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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Die Ausgrabungen bei Haltern und das Kastell Aliso

ist, so darf man sie doch nicht so nahe am Rheine suchen. Auch vermissen wir
bei Haltern eine bequeme Wegeverbindnng auf dem linken Ufer in südöstlicher
Richtung. Endlich dürfen wir erwarten, daß Aliso seiner Bestimmung gemäß
von Drusus nicht auf dem nördlichen, sondern vielmehr auf dem südlichen
Ufer der Lippe errichtet wurde. Im Gegensatz hierzu scheinen aber die Be¬
festigungen bei Haltern mehr der Unterstützung von Operationen gegen die
nördlich vou dem Flusse wohnenden Völker, also vor allein gegen die Bruktcrer
gegolten zu haben; denn in dieser Richtung lnnfen die Wege, die vou dem
Orte ausgehn. Daß es ferner unbegreiflich erscheinen muß, wenn der römische
Feldherr Asprcnas nach der Schlacht im Teutoburger Walde nicht einmal einem
zwei knappe Tagemarsche vom Rhein entfernten Lagerplatze Hilfe brachte, ferner,
daß es unglaublich klingt, wenn die Aliso belagernden Deutschen -- unter
der Voraussetzung, daß es bei Haltern lag -- auf das Gerücht von der An¬
näherung eines großen Heeres unter Tiberius nicht den Platz mit allen ihren
Truppen verlassen haben sollten, ist an andrer Stelle durch den Verfasser
dieses Aufsatzes schou genügend hervorgehoben worden.

Hierzu kommt aber noch die Wahrnehmung, daß nach den Mitteilungen
Dahns S. 227 das ältere Kastell nur kurze Zeit belegt gewesen ist, was
aus der geringen Anzahl der dort gefundnen Kleinaltertümer geschlossen
werden muß, während für das jüngere Kastell eine "opulente Ausstattung und
längere Besetzungsdauer" festgestellt wurde. Freilich macht man gerade die
doppelte Anlage für die Überzeugung geltend, daß Aliso dort gelegen habe.
Das ältere Kastell soll dann von Drusus im Jahre 11 v. Chr. hergerichtet
worden sein. Hernach aber soll es im Jahre 9 n. Chr. von den Deutschen
zerstört und erst wieder im Jahre 16 n. Chr. von Germaniens hergestellt worden
sein. Wann es zum zweitenmal aufgegeben wurde, weiß man freilich nicht
zu sagen. Nun gehören nach Ritterling die Sigillatagefüße von Haltern
lediglich der Zeit des Kaisers Augustus nu und reichen höchstens bis in die
ersten Jahre des Tiberius. Ja von den dort gefundnen Münzen, die zum
Teil republikanisch sind, zum Teil aus der augusteischen Periode stammen,
zeigt keine einzige ein nachaugusteischcs Gepräge. Soll das Kastell jedoch
in seinem ältern Bestände zwanzig Jahre lang erhalten, und -- wie man auf
Grund der Altertümer urteilt -- die Befestigung nach ihrer Wiederherstellung
nur kurze Zeit gedauert haben, so tritt die Annahme, daß Aliso dort gelegen
habe, mit den Beobachtungen Dahns in einen Widerspruch. Wäre diese Ansicht
richtig, so müßte gerade das ältere .Kastell die meisten Funde liefern, und das
ist nicht der Fall. Die Kleinfunde wollen also zu der Annahme, daß in den
Befestigungen bei Haltern das Kastell Aliso aufgefunden sei, in keiner Hinsicht
passen.

Nun ist aber die Annahme, daß Aliso im Jahre 9 n. Chr. von den
Deutschen eingenommen worden sei, ganz unbegründet. Das hat der Verfasser
schon in seinen "Kriegszügen des Germaniens" S. 304 ff. und sonst hinlänglich
erwiesen. Umgekehrt aber heißt es, daß mit Ausnahme dieses Kastells alle
festen Plätze rechts vom Rheine nach der Schlacht im Teutoburger Walde von
den Feinden erobert wurden. Aus dem Umstände also, daß wir hier zwei
nacheinander errichtete Befestigungen vor uns haben, ist für Aliso gar kein
Schluß gewonnen. Eher ließe sich das Gegenteil behaupten, und es steht vor¬
läufig wenigsteus nichts im Wege, daß wir, wie bisher, Aliso an der Stelle
der heutigen Stadt Herrn vermuten, die ja allen geschichtlichen Bedingungen
entspricht, und wo der Name des Flusses Asse ebenso an Aliso anklingt, wie
in Frankreich der Name Oha an Alesia. Daß bis jetzt an dieser Stelle noch
keine Spitzgräben und römische Kleinaltertümer in der Erde aufgefunden wurden,
ist bei dem Umstände, daß die Kastellfläche durch die Stadt bedeckt ist, doch
gewiß erklärlich.

Jedenfalls ist durch die jüngsten Ausgrabungen der Annaberg bei Haltern
endgiltig für Aliso abgethan. Aber es ist erstaunlich, wie Schnchhardt den


Die Ausgrabungen bei Haltern und das Kastell Aliso

ist, so darf man sie doch nicht so nahe am Rheine suchen. Auch vermissen wir
bei Haltern eine bequeme Wegeverbindnng auf dem linken Ufer in südöstlicher
Richtung. Endlich dürfen wir erwarten, daß Aliso seiner Bestimmung gemäß
von Drusus nicht auf dem nördlichen, sondern vielmehr auf dem südlichen
Ufer der Lippe errichtet wurde. Im Gegensatz hierzu scheinen aber die Be¬
festigungen bei Haltern mehr der Unterstützung von Operationen gegen die
nördlich vou dem Flusse wohnenden Völker, also vor allein gegen die Bruktcrer
gegolten zu haben; denn in dieser Richtung lnnfen die Wege, die vou dem
Orte ausgehn. Daß es ferner unbegreiflich erscheinen muß, wenn der römische
Feldherr Asprcnas nach der Schlacht im Teutoburger Walde nicht einmal einem
zwei knappe Tagemarsche vom Rhein entfernten Lagerplatze Hilfe brachte, ferner,
daß es unglaublich klingt, wenn die Aliso belagernden Deutschen — unter
der Voraussetzung, daß es bei Haltern lag — auf das Gerücht von der An¬
näherung eines großen Heeres unter Tiberius nicht den Platz mit allen ihren
Truppen verlassen haben sollten, ist an andrer Stelle durch den Verfasser
dieses Aufsatzes schou genügend hervorgehoben worden.

Hierzu kommt aber noch die Wahrnehmung, daß nach den Mitteilungen
Dahns S. 227 das ältere Kastell nur kurze Zeit belegt gewesen ist, was
aus der geringen Anzahl der dort gefundnen Kleinaltertümer geschlossen
werden muß, während für das jüngere Kastell eine „opulente Ausstattung und
längere Besetzungsdauer" festgestellt wurde. Freilich macht man gerade die
doppelte Anlage für die Überzeugung geltend, daß Aliso dort gelegen habe.
Das ältere Kastell soll dann von Drusus im Jahre 11 v. Chr. hergerichtet
worden sein. Hernach aber soll es im Jahre 9 n. Chr. von den Deutschen
zerstört und erst wieder im Jahre 16 n. Chr. von Germaniens hergestellt worden
sein. Wann es zum zweitenmal aufgegeben wurde, weiß man freilich nicht
zu sagen. Nun gehören nach Ritterling die Sigillatagefüße von Haltern
lediglich der Zeit des Kaisers Augustus nu und reichen höchstens bis in die
ersten Jahre des Tiberius. Ja von den dort gefundnen Münzen, die zum
Teil republikanisch sind, zum Teil aus der augusteischen Periode stammen,
zeigt keine einzige ein nachaugusteischcs Gepräge. Soll das Kastell jedoch
in seinem ältern Bestände zwanzig Jahre lang erhalten, und — wie man auf
Grund der Altertümer urteilt — die Befestigung nach ihrer Wiederherstellung
nur kurze Zeit gedauert haben, so tritt die Annahme, daß Aliso dort gelegen
habe, mit den Beobachtungen Dahns in einen Widerspruch. Wäre diese Ansicht
richtig, so müßte gerade das ältere .Kastell die meisten Funde liefern, und das
ist nicht der Fall. Die Kleinfunde wollen also zu der Annahme, daß in den
Befestigungen bei Haltern das Kastell Aliso aufgefunden sei, in keiner Hinsicht
passen.

Nun ist aber die Annahme, daß Aliso im Jahre 9 n. Chr. von den
Deutschen eingenommen worden sei, ganz unbegründet. Das hat der Verfasser
schon in seinen „Kriegszügen des Germaniens" S. 304 ff. und sonst hinlänglich
erwiesen. Umgekehrt aber heißt es, daß mit Ausnahme dieses Kastells alle
festen Plätze rechts vom Rheine nach der Schlacht im Teutoburger Walde von
den Feinden erobert wurden. Aus dem Umstände also, daß wir hier zwei
nacheinander errichtete Befestigungen vor uns haben, ist für Aliso gar kein
Schluß gewonnen. Eher ließe sich das Gegenteil behaupten, und es steht vor¬
läufig wenigsteus nichts im Wege, daß wir, wie bisher, Aliso an der Stelle
der heutigen Stadt Herrn vermuten, die ja allen geschichtlichen Bedingungen
entspricht, und wo der Name des Flusses Asse ebenso an Aliso anklingt, wie
in Frankreich der Name Oha an Alesia. Daß bis jetzt an dieser Stelle noch
keine Spitzgräben und römische Kleinaltertümer in der Erde aufgefunden wurden,
ist bei dem Umstände, daß die Kastellfläche durch die Stadt bedeckt ist, doch
gewiß erklärlich.

Jedenfalls ist durch die jüngsten Ausgrabungen der Annaberg bei Haltern
endgiltig für Aliso abgethan. Aber es ist erstaunlich, wie Schnchhardt den


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[0444] Die Ausgrabungen bei Haltern und das Kastell Aliso ist, so darf man sie doch nicht so nahe am Rheine suchen. Auch vermissen wir bei Haltern eine bequeme Wegeverbindnng auf dem linken Ufer in südöstlicher Richtung. Endlich dürfen wir erwarten, daß Aliso seiner Bestimmung gemäß von Drusus nicht auf dem nördlichen, sondern vielmehr auf dem südlichen Ufer der Lippe errichtet wurde. Im Gegensatz hierzu scheinen aber die Be¬ festigungen bei Haltern mehr der Unterstützung von Operationen gegen die nördlich vou dem Flusse wohnenden Völker, also vor allein gegen die Bruktcrer gegolten zu haben; denn in dieser Richtung lnnfen die Wege, die vou dem Orte ausgehn. Daß es ferner unbegreiflich erscheinen muß, wenn der römische Feldherr Asprcnas nach der Schlacht im Teutoburger Walde nicht einmal einem zwei knappe Tagemarsche vom Rhein entfernten Lagerplatze Hilfe brachte, ferner, daß es unglaublich klingt, wenn die Aliso belagernden Deutschen — unter der Voraussetzung, daß es bei Haltern lag — auf das Gerücht von der An¬ näherung eines großen Heeres unter Tiberius nicht den Platz mit allen ihren Truppen verlassen haben sollten, ist an andrer Stelle durch den Verfasser dieses Aufsatzes schou genügend hervorgehoben worden. Hierzu kommt aber noch die Wahrnehmung, daß nach den Mitteilungen Dahns S. 227 das ältere Kastell nur kurze Zeit belegt gewesen ist, was aus der geringen Anzahl der dort gefundnen Kleinaltertümer geschlossen werden muß, während für das jüngere Kastell eine „opulente Ausstattung und längere Besetzungsdauer" festgestellt wurde. Freilich macht man gerade die doppelte Anlage für die Überzeugung geltend, daß Aliso dort gelegen habe. Das ältere Kastell soll dann von Drusus im Jahre 11 v. Chr. hergerichtet worden sein. Hernach aber soll es im Jahre 9 n. Chr. von den Deutschen zerstört und erst wieder im Jahre 16 n. Chr. von Germaniens hergestellt worden sein. Wann es zum zweitenmal aufgegeben wurde, weiß man freilich nicht zu sagen. Nun gehören nach Ritterling die Sigillatagefüße von Haltern lediglich der Zeit des Kaisers Augustus nu und reichen höchstens bis in die ersten Jahre des Tiberius. Ja von den dort gefundnen Münzen, die zum Teil republikanisch sind, zum Teil aus der augusteischen Periode stammen, zeigt keine einzige ein nachaugusteischcs Gepräge. Soll das Kastell jedoch in seinem ältern Bestände zwanzig Jahre lang erhalten, und — wie man auf Grund der Altertümer urteilt — die Befestigung nach ihrer Wiederherstellung nur kurze Zeit gedauert haben, so tritt die Annahme, daß Aliso dort gelegen habe, mit den Beobachtungen Dahns in einen Widerspruch. Wäre diese Ansicht richtig, so müßte gerade das ältere .Kastell die meisten Funde liefern, und das ist nicht der Fall. Die Kleinfunde wollen also zu der Annahme, daß in den Befestigungen bei Haltern das Kastell Aliso aufgefunden sei, in keiner Hinsicht passen. Nun ist aber die Annahme, daß Aliso im Jahre 9 n. Chr. von den Deutschen eingenommen worden sei, ganz unbegründet. Das hat der Verfasser schon in seinen „Kriegszügen des Germaniens" S. 304 ff. und sonst hinlänglich erwiesen. Umgekehrt aber heißt es, daß mit Ausnahme dieses Kastells alle festen Plätze rechts vom Rheine nach der Schlacht im Teutoburger Walde von den Feinden erobert wurden. Aus dem Umstände also, daß wir hier zwei nacheinander errichtete Befestigungen vor uns haben, ist für Aliso gar kein Schluß gewonnen. Eher ließe sich das Gegenteil behaupten, und es steht vor¬ läufig wenigsteus nichts im Wege, daß wir, wie bisher, Aliso an der Stelle der heutigen Stadt Herrn vermuten, die ja allen geschichtlichen Bedingungen entspricht, und wo der Name des Flusses Asse ebenso an Aliso anklingt, wie in Frankreich der Name Oha an Alesia. Daß bis jetzt an dieser Stelle noch keine Spitzgräben und römische Kleinaltertümer in der Erde aufgefunden wurden, ist bei dem Umstände, daß die Kastellfläche durch die Stadt bedeckt ist, doch gewiß erklärlich. Jedenfalls ist durch die jüngsten Ausgrabungen der Annaberg bei Haltern endgiltig für Aliso abgethan. Aber es ist erstaunlich, wie Schnchhardt den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/444>, abgerufen am 29.06.2024.