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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Die Ausgrabungen be! Haltern und das Aasie" Aliso

des Jahres 11 doch nicht zusammenreimen. Es fallen damit auch die Folge¬
rungen, die Schuchhardt an eine solche Kombination geknüpft hat.

Übrigens ist es auch durchaus nicht nötig, anzunehmen, daß das Kastell
Aliso noch während des Feldzugs im Jahre 11 aufgebaut worden sei. Ja
der Zusatz, daß der römische Feldherr noch ein andres Kastell im Chatteu-
lande angelegt habe, spricht eigentlich dcigcgeu. Wer weiß demnach, was für
Operationen vorangegangen sind, die zu der Errichtung der Lippefestnng
führten? Jedenfalls steht fest, daß sie nicht, wie das Kastell im Chattenlande,
nahe beim Rheine gelegen hat; und die Wichtigkeit, die sie als ein nicht bloß
gegen die Sigambrer, sondern überhaupt gegen die Völker zwischen Rhein und
Weser angelegtes Bollwerk von den Zeiten des Drusus bis Germaniens be¬
hauptet hat, ist eher ein Beweis dafür, daß es an der mittlern Lippe, und
zwar bei Hamm gelegen hat, von wo ans nicht bloß auf dem Wege über
Paderborn und in der Richtung nach Höxter, sondern auch über Bielefeld nach
Nehme die Weser auf geradem' Wege zu erreichen war.

Der Grund endlich, daß man die Entfernung Alisos von dem Teuto-
burger Walde "ziemlich weit" annehmen müsse, weil man sonst nicht erklären
könne, wie dort die Katastrophe so furchtbar geworden sei, ist der allerschwüchste.
Mit Recht hat Delbrück hiergegen vorgebracht, daß wenn die Trümmer des
Varianischen Heeres von Detmold -- dorthin verlegt Schnchhardt die Teuto-
burger Schlacht -- bis Haltern hatten laufen können, sie auch noch etwas
weiter bis zum Rhein gekommen wären. Höchstens müßten die Gelehrten, die
an die Flucht Varianischer Soldaten oder gar von Weibern und Kindern nach
dein Kastell bei Haltern glauben, aus dieser Ausicht folgern, daß die Schlacht
im Teutoburger Walde nicht bei Detmold, sondern bei dem nnr halb so weit
entfernten Stift Leeden gewesen sei. Aber die ganze Kombination, die Schuch¬
hardt hier vorgetragen hat, richt leider nur auf schwachen Füßen, dn es nach
unsern Quellen durchaus zweifelhaft ist, ob irgend ein Soldat vom Teuto¬
burger Walde, wie man behauptet, mich Aliso flüchtete.

Ebenso ist die Ausführung Schnchhardts, daß das bei Tacitus (Annalen II, 7)
zuerst genannte Kastell durchaus Aliso habe sein müssen, unrichtig. Warum
soll Germaniens nicht mit sechs Legionen zum Entsatz einer andern Befestigung
ausgezogen sein, wenn diese von so zahlreichen Truppen der Feinde belagert
wurde, daß das Aufgebot eines solchen Heeres nötig war? Mußte man nicht
befürchten, daß much Aliso angegriffen werden würde, wenn das erstgenannte
Kastell fiele? Ein vernünftiger Feldherr wartet nicht erst, bis der Haupt¬
punkt in Gefahr gerät, sondern tritt dem Feinde gegenüber, sobald dieser, wie
es hier der Fall war, zur Offensive übergeht. Außerdem beabsichtigte Ger¬
maniens mit seinem Zuge um der Lippe hin gewiß auch eine Demonstration,
nnr die Deutschen über seine eigentlichen Kriegspläne zu tauschen, und schon
aus diesem Grunde möchte man geneigt sein, das Vorgehn des Feldherrn
nicht auf einen Spaziergang von zwei knappen Tagemürschcn zu beschränken.
Daß eine größere Menge Truppen außerdem auch uoch der Erdarbeiten wegen
nötig war, steht mit einer solchen Annahme nicht im Widerspruch. Die
sonstigen Schwierigkeiten, von denen Schuchhardt bei der Erklärung der ge¬
nannten Tacitnsstelle redet, ergeben sich nicht aus der Annahme verschiedner
Kastelle an der Lippe, sondern find von ihm nur eingebildet, wie auch die Be¬
hauptung, es habe bis zum Jahre 9 n. Chr. außer Aliso kein eigentliches
Kastell an der Lippe gegeben, nicht bloß unbegründet ist, sondern sogar hin¬
fällig wird durch die Erwägung, daß bekanntermaßen neuerdings bei Haltern
zwei verschiedne, mehrere Kilometer voneinander entfernte römische Kastelle
wirklich ausgegraben worden sind.

Für die Änsetzuug Alisvs bei Haltern macht Schuchhardt ferner geltend,
es Hütten im Gegensatz zu den Drususkastellen am Rhein, die "an Thvnwaren
fast durchaus gallisches Fabrikat liefern," wo also nur "die übliche Besatzung
von Anxiliaren sich befand," in Haltern "Legionen gelagert"; denn "im großen


Die Ausgrabungen be! Haltern und das Aasie» Aliso

des Jahres 11 doch nicht zusammenreimen. Es fallen damit auch die Folge¬
rungen, die Schuchhardt an eine solche Kombination geknüpft hat.

Übrigens ist es auch durchaus nicht nötig, anzunehmen, daß das Kastell
Aliso noch während des Feldzugs im Jahre 11 aufgebaut worden sei. Ja
der Zusatz, daß der römische Feldherr noch ein andres Kastell im Chatteu-
lande angelegt habe, spricht eigentlich dcigcgeu. Wer weiß demnach, was für
Operationen vorangegangen sind, die zu der Errichtung der Lippefestnng
führten? Jedenfalls steht fest, daß sie nicht, wie das Kastell im Chattenlande,
nahe beim Rheine gelegen hat; und die Wichtigkeit, die sie als ein nicht bloß
gegen die Sigambrer, sondern überhaupt gegen die Völker zwischen Rhein und
Weser angelegtes Bollwerk von den Zeiten des Drusus bis Germaniens be¬
hauptet hat, ist eher ein Beweis dafür, daß es an der mittlern Lippe, und
zwar bei Hamm gelegen hat, von wo ans nicht bloß auf dem Wege über
Paderborn und in der Richtung nach Höxter, sondern auch über Bielefeld nach
Nehme die Weser auf geradem' Wege zu erreichen war.

Der Grund endlich, daß man die Entfernung Alisos von dem Teuto-
burger Walde „ziemlich weit" annehmen müsse, weil man sonst nicht erklären
könne, wie dort die Katastrophe so furchtbar geworden sei, ist der allerschwüchste.
Mit Recht hat Delbrück hiergegen vorgebracht, daß wenn die Trümmer des
Varianischen Heeres von Detmold — dorthin verlegt Schnchhardt die Teuto-
burger Schlacht — bis Haltern hatten laufen können, sie auch noch etwas
weiter bis zum Rhein gekommen wären. Höchstens müßten die Gelehrten, die
an die Flucht Varianischer Soldaten oder gar von Weibern und Kindern nach
dein Kastell bei Haltern glauben, aus dieser Ausicht folgern, daß die Schlacht
im Teutoburger Walde nicht bei Detmold, sondern bei dem nnr halb so weit
entfernten Stift Leeden gewesen sei. Aber die ganze Kombination, die Schuch¬
hardt hier vorgetragen hat, richt leider nur auf schwachen Füßen, dn es nach
unsern Quellen durchaus zweifelhaft ist, ob irgend ein Soldat vom Teuto¬
burger Walde, wie man behauptet, mich Aliso flüchtete.

Ebenso ist die Ausführung Schnchhardts, daß das bei Tacitus (Annalen II, 7)
zuerst genannte Kastell durchaus Aliso habe sein müssen, unrichtig. Warum
soll Germaniens nicht mit sechs Legionen zum Entsatz einer andern Befestigung
ausgezogen sein, wenn diese von so zahlreichen Truppen der Feinde belagert
wurde, daß das Aufgebot eines solchen Heeres nötig war? Mußte man nicht
befürchten, daß much Aliso angegriffen werden würde, wenn das erstgenannte
Kastell fiele? Ein vernünftiger Feldherr wartet nicht erst, bis der Haupt¬
punkt in Gefahr gerät, sondern tritt dem Feinde gegenüber, sobald dieser, wie
es hier der Fall war, zur Offensive übergeht. Außerdem beabsichtigte Ger¬
maniens mit seinem Zuge um der Lippe hin gewiß auch eine Demonstration,
nnr die Deutschen über seine eigentlichen Kriegspläne zu tauschen, und schon
aus diesem Grunde möchte man geneigt sein, das Vorgehn des Feldherrn
nicht auf einen Spaziergang von zwei knappen Tagemürschcn zu beschränken.
Daß eine größere Menge Truppen außerdem auch uoch der Erdarbeiten wegen
nötig war, steht mit einer solchen Annahme nicht im Widerspruch. Die
sonstigen Schwierigkeiten, von denen Schuchhardt bei der Erklärung der ge¬
nannten Tacitnsstelle redet, ergeben sich nicht aus der Annahme verschiedner
Kastelle an der Lippe, sondern find von ihm nur eingebildet, wie auch die Be¬
hauptung, es habe bis zum Jahre 9 n. Chr. außer Aliso kein eigentliches
Kastell an der Lippe gegeben, nicht bloß unbegründet ist, sondern sogar hin¬
fällig wird durch die Erwägung, daß bekanntermaßen neuerdings bei Haltern
zwei verschiedne, mehrere Kilometer voneinander entfernte römische Kastelle
wirklich ausgegraben worden sind.

Für die Änsetzuug Alisvs bei Haltern macht Schuchhardt ferner geltend,
es Hütten im Gegensatz zu den Drususkastellen am Rhein, die „an Thvnwaren
fast durchaus gallisches Fabrikat liefern," wo also nur „die übliche Besatzung
von Anxiliaren sich befand," in Haltern „Legionen gelagert"; denn „im großen


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[0440] Die Ausgrabungen be! Haltern und das Aasie» Aliso des Jahres 11 doch nicht zusammenreimen. Es fallen damit auch die Folge¬ rungen, die Schuchhardt an eine solche Kombination geknüpft hat. Übrigens ist es auch durchaus nicht nötig, anzunehmen, daß das Kastell Aliso noch während des Feldzugs im Jahre 11 aufgebaut worden sei. Ja der Zusatz, daß der römische Feldherr noch ein andres Kastell im Chatteu- lande angelegt habe, spricht eigentlich dcigcgeu. Wer weiß demnach, was für Operationen vorangegangen sind, die zu der Errichtung der Lippefestnng führten? Jedenfalls steht fest, daß sie nicht, wie das Kastell im Chattenlande, nahe beim Rheine gelegen hat; und die Wichtigkeit, die sie als ein nicht bloß gegen die Sigambrer, sondern überhaupt gegen die Völker zwischen Rhein und Weser angelegtes Bollwerk von den Zeiten des Drusus bis Germaniens be¬ hauptet hat, ist eher ein Beweis dafür, daß es an der mittlern Lippe, und zwar bei Hamm gelegen hat, von wo ans nicht bloß auf dem Wege über Paderborn und in der Richtung nach Höxter, sondern auch über Bielefeld nach Nehme die Weser auf geradem' Wege zu erreichen war. Der Grund endlich, daß man die Entfernung Alisos von dem Teuto- burger Walde „ziemlich weit" annehmen müsse, weil man sonst nicht erklären könne, wie dort die Katastrophe so furchtbar geworden sei, ist der allerschwüchste. Mit Recht hat Delbrück hiergegen vorgebracht, daß wenn die Trümmer des Varianischen Heeres von Detmold — dorthin verlegt Schnchhardt die Teuto- burger Schlacht — bis Haltern hatten laufen können, sie auch noch etwas weiter bis zum Rhein gekommen wären. Höchstens müßten die Gelehrten, die an die Flucht Varianischer Soldaten oder gar von Weibern und Kindern nach dein Kastell bei Haltern glauben, aus dieser Ausicht folgern, daß die Schlacht im Teutoburger Walde nicht bei Detmold, sondern bei dem nnr halb so weit entfernten Stift Leeden gewesen sei. Aber die ganze Kombination, die Schuch¬ hardt hier vorgetragen hat, richt leider nur auf schwachen Füßen, dn es nach unsern Quellen durchaus zweifelhaft ist, ob irgend ein Soldat vom Teuto¬ burger Walde, wie man behauptet, mich Aliso flüchtete. Ebenso ist die Ausführung Schnchhardts, daß das bei Tacitus (Annalen II, 7) zuerst genannte Kastell durchaus Aliso habe sein müssen, unrichtig. Warum soll Germaniens nicht mit sechs Legionen zum Entsatz einer andern Befestigung ausgezogen sein, wenn diese von so zahlreichen Truppen der Feinde belagert wurde, daß das Aufgebot eines solchen Heeres nötig war? Mußte man nicht befürchten, daß much Aliso angegriffen werden würde, wenn das erstgenannte Kastell fiele? Ein vernünftiger Feldherr wartet nicht erst, bis der Haupt¬ punkt in Gefahr gerät, sondern tritt dem Feinde gegenüber, sobald dieser, wie es hier der Fall war, zur Offensive übergeht. Außerdem beabsichtigte Ger¬ maniens mit seinem Zuge um der Lippe hin gewiß auch eine Demonstration, nnr die Deutschen über seine eigentlichen Kriegspläne zu tauschen, und schon aus diesem Grunde möchte man geneigt sein, das Vorgehn des Feldherrn nicht auf einen Spaziergang von zwei knappen Tagemürschcn zu beschränken. Daß eine größere Menge Truppen außerdem auch uoch der Erdarbeiten wegen nötig war, steht mit einer solchen Annahme nicht im Widerspruch. Die sonstigen Schwierigkeiten, von denen Schuchhardt bei der Erklärung der ge¬ nannten Tacitnsstelle redet, ergeben sich nicht aus der Annahme verschiedner Kastelle an der Lippe, sondern find von ihm nur eingebildet, wie auch die Be¬ hauptung, es habe bis zum Jahre 9 n. Chr. außer Aliso kein eigentliches Kastell an der Lippe gegeben, nicht bloß unbegründet ist, sondern sogar hin¬ fällig wird durch die Erwägung, daß bekanntermaßen neuerdings bei Haltern zwei verschiedne, mehrere Kilometer voneinander entfernte römische Kastelle wirklich ausgegraben worden sind. Für die Änsetzuug Alisvs bei Haltern macht Schuchhardt ferner geltend, es Hütten im Gegensatz zu den Drususkastellen am Rhein, die „an Thvnwaren fast durchaus gallisches Fabrikat liefern," wo also nur „die übliche Besatzung von Anxiliaren sich befand," in Haltern „Legionen gelagert"; denn „im großen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/440>, abgerufen am 29.06.2024.