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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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eher noch von einem Siebeneck sprechen. Am richtigsten bezeichnet man den
Lngcrumfaug als eine sehr ungleichmäßige Figur mit teils einbiegenden Seiten
und teils ausschweifenden Ecken. Dagegen bestätigt sich, das; die Länge des
Walles mit 1050 Metern von Schmidt völlig richtig ausgemessen worden war.

Auch die Feststellung der Grnbenprofile brachte manche Überraschung. Zu¬
nächst zeigte sich, daß die Anschauungen, die man früher über die Breite und die
Tiefe der Kastellgräben hatte, auf übertriebnen Vorstellungen beruhten. Als der
Verfasser dieses Aufsatzes bei Mehrholz wie bei Iburg Lagergräbcn von 3 bis
Metern Breite lind einem Meter Tiefe auffand, meinte man, diese Gräben
wegen ihrer geringen Dimensionen als unrömisch zurückweisen zu müssen, und
erst recht die des Habichtswaldes, die bei gleicher Breite durchschnittlich nur
die halbe Tiefe zeigten, obwohl uns Taeitus doch berichtet, daß die Gruben
des zweiten Vnruslagers im Teutoburger Walde auffallend flach gewesen seien.
Nun fand aber auch Schuchhardt überall nur schwache Grcibcnspuren in dem ge¬
wachsenen Boden vor, und erst mit Hinznrechnling der auf diesem liegenden
Kulturerde kam er zu eiuer durchschnittlichen Breite von 4 Metern und einer
Tiefe von 1^ Meter. Bei geringerer Tiefe, meinte er, würde "gar kein nor¬
maler römischer Graben zu konstruieren" sein. Wenn also der Einschnitt in
den Boden auf der Nordseite des Lagers teilweise nur eine obere Breite von
3 Metern kund weniger) und eine Gesamtticfe zum Teil von uur 0,90 Meter
aufzuweisen hat, so folgert er daraus, daß hier "die Oberfläche seit römischer
Zeit durch Abplnggen verloren haben" müsse. Erscheint diese Annahme von
vornherein als willkürlich, so wird sie hinfällig durch folgende Erwägung.

Auf Seite 178 der "Mitteilungen der Westfälischen Ältertumskominission"
Bd. II giebt uns Schuchhardt mit der Abbildung von Stich 15 eine Zeichnung,
die in mancher Hinsicht höchst belehrend ist. Hier hatte sich nämlich unter einer
schwachen Humusdecke der Wall in einer Breite von 4,30 Metern und einer
Höhe von 1^/2 Meter noch erhalten. Denn der Wallkörper "bestand aus
Hellem, lockerm Sande und setzte von dem benachbarten schmutzigen deutlich
ab." Da also das Erdreich beiderseits aus Sand bestand, so ist die Annahme,
daß der Inhalt des Walles vielleicht im Lauf der Zeiten durch andres Erd¬
reich hinabgespült sei, gänzlich ausgeschlossen, und dies um so mehr, als "am
Fuß der innern Abdachung" in Spuren "von Rasen- oder Heideplaggen" der
alte Belag des Erdaufwurfs noch wiederzuerkennen war. Bor dem Walle
wurde ein Graben von 1,65 Meter Breite und 0,85 Meter Tiefe vom innern
Grabcnmnde ab gemessen, oder von 0,50 Meter Tiefe, verglichen mit dem
äußern Grabenrande -- soviel senkt sich der Boden nach außen --, im ge¬
wachsenen Erdreich festgestellt. Nach der Annahme Schnchhardts freilich wäre
mit Hinzurechnung des Kulturbodens der Graben 5 Meter breit und 1,80 Meter
tief gewesen.

Nun liegt aber, wie mau uach Schuchhardt erwarten müßte, der gefundne
Wallkörper mit seinem weißen Sande keineswegs auf dem "schmutzigen" Knltnr-
lande, sondern unmittelbar auf der gewachsenen Erde. Es geht also gar nicht
an, die Tiefe und die Breite des Grabens bis zur gegenwärtigen Höhe des
Bodens hinauf zu messen, sondern der ursprüngliche Graben findet mit 1,65 Meter
Breite und 0,67 Meter Tiefe -- ich lege den Höhendurchschnitt der Grnben-
rcinder der Messung zu Grunde - in dem gewachsenen Erdreich seine natür¬
liche Begrenzung. Hieraus folgt nun aber weiter, daß die Annahme, es müßte
überall bei der Feststellung des Grcibenprosils bis zur gegenwärtigen Höhe des
Erdreichs gemessen werden, ans einer irrtümlichen Voraussetzung beruht. Mit
größerer Wahrscheinlichkeit muß vielmehr die Tiefe und die Breite der Gräben
auf derselben Linie, in der der Schnitt 15 gezogen wurde, und so auch wohl
an andern Stellen diesem Verhältnis entsprechend als bedeutend geringer an¬
genommen werden. Der Unterschied zwischen der einstigen und der jetzigen
Höhe der Bodenfläche muß dann wohl auf Abschwemmung aus dem Innern des
Lagerplatzes nach dem tiefer liegenden Rande hin, wo sich die Masse vor dem


?in Ausgrabungen bei Faltern und das Kastell Aliso

eher noch von einem Siebeneck sprechen. Am richtigsten bezeichnet man den
Lngcrumfaug als eine sehr ungleichmäßige Figur mit teils einbiegenden Seiten
und teils ausschweifenden Ecken. Dagegen bestätigt sich, das; die Länge des
Walles mit 1050 Metern von Schmidt völlig richtig ausgemessen worden war.

Auch die Feststellung der Grnbenprofile brachte manche Überraschung. Zu¬
nächst zeigte sich, daß die Anschauungen, die man früher über die Breite und die
Tiefe der Kastellgräben hatte, auf übertriebnen Vorstellungen beruhten. Als der
Verfasser dieses Aufsatzes bei Mehrholz wie bei Iburg Lagergräbcn von 3 bis
Metern Breite lind einem Meter Tiefe auffand, meinte man, diese Gräben
wegen ihrer geringen Dimensionen als unrömisch zurückweisen zu müssen, und
erst recht die des Habichtswaldes, die bei gleicher Breite durchschnittlich nur
die halbe Tiefe zeigten, obwohl uns Taeitus doch berichtet, daß die Gruben
des zweiten Vnruslagers im Teutoburger Walde auffallend flach gewesen seien.
Nun fand aber auch Schuchhardt überall nur schwache Grcibcnspuren in dem ge¬
wachsenen Boden vor, und erst mit Hinznrechnling der auf diesem liegenden
Kulturerde kam er zu eiuer durchschnittlichen Breite von 4 Metern und einer
Tiefe von 1^ Meter. Bei geringerer Tiefe, meinte er, würde „gar kein nor¬
maler römischer Graben zu konstruieren" sein. Wenn also der Einschnitt in
den Boden auf der Nordseite des Lagers teilweise nur eine obere Breite von
3 Metern kund weniger) und eine Gesamtticfe zum Teil von uur 0,90 Meter
aufzuweisen hat, so folgert er daraus, daß hier „die Oberfläche seit römischer
Zeit durch Abplnggen verloren haben" müsse. Erscheint diese Annahme von
vornherein als willkürlich, so wird sie hinfällig durch folgende Erwägung.

Auf Seite 178 der „Mitteilungen der Westfälischen Ältertumskominission"
Bd. II giebt uns Schuchhardt mit der Abbildung von Stich 15 eine Zeichnung,
die in mancher Hinsicht höchst belehrend ist. Hier hatte sich nämlich unter einer
schwachen Humusdecke der Wall in einer Breite von 4,30 Metern und einer
Höhe von 1^/2 Meter noch erhalten. Denn der Wallkörper „bestand aus
Hellem, lockerm Sande und setzte von dem benachbarten schmutzigen deutlich
ab." Da also das Erdreich beiderseits aus Sand bestand, so ist die Annahme,
daß der Inhalt des Walles vielleicht im Lauf der Zeiten durch andres Erd¬
reich hinabgespült sei, gänzlich ausgeschlossen, und dies um so mehr, als „am
Fuß der innern Abdachung" in Spuren „von Rasen- oder Heideplaggen" der
alte Belag des Erdaufwurfs noch wiederzuerkennen war. Bor dem Walle
wurde ein Graben von 1,65 Meter Breite und 0,85 Meter Tiefe vom innern
Grabcnmnde ab gemessen, oder von 0,50 Meter Tiefe, verglichen mit dem
äußern Grabenrande — soviel senkt sich der Boden nach außen —, im ge¬
wachsenen Erdreich festgestellt. Nach der Annahme Schnchhardts freilich wäre
mit Hinzurechnung des Kulturbodens der Graben 5 Meter breit und 1,80 Meter
tief gewesen.

Nun liegt aber, wie mau uach Schuchhardt erwarten müßte, der gefundne
Wallkörper mit seinem weißen Sande keineswegs auf dem „schmutzigen" Knltnr-
lande, sondern unmittelbar auf der gewachsenen Erde. Es geht also gar nicht
an, die Tiefe und die Breite des Grabens bis zur gegenwärtigen Höhe des
Bodens hinauf zu messen, sondern der ursprüngliche Graben findet mit 1,65 Meter
Breite und 0,67 Meter Tiefe — ich lege den Höhendurchschnitt der Grnben-
rcinder der Messung zu Grunde - in dem gewachsenen Erdreich seine natür¬
liche Begrenzung. Hieraus folgt nun aber weiter, daß die Annahme, es müßte
überall bei der Feststellung des Grcibenprosils bis zur gegenwärtigen Höhe des
Erdreichs gemessen werden, ans einer irrtümlichen Voraussetzung beruht. Mit
größerer Wahrscheinlichkeit muß vielmehr die Tiefe und die Breite der Gräben
auf derselben Linie, in der der Schnitt 15 gezogen wurde, und so auch wohl
an andern Stellen diesem Verhältnis entsprechend als bedeutend geringer an¬
genommen werden. Der Unterschied zwischen der einstigen und der jetzigen
Höhe der Bodenfläche muß dann wohl auf Abschwemmung aus dem Innern des
Lagerplatzes nach dem tiefer liegenden Rande hin, wo sich die Masse vor dem


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[0437] ?in Ausgrabungen bei Faltern und das Kastell Aliso eher noch von einem Siebeneck sprechen. Am richtigsten bezeichnet man den Lngcrumfaug als eine sehr ungleichmäßige Figur mit teils einbiegenden Seiten und teils ausschweifenden Ecken. Dagegen bestätigt sich, das; die Länge des Walles mit 1050 Metern von Schmidt völlig richtig ausgemessen worden war. Auch die Feststellung der Grnbenprofile brachte manche Überraschung. Zu¬ nächst zeigte sich, daß die Anschauungen, die man früher über die Breite und die Tiefe der Kastellgräben hatte, auf übertriebnen Vorstellungen beruhten. Als der Verfasser dieses Aufsatzes bei Mehrholz wie bei Iburg Lagergräbcn von 3 bis Metern Breite lind einem Meter Tiefe auffand, meinte man, diese Gräben wegen ihrer geringen Dimensionen als unrömisch zurückweisen zu müssen, und erst recht die des Habichtswaldes, die bei gleicher Breite durchschnittlich nur die halbe Tiefe zeigten, obwohl uns Taeitus doch berichtet, daß die Gruben des zweiten Vnruslagers im Teutoburger Walde auffallend flach gewesen seien. Nun fand aber auch Schuchhardt überall nur schwache Grcibcnspuren in dem ge¬ wachsenen Boden vor, und erst mit Hinznrechnling der auf diesem liegenden Kulturerde kam er zu eiuer durchschnittlichen Breite von 4 Metern und einer Tiefe von 1^ Meter. Bei geringerer Tiefe, meinte er, würde „gar kein nor¬ maler römischer Graben zu konstruieren" sein. Wenn also der Einschnitt in den Boden auf der Nordseite des Lagers teilweise nur eine obere Breite von 3 Metern kund weniger) und eine Gesamtticfe zum Teil von uur 0,90 Meter aufzuweisen hat, so folgert er daraus, daß hier „die Oberfläche seit römischer Zeit durch Abplnggen verloren haben" müsse. Erscheint diese Annahme von vornherein als willkürlich, so wird sie hinfällig durch folgende Erwägung. Auf Seite 178 der „Mitteilungen der Westfälischen Ältertumskominission" Bd. II giebt uns Schuchhardt mit der Abbildung von Stich 15 eine Zeichnung, die in mancher Hinsicht höchst belehrend ist. Hier hatte sich nämlich unter einer schwachen Humusdecke der Wall in einer Breite von 4,30 Metern und einer Höhe von 1^/2 Meter noch erhalten. Denn der Wallkörper „bestand aus Hellem, lockerm Sande und setzte von dem benachbarten schmutzigen deutlich ab." Da also das Erdreich beiderseits aus Sand bestand, so ist die Annahme, daß der Inhalt des Walles vielleicht im Lauf der Zeiten durch andres Erd¬ reich hinabgespült sei, gänzlich ausgeschlossen, und dies um so mehr, als „am Fuß der innern Abdachung" in Spuren „von Rasen- oder Heideplaggen" der alte Belag des Erdaufwurfs noch wiederzuerkennen war. Bor dem Walle wurde ein Graben von 1,65 Meter Breite und 0,85 Meter Tiefe vom innern Grabcnmnde ab gemessen, oder von 0,50 Meter Tiefe, verglichen mit dem äußern Grabenrande — soviel senkt sich der Boden nach außen —, im ge¬ wachsenen Erdreich festgestellt. Nach der Annahme Schnchhardts freilich wäre mit Hinzurechnung des Kulturbodens der Graben 5 Meter breit und 1,80 Meter tief gewesen. Nun liegt aber, wie mau uach Schuchhardt erwarten müßte, der gefundne Wallkörper mit seinem weißen Sande keineswegs auf dem „schmutzigen" Knltnr- lande, sondern unmittelbar auf der gewachsenen Erde. Es geht also gar nicht an, die Tiefe und die Breite des Grabens bis zur gegenwärtigen Höhe des Bodens hinauf zu messen, sondern der ursprüngliche Graben findet mit 1,65 Meter Breite und 0,67 Meter Tiefe — ich lege den Höhendurchschnitt der Grnben- rcinder der Messung zu Grunde - in dem gewachsenen Erdreich seine natür¬ liche Begrenzung. Hieraus folgt nun aber weiter, daß die Annahme, es müßte überall bei der Feststellung des Grcibenprosils bis zur gegenwärtigen Höhe des Erdreichs gemessen werden, ans einer irrtümlichen Voraussetzung beruht. Mit größerer Wahrscheinlichkeit muß vielmehr die Tiefe und die Breite der Gräben auf derselben Linie, in der der Schnitt 15 gezogen wurde, und so auch wohl an andern Stellen diesem Verhältnis entsprechend als bedeutend geringer an¬ genommen werden. Der Unterschied zwischen der einstigen und der jetzigen Höhe der Bodenfläche muß dann wohl auf Abschwemmung aus dem Innern des Lagerplatzes nach dem tiefer liegenden Rande hin, wo sich die Masse vor dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/437>, abgerufen am 28.09.2024.