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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Die Ausgrabungen bei Haltern und das Uastell Aliso

Zeit belegt gewesen ist. Es mußte darum auch von Anfang an Verwundrung
erregen, daß man nach dem Bekanntwerden der Auffindungen auf dem Anna-
berge sofort überall in die Welt hinausrief, es sei "sicherlich" das Kastell
Aliso aufgefunden worden. Auch die Funde römischer Altertümer, die man
2 Kilometer östlich von diesem Berge in Menge antraf, und auf die I)r. Conrads
in Haltern zuerst aufmerksam gemacht hat, konnten zu Gunsten Alisos auf dem
Annabcrge nichts beweisen, obwohl Schuchhardt sie als Überreste einer bürger¬
lichen Niederlassung, die durch das uach rückwärts liegende Kastell gedeckt sein
sollte, ohne weiteres in Anspruch nahm. Desgleichen erwiesen sich die An¬
lagen an den Ufern der Lippe, wohin man alsbald Aliso wiederum verlegte,
als ein befestigter Hafenplatz mit Getreidemagazinen.

Anders wurde der Stand der Dinge jedoch, als man bei weiterer Unter¬
suchung die Entdeckung machte, daß nördlich von jenem Hafenplatz ein weiteres
Kastell' vorhanden sei.' Jetzt richtete sich die Aufmerksamkeit der Forscherwclt
sofort ans diese Stelle. Der Apotheker Meder aus Haltern fand neben der
alten Weseler Straße doppelte Spitzgräbcn, und Schuchhardt berechnete schon
den Umfang dieses neuen Lagerplatzes auf 700 : 750 Metern. Ja, diese Be¬
festigungen sollten nunmehr auch die Stätten mit den vielen römischen Klein-
altertnmern, den Terra Sigillataschcrben usw. eingeschlossen haben, oder diese
sollten durch Abschwemmung an ihren jetzigen Fundort hinabgetrieben sein.
Bei dem großen Umfange der Befestigungen, meinte Schnchhardt, sei "an dem
Namen Aliso nun nicht mehr zu zweifeln." Früher war freilich ein Flächen¬
inhalt von noch nicht 4 Hektaren für Aliso angemessen gewesen, jetzt aber sollte
gerade wegen des großen Umfangs der gefundnen Anlage, die mehr als
52 Hektare einschloß, die berühmte Festung sicher dort gelegen haben.

Aber man hatte sich auch diesesmal wiederum verrechnet. Die Gräben
neben der Weseler Straße, die Schuchhardt, Ritterling, Kvepp u. a. für römisch
ausgegeben hatten, erwiesen sich bei näherer Besichtigung teils als spitze, teils
als muldenartige Vertiefungen, die der Entnahme von Sand für die Aufschüttung
des Straßendmnmö ihre Entstehung zu verdanken hatten. Dagegen fanden
sich die Gräben eines wirklichen Kastells erst einige Meter hinter jenen tief
im Boden. Nur die Fortsetzungen der zuerst verfehlte,: Linien, wie sie in den
Mitteilungen der Westfälischen Altertnmskominissivn II, Seite 101 in den
Stichen 12 und 13 gezeichnet worden sind, hatte man richtig aufgefunden.
Dagegen gehören die von Schuchhardt gezeichneten Stiche 2 bis 10 den an¬
fangs nachgegangn"! Truggebilden an, und es erscheint als eine Ironie des
Schicksals, daß sich derselbe Forscher, der die von mir gefundnen römischen
Lagergräben als "Banernwälle" auszugeben pflegt, in den Zeichnungen der
Stiche 2 bis 10 ein bleibendes Denkmal seiner Urteilsunfähigkeit gestiftet hat.
Jetzt zeigte sich anch, daß die Vorstellungen von dem nngebrochnen Kastell
völlig übertrieben waren. Das richtige Verhältnis ist erst von dem Oberst-
leutnant Dahin im Sommer 1901 gewonnen worden. Hiernach giebt es
nördlich von der Hafenanlnge zwei Kastelle, ein größeres und ein kleineres,
die beide durch zwei Spitzgräben umschlossen waren. Das größere ist das
"leere und bildet ein Rechteck von 490 : 380 Metern seitenlange.' Später wurde
dieses von einem kleinern Kastell überbaut, das auf der Ostseite um 70 Meter
kürzer wurde, sich im übrigen aber mit dem Umfange des ältern Kastells
wiigerinaßen deckt.

Daß auch diese neuste Auffindung wieder trotz des verjüngten Maßes als
dus Kastell Aliso ausgegeben wurde, verstand sich ganz von selbst. Und in
der That sind einige' der Bedenken, die man gegen die Gleichstellung des
Kastells auf dein Aiinabergc mit der berühmten Festung oder auch gegen "das
i^vße Heerlager" auf dein offnen Felde geltend machen konnte, nunmehr hin¬
fällig geworden. Dennoch möchten wir Bedenken tragen, auch die von Dahin
gefundnen Anlagen für Aliso auszugeben. Denn wenn die Festung, wie wir nach
Cassius Dio annehmen müssen, gegen die Sigmnbrer und Cherusker angelegt


Die Ausgrabungen bei Haltern und das Uastell Aliso

Zeit belegt gewesen ist. Es mußte darum auch von Anfang an Verwundrung
erregen, daß man nach dem Bekanntwerden der Auffindungen auf dem Anna-
berge sofort überall in die Welt hinausrief, es sei „sicherlich" das Kastell
Aliso aufgefunden worden. Auch die Funde römischer Altertümer, die man
2 Kilometer östlich von diesem Berge in Menge antraf, und auf die I)r. Conrads
in Haltern zuerst aufmerksam gemacht hat, konnten zu Gunsten Alisos auf dem
Annabcrge nichts beweisen, obwohl Schuchhardt sie als Überreste einer bürger¬
lichen Niederlassung, die durch das uach rückwärts liegende Kastell gedeckt sein
sollte, ohne weiteres in Anspruch nahm. Desgleichen erwiesen sich die An¬
lagen an den Ufern der Lippe, wohin man alsbald Aliso wiederum verlegte,
als ein befestigter Hafenplatz mit Getreidemagazinen.

Anders wurde der Stand der Dinge jedoch, als man bei weiterer Unter¬
suchung die Entdeckung machte, daß nördlich von jenem Hafenplatz ein weiteres
Kastell' vorhanden sei.' Jetzt richtete sich die Aufmerksamkeit der Forscherwclt
sofort ans diese Stelle. Der Apotheker Meder aus Haltern fand neben der
alten Weseler Straße doppelte Spitzgräbcn, und Schuchhardt berechnete schon
den Umfang dieses neuen Lagerplatzes auf 700 : 750 Metern. Ja, diese Be¬
festigungen sollten nunmehr auch die Stätten mit den vielen römischen Klein-
altertnmern, den Terra Sigillataschcrben usw. eingeschlossen haben, oder diese
sollten durch Abschwemmung an ihren jetzigen Fundort hinabgetrieben sein.
Bei dem großen Umfange der Befestigungen, meinte Schnchhardt, sei „an dem
Namen Aliso nun nicht mehr zu zweifeln." Früher war freilich ein Flächen¬
inhalt von noch nicht 4 Hektaren für Aliso angemessen gewesen, jetzt aber sollte
gerade wegen des großen Umfangs der gefundnen Anlage, die mehr als
52 Hektare einschloß, die berühmte Festung sicher dort gelegen haben.

Aber man hatte sich auch diesesmal wiederum verrechnet. Die Gräben
neben der Weseler Straße, die Schuchhardt, Ritterling, Kvepp u. a. für römisch
ausgegeben hatten, erwiesen sich bei näherer Besichtigung teils als spitze, teils
als muldenartige Vertiefungen, die der Entnahme von Sand für die Aufschüttung
des Straßendmnmö ihre Entstehung zu verdanken hatten. Dagegen fanden
sich die Gräben eines wirklichen Kastells erst einige Meter hinter jenen tief
im Boden. Nur die Fortsetzungen der zuerst verfehlte,: Linien, wie sie in den
Mitteilungen der Westfälischen Altertnmskominissivn II, Seite 101 in den
Stichen 12 und 13 gezeichnet worden sind, hatte man richtig aufgefunden.
Dagegen gehören die von Schuchhardt gezeichneten Stiche 2 bis 10 den an¬
fangs nachgegangn«! Truggebilden an, und es erscheint als eine Ironie des
Schicksals, daß sich derselbe Forscher, der die von mir gefundnen römischen
Lagergräben als „Banernwälle" auszugeben pflegt, in den Zeichnungen der
Stiche 2 bis 10 ein bleibendes Denkmal seiner Urteilsunfähigkeit gestiftet hat.
Jetzt zeigte sich anch, daß die Vorstellungen von dem nngebrochnen Kastell
völlig übertrieben waren. Das richtige Verhältnis ist erst von dem Oberst-
leutnant Dahin im Sommer 1901 gewonnen worden. Hiernach giebt es
nördlich von der Hafenanlnge zwei Kastelle, ein größeres und ein kleineres,
die beide durch zwei Spitzgräben umschlossen waren. Das größere ist das
"leere und bildet ein Rechteck von 490 : 380 Metern seitenlange.' Später wurde
dieses von einem kleinern Kastell überbaut, das auf der Ostseite um 70 Meter
kürzer wurde, sich im übrigen aber mit dem Umfange des ältern Kastells
wiigerinaßen deckt.

Daß auch diese neuste Auffindung wieder trotz des verjüngten Maßes als
dus Kastell Aliso ausgegeben wurde, verstand sich ganz von selbst. Und in
der That sind einige' der Bedenken, die man gegen die Gleichstellung des
Kastells auf dein Aiinabergc mit der berühmten Festung oder auch gegen „das
i^vße Heerlager" auf dein offnen Felde geltend machen konnte, nunmehr hin¬
fällig geworden. Dennoch möchten wir Bedenken tragen, auch die von Dahin
gefundnen Anlagen für Aliso auszugeben. Denn wenn die Festung, wie wir nach
Cassius Dio annehmen müssen, gegen die Sigmnbrer und Cherusker angelegt


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[0443] Die Ausgrabungen bei Haltern und das Uastell Aliso Zeit belegt gewesen ist. Es mußte darum auch von Anfang an Verwundrung erregen, daß man nach dem Bekanntwerden der Auffindungen auf dem Anna- berge sofort überall in die Welt hinausrief, es sei „sicherlich" das Kastell Aliso aufgefunden worden. Auch die Funde römischer Altertümer, die man 2 Kilometer östlich von diesem Berge in Menge antraf, und auf die I)r. Conrads in Haltern zuerst aufmerksam gemacht hat, konnten zu Gunsten Alisos auf dem Annabcrge nichts beweisen, obwohl Schuchhardt sie als Überreste einer bürger¬ lichen Niederlassung, die durch das uach rückwärts liegende Kastell gedeckt sein sollte, ohne weiteres in Anspruch nahm. Desgleichen erwiesen sich die An¬ lagen an den Ufern der Lippe, wohin man alsbald Aliso wiederum verlegte, als ein befestigter Hafenplatz mit Getreidemagazinen. Anders wurde der Stand der Dinge jedoch, als man bei weiterer Unter¬ suchung die Entdeckung machte, daß nördlich von jenem Hafenplatz ein weiteres Kastell' vorhanden sei.' Jetzt richtete sich die Aufmerksamkeit der Forscherwclt sofort ans diese Stelle. Der Apotheker Meder aus Haltern fand neben der alten Weseler Straße doppelte Spitzgräbcn, und Schuchhardt berechnete schon den Umfang dieses neuen Lagerplatzes auf 700 : 750 Metern. Ja, diese Be¬ festigungen sollten nunmehr auch die Stätten mit den vielen römischen Klein- altertnmern, den Terra Sigillataschcrben usw. eingeschlossen haben, oder diese sollten durch Abschwemmung an ihren jetzigen Fundort hinabgetrieben sein. Bei dem großen Umfange der Befestigungen, meinte Schnchhardt, sei „an dem Namen Aliso nun nicht mehr zu zweifeln." Früher war freilich ein Flächen¬ inhalt von noch nicht 4 Hektaren für Aliso angemessen gewesen, jetzt aber sollte gerade wegen des großen Umfangs der gefundnen Anlage, die mehr als 52 Hektare einschloß, die berühmte Festung sicher dort gelegen haben. Aber man hatte sich auch diesesmal wiederum verrechnet. Die Gräben neben der Weseler Straße, die Schuchhardt, Ritterling, Kvepp u. a. für römisch ausgegeben hatten, erwiesen sich bei näherer Besichtigung teils als spitze, teils als muldenartige Vertiefungen, die der Entnahme von Sand für die Aufschüttung des Straßendmnmö ihre Entstehung zu verdanken hatten. Dagegen fanden sich die Gräben eines wirklichen Kastells erst einige Meter hinter jenen tief im Boden. Nur die Fortsetzungen der zuerst verfehlte,: Linien, wie sie in den Mitteilungen der Westfälischen Altertnmskominissivn II, Seite 101 in den Stichen 12 und 13 gezeichnet worden sind, hatte man richtig aufgefunden. Dagegen gehören die von Schuchhardt gezeichneten Stiche 2 bis 10 den an¬ fangs nachgegangn«! Truggebilden an, und es erscheint als eine Ironie des Schicksals, daß sich derselbe Forscher, der die von mir gefundnen römischen Lagergräben als „Banernwälle" auszugeben pflegt, in den Zeichnungen der Stiche 2 bis 10 ein bleibendes Denkmal seiner Urteilsunfähigkeit gestiftet hat. Jetzt zeigte sich anch, daß die Vorstellungen von dem nngebrochnen Kastell völlig übertrieben waren. Das richtige Verhältnis ist erst von dem Oberst- leutnant Dahin im Sommer 1901 gewonnen worden. Hiernach giebt es nördlich von der Hafenanlnge zwei Kastelle, ein größeres und ein kleineres, die beide durch zwei Spitzgräben umschlossen waren. Das größere ist das "leere und bildet ein Rechteck von 490 : 380 Metern seitenlange.' Später wurde dieses von einem kleinern Kastell überbaut, das auf der Ostseite um 70 Meter kürzer wurde, sich im übrigen aber mit dem Umfange des ältern Kastells wiigerinaßen deckt. Daß auch diese neuste Auffindung wieder trotz des verjüngten Maßes als dus Kastell Aliso ausgegeben wurde, verstand sich ganz von selbst. Und in der That sind einige' der Bedenken, die man gegen die Gleichstellung des Kastells auf dein Aiinabergc mit der berühmten Festung oder auch gegen „das i^vße Heerlager" auf dein offnen Felde geltend machen konnte, nunmehr hin¬ fällig geworden. Dennoch möchten wir Bedenken tragen, auch die von Dahin gefundnen Anlagen für Aliso auszugeben. Denn wenn die Festung, wie wir nach Cassius Dio annehmen müssen, gegen die Sigmnbrer und Cherusker angelegt

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/443>, abgerufen am 29.06.2024.