zu Ende des Jahrhunderts eine erstaunliche Fülle selbständiger Jntelligenzwerke. Werfen wir nunmehr einen weitern Blick auf das Wesen und den Inhalt der Jntelligenz¬ blätter. „Jntelligenzblätter, sagt Buddeus (in Ersch und Grubers Enehklopädie, Ar¬ tikel Jntelligenzanstalt), enthalten solche Notizen, welche schleunig in einem gewissen Kreise, z. B. Stadt, Land, Bezirk usw., zur öffentlichen Kenntnis .(Intelligenz) kommen sollen. — Alle Gegenstände des Handels und Wandels, alle Notizen, welche für den Kreis, dem das Blatt angehört, in merkantiler, industriöser, litte¬ rarischer, polizeilicher, rechtlicher, geselliger, das häusliche Leben, den täglichen Verkehr, die Land- und Hauswirtschaft angehender Rücksicht interessant sind, eignen sich für diese Blätter." In der Regel wird der Inhalt schon in den oft recht umfang- reichen Titeln der Blätter zusammengefaßt. Das Frankfurter Unternehmen nannte sich „Wöchentliche Franckfurter Frag- und Anzeigungs-Nachrichten, von allerhand in und außerhalb der Stadt zu kauffen und zu verkauften, zu verkapselt und lehren seyenden, auch verlohrnen, gefundenen und gestohlenen Sachen; Sodann Versöhnen, welche Geld lehnen, oder anßleyhen wollen, Bedienungen oder Arbeit suchen, oder zu vergeben haben usw." Die Berliner Nachrichten trugen fast wörtlich dieselbe Anzeige am Kopfe, fügten aber noch hinzu: „Ingleichen denen Kopulierten, Ge- bohrueu und Gestorbenen, wie auch ankommenden Fremden ?c. :c. nebst dem Markt¬ gängigen wöchentlichen Korn- und Woll-Preise :e." Die spätern Blätter tragen etwas kürzere Titel, die aber immer noch charakteristisch genug siud, so das von Görlitz: „Anzeiger oder allgemeines Intelligenzblatt zum Behufe der Justiz, der Policey und der bürgerlichen Gewerbe in der Lausitz, wie auch zur öffentlichen Unterhaltung der Leser über gemeinnützige Gegenstände aller Art." Der Inhalt der Jntelligeuzblätter ist niemals durchaus gleichartig, sondern richtet sich nach den wechselnden Bedürfnissen und Beschäftigungen ihres Leserkreises. In dein einen wird auf irgend eine Art von Nachrichten mehr Wert gelegt als in einem andern. Das Gießener Blatt bringt „insbesondere ökonomische Aufsätze, Policey- und andere Verordnungen, Bekanntmachungen aus dem Privatleben nebst dem wöchentlichen Preise der Lebensmittel." Das Meininger enthält „alle herrschaftlichen Verord¬ nungen und die Taxen der Lebensbedürfnisse, nämlich von alleu Früchten, vom Brode und Semmeln, von Fleisch, Seife, Lichtern usw." Das Zeitzer Wochenblatt nimmt „alle bürgerliche Local-Nachrichten ans und liefert außerdem die Wetter- Anzeige«, die Getraide-, Victualien- und Fleischpreise." Die Lebensmittelpreise sind fast durchgängig aufgenommen, ein Zeichen dafür, daß mau uicht nnr ein reines Annoncenblatt mit den Jntelltgenzblättern bezweckte, sondern darin eine Wohlfahrts¬ anstalt zur Förderung der Volkswirtschaft sah, oder „zum Besten des Nahruugs- stcmdes," wie es zumeist lautet. In den in, ersten Jahrgang des Berliner Jntelli-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/558>, abgerufen am 26.06.2024.