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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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KnrsÄchsische Streifzüge

gerichtet, die Gäste werden in den Bürgerhäusern einquartiert, am Abend findet
im Schlosse Bankett und Tanz statt. Der zweite Festtag beginnt mit einem
Aktus in der Schloßkirche, wobei der Vertraute des Kurfürsten, Martin Pvllich
von Mcllerstadt, die Predigt hält; daran schließen sich zwei Doktorpromotionen
und das Tedeum; mittags beginnt das Turnier, abends ist wieder Bankett
im Schlosse. Am dritten Tage wird das Fest mit neuen Promotionen und
mit einem Turnier beschlossen. Man erkennt aus diesem Festprogramm die
enge Verbindung der Universität mit dem Landesfürsten, den, als er sie stiftete,
wohl vor allem der Gedanke beschäftigte, sich Räte und Staatsbeamte heran¬
zubilden; ähnliche Erwägungen haben später den Herzog Moritz zur Gründung
der drei Fürstenschuleu veranlaßt. Die stete Kontrolle der Universität durch
den Landesfürsten erwies sich in mancher Hinsicht als nützlich und förderlich,
andrerseits aber war sie auch eine bedenkliche Schranke für die Bewegungs¬
freiheit der Hochschule.

Hier ist man versucht zu fragen, warum denn gerade Wittenberg der Aus¬
gangspunkt der deutschen Reformation wurde. Bot denn die Universität
oder die Stadt Luther ein besonders geeignetes oder besonders vorbereitetes
Feld für sein Wirken? Das ist mit der Universität gewiß nicht der Fall;
man kaun höchstens darauf hinweisen, daß der scholastische Geist, der anderswo,
z. B. in Leipzig, jeden gesunden Fortschritt hemmte, in der jungen Universität
Wittenberg, die ja schon in einer Zeit der Vorboten der großen geistigen
Revolution gegründet war, doch nicht so fest Wurzel schlagen konnte; aber
von einer besondern Bedeutung oder Vertiefung der theologischen Studien vor
Luther ist auch in Wittenberg keine Rede. Ebensowenig läßt sich etwa den
Wittenberger Bürgern irgend welches mystische Wesen oder eine tiefere religiöse
Empfindung als den andern Deutschen dieser Zeit nachrühmen. An der Süd-
ostecke der zweitürmigen Stadtkirche findet sich, angeblich aus dem Jahre 1304,
ein alter Stein eingemauert, auf dem eine Sau mit vollen Eutern abgebildet
ist, an denen einige Männer saugen; darunter steht geschrieben: Uabini
8vKöMlmmpir0rg.8 (eine hebräische Verballhornung des Namens Jehovah).
Mögen nun die Männer Juden darstellen oder, wie man neuerdings auch
meint, entartete Mönche, die an den Brüsten der Fleischeslust liegen -- jeden¬
falls tritt hier dieselbe Spottsucht zu Tage, die ich in einem frühern Aufsatze
als eine Eigentümlichkeit der "misnopotamischen" Gesellschaft hervorgehoben
habe (s. 1902, I, S. 91).

Auch das niederländische Blut, das in den Adern der ältern Witten¬
berger Familien rollte, ist eher einem praktisch-nüchternen Sinne als religiöser
Begeisterung hold; freilich trieb es auch zum Selbstbewußtsein und zur Un¬
abhängigkeit, und deshalb wurden vielleicht die kirchlichen Lasten hier härter
empfunden als anderswo. Und wenn sich die Wittenberger 1522 unter dein
.Einflüsse Karlstadts am Bildersturme beteiligten, so war auch da weniger
Schwarmgeisterei als nüchterne Berechnung bei der Einziehung des Kirchen¬
guts im Spiele. Das beweist die in diesem Jahre (1522) gedruckte "löbliche
Ordnung der fürstlichen Stadt Wittenberg," die fast lauter finanzielle Be¬
stimmungen zu Gunsten des "gemeinen Kastens" und andre volkswirtschaft¬
lich zu billigende Maßregeln gegen die Besteuruug des Volks durch die alte
Kirche enthalten. Luther vereinigte sich also mit den Wittenberger" ver¬
hältnismäßig leicht in der Negation und dem Abbruch der alten kirchlichen
Einrichtungen, für deu Aufbau seines neuen Glaubens aber und seiner neuen
Kirche fand er hier das Feld nicht besser bereitet als anderswo. Das Beste
und Größte dazu hat eben auch an der Universität und in der Stadt Witten¬
berg Luthers reine und bedeutende Persönlichkeit gewirkt. Erst mit den
Hammerschlägen des 31. Oktobers 1517 beginnt die große Zeit Wittenbergs;
Luther erst hat dem etwas einseitig territvrialstaatlichen Geschöpfe des Kur¬
fürsten den Geist wahrer Universalität eingehaucht; er erst hat in Wittenberg


KnrsÄchsische Streifzüge

gerichtet, die Gäste werden in den Bürgerhäusern einquartiert, am Abend findet
im Schlosse Bankett und Tanz statt. Der zweite Festtag beginnt mit einem
Aktus in der Schloßkirche, wobei der Vertraute des Kurfürsten, Martin Pvllich
von Mcllerstadt, die Predigt hält; daran schließen sich zwei Doktorpromotionen
und das Tedeum; mittags beginnt das Turnier, abends ist wieder Bankett
im Schlosse. Am dritten Tage wird das Fest mit neuen Promotionen und
mit einem Turnier beschlossen. Man erkennt aus diesem Festprogramm die
enge Verbindung der Universität mit dem Landesfürsten, den, als er sie stiftete,
wohl vor allem der Gedanke beschäftigte, sich Räte und Staatsbeamte heran¬
zubilden; ähnliche Erwägungen haben später den Herzog Moritz zur Gründung
der drei Fürstenschuleu veranlaßt. Die stete Kontrolle der Universität durch
den Landesfürsten erwies sich in mancher Hinsicht als nützlich und förderlich,
andrerseits aber war sie auch eine bedenkliche Schranke für die Bewegungs¬
freiheit der Hochschule.

Hier ist man versucht zu fragen, warum denn gerade Wittenberg der Aus¬
gangspunkt der deutschen Reformation wurde. Bot denn die Universität
oder die Stadt Luther ein besonders geeignetes oder besonders vorbereitetes
Feld für sein Wirken? Das ist mit der Universität gewiß nicht der Fall;
man kaun höchstens darauf hinweisen, daß der scholastische Geist, der anderswo,
z. B. in Leipzig, jeden gesunden Fortschritt hemmte, in der jungen Universität
Wittenberg, die ja schon in einer Zeit der Vorboten der großen geistigen
Revolution gegründet war, doch nicht so fest Wurzel schlagen konnte; aber
von einer besondern Bedeutung oder Vertiefung der theologischen Studien vor
Luther ist auch in Wittenberg keine Rede. Ebensowenig läßt sich etwa den
Wittenberger Bürgern irgend welches mystische Wesen oder eine tiefere religiöse
Empfindung als den andern Deutschen dieser Zeit nachrühmen. An der Süd-
ostecke der zweitürmigen Stadtkirche findet sich, angeblich aus dem Jahre 1304,
ein alter Stein eingemauert, auf dem eine Sau mit vollen Eutern abgebildet
ist, an denen einige Männer saugen; darunter steht geschrieben: Uabini
8vKöMlmmpir0rg.8 (eine hebräische Verballhornung des Namens Jehovah).
Mögen nun die Männer Juden darstellen oder, wie man neuerdings auch
meint, entartete Mönche, die an den Brüsten der Fleischeslust liegen — jeden¬
falls tritt hier dieselbe Spottsucht zu Tage, die ich in einem frühern Aufsatze
als eine Eigentümlichkeit der „misnopotamischen" Gesellschaft hervorgehoben
habe (s. 1902, I, S. 91).

Auch das niederländische Blut, das in den Adern der ältern Witten¬
berger Familien rollte, ist eher einem praktisch-nüchternen Sinne als religiöser
Begeisterung hold; freilich trieb es auch zum Selbstbewußtsein und zur Un¬
abhängigkeit, und deshalb wurden vielleicht die kirchlichen Lasten hier härter
empfunden als anderswo. Und wenn sich die Wittenberger 1522 unter dein
.Einflüsse Karlstadts am Bildersturme beteiligten, so war auch da weniger
Schwarmgeisterei als nüchterne Berechnung bei der Einziehung des Kirchen¬
guts im Spiele. Das beweist die in diesem Jahre (1522) gedruckte „löbliche
Ordnung der fürstlichen Stadt Wittenberg," die fast lauter finanzielle Be¬
stimmungen zu Gunsten des „gemeinen Kastens" und andre volkswirtschaft¬
lich zu billigende Maßregeln gegen die Besteuruug des Volks durch die alte
Kirche enthalten. Luther vereinigte sich also mit den Wittenberger« ver¬
hältnismäßig leicht in der Negation und dem Abbruch der alten kirchlichen
Einrichtungen, für deu Aufbau seines neuen Glaubens aber und seiner neuen
Kirche fand er hier das Feld nicht besser bereitet als anderswo. Das Beste
und Größte dazu hat eben auch an der Universität und in der Stadt Witten¬
berg Luthers reine und bedeutende Persönlichkeit gewirkt. Erst mit den
Hammerschlägen des 31. Oktobers 1517 beginnt die große Zeit Wittenbergs;
Luther erst hat dem etwas einseitig territvrialstaatlichen Geschöpfe des Kur¬
fürsten den Geist wahrer Universalität eingehaucht; er erst hat in Wittenberg


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[0496] KnrsÄchsische Streifzüge gerichtet, die Gäste werden in den Bürgerhäusern einquartiert, am Abend findet im Schlosse Bankett und Tanz statt. Der zweite Festtag beginnt mit einem Aktus in der Schloßkirche, wobei der Vertraute des Kurfürsten, Martin Pvllich von Mcllerstadt, die Predigt hält; daran schließen sich zwei Doktorpromotionen und das Tedeum; mittags beginnt das Turnier, abends ist wieder Bankett im Schlosse. Am dritten Tage wird das Fest mit neuen Promotionen und mit einem Turnier beschlossen. Man erkennt aus diesem Festprogramm die enge Verbindung der Universität mit dem Landesfürsten, den, als er sie stiftete, wohl vor allem der Gedanke beschäftigte, sich Räte und Staatsbeamte heran¬ zubilden; ähnliche Erwägungen haben später den Herzog Moritz zur Gründung der drei Fürstenschuleu veranlaßt. Die stete Kontrolle der Universität durch den Landesfürsten erwies sich in mancher Hinsicht als nützlich und förderlich, andrerseits aber war sie auch eine bedenkliche Schranke für die Bewegungs¬ freiheit der Hochschule. Hier ist man versucht zu fragen, warum denn gerade Wittenberg der Aus¬ gangspunkt der deutschen Reformation wurde. Bot denn die Universität oder die Stadt Luther ein besonders geeignetes oder besonders vorbereitetes Feld für sein Wirken? Das ist mit der Universität gewiß nicht der Fall; man kaun höchstens darauf hinweisen, daß der scholastische Geist, der anderswo, z. B. in Leipzig, jeden gesunden Fortschritt hemmte, in der jungen Universität Wittenberg, die ja schon in einer Zeit der Vorboten der großen geistigen Revolution gegründet war, doch nicht so fest Wurzel schlagen konnte; aber von einer besondern Bedeutung oder Vertiefung der theologischen Studien vor Luther ist auch in Wittenberg keine Rede. Ebensowenig läßt sich etwa den Wittenberger Bürgern irgend welches mystische Wesen oder eine tiefere religiöse Empfindung als den andern Deutschen dieser Zeit nachrühmen. An der Süd- ostecke der zweitürmigen Stadtkirche findet sich, angeblich aus dem Jahre 1304, ein alter Stein eingemauert, auf dem eine Sau mit vollen Eutern abgebildet ist, an denen einige Männer saugen; darunter steht geschrieben: Uabini 8vKöMlmmpir0rg.8 (eine hebräische Verballhornung des Namens Jehovah). Mögen nun die Männer Juden darstellen oder, wie man neuerdings auch meint, entartete Mönche, die an den Brüsten der Fleischeslust liegen — jeden¬ falls tritt hier dieselbe Spottsucht zu Tage, die ich in einem frühern Aufsatze als eine Eigentümlichkeit der „misnopotamischen" Gesellschaft hervorgehoben habe (s. 1902, I, S. 91). Auch das niederländische Blut, das in den Adern der ältern Witten¬ berger Familien rollte, ist eher einem praktisch-nüchternen Sinne als religiöser Begeisterung hold; freilich trieb es auch zum Selbstbewußtsein und zur Un¬ abhängigkeit, und deshalb wurden vielleicht die kirchlichen Lasten hier härter empfunden als anderswo. Und wenn sich die Wittenberger 1522 unter dein .Einflüsse Karlstadts am Bildersturme beteiligten, so war auch da weniger Schwarmgeisterei als nüchterne Berechnung bei der Einziehung des Kirchen¬ guts im Spiele. Das beweist die in diesem Jahre (1522) gedruckte „löbliche Ordnung der fürstlichen Stadt Wittenberg," die fast lauter finanzielle Be¬ stimmungen zu Gunsten des „gemeinen Kastens" und andre volkswirtschaft¬ lich zu billigende Maßregeln gegen die Besteuruug des Volks durch die alte Kirche enthalten. Luther vereinigte sich also mit den Wittenberger« ver¬ hältnismäßig leicht in der Negation und dem Abbruch der alten kirchlichen Einrichtungen, für deu Aufbau seines neuen Glaubens aber und seiner neuen Kirche fand er hier das Feld nicht besser bereitet als anderswo. Das Beste und Größte dazu hat eben auch an der Universität und in der Stadt Witten¬ berg Luthers reine und bedeutende Persönlichkeit gewirkt. Erst mit den Hammerschlägen des 31. Oktobers 1517 beginnt die große Zeit Wittenbergs; Luther erst hat dem etwas einseitig territvrialstaatlichen Geschöpfe des Kur¬ fürsten den Geist wahrer Universalität eingehaucht; er erst hat in Wittenberg

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/496>, abgerufen am 29.06.2024.