Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Doktsr Duttmüller und sein Freund

nehmen. "Ihre" Arbeiter haben mich zu ihrem Anwalt gewählt, also müssen Sie
durch mich mit ihnen verhandeln.

Ist das so? fragte Wandrer die Arbeiter.

Ja ja, das ist so, erwiderten diese.

Nun, Leute, fuhr Wandrer fort, wenn das so ist, dann geht in Gottes Namen
wieder nach Hause. Wenn ihr etwas von uns wollt, dann kommt selbst und schickt
nicht fremde Leute. Mit Agitatoren und Parteigrößen verhandle ich nicht. Adieu.

Die Arbeiter zogen ab, nicht wenig verdutzt darüber, daß die Verhandlungen
schon bei der Vorfrage gescheitert waren. Wandrer rief ihnen nach: Erinnert euch,
daß ihr zu vierzehntägiger Kündigung verpflichtet seid. Breche ihr euern Kontrakt,
so verliert ihr alle Rechte.

Die Leute murmelten etwas und gingen ab.

Beim nächsten Schichtwechsel fuhr nur die Hälfte der Bergleute an, und die
Fabrikarbeiter blieben ganz ans. Die Streitenden trieben sich auf deu Wegen, die
zum Werke führten, herum, belagerten das Thor und ließen die Leute, die zur
Arbeit gehn wollten, nicht durch. Hier und da war es schon zu kleinen Prüge¬
leien gekommen. Man mußte aber erwarten, daß sich die Gemüter schnell erhitzen
würden, und daß es zu ernstern Ausschreitungen kommen werde.

Der Direktor war in seinem Wagen nicht weit hinter Fritze Poplitz und Ge¬
nossen hergefahren, doch hatte sich, als er sich dem Werke näherte, insoweit die
Lage geändert, als sich auf der Straße oberhalb des Werkes ein Haufe Menschen
aufgestellt hatte und den Durchgang hinderte. Die Leute erkannten des Direktors
Wagen schon von weitem und schrieen: Der Direktor, der Direktor! Schlagt den
Hund tot. Dabei schwenkten sie ihre Knüppel. Der Direktor wurde leichenblaß. --
Fahr zu, Johann! rief er. -- Johann hätte mitten in den Menschenhaufen hinein
fahren müssen und zögerte. Der Direktor riß ihm die Zügel aus der Hand,
schlug auf die Pferde ein, stieß ein Paar Menschen über den Haufen und jagte in
vollem Rennen davon. Es erhob sich ein Wutgeschrei, und man lief die Knüppel
schwingend dem Wagen nach. Der Direktor hatte erwartet deu Weg frei und das
Thor offen zu finden, aber noch ehe er das Werk erreichte, trat ihm ein andrer
Haufe entgegen, während die Verfolger hinter ihm herkamen. Man siel den
Pferden in die Zügel, der Wagen stand. Na warte, du Hund, riefen die Arbeiter,
jetzt haben wir dich. Aber es war mehr auf Unfug, als auf einen ernsten Angriff
abgesehen. -- Zieht doch dem Kerl das Fell ab, rief einer aus dem Haufen, und
ein andrer: Taucht ihn doch einmal dort in das Wasserloch, daß er auch einmal
erfährt, wie Wasser schmeckt.

Der Direktor zitterte um ganzen Leibe, zog seinen Revolver, schoß in die
Luft, sprang aus dem Wagen über den Graben in die Büsche und eilte so behende
den Berghang hinauf, wie man es feinen kurzen Beinen und seinem kurzen Atem
niemals zugetraut hätte.

Die Arbeiter schimpften und lachten durcheinander, trieben Johann seinen
Lacklederhut über die Nase, spannten die Pferde aus, jagten sie fort und warfen
den Wagen in den Chausseegraben. Der Direktor stürzte, ohne Hut und mit
zerrissenen Kleidern aus dem Walde herauskommend, und nachdem er über den
Gartenzaun gestiegen war, durch die Hinterpforte in sein Haus, eilte die Treppe
hinauf und durch alle Zimmer bis in das letzte, wo er auf das Pianino kletterte
und atemlos, die Beine an den Leib gezogen, so wie er auf seinem Bureausessel zu
sitzen Pflegte, sitzen blieb und geistesabwesend wie eine Pagode mit dem Kopfe nickte.

Lydia hatte das Schlagen der Thüren gehört und trat ein. Um Gottes
willen, Vater, rief sie entsetzt, was machst du da?

Haut abziehen, Haut abziehen! lallte der Direktor, Schwefelbande verdammte,
soll mir nicht die Haut abziehen. Äh!

Lydia floh zum Zimmer hinaus und rief mit gellenden Tönen nach Johann.
Johann kam eben an mit einer blutigen Schramme auf der Nase, die ihm der ein-


Doktsr Duttmüller und sein Freund

nehmen. „Ihre" Arbeiter haben mich zu ihrem Anwalt gewählt, also müssen Sie
durch mich mit ihnen verhandeln.

Ist das so? fragte Wandrer die Arbeiter.

Ja ja, das ist so, erwiderten diese.

Nun, Leute, fuhr Wandrer fort, wenn das so ist, dann geht in Gottes Namen
wieder nach Hause. Wenn ihr etwas von uns wollt, dann kommt selbst und schickt
nicht fremde Leute. Mit Agitatoren und Parteigrößen verhandle ich nicht. Adieu.

Die Arbeiter zogen ab, nicht wenig verdutzt darüber, daß die Verhandlungen
schon bei der Vorfrage gescheitert waren. Wandrer rief ihnen nach: Erinnert euch,
daß ihr zu vierzehntägiger Kündigung verpflichtet seid. Breche ihr euern Kontrakt,
so verliert ihr alle Rechte.

Die Leute murmelten etwas und gingen ab.

Beim nächsten Schichtwechsel fuhr nur die Hälfte der Bergleute an, und die
Fabrikarbeiter blieben ganz ans. Die Streitenden trieben sich auf deu Wegen, die
zum Werke führten, herum, belagerten das Thor und ließen die Leute, die zur
Arbeit gehn wollten, nicht durch. Hier und da war es schon zu kleinen Prüge¬
leien gekommen. Man mußte aber erwarten, daß sich die Gemüter schnell erhitzen
würden, und daß es zu ernstern Ausschreitungen kommen werde.

Der Direktor war in seinem Wagen nicht weit hinter Fritze Poplitz und Ge¬
nossen hergefahren, doch hatte sich, als er sich dem Werke näherte, insoweit die
Lage geändert, als sich auf der Straße oberhalb des Werkes ein Haufe Menschen
aufgestellt hatte und den Durchgang hinderte. Die Leute erkannten des Direktors
Wagen schon von weitem und schrieen: Der Direktor, der Direktor! Schlagt den
Hund tot. Dabei schwenkten sie ihre Knüppel. Der Direktor wurde leichenblaß. —
Fahr zu, Johann! rief er. — Johann hätte mitten in den Menschenhaufen hinein
fahren müssen und zögerte. Der Direktor riß ihm die Zügel aus der Hand,
schlug auf die Pferde ein, stieß ein Paar Menschen über den Haufen und jagte in
vollem Rennen davon. Es erhob sich ein Wutgeschrei, und man lief die Knüppel
schwingend dem Wagen nach. Der Direktor hatte erwartet deu Weg frei und das
Thor offen zu finden, aber noch ehe er das Werk erreichte, trat ihm ein andrer
Haufe entgegen, während die Verfolger hinter ihm herkamen. Man siel den
Pferden in die Zügel, der Wagen stand. Na warte, du Hund, riefen die Arbeiter,
jetzt haben wir dich. Aber es war mehr auf Unfug, als auf einen ernsten Angriff
abgesehen. — Zieht doch dem Kerl das Fell ab, rief einer aus dem Haufen, und
ein andrer: Taucht ihn doch einmal dort in das Wasserloch, daß er auch einmal
erfährt, wie Wasser schmeckt.

Der Direktor zitterte um ganzen Leibe, zog seinen Revolver, schoß in die
Luft, sprang aus dem Wagen über den Graben in die Büsche und eilte so behende
den Berghang hinauf, wie man es feinen kurzen Beinen und seinem kurzen Atem
niemals zugetraut hätte.

Die Arbeiter schimpften und lachten durcheinander, trieben Johann seinen
Lacklederhut über die Nase, spannten die Pferde aus, jagten sie fort und warfen
den Wagen in den Chausseegraben. Der Direktor stürzte, ohne Hut und mit
zerrissenen Kleidern aus dem Walde herauskommend, und nachdem er über den
Gartenzaun gestiegen war, durch die Hinterpforte in sein Haus, eilte die Treppe
hinauf und durch alle Zimmer bis in das letzte, wo er auf das Pianino kletterte
und atemlos, die Beine an den Leib gezogen, so wie er auf seinem Bureausessel zu
sitzen Pflegte, sitzen blieb und geistesabwesend wie eine Pagode mit dem Kopfe nickte.

Lydia hatte das Schlagen der Thüren gehört und trat ein. Um Gottes
willen, Vater, rief sie entsetzt, was machst du da?

Haut abziehen, Haut abziehen! lallte der Direktor, Schwefelbande verdammte,
soll mir nicht die Haut abziehen. Äh!

Lydia floh zum Zimmer hinaus und rief mit gellenden Tönen nach Johann.
Johann kam eben an mit einer blutigen Schramme auf der Nase, die ihm der ein-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0510" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/237796"/>
          <fw type="header" place="top"> Doktsr Duttmüller und sein Freund</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2557" prev="#ID_2556"> nehmen. &#x201E;Ihre" Arbeiter haben mich zu ihrem Anwalt gewählt, also müssen Sie<lb/>
durch mich mit ihnen verhandeln.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2558"> Ist das so? fragte Wandrer die Arbeiter.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2559"> Ja ja, das ist so, erwiderten diese.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2560"> Nun, Leute, fuhr Wandrer fort, wenn das so ist, dann geht in Gottes Namen<lb/>
wieder nach Hause. Wenn ihr etwas von uns wollt, dann kommt selbst und schickt<lb/>
nicht fremde Leute. Mit Agitatoren und Parteigrößen verhandle ich nicht. Adieu.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2561"> Die Arbeiter zogen ab, nicht wenig verdutzt darüber, daß die Verhandlungen<lb/>
schon bei der Vorfrage gescheitert waren. Wandrer rief ihnen nach: Erinnert euch,<lb/>
daß ihr zu vierzehntägiger Kündigung verpflichtet seid. Breche ihr euern Kontrakt,<lb/>
so verliert ihr alle Rechte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2562"> Die Leute murmelten etwas und gingen ab.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2563"> Beim nächsten Schichtwechsel fuhr nur die Hälfte der Bergleute an, und die<lb/>
Fabrikarbeiter blieben ganz ans. Die Streitenden trieben sich auf deu Wegen, die<lb/>
zum Werke führten, herum, belagerten das Thor und ließen die Leute, die zur<lb/>
Arbeit gehn wollten, nicht durch. Hier und da war es schon zu kleinen Prüge¬<lb/>
leien gekommen. Man mußte aber erwarten, daß sich die Gemüter schnell erhitzen<lb/>
würden, und daß es zu ernstern Ausschreitungen kommen werde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2564"> Der Direktor war in seinem Wagen nicht weit hinter Fritze Poplitz und Ge¬<lb/>
nossen hergefahren, doch hatte sich, als er sich dem Werke näherte, insoweit die<lb/>
Lage geändert, als sich auf der Straße oberhalb des Werkes ein Haufe Menschen<lb/>
aufgestellt hatte und den Durchgang hinderte. Die Leute erkannten des Direktors<lb/>
Wagen schon von weitem und schrieen: Der Direktor, der Direktor! Schlagt den<lb/>
Hund tot. Dabei schwenkten sie ihre Knüppel. Der Direktor wurde leichenblaß. &#x2014;<lb/>
Fahr zu, Johann! rief er. &#x2014; Johann hätte mitten in den Menschenhaufen hinein<lb/>
fahren müssen und zögerte. Der Direktor riß ihm die Zügel aus der Hand,<lb/>
schlug auf die Pferde ein, stieß ein Paar Menschen über den Haufen und jagte in<lb/>
vollem Rennen davon. Es erhob sich ein Wutgeschrei, und man lief die Knüppel<lb/>
schwingend dem Wagen nach. Der Direktor hatte erwartet deu Weg frei und das<lb/>
Thor offen zu finden, aber noch ehe er das Werk erreichte, trat ihm ein andrer<lb/>
Haufe entgegen, während die Verfolger hinter ihm herkamen. Man siel den<lb/>
Pferden in die Zügel, der Wagen stand. Na warte, du Hund, riefen die Arbeiter,<lb/>
jetzt haben wir dich. Aber es war mehr auf Unfug, als auf einen ernsten Angriff<lb/>
abgesehen. &#x2014; Zieht doch dem Kerl das Fell ab, rief einer aus dem Haufen, und<lb/>
ein andrer: Taucht ihn doch einmal dort in das Wasserloch, daß er auch einmal<lb/>
erfährt, wie Wasser schmeckt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2565"> Der Direktor zitterte um ganzen Leibe, zog seinen Revolver, schoß in die<lb/>
Luft, sprang aus dem Wagen über den Graben in die Büsche und eilte so behende<lb/>
den Berghang hinauf, wie man es feinen kurzen Beinen und seinem kurzen Atem<lb/>
niemals zugetraut hätte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2566"> Die Arbeiter schimpften und lachten durcheinander, trieben Johann seinen<lb/>
Lacklederhut über die Nase, spannten die Pferde aus, jagten sie fort und warfen<lb/>
den Wagen in den Chausseegraben. Der Direktor stürzte, ohne Hut und mit<lb/>
zerrissenen Kleidern aus dem Walde herauskommend, und nachdem er über den<lb/>
Gartenzaun gestiegen war, durch die Hinterpforte in sein Haus, eilte die Treppe<lb/>
hinauf und durch alle Zimmer bis in das letzte, wo er auf das Pianino kletterte<lb/>
und atemlos, die Beine an den Leib gezogen, so wie er auf seinem Bureausessel zu<lb/>
sitzen Pflegte, sitzen blieb und geistesabwesend wie eine Pagode mit dem Kopfe nickte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2567"> Lydia hatte das Schlagen der Thüren gehört und trat ein. Um Gottes<lb/>
willen, Vater, rief sie entsetzt, was machst du da?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2568"> Haut abziehen, Haut abziehen! lallte der Direktor, Schwefelbande verdammte,<lb/>
soll mir nicht die Haut abziehen.  Äh!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2569" next="#ID_2570"> Lydia floh zum Zimmer hinaus und rief mit gellenden Tönen nach Johann.<lb/>
Johann kam eben an mit einer blutigen Schramme auf der Nase, die ihm der ein-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0510] Doktsr Duttmüller und sein Freund nehmen. „Ihre" Arbeiter haben mich zu ihrem Anwalt gewählt, also müssen Sie durch mich mit ihnen verhandeln. Ist das so? fragte Wandrer die Arbeiter. Ja ja, das ist so, erwiderten diese. Nun, Leute, fuhr Wandrer fort, wenn das so ist, dann geht in Gottes Namen wieder nach Hause. Wenn ihr etwas von uns wollt, dann kommt selbst und schickt nicht fremde Leute. Mit Agitatoren und Parteigrößen verhandle ich nicht. Adieu. Die Arbeiter zogen ab, nicht wenig verdutzt darüber, daß die Verhandlungen schon bei der Vorfrage gescheitert waren. Wandrer rief ihnen nach: Erinnert euch, daß ihr zu vierzehntägiger Kündigung verpflichtet seid. Breche ihr euern Kontrakt, so verliert ihr alle Rechte. Die Leute murmelten etwas und gingen ab. Beim nächsten Schichtwechsel fuhr nur die Hälfte der Bergleute an, und die Fabrikarbeiter blieben ganz ans. Die Streitenden trieben sich auf deu Wegen, die zum Werke führten, herum, belagerten das Thor und ließen die Leute, die zur Arbeit gehn wollten, nicht durch. Hier und da war es schon zu kleinen Prüge¬ leien gekommen. Man mußte aber erwarten, daß sich die Gemüter schnell erhitzen würden, und daß es zu ernstern Ausschreitungen kommen werde. Der Direktor war in seinem Wagen nicht weit hinter Fritze Poplitz und Ge¬ nossen hergefahren, doch hatte sich, als er sich dem Werke näherte, insoweit die Lage geändert, als sich auf der Straße oberhalb des Werkes ein Haufe Menschen aufgestellt hatte und den Durchgang hinderte. Die Leute erkannten des Direktors Wagen schon von weitem und schrieen: Der Direktor, der Direktor! Schlagt den Hund tot. Dabei schwenkten sie ihre Knüppel. Der Direktor wurde leichenblaß. — Fahr zu, Johann! rief er. — Johann hätte mitten in den Menschenhaufen hinein fahren müssen und zögerte. Der Direktor riß ihm die Zügel aus der Hand, schlug auf die Pferde ein, stieß ein Paar Menschen über den Haufen und jagte in vollem Rennen davon. Es erhob sich ein Wutgeschrei, und man lief die Knüppel schwingend dem Wagen nach. Der Direktor hatte erwartet deu Weg frei und das Thor offen zu finden, aber noch ehe er das Werk erreichte, trat ihm ein andrer Haufe entgegen, während die Verfolger hinter ihm herkamen. Man siel den Pferden in die Zügel, der Wagen stand. Na warte, du Hund, riefen die Arbeiter, jetzt haben wir dich. Aber es war mehr auf Unfug, als auf einen ernsten Angriff abgesehen. — Zieht doch dem Kerl das Fell ab, rief einer aus dem Haufen, und ein andrer: Taucht ihn doch einmal dort in das Wasserloch, daß er auch einmal erfährt, wie Wasser schmeckt. Der Direktor zitterte um ganzen Leibe, zog seinen Revolver, schoß in die Luft, sprang aus dem Wagen über den Graben in die Büsche und eilte so behende den Berghang hinauf, wie man es feinen kurzen Beinen und seinem kurzen Atem niemals zugetraut hätte. Die Arbeiter schimpften und lachten durcheinander, trieben Johann seinen Lacklederhut über die Nase, spannten die Pferde aus, jagten sie fort und warfen den Wagen in den Chausseegraben. Der Direktor stürzte, ohne Hut und mit zerrissenen Kleidern aus dem Walde herauskommend, und nachdem er über den Gartenzaun gestiegen war, durch die Hinterpforte in sein Haus, eilte die Treppe hinauf und durch alle Zimmer bis in das letzte, wo er auf das Pianino kletterte und atemlos, die Beine an den Leib gezogen, so wie er auf seinem Bureausessel zu sitzen Pflegte, sitzen blieb und geistesabwesend wie eine Pagode mit dem Kopfe nickte. Lydia hatte das Schlagen der Thüren gehört und trat ein. Um Gottes willen, Vater, rief sie entsetzt, was machst du da? Haut abziehen, Haut abziehen! lallte der Direktor, Schwefelbande verdammte, soll mir nicht die Haut abziehen. Äh! Lydia floh zum Zimmer hinaus und rief mit gellenden Tönen nach Johann. Johann kam eben an mit einer blutigen Schramme auf der Nase, die ihm der ein-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/510
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/510>, abgerufen am 28.09.2024.