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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Die Ausgrabungen bei Haltern und das Aastell Aliso

"berühmten Namen" durchaus für seine Auffindungen retten möchte. Er be¬
richtet selbst, daß er in Haltern oft gefragt werde, welches denn eigentlich Aliso
sei, "das Kastell auf dem Annaberge oder das große untere Lager." Denn die
Bewohner dieser Stadt gehen anscheinend von dem richtigen Gedanken aus,
daß doch unmöglich die berühmte Festung an zwei verschiednen Stellen zugleich
gelegen haben könne. Doch diese Logik gilt für Schuchhardt nicht. Er meint:
"Die Antwort muß meines Trachtens lauten: keins vou beiden." Das eigentliche
Aliso war nach ihm vielmehr "eine germanische Ansiedlung," die er sich an der
Stelle der heutigen Stadt Haltern denkt, und nach der dann die Römer alles,
was sie an Festungswerken in der Gegend bauten, mit demselben Namen be¬
zeichneten. Hiergegen ist jedoch zu bemerken, daß über die Kenntnis eines
Flusses Aliso'(Elison), an dem die Römer nach Cassius Dio das Kastell er¬
bauten, und nach dem sie es doch anch benannten, unser Wissen wohl nicht
hinausgeht. Daß es dort schon vorher einen germanischen Ort namens Aliso
gegeben habe, ist eine willkürliche, ja unwahrscheinliche Behauptung.

Nach der Vorstellung Schnchhardts ist der "Annaberg das Kastell, die
Citadelle geblieben, das Winter und Sommer gehalten wurde, wahrend die
untern Anlagen dem Aufmarsch und der Verproviantierung dienten." Ergebt
dabei von der verkehrten Annahme aus, daß die untern Anlagen aus einem
großen Heerlager bestanden Hütten. Es hat sich aber herausgestellt, daß unten
ebenso wie oben ein richtiges Kastell gelegen hat, und da bleibt es denn dabei,
daß diese beiden Festungen durch keine Jnterpretationskunst je in einen einzigen
Gegenstand verwandelt werden können. Taeitus spricht in den Annalen II, 7
ausdrücklich nur von einem einzigen Kastell Aliso, und daran können wir nichts
ändern.

Auch die Vorstellung, es könnte etwa auf dem Annaberge zuerst Aliso
augelegt, nachher aber nach der Herstellung des untern Kastells zu dessen
Gunsten aufgegeben worden sein -- ans den umgekehrten Gedanken ist billiger¬
weise noch niemand bisher verfallen --, würde uns nicht weiter führen. Diese
Ansicht Schnchhardts von der ursprünglichen Anlegung Alisvs auf dem Anna¬
berge hat zur Voraussetzung, daß sich die alten Ortsnamen, etwa wie neuerdings
die bei den westfälischen Bauernschaften, über einen weiten Raum erstreckten. Das
ist aber durchaus irrig. Die alten Ortsnamen sind bei uns zu Lande immer
genaue Benennungen für beschränkte Räume, seien es Höfe oder Hügel oder
andre örtliche Gegenstände. Erst Gründe der bequemern Verwaltung oder poli¬
tische Vergewaltigungen konnten schließlich dazu führen, mehrere Gehöfte, Dörfer
oder Städte unter einem Ortsnamen zu vereinigen. Dein Altertume war so
etwas gänzlich fremd. Daß eine Ansiedlung, die mehr als 2^ Kilometer
von einer andern entfernt liegt und von dieser durch ein Thal geschieden ist,
ja sich durch eine isolierte Lage von der übrigen Landschaft deutlich abhebt,
mit derselben Bezeichnung wie die andre benannt sein könnte, kurzum, daß
der Annaberg, der noch heute seinen eignen Namen trägt, ebenso geheißen haben
könnte, wie der Ort am Zusammenfluß der Stever mit der Lippe, ist einfach
ganz undenkbar.

Die Ausgrabungen bei Haltern haben selbstverständlich einen großen Wert.
Festgestellt ist einmal, daß auf dem Annabcrge ein römisches Kastell gestanden
hat, über dessen Ursprung, Zweck und Namen freilich nichts bekannt ist, das
aber doch wohl angelegt war, nur zeitweilig die Position bei Haltern gegen
feindliche Überraschungen von dem im Nordwesten liegenden Waldgebirge her
zu sichern. Jedenfalls bietet die Beschaffenheit der Anlage wichtige Merkmale
für das Befestigungsverfahreu aus den Zeiten des Augustus und zerstört ver-
schiedne Vorurteile, von denen man sich bisher oftmals hatte leiten lassen.

Ferner ist an dem nördlichen Lippenfer zwischen dem Annaberge und dem Ort
Haltern eine Hnfenanlage mit einem bedeutenden Getreidemngazin nachgewiesen
worden. Die Beurteilung dieser Bauten hat freilich manche Stadien durch¬
laufen, weil sich hier ein'solches Gewirre von Erdarbeiten herausgestellt hat,


Die Ausgrabungen bei Haltern und das Aastell Aliso

„berühmten Namen" durchaus für seine Auffindungen retten möchte. Er be¬
richtet selbst, daß er in Haltern oft gefragt werde, welches denn eigentlich Aliso
sei, „das Kastell auf dem Annaberge oder das große untere Lager." Denn die
Bewohner dieser Stadt gehen anscheinend von dem richtigen Gedanken aus,
daß doch unmöglich die berühmte Festung an zwei verschiednen Stellen zugleich
gelegen haben könne. Doch diese Logik gilt für Schuchhardt nicht. Er meint:
„Die Antwort muß meines Trachtens lauten: keins vou beiden." Das eigentliche
Aliso war nach ihm vielmehr „eine germanische Ansiedlung," die er sich an der
Stelle der heutigen Stadt Haltern denkt, und nach der dann die Römer alles,
was sie an Festungswerken in der Gegend bauten, mit demselben Namen be¬
zeichneten. Hiergegen ist jedoch zu bemerken, daß über die Kenntnis eines
Flusses Aliso'(Elison), an dem die Römer nach Cassius Dio das Kastell er¬
bauten, und nach dem sie es doch anch benannten, unser Wissen wohl nicht
hinausgeht. Daß es dort schon vorher einen germanischen Ort namens Aliso
gegeben habe, ist eine willkürliche, ja unwahrscheinliche Behauptung.

Nach der Vorstellung Schnchhardts ist der „Annaberg das Kastell, die
Citadelle geblieben, das Winter und Sommer gehalten wurde, wahrend die
untern Anlagen dem Aufmarsch und der Verproviantierung dienten." Ergebt
dabei von der verkehrten Annahme aus, daß die untern Anlagen aus einem
großen Heerlager bestanden Hütten. Es hat sich aber herausgestellt, daß unten
ebenso wie oben ein richtiges Kastell gelegen hat, und da bleibt es denn dabei,
daß diese beiden Festungen durch keine Jnterpretationskunst je in einen einzigen
Gegenstand verwandelt werden können. Taeitus spricht in den Annalen II, 7
ausdrücklich nur von einem einzigen Kastell Aliso, und daran können wir nichts
ändern.

Auch die Vorstellung, es könnte etwa auf dem Annaberge zuerst Aliso
augelegt, nachher aber nach der Herstellung des untern Kastells zu dessen
Gunsten aufgegeben worden sein — ans den umgekehrten Gedanken ist billiger¬
weise noch niemand bisher verfallen —, würde uns nicht weiter führen. Diese
Ansicht Schnchhardts von der ursprünglichen Anlegung Alisvs auf dem Anna¬
berge hat zur Voraussetzung, daß sich die alten Ortsnamen, etwa wie neuerdings
die bei den westfälischen Bauernschaften, über einen weiten Raum erstreckten. Das
ist aber durchaus irrig. Die alten Ortsnamen sind bei uns zu Lande immer
genaue Benennungen für beschränkte Räume, seien es Höfe oder Hügel oder
andre örtliche Gegenstände. Erst Gründe der bequemern Verwaltung oder poli¬
tische Vergewaltigungen konnten schließlich dazu führen, mehrere Gehöfte, Dörfer
oder Städte unter einem Ortsnamen zu vereinigen. Dein Altertume war so
etwas gänzlich fremd. Daß eine Ansiedlung, die mehr als 2^ Kilometer
von einer andern entfernt liegt und von dieser durch ein Thal geschieden ist,
ja sich durch eine isolierte Lage von der übrigen Landschaft deutlich abhebt,
mit derselben Bezeichnung wie die andre benannt sein könnte, kurzum, daß
der Annaberg, der noch heute seinen eignen Namen trägt, ebenso geheißen haben
könnte, wie der Ort am Zusammenfluß der Stever mit der Lippe, ist einfach
ganz undenkbar.

Die Ausgrabungen bei Haltern haben selbstverständlich einen großen Wert.
Festgestellt ist einmal, daß auf dem Annabcrge ein römisches Kastell gestanden
hat, über dessen Ursprung, Zweck und Namen freilich nichts bekannt ist, das
aber doch wohl angelegt war, nur zeitweilig die Position bei Haltern gegen
feindliche Überraschungen von dem im Nordwesten liegenden Waldgebirge her
zu sichern. Jedenfalls bietet die Beschaffenheit der Anlage wichtige Merkmale
für das Befestigungsverfahreu aus den Zeiten des Augustus und zerstört ver-
schiedne Vorurteile, von denen man sich bisher oftmals hatte leiten lassen.

Ferner ist an dem nördlichen Lippenfer zwischen dem Annaberge und dem Ort
Haltern eine Hnfenanlage mit einem bedeutenden Getreidemngazin nachgewiesen
worden. Die Beurteilung dieser Bauten hat freilich manche Stadien durch¬
laufen, weil sich hier ein'solches Gewirre von Erdarbeiten herausgestellt hat,


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[0445] Die Ausgrabungen bei Haltern und das Aastell Aliso „berühmten Namen" durchaus für seine Auffindungen retten möchte. Er be¬ richtet selbst, daß er in Haltern oft gefragt werde, welches denn eigentlich Aliso sei, „das Kastell auf dem Annaberge oder das große untere Lager." Denn die Bewohner dieser Stadt gehen anscheinend von dem richtigen Gedanken aus, daß doch unmöglich die berühmte Festung an zwei verschiednen Stellen zugleich gelegen haben könne. Doch diese Logik gilt für Schuchhardt nicht. Er meint: „Die Antwort muß meines Trachtens lauten: keins vou beiden." Das eigentliche Aliso war nach ihm vielmehr „eine germanische Ansiedlung," die er sich an der Stelle der heutigen Stadt Haltern denkt, und nach der dann die Römer alles, was sie an Festungswerken in der Gegend bauten, mit demselben Namen be¬ zeichneten. Hiergegen ist jedoch zu bemerken, daß über die Kenntnis eines Flusses Aliso'(Elison), an dem die Römer nach Cassius Dio das Kastell er¬ bauten, und nach dem sie es doch anch benannten, unser Wissen wohl nicht hinausgeht. Daß es dort schon vorher einen germanischen Ort namens Aliso gegeben habe, ist eine willkürliche, ja unwahrscheinliche Behauptung. Nach der Vorstellung Schnchhardts ist der „Annaberg das Kastell, die Citadelle geblieben, das Winter und Sommer gehalten wurde, wahrend die untern Anlagen dem Aufmarsch und der Verproviantierung dienten." Ergebt dabei von der verkehrten Annahme aus, daß die untern Anlagen aus einem großen Heerlager bestanden Hütten. Es hat sich aber herausgestellt, daß unten ebenso wie oben ein richtiges Kastell gelegen hat, und da bleibt es denn dabei, daß diese beiden Festungen durch keine Jnterpretationskunst je in einen einzigen Gegenstand verwandelt werden können. Taeitus spricht in den Annalen II, 7 ausdrücklich nur von einem einzigen Kastell Aliso, und daran können wir nichts ändern. Auch die Vorstellung, es könnte etwa auf dem Annaberge zuerst Aliso augelegt, nachher aber nach der Herstellung des untern Kastells zu dessen Gunsten aufgegeben worden sein — ans den umgekehrten Gedanken ist billiger¬ weise noch niemand bisher verfallen —, würde uns nicht weiter führen. Diese Ansicht Schnchhardts von der ursprünglichen Anlegung Alisvs auf dem Anna¬ berge hat zur Voraussetzung, daß sich die alten Ortsnamen, etwa wie neuerdings die bei den westfälischen Bauernschaften, über einen weiten Raum erstreckten. Das ist aber durchaus irrig. Die alten Ortsnamen sind bei uns zu Lande immer genaue Benennungen für beschränkte Räume, seien es Höfe oder Hügel oder andre örtliche Gegenstände. Erst Gründe der bequemern Verwaltung oder poli¬ tische Vergewaltigungen konnten schließlich dazu führen, mehrere Gehöfte, Dörfer oder Städte unter einem Ortsnamen zu vereinigen. Dein Altertume war so etwas gänzlich fremd. Daß eine Ansiedlung, die mehr als 2^ Kilometer von einer andern entfernt liegt und von dieser durch ein Thal geschieden ist, ja sich durch eine isolierte Lage von der übrigen Landschaft deutlich abhebt, mit derselben Bezeichnung wie die andre benannt sein könnte, kurzum, daß der Annaberg, der noch heute seinen eignen Namen trägt, ebenso geheißen haben könnte, wie der Ort am Zusammenfluß der Stever mit der Lippe, ist einfach ganz undenkbar. Die Ausgrabungen bei Haltern haben selbstverständlich einen großen Wert. Festgestellt ist einmal, daß auf dem Annabcrge ein römisches Kastell gestanden hat, über dessen Ursprung, Zweck und Namen freilich nichts bekannt ist, das aber doch wohl angelegt war, nur zeitweilig die Position bei Haltern gegen feindliche Überraschungen von dem im Nordwesten liegenden Waldgebirge her zu sichern. Jedenfalls bietet die Beschaffenheit der Anlage wichtige Merkmale für das Befestigungsverfahreu aus den Zeiten des Augustus und zerstört ver- schiedne Vorurteile, von denen man sich bisher oftmals hatte leiten lassen. Ferner ist an dem nördlichen Lippenfer zwischen dem Annaberge und dem Ort Haltern eine Hnfenanlage mit einem bedeutenden Getreidemngazin nachgewiesen worden. Die Beurteilung dieser Bauten hat freilich manche Stadien durch¬ laufen, weil sich hier ein'solches Gewirre von Erdarbeiten herausgestellt hat,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/445>, abgerufen am 29.06.2024.