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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Doktor Duttmüller und sein Freund

die Krügern mit ihrem Korbe, die Rothkamm mit ihrem Kinde, das durchaus
nicht schlafen wollte, und zuletzt, was an Kindern und Katzen vorhanden war. Das
Haus war bald erreicht; die Weitungen und der Naturdoktor traten ein, und die
andern drängten sich in der Thür, um zu sehen, wo das hinauswollte.

Husareuweidling saß am Kochofen in einem Lehnstuhl und hatte das dick ein¬
gewickelte Bein auf einen Stuhl gelegt. Es war eine schauerliche Luft in der Stube.
Auf dem Tische, unterm Feuster stand in Pfützen von Kaffee Kaffeekanne und
-Tasse, eine Flasche Arnika, ein Topf Brustthee und eine Büchse mit Salbe, die
nach Jodoform roch. Und alles war dicht mit Fliegen besetzt.

Edeward, sagte die Weitungen, der Mann, was der alte Dnttmüller ist, will
einmal dein Bein besehen.

Weidling murrte etwas in sich hinein, ließ es aber geschehen, daß das Bein
aus endlosen Wickeln frei gemacht wurde. Duttmüller hatte sich, ohne d'en Hut ab¬
zunehmen, auf einen Stuhl gesetzt und sah, den Kugelstock unter der Nase, tiefsinnig
zu. Als die Bewicklung beseitigt war, war an dem kranken Beine nichts zu sehen,
als daß es vom Knie abwärts stark geschwollen war. Duttmüller roch daran, nickte
wie über die Bestätigung einer wohlbegründeten Annahme und sagte: Saure Gärung.
-- Darauf griff er mit derber Hand das Knie an. -- An! rief Weitling. Hier¬
auf verfuhr Duttmüller ebenso mit den Knöcheln. -- An, Donnerwetter! rief
Weidling.

Das hat weh gethan, sagte Duttmüller.

Den Deibel auch, erwiderte Weitling.

Dat macht nichts, dat muß weh thun. Wo es die Spannung der Dünste von
wegen der sauern Gärung ist. Hier! rechts gehts runter, und dann links wieder
rauf. Zuerst hats Knie weh gethan, und dann der Fuß.

Nein, wandte die Weitungen ein, erst hats im Knöchel gesessen, und dann
ini Knie.

Halten Sie Ihre jeehrte Fntterluke, Weitungen, sagte unwillig Duttmüller
senior, die rechtsseitige saure Gärung geht von oben nach unten, und die linke von
unten nach oben. Also hat et zuerst ins Knie jesessen und ist saurer Krankheitsstoff,
der ausjetrieben werden muß. Wo ick dat allens weiß, wo es im Schäfer Matthias
seinem Buche steht. Hier!

Die Frau fügte sich der höhern Weisheit und fragte nur bescheiden, was
denn nun anzufangen sei, um den Krankheitsstoff auszutreiben. Duttmüller fühlte
sich durch die Frage etwas in Verlegenheit gesetzt, ließ sich aber nichts merken,
sondern untersuchte, während die Fliegen in Scharen aufflogen, die auf dem Tische
stehenden Medikamente. -- Was haben Sie denn hier? fragte er, die Salbe in die
Hand nehmend und daran riechend.

Das ist Salbe, die der Herr Doktor verschrieben hat, sagte die Weitungen,
eingeschüchtert und gleichsam entschuldigend.

Dat is man bloß Fett und Stiukstoff, det verschmiert die Porusse und treibt den
Krankheitsstoff in den Leib hinein. Det können Sie dem Apotheker wiederjeben.
Und dat hier? Ar --- ar -- ? --

Das ist Arnika, sagte die Weitungen.

Duttmüller hatte die Aufschrift durch die Brille nicht lesen können, da die Brille
für seine Augen nicht paßte. Jetzt nahm er die Flasche in die Hand, öffnete sie
und roch daran. Es roch nach Schnaps, was ihm Vertrauen zu dem Medikament
einflößte. -- Dieser Arnika is jut, sagte er. Jeben Sie Ihrem Manne davon
früh eine halbe Bulle und abends eine halbe Bulle.

Das ist aber doch nur zum Einreiben, sagte die Weitungen.

Schweigen Sie still, erwiderte Duttmüller, was außen angeschmiert wird, treibt
den Krankheitsstoff in den Körper, und was innen eingegeben wird, treibt ihn heraus.
Hier! Wo det allens in dem alten Schäfer Matthias seinem Buche steht.

Bei dieser Verordnung blieb es. Duttmüller rüstete sich zum Aufbruche,
die Corona polterte die Treppe hinab, und Weidling bekam seinen Arnikaschnaps
eingeschüttet. Als er die erste halbe Bulle getrunken hatte, rollte er mit den


Doktor Duttmüller und sein Freund

die Krügern mit ihrem Korbe, die Rothkamm mit ihrem Kinde, das durchaus
nicht schlafen wollte, und zuletzt, was an Kindern und Katzen vorhanden war. Das
Haus war bald erreicht; die Weitungen und der Naturdoktor traten ein, und die
andern drängten sich in der Thür, um zu sehen, wo das hinauswollte.

Husareuweidling saß am Kochofen in einem Lehnstuhl und hatte das dick ein¬
gewickelte Bein auf einen Stuhl gelegt. Es war eine schauerliche Luft in der Stube.
Auf dem Tische, unterm Feuster stand in Pfützen von Kaffee Kaffeekanne und
-Tasse, eine Flasche Arnika, ein Topf Brustthee und eine Büchse mit Salbe, die
nach Jodoform roch. Und alles war dicht mit Fliegen besetzt.

Edeward, sagte die Weitungen, der Mann, was der alte Dnttmüller ist, will
einmal dein Bein besehen.

Weidling murrte etwas in sich hinein, ließ es aber geschehen, daß das Bein
aus endlosen Wickeln frei gemacht wurde. Duttmüller hatte sich, ohne d'en Hut ab¬
zunehmen, auf einen Stuhl gesetzt und sah, den Kugelstock unter der Nase, tiefsinnig
zu. Als die Bewicklung beseitigt war, war an dem kranken Beine nichts zu sehen,
als daß es vom Knie abwärts stark geschwollen war. Duttmüller roch daran, nickte
wie über die Bestätigung einer wohlbegründeten Annahme und sagte: Saure Gärung.
— Darauf griff er mit derber Hand das Knie an. — An! rief Weitling. Hier¬
auf verfuhr Duttmüller ebenso mit den Knöcheln. — An, Donnerwetter! rief
Weidling.

Das hat weh gethan, sagte Duttmüller.

Den Deibel auch, erwiderte Weitling.

Dat macht nichts, dat muß weh thun. Wo es die Spannung der Dünste von
wegen der sauern Gärung ist. Hier! rechts gehts runter, und dann links wieder
rauf. Zuerst hats Knie weh gethan, und dann der Fuß.

Nein, wandte die Weitungen ein, erst hats im Knöchel gesessen, und dann
ini Knie.

Halten Sie Ihre jeehrte Fntterluke, Weitungen, sagte unwillig Duttmüller
senior, die rechtsseitige saure Gärung geht von oben nach unten, und die linke von
unten nach oben. Also hat et zuerst ins Knie jesessen und ist saurer Krankheitsstoff,
der ausjetrieben werden muß. Wo ick dat allens weiß, wo es im Schäfer Matthias
seinem Buche steht. Hier!

Die Frau fügte sich der höhern Weisheit und fragte nur bescheiden, was
denn nun anzufangen sei, um den Krankheitsstoff auszutreiben. Duttmüller fühlte
sich durch die Frage etwas in Verlegenheit gesetzt, ließ sich aber nichts merken,
sondern untersuchte, während die Fliegen in Scharen aufflogen, die auf dem Tische
stehenden Medikamente. — Was haben Sie denn hier? fragte er, die Salbe in die
Hand nehmend und daran riechend.

Das ist Salbe, die der Herr Doktor verschrieben hat, sagte die Weitungen,
eingeschüchtert und gleichsam entschuldigend.

Dat is man bloß Fett und Stiukstoff, det verschmiert die Porusse und treibt den
Krankheitsstoff in den Leib hinein. Det können Sie dem Apotheker wiederjeben.
Und dat hier? Ar —- ar — ? —

Das ist Arnika, sagte die Weitungen.

Duttmüller hatte die Aufschrift durch die Brille nicht lesen können, da die Brille
für seine Augen nicht paßte. Jetzt nahm er die Flasche in die Hand, öffnete sie
und roch daran. Es roch nach Schnaps, was ihm Vertrauen zu dem Medikament
einflößte. — Dieser Arnika is jut, sagte er. Jeben Sie Ihrem Manne davon
früh eine halbe Bulle und abends eine halbe Bulle.

Das ist aber doch nur zum Einreiben, sagte die Weitungen.

Schweigen Sie still, erwiderte Duttmüller, was außen angeschmiert wird, treibt
den Krankheitsstoff in den Körper, und was innen eingegeben wird, treibt ihn heraus.
Hier! Wo det allens in dem alten Schäfer Matthias seinem Buche steht.

Bei dieser Verordnung blieb es. Duttmüller rüstete sich zum Aufbruche,
die Corona polterte die Treppe hinab, und Weidling bekam seinen Arnikaschnaps
eingeschüttet. Als er die erste halbe Bulle getrunken hatte, rollte er mit den


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[0452] Doktor Duttmüller und sein Freund die Krügern mit ihrem Korbe, die Rothkamm mit ihrem Kinde, das durchaus nicht schlafen wollte, und zuletzt, was an Kindern und Katzen vorhanden war. Das Haus war bald erreicht; die Weitungen und der Naturdoktor traten ein, und die andern drängten sich in der Thür, um zu sehen, wo das hinauswollte. Husareuweidling saß am Kochofen in einem Lehnstuhl und hatte das dick ein¬ gewickelte Bein auf einen Stuhl gelegt. Es war eine schauerliche Luft in der Stube. Auf dem Tische, unterm Feuster stand in Pfützen von Kaffee Kaffeekanne und -Tasse, eine Flasche Arnika, ein Topf Brustthee und eine Büchse mit Salbe, die nach Jodoform roch. Und alles war dicht mit Fliegen besetzt. Edeward, sagte die Weitungen, der Mann, was der alte Dnttmüller ist, will einmal dein Bein besehen. Weidling murrte etwas in sich hinein, ließ es aber geschehen, daß das Bein aus endlosen Wickeln frei gemacht wurde. Duttmüller hatte sich, ohne d'en Hut ab¬ zunehmen, auf einen Stuhl gesetzt und sah, den Kugelstock unter der Nase, tiefsinnig zu. Als die Bewicklung beseitigt war, war an dem kranken Beine nichts zu sehen, als daß es vom Knie abwärts stark geschwollen war. Duttmüller roch daran, nickte wie über die Bestätigung einer wohlbegründeten Annahme und sagte: Saure Gärung. — Darauf griff er mit derber Hand das Knie an. — An! rief Weitling. Hier¬ auf verfuhr Duttmüller ebenso mit den Knöcheln. — An, Donnerwetter! rief Weidling. Das hat weh gethan, sagte Duttmüller. Den Deibel auch, erwiderte Weitling. Dat macht nichts, dat muß weh thun. Wo es die Spannung der Dünste von wegen der sauern Gärung ist. Hier! rechts gehts runter, und dann links wieder rauf. Zuerst hats Knie weh gethan, und dann der Fuß. Nein, wandte die Weitungen ein, erst hats im Knöchel gesessen, und dann ini Knie. Halten Sie Ihre jeehrte Fntterluke, Weitungen, sagte unwillig Duttmüller senior, die rechtsseitige saure Gärung geht von oben nach unten, und die linke von unten nach oben. Also hat et zuerst ins Knie jesessen und ist saurer Krankheitsstoff, der ausjetrieben werden muß. Wo ick dat allens weiß, wo es im Schäfer Matthias seinem Buche steht. Hier! Die Frau fügte sich der höhern Weisheit und fragte nur bescheiden, was denn nun anzufangen sei, um den Krankheitsstoff auszutreiben. Duttmüller fühlte sich durch die Frage etwas in Verlegenheit gesetzt, ließ sich aber nichts merken, sondern untersuchte, während die Fliegen in Scharen aufflogen, die auf dem Tische stehenden Medikamente. — Was haben Sie denn hier? fragte er, die Salbe in die Hand nehmend und daran riechend. Das ist Salbe, die der Herr Doktor verschrieben hat, sagte die Weitungen, eingeschüchtert und gleichsam entschuldigend. Dat is man bloß Fett und Stiukstoff, det verschmiert die Porusse und treibt den Krankheitsstoff in den Leib hinein. Det können Sie dem Apotheker wiederjeben. Und dat hier? Ar —- ar — ? — Das ist Arnika, sagte die Weitungen. Duttmüller hatte die Aufschrift durch die Brille nicht lesen können, da die Brille für seine Augen nicht paßte. Jetzt nahm er die Flasche in die Hand, öffnete sie und roch daran. Es roch nach Schnaps, was ihm Vertrauen zu dem Medikament einflößte. — Dieser Arnika is jut, sagte er. Jeben Sie Ihrem Manne davon früh eine halbe Bulle und abends eine halbe Bulle. Das ist aber doch nur zum Einreiben, sagte die Weitungen. Schweigen Sie still, erwiderte Duttmüller, was außen angeschmiert wird, treibt den Krankheitsstoff in den Körper, und was innen eingegeben wird, treibt ihn heraus. Hier! Wo det allens in dem alten Schäfer Matthias seinem Buche steht. Bei dieser Verordnung blieb es. Duttmüller rüstete sich zum Aufbruche, die Corona polterte die Treppe hinab, und Weidling bekam seinen Arnikaschnaps eingeschüttet. Als er die erste halbe Bulle getrunken hatte, rollte er mit den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/452>, abgerufen am 28.09.2024.