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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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untern Lager von Haltern" herrsche umgekehrt wie dort "die italische sigillata."
Mit dieser Ansicht kann man nun freilich schon die Nachricht des Zvnaras, nach
der im Jahre 9 n. Chr. gerade durch die vielen Bogenschützen das Kastell Aliso
wirksam verteidigt wurde, schwer vereinigen. Aber abgesehen hiervon ist die
Behauptung Schuchhardts über das Borkommen der italischen sigillata irrig.
Er geht nämlich von der Voraussetzung aus, daß die Walle des "großen
untern Lagers" die Fundstätten dieser Ware eingeschlossen hätten. Dies ist
aber keineswegs der Fall. Vielmehr sind die Sigillatascherben gerade außer¬
halb des untern Kastells ganz oder vorzugsweise angetroffen worden, während
innerhalb das einfache Kochgeschirr herrscht. In' der von ihm für das
eigentliche Aliso in Anspruch genommnen Befestigung auf dem Annaberge hat
sich desgleichen erst nach langem Suchen ein einziger Sigillatarest gefunden.
Ans den Thonwaren kann man demnach auf Aliso gar keinen Schluß ziehn.

Schuchhardt meint sodann, Haltern habe "eine seltne Gelegenheit zum
Brückenschlagen" geboten. Aber der Übergang über den Fluß hat, soweit unsre
Nachrichten reichen, immer am Zusammenfluß der Stever mit der Lippe statt¬
gefunden, der 2^/2 Kilometer von dem Aliso^ Schuchhardts abliegt, und dieses
war denn doch wohl ungeeignet, jenen Übergang zu schützen, und wenn
Schnchhardt hinzusetzt, es hätten im Gegensatz zu Haltern auch an dem Anna¬
berge "die nahe zusammentretender Hohen" eine "seltne Gelegenheit zum
Brückenschlagen" geboten, so ist das ganz unrichtig. Denn "hier" sperren
eben auf dem nördlichen Ufer die steilen Abhänge des Berges die natürliche
Fortsetzung des Weges, und einen solchen Punkt wählt man nicht für eine
Überbrückung. Jedermann erkennt vielmehr, daß der gegebne Übergang bei
Haltern war, wo sich der Verkehr auf dem nördlichen Ufer, wie noch heute,
strahlenförmig entwickeln konnte, was bei dem Annaberge umgekehrt nicht
möglich ist.

Einen wettern Grund führt Schuchhardt zu Gunsten Halterns an, nämlich
daß die Lippe nur bis dorthin schiffbar gewesen sei. Ja der Archivrat Ilgen
hat einen eignen Aufsatz in dem zweiten Bande der Mitteilungen der West¬
fälischen Altertnmskommission geschrieben, aus dem gefolgert werden soll, daß
die Schissbarkeit der Lippe im Mittel alter, also auch zur Römerzeit, nicht
über Haltern hinaufgereicht habe. Es ist indessen schon von Delbrück das
Unzulängliche dieser Folgerung erörtert worden. Weder beweist der Umstand,
daß die Jesuiten von Münster im Jahre 1597 zu ihrem Kirchban die "44 Reiß
Ziegelsteine," die sie von Wesel kommen ließen, in Haltern auf die Achse luden,
etwas für eine solche Ansicht, weil Haltern für Münster der natürliche Hafen
ist, und jeder andre Ort an diesem Flusse weiter oberhalb mindestens etwa
denselben Abstand ausweist, noch kann man aus dem Umstände, daß die Mönche
von Korveh sich ihren Wein vom Rhein zu Wagen holen ließen, irgend etwas
gegen die Schissbarkeit der Lippe folgern, weil es wohl zu versteh" ist, daß
die Herren des Stifts infolge der vielfachen Plackereien, denen sie bei der Be¬
nutzung des Wasserwegs ausgesetzt gewesen wären, die Benutzung eigner Ge¬
spanne vorgezogen haben. Es ließen ja anch die münsterischen Statthalter
im Sommer 1587 ihren Wein von Mülheim über Lumer zu Lande nach
Münster bringen, obgleich, wie zugegeben wird, bis Haltern der Wasserweg
benutzt werden konnte.

Daß der Verkehr auf der Lippe im Mibtelalter durch Zollstätten und
Mühlenwehre an vielen Stellen erschwert oder gar verhindert wurde, spricht
nicht gegen die Benutzung dieses Flusses dnrch die Römer. Zwar führt Ilgen
um, es habe eine Untersuchung preußischer Ingenieure in den Jahren 1735
und 1738 ergeben, daß auf der Strecke von Wesel bis Hamm nicht weniger
als einundfünfzig Sandbänke und drei Steinklippen gewesen wären. Aber von
diesen einundfiiufzig Sandbänken fallen allein fünfzehn auf den Abschnitt von
Rhein bis Crudenburg, auf den von dort bis Dörfler vierzehn, während die
übrigen zweiundzwanzig der Strecke von diesem Ort bis Vogelsang bei Assen


Grenzboten II 1902 5S

untern Lager von Haltern" herrsche umgekehrt wie dort „die italische sigillata."
Mit dieser Ansicht kann man nun freilich schon die Nachricht des Zvnaras, nach
der im Jahre 9 n. Chr. gerade durch die vielen Bogenschützen das Kastell Aliso
wirksam verteidigt wurde, schwer vereinigen. Aber abgesehen hiervon ist die
Behauptung Schuchhardts über das Borkommen der italischen sigillata irrig.
Er geht nämlich von der Voraussetzung aus, daß die Walle des „großen
untern Lagers" die Fundstätten dieser Ware eingeschlossen hätten. Dies ist
aber keineswegs der Fall. Vielmehr sind die Sigillatascherben gerade außer¬
halb des untern Kastells ganz oder vorzugsweise angetroffen worden, während
innerhalb das einfache Kochgeschirr herrscht. In' der von ihm für das
eigentliche Aliso in Anspruch genommnen Befestigung auf dem Annaberge hat
sich desgleichen erst nach langem Suchen ein einziger Sigillatarest gefunden.
Ans den Thonwaren kann man demnach auf Aliso gar keinen Schluß ziehn.

Schuchhardt meint sodann, Haltern habe „eine seltne Gelegenheit zum
Brückenschlagen" geboten. Aber der Übergang über den Fluß hat, soweit unsre
Nachrichten reichen, immer am Zusammenfluß der Stever mit der Lippe statt¬
gefunden, der 2^/2 Kilometer von dem Aliso^ Schuchhardts abliegt, und dieses
war denn doch wohl ungeeignet, jenen Übergang zu schützen, und wenn
Schnchhardt hinzusetzt, es hätten im Gegensatz zu Haltern auch an dem Anna¬
berge „die nahe zusammentretender Hohen" eine „seltne Gelegenheit zum
Brückenschlagen" geboten, so ist das ganz unrichtig. Denn „hier" sperren
eben auf dem nördlichen Ufer die steilen Abhänge des Berges die natürliche
Fortsetzung des Weges, und einen solchen Punkt wählt man nicht für eine
Überbrückung. Jedermann erkennt vielmehr, daß der gegebne Übergang bei
Haltern war, wo sich der Verkehr auf dem nördlichen Ufer, wie noch heute,
strahlenförmig entwickeln konnte, was bei dem Annaberge umgekehrt nicht
möglich ist.

Einen wettern Grund führt Schuchhardt zu Gunsten Halterns an, nämlich
daß die Lippe nur bis dorthin schiffbar gewesen sei. Ja der Archivrat Ilgen
hat einen eignen Aufsatz in dem zweiten Bande der Mitteilungen der West¬
fälischen Altertnmskommission geschrieben, aus dem gefolgert werden soll, daß
die Schissbarkeit der Lippe im Mittel alter, also auch zur Römerzeit, nicht
über Haltern hinaufgereicht habe. Es ist indessen schon von Delbrück das
Unzulängliche dieser Folgerung erörtert worden. Weder beweist der Umstand,
daß die Jesuiten von Münster im Jahre 1597 zu ihrem Kirchban die „44 Reiß
Ziegelsteine," die sie von Wesel kommen ließen, in Haltern auf die Achse luden,
etwas für eine solche Ansicht, weil Haltern für Münster der natürliche Hafen
ist, und jeder andre Ort an diesem Flusse weiter oberhalb mindestens etwa
denselben Abstand ausweist, noch kann man aus dem Umstände, daß die Mönche
von Korveh sich ihren Wein vom Rhein zu Wagen holen ließen, irgend etwas
gegen die Schissbarkeit der Lippe folgern, weil es wohl zu versteh» ist, daß
die Herren des Stifts infolge der vielfachen Plackereien, denen sie bei der Be¬
nutzung des Wasserwegs ausgesetzt gewesen wären, die Benutzung eigner Ge¬
spanne vorgezogen haben. Es ließen ja anch die münsterischen Statthalter
im Sommer 1587 ihren Wein von Mülheim über Lumer zu Lande nach
Münster bringen, obgleich, wie zugegeben wird, bis Haltern der Wasserweg
benutzt werden konnte.

Daß der Verkehr auf der Lippe im Mibtelalter durch Zollstätten und
Mühlenwehre an vielen Stellen erschwert oder gar verhindert wurde, spricht
nicht gegen die Benutzung dieses Flusses dnrch die Römer. Zwar führt Ilgen
um, es habe eine Untersuchung preußischer Ingenieure in den Jahren 1735
und 1738 ergeben, daß auf der Strecke von Wesel bis Hamm nicht weniger
als einundfünfzig Sandbänke und drei Steinklippen gewesen wären. Aber von
diesen einundfiiufzig Sandbänken fallen allein fünfzehn auf den Abschnitt von
Rhein bis Crudenburg, auf den von dort bis Dörfler vierzehn, während die
übrigen zweiundzwanzig der Strecke von diesem Ort bis Vogelsang bei Assen


Grenzboten II 1902 5S
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[0441] untern Lager von Haltern" herrsche umgekehrt wie dort „die italische sigillata." Mit dieser Ansicht kann man nun freilich schon die Nachricht des Zvnaras, nach der im Jahre 9 n. Chr. gerade durch die vielen Bogenschützen das Kastell Aliso wirksam verteidigt wurde, schwer vereinigen. Aber abgesehen hiervon ist die Behauptung Schuchhardts über das Borkommen der italischen sigillata irrig. Er geht nämlich von der Voraussetzung aus, daß die Walle des „großen untern Lagers" die Fundstätten dieser Ware eingeschlossen hätten. Dies ist aber keineswegs der Fall. Vielmehr sind die Sigillatascherben gerade außer¬ halb des untern Kastells ganz oder vorzugsweise angetroffen worden, während innerhalb das einfache Kochgeschirr herrscht. In' der von ihm für das eigentliche Aliso in Anspruch genommnen Befestigung auf dem Annaberge hat sich desgleichen erst nach langem Suchen ein einziger Sigillatarest gefunden. Ans den Thonwaren kann man demnach auf Aliso gar keinen Schluß ziehn. Schuchhardt meint sodann, Haltern habe „eine seltne Gelegenheit zum Brückenschlagen" geboten. Aber der Übergang über den Fluß hat, soweit unsre Nachrichten reichen, immer am Zusammenfluß der Stever mit der Lippe statt¬ gefunden, der 2^/2 Kilometer von dem Aliso^ Schuchhardts abliegt, und dieses war denn doch wohl ungeeignet, jenen Übergang zu schützen, und wenn Schnchhardt hinzusetzt, es hätten im Gegensatz zu Haltern auch an dem Anna¬ berge „die nahe zusammentretender Hohen" eine „seltne Gelegenheit zum Brückenschlagen" geboten, so ist das ganz unrichtig. Denn „hier" sperren eben auf dem nördlichen Ufer die steilen Abhänge des Berges die natürliche Fortsetzung des Weges, und einen solchen Punkt wählt man nicht für eine Überbrückung. Jedermann erkennt vielmehr, daß der gegebne Übergang bei Haltern war, wo sich der Verkehr auf dem nördlichen Ufer, wie noch heute, strahlenförmig entwickeln konnte, was bei dem Annaberge umgekehrt nicht möglich ist. Einen wettern Grund führt Schuchhardt zu Gunsten Halterns an, nämlich daß die Lippe nur bis dorthin schiffbar gewesen sei. Ja der Archivrat Ilgen hat einen eignen Aufsatz in dem zweiten Bande der Mitteilungen der West¬ fälischen Altertnmskommission geschrieben, aus dem gefolgert werden soll, daß die Schissbarkeit der Lippe im Mittel alter, also auch zur Römerzeit, nicht über Haltern hinaufgereicht habe. Es ist indessen schon von Delbrück das Unzulängliche dieser Folgerung erörtert worden. Weder beweist der Umstand, daß die Jesuiten von Münster im Jahre 1597 zu ihrem Kirchban die „44 Reiß Ziegelsteine," die sie von Wesel kommen ließen, in Haltern auf die Achse luden, etwas für eine solche Ansicht, weil Haltern für Münster der natürliche Hafen ist, und jeder andre Ort an diesem Flusse weiter oberhalb mindestens etwa denselben Abstand ausweist, noch kann man aus dem Umstände, daß die Mönche von Korveh sich ihren Wein vom Rhein zu Wagen holen ließen, irgend etwas gegen die Schissbarkeit der Lippe folgern, weil es wohl zu versteh» ist, daß die Herren des Stifts infolge der vielfachen Plackereien, denen sie bei der Be¬ nutzung des Wasserwegs ausgesetzt gewesen wären, die Benutzung eigner Ge¬ spanne vorgezogen haben. Es ließen ja anch die münsterischen Statthalter im Sommer 1587 ihren Wein von Mülheim über Lumer zu Lande nach Münster bringen, obgleich, wie zugegeben wird, bis Haltern der Wasserweg benutzt werden konnte. Daß der Verkehr auf der Lippe im Mibtelalter durch Zollstätten und Mühlenwehre an vielen Stellen erschwert oder gar verhindert wurde, spricht nicht gegen die Benutzung dieses Flusses dnrch die Römer. Zwar führt Ilgen um, es habe eine Untersuchung preußischer Ingenieure in den Jahren 1735 und 1738 ergeben, daß auf der Strecke von Wesel bis Hamm nicht weniger als einundfünfzig Sandbänke und drei Steinklippen gewesen wären. Aber von diesen einundfiiufzig Sandbänken fallen allein fünfzehn auf den Abschnitt von Rhein bis Crudenburg, auf den von dort bis Dörfler vierzehn, während die übrigen zweiundzwanzig der Strecke von diesem Ort bis Vogelsang bei Assen Grenzboten II 1902 5S

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/441>, abgerufen am 29.06.2024.